Manchmal wollen Eltern schon zu Lebzeiten einen Teil ihres Vermögens auf ihre Kinder übertragen – die vorweggenommene Erbfolge macht das möglich. Was Sie bei einer vorweggenommenen Erbfolge beachten müssen, welche Steuern fällig werden können und wie sich eine Schenkung auf das Erbe auswirkt, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.
Eine vorweggenommene Erbfolge ist eine Vermögensübertragung an Angehörige oder zukünftige Erben zu Lebzeiten. So können beispielsweise Eltern ihren Kindern bereits vor ihrem Tod einen Teil ihres Vermögens überlassen – welches den Kindern im Erbfall ohnehin zugestanden hätte. Wie der Name schon verrät: Die Erbfolge wird vorweggenommen.
Mit einer vorweggenommenen Erbfolge können Erblasser in finanzielle Not geratenen Familienmitgliedern helfen, Erbschaftssteuern umgehen oder einen künftigen Erbstreit verhindern. Außerdem hat der Erblasser die Kontrolle darüber, wer sein Erbe erhält. Eltern entscheiden somit, ob sie eines ihrer Kinder beim Erbe begünstigen oder alle Kinder gleichberechtigt behandeln.
Melden Sie Schenkungen dem Finanzamt
Wenn Sie einen größeren Geldbetrag verschenken oder geschenkt bekommen, müssen Sie die Zuwendung innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt melden. Es reicht ein formloses Schreiben an das Finanzamt, in dessen Bezirk sich der Wohnsitz des Erblassers oder des Schenkers befindet. Hierfür müssen Sie folgende Angaben machen:
Finanzielle Absicherung der Nachkommen
Zum Glück sterben Elternteile oft erst, wenn die Kinder bereits erwachsen sind. Die Abkömmlinge erhalten das Geld also oft erst dann, wenn sie es nicht mehr unbedingt benötigen. Es ist sinnvoll, eines Teil des Vermögens schon zu Lebzeiten an die Kinder zu verschenken. Häufig brauchen die Kinder ein eigenes Vermögen während des Studiums oder wenn sie eine eigene Familie gründen wollen.
Steuerentlastung
Im Grunde ist ein vorzeitiges Erbe eine Schenkung; und das Schenkungssteuergesetz gewährt sogenannten persönliche Freibeträge:
Sie können diese Freibeträge alle zehn Jahre nutzen. Wenn Sie einen Freibetrag im Jahr 2015 genutzt haben, können Sie bereits im Jahr 2025 wieder steuerfreie Zuwendungen machen.
Dadurch ergeben sich steuerliche Vorteile. Aufgrund der Steuerfreibeträge und der 10-Jahresfrist lassen sich auch sehr hohe Geldbeträge völlig steuerfrei übertragen.
Immobilienübertragung
Viele nutzen eine vorweggenommene Erbfolge vor allem, um Immobilien zu verschenken und sich gleichzeitig Wohnrechte zu sichern. Es ist auch üblich, sich Nießrechte an einer verschenkten Wohnung vorzubehalten.
Grundstückserwerbe von Todes wegen oder durch Schenkungen sind eine Ausnahme und von der Grunderwerbsteuer befreit. Auch für die Schenkungen von Immobilien werden Steuern erhoben, hier gelten dieselben Freibeträge.
Auf Schenkungen kann eine Schenkungssteuer anfallen. Der Gesetzgeber sieht bei der Schenkungssteuer einen Freibetrag vor, der steuerfrei bleibt.
Wie hoch der Freibetrag ausfällt, ist von der Steuerklasse und auch vom jeweiligen Verwandtschaftsgrad abhängig. Folgende Beträge dürfen die jeweiligen Personengruppen alle zehn Jahre erneut ausschöpfen:
Wird der Steuerfreibetrag innerhalb der 10-Jahres-Frist überschritten, so ist die Schenkungssteuer zu entrichten. Diese errechnet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum zukünftigen Erblasser. Prinzipiell gilt: je weiter entfernt der Verwandtschaftsgrad, desto höher fällt der Steuersatz aus. Ein Rechtsanwalt für Erbrecht kann Ihnen hier nähere Auskunft geben.
