Zusammenfassung
Auch während der Kurzarbeit können Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis kündigen. Die Kurzarbeit hat auf Kündigungsschutz und Kündigungsfrist keinen Einfluss. Wenn Sie die Kündigung anzweifeln, können Sie sich mit einer Klage wehren.
Das Wichtigste in Kürze:
Zur Überbrückung der wirtschaftlich schweren Zeiten müssen viele Arbeitgeber wegen Corona zur Kurzarbeit greifen. Das verdeutlichen auch die Zahlen: Die Anzahl der in Kurzarbeit Beschäftigten erreichte im Jahr 2020 neue Rekordstände – die Agentur für Arbeit meldete z. B. für April 2020 fast 6.000.000 Kurzarbeiter.
Wer sich als Arbeitnehmer wegen Corona in Kurzarbeit befindet, kann wie bei einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis auch gekündigt werden. Damit die Entlassung rechtswirksam ist, muss ein bestimmter Grund vorliegen:
Eine betriebsbedingte Kündigung ist eine einseitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Grundsätzlich ist es rechtens, einen Mitarbeiter in Kurzzeit betriebsbedingt zu entlassen – allerdings sind die gesetzlichen Hürden dafür hoch.
Damit eine Entlassung aus betriebsbedingten Gründen wirksam ist, müssen laut Kündigungsschutzgesetz (KschG) 4 Voraussetzungen erfüllt sein:
Eine betriebsbedingte Entlassung darf sich jedoch nicht ausschließlich auf Gründe stützen, die bereits zur Anordnung der Kurzarbeit geführt haben. Sie ist nur dann zulässig, wenn daneben weitere Gründe hinzugekommen sind, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts klargestellt hat (2 AZR 548/10).
Ob eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit rechtmäßig ist, prüft der Gesetzgeber anhand eines dreistufigen Verfahrens:
Da die Infektionsschutzmaßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie bei zahlreichen Unternehmen zu Umsatzrückgängen und finanziellen Einbußen geführt haben, ist davon auszugehen, dass viele Kündigungen während der Kurzarbeit betriebsbedingt erfolgen werden.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist während der Kurzarbeit genauso möglich wie bei Vollzeitarbeit. Da diese Form der Entlassung ohnehin auf eine schwere Verhaltensverfehlung zurückzuführen sein muss, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht zulässt, sind dem Arbeitgeber während der Kurzarbeit keine zusätzlichen Einschränkungen auferlegt.
Verhaltensbedingte Gründe sind z. B.:
Eine verhaltensbedingte Entlassung kann fristlos erfolgen und damit mit sofortiger Wirkung eintreten. Grundsätzlich müssen sich Arbeitgeber aber auch hier an die gesetzlich geltenden Fristen halten.
Eine personenbedingte Kündigung ist ebenfalls während der Kurzarbeit möglich. Sollte Ihnen Ihr Arbeitgeber aus personenbedingten Gründen kündigen, muss er nachweisen, dass Umstände Ihrer Person ursächlich dafür sind, dass Sie den Verpflichtungen aus Ihrem Arbeitsverhältnis nicht nachkommen (können).
Zu personenbedingten Gründen zählen z. B.:
Arbeiten Sie während der Kurzarbeit im Homeoffice und sind regelmäßig nicht für Ihren Arbeitgeber erreichbar, kann dies ebenfalls ein rechtmäßiger Grund sein, Sie personenbedingt während der Kurzarbeit zu kündigen.
Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit sind nur wirksam, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihr Einverständnis erteilen. Stimmen Sie der Kurzarbeit nicht zu, ist das kein gültiger Grund für eine Entlassung – weder personenbedingt noch verhaltensbedingt.
Weigert sich ein Mitarbeiter, kann der Arbeitgeber die Kurzarbeit aber mit einer Änderungskündigung durchsetzen:
Daneben kann der Arbeitgeber Sie aus der Vollzeitanstellung heraus kündigen und dafür betriebsbedingte Gründe anführen, z. B. aufgrund der finanziellen Lage des Unternehmens. Er muss jedoch nachweisen, dass die unternehmensinternen Gründe eine solche Entlassung während der Kurzarbeit auch tatsächlich rechtfertigen.
Damit eine Kündigung während der Kurzarbeit rechtswirksam ist, muss nicht nur ein bestimmter Kündigungsgrund vorliegen. Es gibt weitere Voraussetzungen.
Eine Kündigung während der Kurzarbeit muss nicht zwangsläufig auch vor dem Arbeitsgericht standhalten. Spricht ein Arbeitgeber z. B. aufgrund mangelnder Aufträge eine betriebsbedingte Entlassung aus, muss er beweisen können, dass sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens im Vergleich zum Zeitpunkt der Kurzarbeitsvereinbarung verschlechtert hat.
Daneben muss das Kündigungsschreiben bestimmte formale Vorgaben erfüllen, damit es rechtswirksam ist, wie z. B.:
Für jede Entlassung von Arbeitgeberseite muss es einen Grund (verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt) geben. Handelt es sich um Scheingründe oder nicht nachvollziehbare Behauptungen, können Sie sich gegen die Kündigung bei Kurzarbeit wehren.
Ja. Arbeitnehmer, die länger als 6 Monate in einem Betrieb mit mehr als 10 Mitarbeitern tätig sind, stehen auch bei Kurzarbeit unter dem gesetzlichen Kündigungsschutz.
