Eine Kündigung während Krankheit ist nach deutschem Arbeitsrecht grundsätzlich zulässig – sowohl ordentlich als auch außerordentlich. Ihre Wirksamkeit hängt jedoch von verschiedenen Voraussetzungen ab. Daher muss ein Arbeitnehmer eine Kündigung während Krankschreibung nicht einfach hinnehmen. Ein Anwalt kann die Kündigung prüfen und z. B. Lohnfortzahlungen und eine Abfindung durchsetzen.
Die Kündigung während Krankschreibung ist grundsätzlich zulässig. Jeder Arbeitnehmer kann während der Krankschreibung eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung erhalten. Fällt der Arbeitnehmer aber in den Schutzbereich des besonderen Kündigungsschutzes, kann der Arbeitgeber die Kündigung während Krankschreibung nur aus ganz bestimmten Gründen aussprechen.
Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn:
In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer auch die Chance auf eine Abfindung nach Kündigung.
Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, dann kann eine Kündigung während Krankheit nur aus drei Gründen erfolgen:
1. Personenbedingte Kündigung: Der Kündigungsgrund liegt in Eigenschaften oder Merkmalen des Arbeitnehmers, die zu einer Leistungsminderung führen.
2. Verhaltensbedingte Kündigung: Der Kündigungsgrund liegt im steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers. Dazu zählen zum Beispiel Alkoholkonsum, Diebstahl oder sexuelle Belästigung.
Für die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung müssen 4 Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sein:
3. Betriebsbedingte Kündigung: Der Kündigungsgrund liegt im Betrieb selbst. Der Arbeitgeber muss wegen dringender betrieblicher Erfordernisse Personal entlassen – z. B. bei Insolvenz oder der Schließung einer Abteilung.
Die Kündigung wegen Krankheit muss ebenfalls sozial gerechtfertigt sein. Dies kann aus folgenden Gründen gegeben sein:
Arbeitnehmer sind nicht durch das Kündigungsschutzgesetz vor einer Kündigung während Krankschreibung geschützt, wenn sie in einem Kleinbetrieb mit weniger als zehn Vollzeitbeschäftigten angestellt sind.
Der Arbeitgeber ist dann zudem nicht verpflichtet, einen Grund für die Kündigung zu nennen. Auch die soziale Rechtfertigung entfällt. Möchte der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung wehren, liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Unwirksamkeit der Kündigung bei ihm.
Gründe für die Unwirksamkeit einer Kündigung in Kleinbetrieben:
Eine krankheitsbedingte Kündigung liegt vor, wenn die Krankheit selbst der Kündigungsgrund ist. Nach dem Kündigungsschutzgesetz stellt sie eine personenbedingte Kündigung dar.
Gründe für eine krankheitsbedingte Kündigung während Krankschreibung (oder auch Anlasskündigung):
Die krankheitsbedingte Kündigung muss ebenfalls sozial gerechtfertigt sein, um wirksam zu sein. Dafür müssen folgende drei Voraussetzungen erfüllt sein:
Eine negative Prognose besteht, wenn längerfristig mit weiteren Krankheiten des Arbeitnehmers zu rechnen ist. Bei Kurzerkrankungen muss zu befürchten sein, dass Wiedererkrankungen in erheblichem Umfang auftreten. Bei Langzeiterkrankungen darf keine Aussicht auf Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit bestehen.
Eine krankheitsbedingte Kündigung während Krankschreibung kann nur erfolgen, wenn die bisherigen und prognostizierten Auswirkungen die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigen.
Dies ist z. B. bei fehlender Planungssicherheit, Störungen des Betriebsablaufs oder einer wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers durch Krankheitsvertretungen und außergewöhnlich hohe Entgeltfortzahlungskosten der Fall.
Es bedarf einer sorgfältigen Prüfung, ob dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Diese Interessenabwägung soll verhindern, dass dem Arbeitnehmer leichtfertig die Kündigung während Krankheit ausgesprochen wird.
Bei der Interessenabwägung finden beispielsweise folgende Aspekte Berücksichtigung:
War der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank, dann muss gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX vor der Kündigung während Krankschreibung ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) erfolgen. Dabei werden unter Mitwirkung der Arbeitnehmervertretungen Möglichkeiten für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers geprüft.
Das Fehlen eines BEM führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wird aber dem Arbeitgeber vom Gericht bei einer etwaigen Kündigungsschutzklage negativ angerechnet.
Der Arbeitgeber ist nur bei einem gültigen Arbeitsverhältnis verpflichtet, Entgeltfortzahlung während der Krankheit zu leisten. Bei einer Erkrankung zahlt er deswegen den Lohn für sechs Wochen weiter. Anschließend erhält der Arbeitnehmer das niedrigere Krankengeld von der Krankenkasse.
Endet das Arbeitsverhältnis, bevor die sechs Wochen verstrichen sind, so muss der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung auch nur bis zum Beschäftigungsende zahlen.
Anders ist es bei einer sogenannten Anlasskündigung. Erfolgt die Kündigung während Krankschreibung gerade wegen der Erkrankung, muss der Arbeitgeber auch über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus für volle sechs Wochen den Lohn fortzahlen.
