Zusammenfassung
Kann ein Arbeitgeber aufgrund einer Insolvenz die Gehälter seiner Mitarbeiter nicht mehr zahlen, übernimmt die Arbeitsagentur die Lohnfortzahlung in Form von Insolvenzausfallgeld. Arbeitnehmer können den Antrag innerhalb von 2 Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses stellen.
Das Wichtigste in Kürze:
Im Jahr 2020 kam es zu zahlreichen gesetzlichen Betriebsschließungen wegen Corona. Vor allem Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) sind von den Beschränkungen betroffen: Knapp 2/3 der Unternehmer gaben laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie an, im Verlauf der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten gekommen zu sein.
Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet, bleibt womöglich nur noch die Firmeninsolvenz. Um die betroffenen Firmen zu entlasten und Arbeitnehmer abzusichern, existiert das Insolvenzgeld. Diese finanzielle Staatshilfe für Unternehmen in der Insolvenz soll sicherstellen, dass die Löhne der Mitarbeiter trotz Zahlungsunfähigkeit weiterhin gezahlt werden können.
Kann der Arbeitgeber aber die Gehälter seiner Mitarbeiter ganz oder teilweise nicht mehr bezahlen, haben diese Anspruch auf Insolvenzausfallgeld. Da sich eine Insolvenz nicht auf die Arbeitsverhältnisse auswirkt, soll das Insolvenzgeld die Bezahlung von Mitarbeitern sicherstellen. Voraussetzung ist, dass der Insolvenzfall eingetreten ist.
Ein Insolvenzereignis liegt in folgenden Fällen vor:
Ist der Arbeitgeber insolvent, zahlt die Bundesagentur für Arbeit das Insolvenzgeld. Da die Gehälter so abgesichert sind, lässt sich mit dem Insolvenzausfallgeld unter Umständen auch eine Kündigung von Mitarbeitern im Insolvenzverfahren vermeiden.
Anspruch auf Insolvenzausfallgeld haben folgende Personen:
Dritte sind entweder natürliche oder juristische Personen (z. B. ein Verein), die einen direkten Anspruch auf den Lohn des Berechtigten haben. Zahlt der Insolvenzgeldberechtigte z. B. Kindesunterhalt, hat die Mutter oder der Vater Anspruch auf dessen Lohn.
Wer hingegen als Familienangehöriger im insolventen Familienbetrieb ausgeholfen hat, hat – ebenso wie der Geschäftsführer – nicht automatisch einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Hier hat die Deutsche Rentenversicherung die Aufgabe, durch ein Statusfeststellungsverfahren zu überprüfen, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Ist dies der Fall, besteht ein Anspruch auf Insolvenzausfallgeld.
Das Insolvenzgeld soll das durch die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitnehmers ausgefallene Gehalt ersetzen. Es deckt sämtliche Entgeltansprüche des Arbeitnehmers ab. Dazu gehören neben dem eigentlichen Gehalt unter anderem:
Unternehmen sind verpflichtet, eine Insolvenzgeldumlage (Umlage U3) zu zahlen, um den Arbeitnehmer für den Fall einer Insolvenz abzusichern. So werden neben dem Arbeitsentgelt aus dem Umlagetopf auch die Beiträge zur Sozialversicherung der Arbeitnehmer gezahlt, wenn der insolvente Arbeitgeber seinen Beitragsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.
Der jährlich zu zahlende Umlagesatz beträgt einen bestimmten Prozentsatz des gesamten Jahresentgelts aller Angestellten.
Wer laut Insolvenzordung nicht insolvent gehen kann, muss den Umlagesatz nicht entrichten. Das gilt für:
Pflichtig ist bis auf diese wenigen Ausnahmen jeder Arbeitgeber für jeden im Inland beschäftigten Arbeitnehmer, unabhängig von der Größe, Branche und Ertragslage des Betriebes.
Damit ein Anspruch auf Insolvenzgeld entsteht, müssen zwei Voraussetzungen vorliegen:
Sie können innerhalb von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Antrag auf Insolvenzgeld stellen. Hierfür sollten Sie am besten das Formular des Arbeitsamtes nutzen. Alternativ können Sie sich auch ein Konto beim Arbeitsamt erstellen und einen Antrag unter den eServices stellen.
Das Insolvenzgeld wird immer maximal für drei Monate gezahlt. Die Arbeitsagentur kann auch einen Vorschuss zahlen.
Wie lange es bis zur Auszahlung dauert bzw. wie viel Zeit die Bearbeitung der Insolvenzgeldbescheinigung beansprucht, hängt vom Einzelfall ab. Wenn das Insolvenzausfallgeld innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt wird, lässt sich die Zeitspanne verkürzen.