Auch der besondere Kündigungsschutz besteht wie bei Vollzeitarbeit. Er gilt für folgende Arbeitnehmer:
Bei einer Kündigung während der Kurzarbeit gelten grundsätzlich die gleichen Kündigungsfristen wie bei einer ordentlichen Kündigung:
Missachtet der Arbeitgeber die geltenden Fristen, ist die Kündigung bei Kurzarbeit ungültig.
Wenn der Arbeitnehmer selbst während Kurzarbeit kündigt, muss er bis zum Ende der Kündigungsfrist für die vereinbarte reduzierte Stundenzahl weiterarbeiten.
Als Arbeitnehmer haben Sie bei einer Entlassung während Kurzarbeit bestimmte Rechte, die Sie einfordern können.
Arbeitnehmer unter Kündigungsschutz können auch während Kurzarbeit eine Abfindung bei Kündigung einfordern.
Ob ein gesetzlicher Anspruch besteht, hängt von der Art der Entlassung ab. Werden Sie aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, haben Sie gemäß § 1a KSchG einen gesetzlichen Abfindungsanspruch.
Dieser Anspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung entsteht, wenn im Kündigungsschreiben steht, dass der Arbeitgeber Ihnen eine Abfindung anbietet, wenn Sie dafür auf eine Kündigungsschutzklage verzichten.
Für die Dauer der Entlassungsfrist erhalten Sie weiterhin das Gehalt, das Sie ohnehin während der Kurzarbeit bezogen hätten:
Sie erhalten Kurzarbeitergeld für die gesamte Zeit der Kündigungsfrist. Wurden Sie fristlos verhaltensbedingt entlassen, entfällt der Anspruch auf Kurzarbeitergeld mit Ausspruch der Kündigung entfallen.
Eine verhaltensbedingte Entlassung darf aber dennoch nicht einfach fristlos ausgesprochen werden. Ob eine außerordentliche Entlassung wegen verhaltensbedingten Gründen rechtmäßig ist, kann ein Anwalt beurteilen.
Sowohl Resturlaub als auch Überstunden sind mit Auszahlung des letzten Gehalts zu vergüten. Alternativ können Überstunden und Resturlaub auch während der Kündigungsfrist verbraucht werden, sofern sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zustimmen.
Wie Sie richtig auf eine Kündigung während der Kurzarbeit reagieren, hängt von Ihrem Vorhaben ab – d. h. ob Sie die Entlassung hinnehmen oder sich dagegen wehren möchten.
Auch wenn die Entlassung unerwartet kommen sollte – versuchen Sie zunächst einmal ruhig zu bleiben. Sie haben verschiedene Möglichkeiten, zu reagieren.
Zunächst müssen Sie sich beim örtlich zuständigen Arbeitsamt arbeitssuchend melden:
Am ersten Tag nach Ende des Arbeitsverhältnisses müssen Sie sich von „arbeitssuchend“ auf „arbeitslos“ ummelden, wenn Sie keinen nahtlosen Übergang zum nächsten Beschäftigungsverhältnis haben sollten.
Möchten Sie die Entlassung während der Kurzarbeit anfechten, können Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen. Sie müssen die Klage innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Erhalt der Kündigung einreichen – danach ist das Kündigungsschreiben wirksam.
Eine Klage vor dem Arbeitsgericht kann sinnvoll sein, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entlassung bestehen, wie z. B.:
Liegen solche Gründe vor, kann das Arbeitsgericht die Entlassung als unwirksam erachten.
Hat man Sie aus betriebsbedingten Gründen während der Kurzarbeit gekündigt, kann es schwieriger sein, etwas gegen die Kündigung zu unternehmen. Insbesondere finanzielle Einbußen aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen könnten vor dem Arbeitsgericht als valider Grund durchgehen. Betriebe, denen eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldbezugs nicht genehmigt wird, werden hiervon womöglich Gebrauch machen.
Wenn Sie in Kurzarbeit sind und eine Entlassung erhalten haben, kann ein Anwalt für Arbeitsrecht zunächst die Rechtmäßig der Kündigung beurteilen. Auf Grundlage seiner Einschätzung haben Sie dann folgende Optionen:
Bevor der Anwalt Klage einreicht, kann er Sie über die Vorteile und mögliche Risiken der Klage informieren und ihre Erfolgschancen einschätzen. So riskieren Sie weder einen aussichtslosen Rechtsstreit, noch lassen Sie Ihr gutes Recht und mögliche Abfindungsansprüche verfallen.
Stehen die Erfolgschancen gut, die Kündigung während Kurzarbeit anzufechten, kann Sie der Anwalt im Verfahren dabei unterstützen, Beweise für die Unrechtmäßigkeit der Entlassung zu finden und diese optimal vor dem Arbeits- und Sozialgericht vorzubringen.
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Ja. Arbeitgeber können auch während Kurzarbeit eine betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Entlassung aussprechen.
Kurzarbeitsvereinbarungen haben keinen Einfluss auf die Kündigungsfrist. Wenn diese nicht anders im Arbeitsvertrag geregelt ist, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen von mindestens 28 Werktagen für Arbeitnehmer. Arbeitgeber müssen sich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit ihrer Mitarbeiter orientieren.
Stehen Sie unter besonderem oder allgemeinem Kündigungsschutz und haben berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung während Kurzarbeit, können Sie innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt des Schreibens Kündigungsschutzklage einreichen.
Als Teil der juristischen Redaktion von advocado strebt Sophie Suske jeden Tag danach, komplexe Rechtsprobleme des Marken- und Versicherungsrechts für jeden Leser verständlich aufzubereiten. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist ihr Masterstudium der Sprach- und Kommunikationswissenschaft.