Eine Anlasskündigung wird vermutet, wenn der Arbeitgeber unmittelbar nach der Krankmeldung kündigt. Widerspricht der Arbeitgeber dieser Vermutung, steht er in der Beweispflicht und muss nachweisen, dass es andere Kündigungsgründe während der Krankschreibung gibt.
Für eine Kündigung während Krankheit in der Probezeit gelten grundsätzlich dieselben Regeln. Der Arbeitgeber muss den Lohn nur bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses fortzahlen. Kündigt der Arbeitgeber aber aufgrund der Krankheit, dann muss er die vollen sechs Wochen Entgeltfortzahlung leisten, weil eine Anlasskündigung vorliegt.
Allerdings entsteht gemäß § 3 Absatz 3 EntgFG in der Probezeit die Pflicht zur Lohnfortzahlung erst, wenn der Arbeitnehmer länger als 4 Wochen ununterbrochen im Unternehmen gearbeitet hat.
Kündigt der Arbeitnehmer während seiner Krankschreibung, hat er nach § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung. Das gilt sowohl bei einer fristlosen als auch bei einer fristgerechten Kündigung während der Krankschreibung. Bei einer fristlosen Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen.
Voraussetzung für eine Lohnzahlung ist, dass der Arbeitnehmer die Bedingungen für den Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 3 EntgFG auch erfüllt.
Dann entsteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung:
Wie lange der Lohn bei einer Kündigung während Krankschreibung weitergezahlt wird, ist abhängig von der Art der Kündigung. Bei einer fristlosen Kündigung erfolgt eine Entgeltfortzahlung 6 Wochen lang ab dem Kündigungszeitpunkt. Bei einer fristgerechten Kündigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
Auch wenn Kündigungen während Krankschreibung und auch krankheitsbedingte Kündigungen rechtskonform sind, müssen sie nicht automatisch wirksam sein. Das ist der Fall, wenn Arbeitgeber bei krankheitsbedingten Kündigungen gesetzliche Vorgaben nicht berücksichtigen oder die Kündigung fehlerhaft ist. Arbeitnehmer können in diesem Fall der Kündigung widersprechen.
Wenn Sie eine Kündigung während Krankheit erhalten haben, kann die Hilfe eines Rechtsanwalts in folgenden Fällen sinnvoll sein:
Ein Anwalt kann die Wirksamkeit der Kündigung prüfen, ggf. Verstöße gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen aufdecken und Sie umfassend zu Ihren Optionen und Erfolgschancen bei der Anfechtung der Kündigung beraten. So kann er mit Ihrem Arbeitgeber über eine Abfindung verhandeln oder die Kündigung während Krankschreibung durch eine Kündigungsschutzklage rückgängig machen.
Vor allem bei einer Klage kann die Unterstützung eines Anwalts sinnvoll sein. Wenn die Gegenseite sich anwaltlich vertreten lässt, könnten Sie ohne juristischen Beistand im Nachteil sein.
Eine Abfindung nach Kündigung kommt oftmals vor in Verbindung mit einem Aufhebungsvertrag, Sozialplan bzw. Tarifvertrag. Andererseits ist sie möglich, wenn der Arbeitnehmer unter das Kündigungsschutzgesetz fällt.
Bei Letzterem verzichtet der gekündigte Arbeitnehmer auf eine Kündigungsschutzklage und erhält dafür im Austausch eine Abfindungszahlung. Diese Vorgehensweise ermöglicht auch Angestellten im öffentlichen Dienst eine Abfindung.
Die zweite Möglichkeit liegt in der Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung. Dazu kann ein Anwalt eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
Hierfür muss der Arbeitnehmer die dreiwöchige Frist ab Zugang der Kündigung einhalten. Kündigungsschutzklage einreichen kann man in Ausnahmefällen auch nachträglich. Allerdings stellt z. B. eine Erkrankung nur in sehr seltenen Fällen einen triftigen Grund für die nachträgliche Zulassung der Klage dar.
Im Kündigungsschutzprozess muss dann der Arbeitgeber nachweisen, dass es triftige Gründe für die Kündigung gibt. Gelingt ihm das nicht, dann ist die Kündigung während Krankschreibung unwirksam.
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Ja. Eine Krankschreibung schützt nicht vor der Entlassung. Auch während Sie krank sind, kann der Arbeitgeber Ihnen kündigen.
Haben Sie Kündigungsschutz, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen nicht einfach so wegen einer Erkrankung kündigen. Aber: Sind Sie häufig kurz oder dauerhaft erkrankt bzw. für längere Zeit arbeitsunfähig, kann der Arbeitgeber Sie personenbedingt aufgrund der Krankheit kündigen.
Kündigen Sie Ihr Arbeitsverhältnis selbst, während Sie krankgeschrieben sind, haben Sie weiterhin einen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Voraussetzung ist, dass Sie wegen der Erkrankung unverschuldet nicht arbeiten können und bereits länger als 4 Wochen im Unternehmen tätig sind.