Der nachfolgenden Tabelle sind die prozentualen Steuersätze zu entnehmen, die bei der Überschreitung des Freibetrags für eine Schenkung anfallen können:
Höhe des Erbes |
Steuerklasse I |
Steuerklasse II |
Steuerklasse III |
Bis zu 75.000 € |
7 % |
15 % |
30 % |
Bis zu 300.000 € |
11 % |
20 % |
30 % |
Bis zu 600.000 € |
15 % |
25 % |
30 % |
Bis zu 6.000.000 € |
19 % |
30 % |
30 % |
Bis zu 13.000.000 € |
23 % |
35 % |
50 % |
Bis zu 26.000.000 € |
27 % |
40 % |
50 % |
Mehr als 26.000.000 € |
30 % |
43 % |
50 % |
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Die Schenkungssteuer kann komplett umgangen werden, indem die Schenkung nicht über den oben erwähnten Freibetrag hinausgeht.
Daneben gibt es aber auch noch weitere Gestaltungsmöglichkeiten, die Kettenschenkung und die Gelegenheitsschenkung:
Ein Anwalt für Erbrecht kann Ihnen genau beantworten, ob und wenn ja welche Optionen Sie in ihrem individuellen Fall haben, die Steuer zu minimieren.
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Alle Schenkungen der vergangenen zehn Jahre – also auch die der vorweggenommenen Erbfolge – werden auf das Erbe angerechnet, wenn es um den Pflichtteil geht. Der Pflichtteil ist eine Mindestbeteiligung am Erbe von engen Angehörigen, die enterbt wurden oder zu wenig vererbt bekamen. Wurden Schenkungen getätigt, haben diese Personen neben dem Pflichtteils- auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserem Beitrag zum Pflichtteilergänzungsanspruch.
Bei der Anrechnung wird zunächst der Wert der anrechnungspflichtigen Zuwendungen dem Nachlass des Erblassers hinzugerechnet und danach erst die Pflichtteile der Berechtigten errechnet. Von diesem Betrag wird dann der begünstigten Person der Zuwendungsbetrag abgezogen. Schenkungen können deshalb dazu führen, dass der Pflichtteil enterbter Personen höher ausfällt.
Der Bundesgerichtshof urteilte 2010 allerdings gegen die gesetzliche Anrechnung. Im Fall IV ZR 91/09 wurde bestimmt, dass dem Willen des Erblassers zu folgen sei und Schenkungen nicht auf den Pflichtteil angerechnet werden sollen. Aufgrund der ambivalenten Entscheidungsfällung kann es sinnvoll sein, vorab einen Anwalt zu kontaktieren und Fragen zur Anrechnung zu klären.
Es kann vorkommen, dass Geschwister zu Lebzeiten der Eltern zu unterschiedlichen Teilen mit Vermögen bedacht wurden. Damit kein gesetzlicher Erbe durch die ungleiche vorweggenommene Erbfolge vernachlässigt wird, bestimmt § 2050 BGB hier eine Ausgleichspflicht für Abkömmlinge.
Haben Kinder zu Lebzeiten eine finanzielle oder materielle Zuwendung erhalten, so müssen diese im Erbfall auf den Nachlass angerechnet werden, um für die anderen Geschwister einen entsprechenden Ausgleich berechnen zu können. Die Ausgleichspflicht besteht allerdings nur dann, wenn nichts Gegenteiliges vom Erblasser angeordnet wurde. Wurde ein Kind mit einer höheren Übertragung bedacht als andere, kann also von den Eltern bestimmt werden, dass das begünstigte Kind keine Ausgleichspflicht gegenüber seinen Geschwistern hat.
Schenkungen zu Lebzeiten werden hingegen nicht in die Ausgleichsberechnung mit einbezogen – es sei denn der Erblasser hat es ausdrücklich so gewollt.
Durch eine vorweggenommene Erbfolge können Teile eines Vermögens noch zu Lebzeiten kontrolliert auf Erben übertragen werden. Um dabei eine Versteuerung der Zuwendungen zu vermeiden, kann der Freibetrag für Schenkungen eingehalten werden. Außerdem können Ausgleichspflichten und Anrechnungen auf den Pflichtteil auf Erben zukommen. Ob die vorweggenommene Erbfolge für Sie die richtige Option ist, kann ein Anwalt beurteilen.
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