Wie hoch das Insolvenzgeld ausfällt, hängt vom Netto-Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers und dem Ort seiner Beschäftigung ab:
Daneben übernimmt die Agentur für Arbeit die Sozialversicherungsbeiträge für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.
Erhalten Sie im Insolvenzgeldzeitraum andere Einkünfte – z. B. aus einer neuen Beschäftigung –, werden diese Einkünfte auf den Insolvenzgeldanspruch angerechnet.
Die Höhe des Insolvenzgelds berechnet sich in der Regel anhand des Nettogehalts der letzten 3 Monate vor Insolvenzeröffnung. Ansprüche wie Weihnachts- oder Urlaubsabgeltung sind anteilig mit einzuberechnen.
Insolvenzgeld berechnen – Beispiel:
Es ist wichtig, dass Sie den Antrag auf Insolvenzausfallgeld innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit einreichen – das geht ganz bequem auch online. Damit liegt der Antrag der Arbeitsagentur schneller zur Bearbeitung vor, als wenn Sie ihn postalisch senden.
Folgende Dokumente gehören in den Antrag:
Arbeiten Sie als Familienangehöriger im Betrieb oder sind selbst der Geschäftsführer, sind mit dem Antrag die Zusatzblätter Familienangehörige und Gesellschafter(in)/Geschäftsführer(in) einzureichen.
Hat die Deutsche Rentenversicherung bereits festgestellt, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist der entsprechende Nachweis beizufügen – dann benötigen Sie die Zusatzblätter nicht.
Laut § 3 EStG ist das Insolvenzgeld von der Steuer befreit. Da das Insolvenzgeld in der Regel 410 Euro jährlich übersteigt, müssen Sie es in Ihrer Einkommensteuererklärung angeben.
In der Phase des Insolvenzeröffnungsverfahrens, in der der Insolvenzverwalter prüft, ob sich eine Sanierung des Betriebs lohnt oder nicht, übernimmt die Agentur für Arbeit die Fortzahlung der Gehälter, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist.
Um die Firma zu entlassen, kann es in dieser Zeit verstärkt zu betriebsbedingten Kündigungen von Mitarbeitern kommen. Sollten auch Sie von einer Kündigung betroffen sein, erhalten Sie im Anschluss Arbeitslosengeld I. Alternativ kann (besonders bei Großkonzernen) der Wechsel in eine Transfergesellschaft eine Option sein.
Möchten Sie Insolvenzgeld beantragen, benötigen Sie im Regelfall keine juristische Unterstützung. Anders sieht es aus, wenn Sie von längeren Lohnausfällen betroffen sind. Ob Sie Ihre Ansprüche durchsetzen können, hängt davon ab, ob diese vor oder erst nach Insolvenzeröffnung entstanden sind – hier kann Ihnen ein Anwalt für Arbeitsrecht weiterhelfen.
Auch wenn Sie vor dem Hintergrund einer Stilllegung oder Umstrukturierung des Betriebs wegen Insolvenz eine Kündigung erwägen oder bereits mit einem Aufhebungsvertrag konfrontiert wurden, kann sich die Unterstützung durch einen Anwalt lohnen. Er kann Sie z. B. beraten, ob eine Abfindung bei Kündigung oder eine Abfindung im Aufhebungsvertrag durchsetzbar ist.
Wurden Sie selbst gekündigt und hegen Zweifel an der Zulässigkeit der Kündigung, kann der Anwalt diese prüfen – denn eine Insolvenz allein ist kein ausreichender Kündigungsgrund. Ist die Kündigung unzulässig, können Sie mit einer Kündigungsschutzklage dagegen vorgehen.
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Alle Angestellten eines insolventen Betriebs können Insolvenzgeld erhalten, es steht ihnen zu. Ihr Anspruch ist unabhängig vom Umfang des Arbeitsverhältnisses. Auch Basiskräfte, Teilzeitbeschäftigte, Azubis und Schüler haben einen Anspruch. Lediglich Gesellschafter und für den Arbeitgeber arbeitende Angehörige können vom Insolvenzausfallgeld ausgeschlossen werden.
Der Anspruch orientiert sich an der Kündigungsfrist. Maximal gibt es Insolvenzgeld für 3 Monate – danach besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I.
Ja, Sie können gleichzeitig Arbeitslosengeld und Insolvenzgeld beziehen. Das Insolvenzgeld wird Ihnen dann auf diese Leistungen angerechnet. Der Zeitraum, in dem Sie Arbeitslosengeld beziehen können, verringert sich durch den Insolvenzgeldzeitraum nicht.
Als Teil der juristischen Redaktion von advocado strebt Sophie Suske jeden Tag danach, komplexe Rechtsprobleme des Marken- und Versicherungsrechts für jeden Leser verständlich aufzubereiten. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist ihr Masterstudium der Sprach- und Kommunikationswissenschaft.