Zusammenfassung
Der Arbeitgeber darf auch bei einer Insolvenz nicht willkürlich Kündigungen aussprechen, sondern muss sich an gesetzliche Vorgaben halten. Arbeitnehmer können sich gegen die Kündigung im Insolvenzverfahren wehren.
Das Wichtigste in Kürze:
Die bloße Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellt keinen Kündigungsgrund dar. Bestehende Arbeitsverträge werden nicht allein durch die Regelinsolvenz eines Unternehmens aufgelöst.
Ist Ihr Arbeitgeber insolvent, steht er entweder kurz vor der Zahlungsunfähigkeit oder ist bereits nicht mehr in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu begleichen. Mit der Anmeldung eines Insolvenzverfahrens ist jedoch nicht zwangsläufig das Ende des Unternehmens besiegelt.
Ein vom Gericht bestimmter Insolvenzverwalter soll den Betrieb durch Umstrukturierung und Unternehmenssanierung wieder zahlungsfähig machen.
Eine Insolvenz heißt also nicht unbedingt, dass man Sie kündigt:
Ja. Der Insolvenzverwalter hat gemäß § 80 Insolvenzordnung (InsO) die Kontrolle über das Vermögen des Unternehmens. Dadurch kann er auch über Verträge entscheiden.
Er kann bestehende Arbeitsverträge kündigen und so eine Freistellung der Arbeitnehmer erwirken. Der Arbeitgeber kann keine Kündigungen mehr aussprechen.
Wegen seiner wichtigen Rolle als Ansprechpartner für die Arbeitnehmer darf der Insolvenzverwalter den Betriebsrat grundsätzlich erst zuletzt entlassen.
Allein die Insolvenz ist kein Grund für eine Kündigung. Eine Kündigung wegen Insolvenz ist nur möglich, wenn es zusätzlich einen betriebsbedingten Grund gibt.
Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung bei Insolvenz:
Damit die Kündigung zulässig ist, muss der Insolvenzverwalter begründen, weshalb die Tätigkeiten des Arbeitnehmers wegfallen.
Der Insolvenzverwalter muss nachweisen, dass
Zusätzlich muss der Verwalter eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchführen. Faktoren wie Alter, Betriebszugehörigkeit oder Unterhaltspflichten sind relevant, um zu entscheiden, wer die Kündigung erhält.
Für insolvenzbedingte Kündigungen gelten zwar grundsätzlich dieselben Voraussetzungen wie für jede Kündigung – allerdings greifen abweichende Kündigungsfristen:
Hat man Sie kurz vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt, greifen eigentlich die gesetzlichen Kündigungsfristen. Der Insolvenzverwalter hat aber die Möglichkeit, eine bereits laufende Kündigungsfrist nachträglich auf 3 Monate zu verkürzen, denn: Lange Kündigungsfristen erschweren es ihm, die Vermögensverwaltung effektiv durchzuführen.
Beispiel Nachkündigung:
Hat Ihr Arbeitgeber Ihnen zum Beispiel am 04.03. das Arbeitsverhältnis mit einer 7-monatigen Kündigungsfrist gekündigt, wäre Ihr Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zum 31.10. beendet.
Damit der Verwalter mehr Spielraum bei der Vermögensverwaltung hat, kann er Ihnen nachträglich mit der 3-monatigen Frist wegen Insolvenz kündigen.
Wenn er Ihnen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 25.04. erneut kündigt, ist Ihr Arbeitsverhältnis bereits am 31.07. beendet.
Erhalten Sie eine Kündigung vom Insolvenzverwalter, müssen Sie diese nicht ohne Weiteres hinnehmen. Sie haben als Arbeitnehmer 3 Optionen:
Ob und wie Sie offenen Lohn einfordern können, hängt davon ab, wann die Ansprüche entstanden sind:
Wenn Sie die Kündigung gerichtlich anfechten möchten, können Sie eine Kündigungsschutzklage im Insolvenzverfahren einreichen. Damit können Sie die Wirksamkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht überprüfen lassen.
Dies kann sich lohnen, wenn offene Gehaltsforderungen bestehen, die der Arbeitgeber bzw. der Insolvenzverwalter noch zu leisten hat. Auch Urlaubsabgeltung, Überstundenvergütung, Abfindungen und ein Arbeitszeugnis lassen sich in dem Verfahren einklagen. Eine Kündigungsschutzklage verschafft Ihnen einen Urteil, an dem der Insolvenzverwalter nicht mehr rütteln kann.
Wurde Ihr besonderer Kündigungsschutz nicht beachtet, kann das Gericht die Kündigung für unwirksam erachten.
Folgendes ist bei der Klage zu beachten:
Um den Erfolg Ihrer Klage abzusichern, können Sie einen Anwalt für die Kündigungsschutzklage kontaktieren. Er kann die Erfolgschancen der Klage vorab einschätzen, um Sie nicht in einen teuren und womöglich aussichtslosen Prozess zu schicken.
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Wenn Sie sich mit Ihren Vorgesetzten auf einen Aufhebungsvertrag einigen können, ist eine Kündigung nicht mehr nötig. Sie können individuelle Regelungen mit dem Insolvenzverwalter treffen und z. B. eine Abfindung im Aufhebungsvertrag vereinbaren.
Ob sich eine solche Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung aushandeln lässt, ist schwer zu sagen – ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht. Der Insolvenzverwalter ist in der Verantwortung, die vorhandenen Gelder fair und umsichtig auf alle Gläubiger zu verteilen. Da während einer Insolvenz wenig Geld zur Verfügung steht, wird die Abfindung vermutlich geringer ausfallen als normalerweise.
Häufig sollen Sie dem Insolvenzverwalter mit dem Aufhebungsvertrag eine Ausgleichsquittung unterschreiben. Damit bestätigen Sie, dass Sie als Arbeitnehmer zukünftig keinerlei Ansprüche mehr gegen Ihren Arbeitgeber geltend machen.
Sie brauchen nicht zwangsläufig einen Anwalt, um bei einer Kündigung wegen Insolvenz eine faire Abfindung zu erreichen.
Anwaltliche Unterstützung kann sich aber auszahlen, wenn
Ein Anwalt kann prüfen, ob die Kündigung bei Insolvenz korrekt und rechtswirksam ist und im Klageverfahren vor Gericht Ihre Interessen vertreten und mit Ihrem Arbeitgeber eine faire Abfindung für Sie aushandeln.
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In den meisten Fällen wird ein Insolvenzverwalter bestellt, um die Kontrolle über das Vermögen des Unternehmens zu übernehmen. Er ist für vertragliche Fragen Ihr Ansprechpartner und übernimmt die Kompetenzen des Arbeitgebers.
Mit einer Kündigungsschutzklage können Sie sich gegen die Kündigung im Insolvenzverfahren wehren. Die Klage kann den Druck auf Ihren Arbeitgeber bzw. den Insolvenzverwalter erhöhen: Womöglich ist dieser zur Zahlung einer Abfindung bereit, wenn Sie die Klage fallen lassen.
Schuldet Ihnen Ihr insolventer Arbeitgeber Lohn, müssen Sie das Geld schriftlich einfordern: Entweder beim Arbeitgeber oder beim Insolvenzverwalter.
Als Teil der juristischen Redaktion von advocado strebt Sophie Suske jeden Tag danach, komplexe Rechtsprobleme des Marken- und Versicherungsrechts für jeden Leser verständlich aufzubereiten. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist ihr Masterstudium der Sprach- und Kommunikationswissenschaft.