6. Folgen einer ungültigen fristlosen Kündigung
Halten sich Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer nicht an die Vorgaben zur außerordentlichen Kündigung, ist sie ungültig. Das ist z. B. der Fall, wenn kein berechtigter Grund vorliegt, die Zweiwochenfrist nicht eingehalten wird oder der Betriebsrat nicht angehört wird. Ist die fristlose Kündigung ungültig, kann dies unterschiedliche Auswirkungen haben.
Folgen für den Arbeitnehmer
Eine unzulässige fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer kann folgende Konsequenzen haben:
- Anspruch auf Schadensersatz des Arbeitgebers: Ist die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers unwirksam, können Vorgesetzte einen Schadensersatzanspruch – z. B. für die erneute Ausschreibung der Stelle oder eine Ersatzkraft – haben. Der Schaden ist aber nachzuweisen und genau zu beziffern.
- Arbeitsverhältnis besteht weiterhin: Nach einer ungültigen Kündigung durch einen Arbeitnehmer ist das Arbeitsverhältnis nicht beendet – der Angestellte muss weiterhin zur Arbeit erscheinen. Bleibt er der Arbeit fern, liegt unter Umständen ein Vertragsbruch vor – in diesem Fall erhalten Arbeitnehmer oft die Kündigung.
Folgen für den Arbeitgeber
Kündigt der Arbeitgeber einen Mitarbeitenden fristlos, obwohl die erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, kann Folgendes passieren:
- Klageverfahren: Der Arbeitnehmer kann sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die ungerechtfertigte Kündigung wehren, wenn die Kündigung nachweisbar unberechtigt ist.
- Wiedereinstellung oder Abfindung: Bestätigt das Arbeitsgericht nach der Abwägung beider Interessen die Unzulässigkeit der Kündigung, kann es den Arbeitgeber entweder zur Wiedereinstellung des Gekündigten oder zur Zahlung einer Abfindung verpflichten.
7. Beispiel-Urteile
Fristlose Kündigungen führen nicht selten zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern – wie die folgenden Urteile aus der Rechtsprechung zeigen:
Kündigung durch Azubi ungültig
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.04.2017, Az. 4 Sa 307/16
Ein Auszubildender möchte seine Ausbildung in einem anderen Betrieb beenden und bittet seinen Vorgesetzten um die Auflösung des Arbeitsvertrages.
Die Auflösung lehnt der Unternehmer allerdings ab, woraufhin der Azubi fristlos kündigt. Er begründet die Kündigung damit, dass sein Vorgesetzter ihn schlecht behandelt habe.
Der Vorgesetzte akzeptierte die Kündigung nicht und reichte Klage ein.
Das Urteil: Die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer ist ungültig, da er keinen triftigen Grund dafür hatte. Für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung müssen Arbeitnehmer den Kündigungsgrund einwandfrei nachweisen und anhand konkreter Ereignisse darlegen können.
Kündigung wirksam bei ausbleibendem Gehalt
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.03.2009, Az. 2 AZR 894/07
Der Arbeitnehmer kündigte fristlos, da er über einen längeren Zeitraum kein Gehalt bekommen hatte und das Unternehmen Insolvenz anmelden musste.
Die Kündigung ist gerechtfertigt und damit rechtskräftig.
Als sich die finanzielle Situation des Betriebes verbessert, klagte der Arbeitnehmer. Der Grund: Seine fristlose Kündigung sei ungültig, weil das Unternehmen seine wirtschaftliche Situation verbessert hat – der Arbeitnehmer wollte seinen Arbeitsplatz zurück.
Das Urteil: Das Gericht entschied, dass die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer wirksam ist. Obwohl das Unternehmen seine finanzielle Lage verbessert hat, muss ihn der Vorgesetzte nicht wieder einstellen. Eine rechtskräftige Kündigung durch den Arbeitnehmer ist endgültig und in der Regel nicht rückgängig zu machen.
