Ist der Arbeitgeber insolvent, ändert sich für Arbeitnehmer zunächst nichts: Vorerst besteht das Arbeitsverhältnis fort. Arbeitnehmer müssen weiterarbeiten. Im Gegenzug muss der Arbeitgeber alle gesetzlichen Ansprüche erfüllen – das gilt auch für Lohnzahlungen und Urlaub.
Wenn der Arbeitgeber insolvent ist, ist er zahlungsunfähig. Er hat kein Geld mehr, um die Gehälter seiner Mitarbeiter zu zahlen, laufende Kosten wie die Miete, Rechnungen von Lieferanten oder Schulden zu begleichen.
Es folgt ein Insolvenzverfahren. Ziel des Verfahrens ist es, die Forderungen der Gläubiger zu erfüllen. Zu den Gläubigern gehören u. a. die Mitarbeiter, die einen gesetzlichen Anspruch auf ihr Gehalt haben.
Arbeitgeber dürfen die Firmeninsolvenz nicht verheimlichen. Sie sind verpflichtet, die Belegschaft schnellstmöglich über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu informieren, spätestens wenn ihm der Beschluss vom Insolvenzgericht vorliegt.
Neben der Verwendung des noch vorhandenen Vermögens des Arbeitgebers kommt die Aufstellung eines Insolvenzplans in Betracht. Dieser dient dazu, das Unternehmen trotz Zahlungsunfähigkeit weiterzuführen und zugleich die Forderungen der Gläubiger zu erfüllen.
Im Laufe des Insolvenzverfahrens übernimmt ein Insolvenzverwalter die Verfügung über das Vermögen des Unternehmens sowie alle weiteren Schritte.
Grundsätzlich droht Ihnen nicht automatisch die Kündigung, wenn der Arbeitgeber insolvent ist – denn die Insolvenz selbst ist kein Kündigungsgrund. Das Arbeitsverhältnis bleibt auch bei einem laufenden Insolvenzverfahren bestehen.
Wenn kein neuer Käufer zu finden ist, bedeutet die Insolvenz in den meisten Fällen eine Stilllegung des Unternehmens. Dies kann zu einer betriebsbedingten Kündigung führen – sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, können Sie gegen die Kündigung klagen. Ab Erhalt der Kündigung haben Sie 3 Wochen Zeit, die Klage einzureichen. Wie hoch die Erfolgsaussichten einer solchen Kündigungsschutzklage während einer Insolvenz sind, können Sie vorab mit einem Anwalt besprechen. Schildern Sie dafür hier Ihr Anliegen.
Übernimmt hingegen ein neuer Käufer oder Investor das Unternehmen, ist er zur Übernahme der bestehenden Arbeitsverhältnisse verpflichtet – eine Kündigung droht Ihnen in diesem Fall nicht.
Ja. Ihr Arbeitsverhältnis bleibt trotz der Insolvenz des Arbeitgebers vorerst bestehen und der Arbeitsvertrag ist weiterhin gültig. Sie sind also dazu verpflichtet, weiterzuarbeiten.
Erst wenn das Arbeitsverhältnis offiziell durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag endet, müssen Sie nicht mehr arbeiten. Es steht Ihnen jederzeit frei, selbst zu kündigen.
Lässt sich kein neuer Eigentümer finden, muss der Insolvenzverwalter das Unternehmen auflösen. Betriebsänderung und betriebsbedingte Kündigungen muss er mit dem Betriebsrat besprechen und einen Sozialplan erstellen.
Sozialplan-Abfindungen sollen die finanziellen Nachteile der Arbeitnehmer ausgleichen. Mehr Informationen zum Sozialplan und zur Höhe der Abfindung erfahren Sie im Beitrag zur Sozialplan-Abfindung.
Wer Ihr Gehalt zahlt, wenn der Arbeitgeber insolvent ist, hängt davon ab, wann die Zahlungsansprüche entstanden sind.
Gehaltsforderungen, die schon vor Beginn des Insolvenzverfahrens bestanden, müssen Sie beim Insolvenzverwalter anmelden. Sie erhalten von ihm ein Formular, das Sie ausfüllen und innerhalb einer festgesetzten Frist zurücksenden müssen. Erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens werden die offenen Forderungen beglichen – jedoch häufig nur zu einem gewissen Anteil.
Ansprüche nach Beginn des Insolvenzverfahrens wie Gehaltsforderungen aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis begleicht der Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens. Kommt er der Zahlung nicht nach, können Sie ihn umgehend dazu auffordern – er ist zur Zahlung verpflichtet.
Wenn der Arbeitgeber insolvent ist, muss er die Sozialversicherungsbeiträge seiner Arbeitnehmer weiterhin abführen. Zahlt er sie nicht, macht er sich strafbar.
Bleibt die Zahlung der Beiträge aus, hat das keine Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz als Arbeitnehmer – egal ob Sie privat oder gesetzlich krankenversichert sind. Die fehlenden Krankenkassenbeiträge sind Sache zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherung.
Ist der Arbeitgeber aufgrund der Insolvenz nicht in der Lage, die Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen, übernimmt das die Agentur für Arbeit.
In Bezug auf geleistete Überstunden gilt bei einer Insolvenz des Arbeitgebers Folgendes:
Für Überstunden, die Sie vor der Insolvenzeröffnung geleistet haben, können Sie einen Anspruch beim Insolvenzverwalter anmelden – ob Sie Geld bekommen, ist aber nicht sicher.
Für Überstunden aus den letzten 3 Monaten vor der Eröffnung der Insolvenz haben Sie einen Anspruch auf Insolvenzgeld.
