Der Beteiligungsvertrag: die Bindung zwischen Startup und Investor
Wenn Startups eine Finanzierung anstreben, beginnt eine häufig stressige und nervenaufreibende Zeit. Die Überarbeitung des Business-Plans sowie der Besuch zahlreicher Pitching-Events stehen an, um das Interesse von Investoren zu wecken. Gelingt dies, werden alle Details der Finanzierung mit einem Beteiligungsvertrag geregelt. Doch welche Inhalte gehören zwingend in diesen Vertrag und worauf können Sie bei Abschluss achten? In diesem Artikel erfahren Sie alles über den Beteiligungsvertrag.
Beitrag von Beke Worthmann
Redakteurin für Rechtsthemen
Aktualisiert am
Bei der Neugründung eines Unternehmens treten in der Regel nicht nur Gründer als Kapitalgeber auf, sondern auch Personen oder Organisationen, für die ein Investment – oft in Form einer Kapitalerhöhung – in das Startup sinnvoll erscheint. Investoren können an dieser Stelle z. B. Business Angels, Venture-Capital-Gesellschaften oder Privat-Equity-Investoren sein. Der Beteiligungsvertrag definiert dann die Rechte und Pflichten von Startup und den Investoren.
Ein Beteiligungsvertrag lässt sich so zu gestalten, dass das Investment für Kapitalgeber attraktiv erscheint und kein Beteiligter übervorteilt wird. Die genaue Definition der Rechte und Pflichten kann wichtig sein, um eine Grundlage für zukünftige Entscheidungen im Unternehmen und bezüglich zukünftiger Finanzierungsrunden zu haben.
2. Inhalt des Beteiligungsvertrags
Häufig haben Investoren Standardverträge, in denen Vorstellungen und Werte verankert sind, um deren Investment bestmöglich zu schützen und zu maximieren. Sie als Gründer können jedoch nicht voreilig handeln und sich juristisch beraten lassen, damit auch Ihre Rechte Platz im Beteiligungsvertrag finden. Ein Beteiligungsvertrag im engeren Sinne kann unter anderem folgende Regelungen enthalten:
Beteiligungsvertrag im engeren Sinne
Beteiligungsregelungen
Beteiligungsregelungen sind zentrale Elemente, die unbedingt vertraglich festgehalten werden können. Dazu zählen z. B. die Höhe des Kaufpreises des Unternehmens bzw. die Höhe des Anteils des Investments (die Beteiligungsquote wird dem Investor zugestanden und wirkt sich vor allem auf Stimmrechtsverhältnisse auf. Davon abhängig ist also z. B., ob der Investor ggf. mit weiteren Investoren die Gründer des Unternehmens überstimmen kann),
Zeitpunkt der Fälligkeit von Zahlungen der Investoren (der große finanzielle Teil des Investments liegt meistens nicht in der Beteiligung selbst – also z. B. im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in den Geschäftsanteilen –, sondern in den regelmäßigen Zahlungen in Kapitalrücklagen oder Gesellschafterdarlehen).
Garantien
Garantien können ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Beteiligungsvertrags sein, auf die Gründer ein wichtiges Auge legen können. In den meisten Fällen werden diese Garantien vereinbart als Title-Garantien (hier wird für Inhalte wie der ordnungsgemäßen Errichtung der Gesellschaft oder der Bestand der Geschäftsanteile garantiert) oder Garantien zum operativen Geschäftsbetrieb (Vorsicht: Gründer haften häufig persönlich, sobald diese Garantien verletzt werden. Sie können in diesem Fall besonders darauf achten, dass eine Begrenzung der Rechtsfolgen durch z. B. eine Haftungshöchstsumme vereinbart wird).
Verwässerungsschutz
Häufig verlangen Investoren Verwässerungsschutz, um sicherzugehen, dass sie wie andere Investoren – die bei einer schlechten Entwicklung des Startups mit einer niedrigen Bewertung einsteigen – behandelt werden. Dieser Schutz räumt ihnen das Recht ein, bei der nächsten Finanzierungsrunde Geschäftsanteile zum Nennwert zu übernehmen, um den besagten Nachteil auszugleichen.
Neben dem Beteiligungsvertrag im engeren Sinne gehören weiterhin die Gesellschaftervereinbarung sowie Dienstverträge der Gründer und die Geschäftsordnung zum Vertragsgerüst. Zusammen bilden diese den Beteiligungsvertrag im weiteren Sinne. Weitere individuelle Vereinbarungen können diesen dann abrunden.