Kündigung bei Gehaltskürzungen
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 25.03.2010, Az. 8 Sa 1663/09
Eine Arbeitnehmerin kündigte fristlos, weil der Vorgesetzte über einen längeren Zeitraum Gehalt gekürzt hat.
Die Arbeitnehmerin klagt gegen das Unternehmen. Sie fordert Schadensersatz für das entgangene Gehalt nach ihrer Kündigung.
Das Urteil: Die fristlose Kündigung durch die Arbeitnehmerin war berechtigt, weil kein wirksamer Grund für die Gehaltskürzung vorlag. Der Unternehmer muss Schadensersatz für den Zeitraum nach Ausspruch der Kündigung zahlen.
Fristlose Kündigung wegen häufiger privater E-Mails rechtens
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010, Az. 12 SA 875/09
Ein Arbeitnehmer wurde von seinem Arbeitgeber fristlos gekündigt, da er seine Arbeitszeit im großen Umfang für seine private Korrespondenz auf Dating-Plattformen und für seinen privaten Mail-Verkehr verwendete.
Der Gekündigte reichte Kündigungsschutzklage ein, um gegen die Kündigung durch den Arbeitgeber vorzugehen.
Das Urteil: Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab: Wer im großen Umfang private E-Mails am Arbeitsplatz schreibt, dem kann außerordentlich gekündigt werden – unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Eine vorherige Abmahnung ist nicht zwingend erforderlich.
Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 17.02.2014, Az. 16 Sa 1299/13
Ein Arbeitnehmer beging Arbeitszeitbetrug, indem er die Zeiterfassung über einen Chip am Zeiterfassungsgerät manipulierte. Beim Ein- und Auschecken erschlich er sich mehrere Stunden bezahlte Pausen, die ihm nicht zustanden.
Gegen die Kündigung seines Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer Klage eingereicht.
Das Urteil: Die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist gerechtfertigt. Da es durch den vorsätzlichen Betrug zu einer schweren Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden gekommen ist, darf der Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung und ungeachtet der Dauer der Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung aussprechen.
8. Wann ein Anwalt sinnvoll sein kann
Fristlose Kündigungen unterliegen im Arbeitsrecht strengen Voraussetzungen – sie sind nur für den Ausnahmefall gedacht. Ist eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer aufgrund von Pflichtverletzungen unzumutbar, kann eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein.
Liegen die Voraussetzungen jedoch nicht vor, ist die Kündigung unwirksam. Um die Auswirkungen einer unwirksamen Kündigung zu vermeiden (u. a. Kündigungsschutzprozess, Schadenersatzforderungen, Abfindung), kann es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sinnvoll sein, die Kündigung vorab auf ihre Zulässigkeit prüfen zu lassen.
Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vermitteln. Das Ziel ist dabei, eine schnelle Lösung zu erarbeiten, um alternativ zur Kündigung die weitere Zusammenarbeit unter verbesserten Bedingungen zu ermöglichen.
Scheitern Gespräche und eine Verbesserung tritt nicht ein, kann ein Anwalt bei der fristlosen Kündigung unterstützen. Er kann den schwerwiegenden Kündigungsgrund zweifelsfrei nachweisen, die Notwendigkeit der fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründen und alle wichtigen Voraussetzungen erfüllen.
Er kann zudem sicherstellen, dass Arbeitnehmer alle ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag oder gegenüber der Agentur für Arbeit erfüllen und so negative Folgen vermeiden.
Ein Anwalt kann u. a. Folgendes für Sie tun:
- Aufzeigen von Alternativen zur außerordentlichen Kündigung
- Formulierung einer korrekten Abmahnung
- Einschätzung, ob die Umstände auf der Arbeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen
- Sammlung und Dokumentation von Beweisen für den Kündigungsgrund
- Erstellung eines rechtswirksamen Kündigungsschreibens
- Prüfung des Kündigungsschreibens
- Prüfung des Anspruchs auf Abfindung durch Schadensersatz
- Einforderung oder Anfechtung des Arbeitszeugnisses
- Vertretung in Gesprächen