Solange das Insolvenzverfahren läuft und Ihr Arbeitsverhältnis weiterhin besteht, haben Sie einen anteiligen Anspruch auf Urlaub. Sie können Urlaub beantragen – auch wenn Ihr Arbeitgeber insolvent ist.
Haben Sie noch restliche Urlaubstage aus der Zeit vor dem Insolvenzverfahren, verfallen diese auch nicht zwangsläufig. Können Sie den Urlaub nicht mehr vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen, muss der Insolvenzverwalter diesen finanziell abgelten – sofern die finanziellen Mittel ausreichen.
Befinden Sie sich in Elternzeit, wenn der Arbeitnehmer insolvent geht, bleibt Ihr Beschäftigungsverhältnis weiter bestehen. Grundsätzlich gilt dasselbe wie für alle Mitarbeiter: Findet sich ein neuer Käufer zum Betriebsübergang, können Sie nach dem Ende der Elternzeit in Ihren alten Job zurückkehren.
Allerdings kann die Bezirksregierung bzw. das Amt für Arbeitsschutz auf Antrag des insolventen Arbeitgebers bzw. des Insolvenzverwalters den besonderen Kündigungsschutz während der Elternzeit aufgrund der Insolvenz aufheben – dasselbe gilt für den Kündigungsschutz in der Schwangerschaft.
Das Elterngeld erhalten Sie weiterhin, auch wenn der Arbeitgeber insolvent ist. Das Geld ist eine staatliche Leistung, die Insolvenz hat darauf keinen Einfluss.
Ob Sie noch Anspruch auf eine vereinbarte Abfindung bei Insolvenz haben, hängt davon ab, seit wann der Abfindungsanspruch besteht.
Ist die Zahlung einer Abfindung seit Insolvenzeröffnung vereinbart, haben Sie gute Chancen auf das Geld. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, die Abfindung in voller Höhe auszuzahlen – andernfalls können Sie diese gerichtlich einklagen.
Besteht der Anspruch schon länger, aber kam es nicht zur Auszahlung, ist die Situation aussichtslos: Da der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist, kann er die Forderung nicht mehr begleichen. Die Abfindung ist in den meisten Fällen verloren.
Vermuten Sie bereits eine drohende Insolvenz Ihres Arbeitgebers, können Sie eine Abfindung im Aufhebungsvertrag oder nach einer betriebsbedingten Kündigung einfordern. Setzen Sie dem Arbeitgeber eine Frist zur Auszahlung. Damit verfällt Ihr Anspruch nicht, falls das Insolvenzverfahren früher eröffnet wird als erwartet.
Um Ihren Zahlungsanspruch abzusichern, gehen Sie am besten wie folgt vor:
Ist noch kein Verfahren eröffnet, aber zahlt der Arbeitgeber wegen der Insolvenz bereits keinen Lohn mehr, können Sie Folgendes tun:
Ist Ihr Arbeitgeber insolvent, müssen Sie Lohnansprüche aus der Zeit vor dem Insolvenzverfahren beim Insolvenzverwalter anmelden. Um die Zeit ohne Einkommen zu überbrücken, können Sie bei der Agentur für Arbeit das Insolvenzgeld bzw. Insolvenzausfallgeld beantragen.
Bewilligt das Arbeitsamt den Antrag, erhalten Sie rückwirkend die ausstehenden Lohnzahlungen für die letzten 3 Monate vor Insolvenzeröffnung – einschließlich Sonderzahlungen.
Fügen Sie dem Antrag die erforderlichen Unterlagen bei:
Der Antrag ist innerhalb von 2 Monaten nach Eröffnung der Insolvenz des Arbeitgebers zu stellen. Sie können zudem Arbeitslosengeld beantragen, wenn der Arbeitgeber insolvent ist – dies wird dann als Vorschuss auf das Insolvenzgeld gewertet.
Ob und wie viel Geld Sie im Insolvenzfall erhalten, hängt maßgeblich davon ab, ob Ihr Zahlungsanspruch schon vor oder erst nach der Insolvenzeröffnung entstanden ist.
Alle Ansprüche bis zur Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen. Diese berücksichtigt der Insolvenzverwalter. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie diese ausgezahlt bekommen. Das hängt davon ab, wie viel Geld am Ende des Verfahrens noch vorhanden ist.
Nach der Verfahrenseröffnung entstandene Ansprüche zählen zu den Masseverbindlichkeiten, die nicht in die Insolvenztabelle aufgenommen werden. Bei Masseverbindlichkeiten haben Sie gute Aussichten auf deren Auszahlung – solange das Restvermögen des insolventen Arbeitgebers dafür ausreicht.
Ist Ihr Arbeitgeber insolvent, ist es wichtig, sich mit Blick auf die Zukunft finanziell und beruflich abzusichern. Möglich sind dafür folgende Schritte:
Auch bei einer Insolvenz des Arbeitgebers haben Sie Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (Az. 10 AZR 495/03):
Sind Sie von Lohnrückständen betroffen, weil der Arbeitgeber insolvent ist, kann juristische Unterstützung sinnvoll sein – insbesondere dann, wenn Sie eine Kündigung erhalten haben oder nicht wissen, wie Sie Ihr ausstehendes Gehalt bekommen.
Läuft ein Insolvenzverfahren gegen Ihren Arbeitgeber, kann Ihnen ein Anwalt als professioneller Ansprechpartner zur Seite stehen.
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Als Teil der juristischen Redaktion von advocado strebt Sophie Suske jeden Tag danach, komplexe Rechtsprobleme des Marken- und Versicherungsrechts für jeden Leser verständlich aufzubereiten. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist ihr Masterstudium der Sprach- und Kommunikationswissenschaft.