Beteiligungsvertrag im weiteren Sinne
Gesellschaftervereinbarung/Satzung
In der Satzung wird das zukünftige Miteinander der Gesellschafter (Gründer und Investoren) geregelt. Diese ist beim Handelsregister einzureichen und ist öffentlich einsehbar. Aufgrund dessen werden manchmal besondere Regelungen in eine gesondert abzuschließende Gesellschaftervereinbarung verlagert. Folgende Inhalte spielen vor allem bei der Erstellung der Gesellschaftervereinbarung eine große Rolle:
Mitbestimmungs- und Mitverkaufsrechte
Investoren fordern regelmäßig Mitbestimmungsrechte, um die wesentlichen Maßnahmen im Unternehmen kontrollieren zu können. Deshalb können den Gesellschaftern innerhalb der Satzung bestimmte Aufgaben zugewiesen werden, die einer besonderen Mehrheit bedürfen (wenn der Investor nicht schon aufgrund seiner Beteiligungsquote ein Vetorecht bei Gesellschafterbeschlüssen hat). Beispiele dafür sind die Zustimmung zu Verfügungen über Geschäftsanteile oder die Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers.
Damit Dritte nicht ohne Zustimmung der bereits bestehenden Gesellschafter selber Gesellschafter werden, kann die Satzung Veräußerungsbeschränken enthalten.
Soll das Startup später veräußert werden (Exit), können besonders Mitverkaufspflichten und -rechte wichtig sein. Diese können durch die Mehrheit der Gesellschafter einen Minderheitsgesellschafter dazu bringen, seine Anteile zu denselben Konditionen wie die Mehrheitsgesellschafter an Dritte zu veräußern. Demgegenüber kann der Minderheitsgesellschafter seine Anteile bei einem Exit durch die Mehrheitsgesellschafter zu denselben Konditionen verkaufen.
Liquidationspräferenz
Unter der Bedingung der Liquidationspräferenz können Investoren in der Satzung eine besondere Stellung bei Veräußerung des Unternehmens oder Liquidation einnehmen. Sie erhalten eine präferierte Stellung, indem sie einen im Vorfeld definierten Wert bekommen, bevor diese Summe an alle anderen Investoren bzw. unter den Gründern verteilt wird.
Vesting-Regelungen
Die Gesellschaftervereinbarung kann Vesting-Regelungen enthalten, nach denen ein Gründer Anteile am Startup verliert, wenn dieser aus dem Unternehmen aussteigt. Man unterscheidet in der Praxis häufig zwischen diesen Vesting-Regelungen: Good-Leaver-Klauseln bzw. Bad-Leaver-Klauseln; Zeitpunkt, zu dem der Gründer das Startup verlässt (abhängig vom Zeitpunkt und Grund des Ausscheidens ist die Abgabe der Anteile. Scheidet ein Gesellschafter früh aus, muss er danach mehr Anteile zu einer niedrigen (Bad Leaver) oder einer etwas höheren (Good Leaver) Bewertung abgeben. Demgegenüber muss ein Gesellschafter, der spät aussteigt, weniger Anteile zu der jeweiligen Bewertung aushändigen.
Geschäftsführerdienstvertrag und Geschäftsordnung
Neben der Satzung spielen im Gerüst des Beteiligungsvertrags Geschäftsführerdienstverträge und eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung eine große Rolle. Innerhalb der Dienstverträge der Gesellschafter wird das Verhältnis der Geschäftsführer, die häufig gleichzeitig Gründer sind, geregelt. Der Geschäftsführerdienstvertrag kann den Gründern ihren Lebensunterhalt sichern, da Investoren häufig über Kapitalerhöhungen in ein Startup einsteigen und deshalb keine direkten Zahlungen an die Gründer fließen. Die bestehende Geschäftsordnung wird in der Regel ebenfalls angepasst. Diese regelt vor allem zustimmungspflichtige Maßnahmen, die die Geschäftsführung nicht ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung bestimmen darf.
Diese Inhalte finden sich häufig in Geschäftsführerdienstverträgen und der Geschäftsordnung:
Wettbewerbsverbot
Das Wettbewerbsverbot innerhalb des Geschäftsführerdienstvertrages existiert sowohl für die Zeit des bestellten Geschäftsführers als auch für die Zeit, nachdem dieser das Startup verlassen hat. Dies wird auch nachvertragliches Wettbewerbsverbot genannt, das regelmäßig eine Dauer von bis zu zwei Jahren hat. Während dieser Zeit muss das Unternehmen dem Geschäftsführer eine Karenzentschädigung zahlen, die z. B. 50 % der zuletzt bezogenen Vergütungen sein kann. Mit dem Wettbewerbsverbot werden innerhalb des Geschäftsführerdienstvertrags besonders zwei wichtige Dinge geregelt, die im Folgenden aufgeführt werden:
Mit der Vereinbarung kann der Investor sicherstellen, dass ein oder mehrere Gründer des Startups, in das er investiert, parallel kein weiteres Unternehmen aufbauen, das mit dem besagten Startup in Wettbewerb steht.
Weiterhin können Investoren über das Wettbewerbsverbot sichergehen, dass Gründer das Startup nicht kurzfristig verlassen, um ein Wettbewerbsunternehmen aufzubauen.
Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung
Geschäfte können einem Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung unterstellt werden, um die Kontrolle der Geschäftsführung zu erhöhen. Maßnahmen, die zu einem Verstoß gegen diesen Zustimmungsvorbehalt führen, sind trotzdem nach außen wirksam. Der Geschäftsführer macht sich bei Verstoß jedoch schadensersatzpflichtig gegenüber dem Startup. Welche Geschäfte dem Zustimmungsvorbehalt unterliegen, ist abhängig vom Unternehmen und ist meist Verhandlungssache.
Zusammenfassung: Bestandteile des Beteiligungsvertrags
Vertragsart
Wesentliche Inhalte
Beteiligungsvertrag im engeren Sinne
Beteiligungsregelungen, Garantien und Verwässerungsschutz
Gesellschaftervereinbarung
Mitbestimmungs- und Mitverkaufsrechte, Liquidationspräferenz und Vesting-Regelungen
Geschäftsführerdienstvertrag und Geschäftsordnung
Wettbewerbsverbot und Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung
3. Voraussetzungen für die Erstellung des Beteiligungsvertrags
Bevor ein Beteiligungsvertrag unterschrieben werden kann, steht in der Regel eine umfangreiche Prüfung des Unternehmens sowie der Finanzkennzahlen an. Diesen Prozess nennt man Due Diligence. Innerhalb dieser Analyse werden besonders die wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse geprüft.
Sind die Investoren nach dieser Prüfung noch am Unternehmen interessiert, werden Term Sheets mit den wichtigsten Bedingungen für das Investment ausgehandelt. Als solches bezeichnet man in diesem Fall die schriftlich festgehaltene Absichtserklärung zwischen Startup und Investor, mit der das grundlegende Interesse der Zusammenarbeit niedergeschrieben und das weitere Vorgehen skizziert wird.
Hat ein Unternehmen mehrere Investoren zur Auswahl, erfolgt nach der Festlegung der zentralen Konditionen die Entscheidung für den jeweiligen Investor. Nachdem diese getroffen wurde, kann der Beteiligungsvertrag aufgesetzt werden.
4. Beurkundung des Beteiligungsvertrags
Der Beteiligungsvertrag im engeren Sinne muss nicht vom Notar beurkundet werden, da dieser nicht ins Handelsregister eingetragen wird. Der Beteiligungsvertrag im weiteren Sinne enthält jedoch die Satzung, die im Handelsregister eingetragen und vom Notar beglaubigt werden muss.
Außerdem ist ein allgemeiner Besuch beim Notar essenziell, da für die Kapitalerhöhung ein Beschluss der Gesellschafterversammlung nötig ist und dies eine Anpassung der Satzung erfordert. Für diese und die Kapitalerhöhung allgemein ist eine Beglaubigung notwendig, damit diese im Handelsregister eingereicht werden können. Zudem ist der Notar für die Erstellung der Gesellschafterliste für das Handelsregister zuständig.
5. Probleme des Beteiligungsvertrags
Bei der Aufstellung des Beteiligungsvertrags kann es zu Problemen kommen. Ein wesentliches Problem ist die Bewertung des Startups, an dem die Verhandlungen scheitern können. Auch die einzelnen Inhalte wie z. B. die mögliche private Haftung bei Garantien können für Gründer ein großes Hindernis darstellen.
Bei der Aufsetzung des Beteiligungsvertrags gilt für Gründer einerseits, nicht bis auf den letzten Cent zu verhandeln, und andererseits, sich nicht auf einen schlechten Deal einzulassen. Sie sollten sowohl Ihre eigenen Rechte im Beteiligungsvertrag verankern als auch Rücksicht auf die Bedingungen des Investors nehmen.
6. Tipp: kostenlose Ersteinschätzung zum Beteiligungsvertrag durch einen Rechtsanwalt
Ein Beteiligungsvertrag dient als Bindeglied zwischen den Gründern eines Startups und Investoren, die häufig durch eine Kapitalerhöhung ins Unternehmen einsteigen. Innerhalb dieses Vertrags können Gründer darauf achten, nicht nur ihre eigenen Rechte zu verankern, sondern auch die der Investoren, damit das Investment für sie attraktiv ist. Bei der Vereinbarung der Bedingungen kann es jedoch häufig zu Schwierigkeiten kommen.
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