In diesem Artikel erfahren Sie u. a., welche Voraussetzungen für Minusstunden überhaupt erstmal vorliegen müssen um diese aufzubauen, warum Ihr Chef diese Stunden bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen nicht einfach vom Lohn abziehen darf und wie Sie jetzt vorgehen können.
Gleich vorweg: Minusstunden können nur dann anfallen, wenn zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber die Führung eines sogenannten Arbeitszeitkontos vereinbart wurde. Im Arbeitszeitkonto können etwaige Minusstunden festgehalten werden. Ganz klar: Ohne Arbeitszeitkonto gibt es auch keine Minusstunden.
Wenn sich das Arbeitszeitkonto bei der Kündigung im Minus befindet, kann der Arbeitgeber den Lohn für diese Minusstunden eventuell zurückverlangen. In den meisten Fällen wird der Arbeitgeber die Minusstunden aber direkt vom Lohn abziehen.
Der Arbeitgeber darf Minusstunden aber nicht abrechnen, wenn diese in der Verantwortung des Unternehmens lagen. Wenn es beispielsweise einen Stromausfall gab und der Arbeitnehmer nicht arbeiten konnte, dürfen die Minusstunden auch nicht verrechnet werden.
Eines steht fest: Bei einer fristlosen Kündigung ist das Arbeitsverhältnis sofort beendet. Ein Nachholen der Minusstunden ist bei einer fristlosen Kündigung also nicht mehr möglich.
Bei einer ordentlichen Kündigung hingegen greift zunächst die Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer ist während dieser Zeit erst einmal weiterhin zur Arbeit verpflichtet. Grundsätzlich können die Minusstunden also während der Kündigungsfrist nachgeholt werden.
Minusstunden und Resturlaub bei Kündigung; wie sieht es rechtlich aus? Wir machen es kurz: Nein, es ist nicht erlaubt, Minusstunden durch Verrechnung mit Urlaub oder Resturlaub auszugleichen. So steht es auch im Arbeitsrecht: Das Arbeitsrecht begründet diese Vorgehensweise damit, dass Urlaub nur für zukünftige Zeiträume gewährt werden kann und nicht rückwirkend.
Das bedeutet: Minusstunden, die bereits entstanden sind, können nicht im Nachhinein als Urlaub angerechnet werden.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz legte in seinem Urteil vom 15.11.2011 fest, dass ein Arbeitnehmer dem Arbeitszeitkonto ausdrücklich zustimmen muss, damit der Arbeitsgeber Lohnansprüche mit den entstandenen Minusstunden bei Kündigung verrechnen kann (Az. 3 Sa 493/11).
Es reicht demnach nicht aus, dass Arbeitszeitkonten in einer Branche oder einem Betrieb üblich sind. Ihr Arbeitgeber benötigt Ihr persönliches Einverständnis. Das bedeutet auch, dass das bloße Fehlen eines Widerspruchs gegen die Erfassung der Arbeitszeiten mithilfe eines Arbeitszeitkontos nicht als Zustimmung gewertet werden kann.
Eine Kündigung ist nur aus triftigem Grund erlaubt. Kündigt ein Arbeitgeber trotz bestehendem Kündigungsschutz, können Sie als Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage einreichen.
Daher muss im Arbeitsvertrag die Verwendung von Arbeitszeitkonten deutlich ausgewiesen werden. Des Weiteren muss konkret geregelt sein, wie das Konto geführt werden muss, wie Minusstunden entstehen und wie man sie abbauen kann.
Zwar kann die stillschweigende Abrede bestehen, dass das Konto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeglichen werden muss, aber sicherer wäre es, im Arbeitsvertrag festzulegen, wie man vorgeht, falls zu diesem Zeitpunkt noch Minusstunden bestehen.
Zunächst können Sie überprüfen, was in Ihrem Arbeitsvertrag steht. Wurde der Einsatz eines Arbeitszeitkontos von Ihnen unterschrieben? Welche Regelungen haben Sie zum Ausgleich und im Hinblick auf verbleibende Minusstunden bei Kündigung getroffen? Hatten Sie Einfluss auf die Entstehung der Minusstunden?
Hat Ihnen Ihr Arbeitgeber die Minusstunden bereits vom Lohn abgezogen, können Sie einen Anwalt kontaktieren. Mit dessen Hilfe können Sie die offene Forderung beziffern, also die Differenz, die durch die angeblichen Minusstunden entstanden ist, und unter Verweis auf die Rechtsprechung widersprechen. Sie können dies schriftlich und nachweislich (beispielsweise per Einschreiben) beim Arbeitgeber einreichen und so Ihren Anspruch geltend machen. Sollte er sich daraufhin weigern, können Sie im nächsten Schritt vor dem Arbeitsgericht Ihr Gehalt einklagen.
Unter bestimmten Voraussetzungen steht Ihnen nach einer Kündigung eine Abfindungszahlung zu. Ausführliche Informationen zum Anspruch auf Entschädigung und wie man diesen durchsetzt, erhalten Sie in unserem Beitrag zum Thema Abfindung bei Kündigung.
Möglicherweise sind nicht alle Voraussetzungen (Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto und schuldhaftes Verursachen der Minusstunden durch den Arbeitnehmer) gegeben, sodass eine Verrechnung der Minusstunden bei Kündigung nicht rechtskräftig ist.
Bei Zeitarbeitsfirmen hingegen ist diese Methode üblich. Die Tarifverträge dieser Branche lassen Lohnkürzungen wegen Minusstunden noch am ehesten zu, allerdings nur bis zu einer bestimmten Höhe. Sie müssen Ihre Minusstunden aber auf keinen Fall nach Ausscheiden aus dem Unternehmen nacharbeiten.
Minusstunden fallen an, wenn ein Arbeitnehmer weniger arbeitet, als vertraglich vereinbart ist. Minusstunden können z. B. durch verspäteten Arbeitsbeginn, Überziehen der Mittagspause, private Erledigungen während der Arbeitszeit oder vorgezogenen Feierabend entstehen. Diese nicht gearbeiteten Stunden gelten jedoch nur dann auch als Minusstunden, wenn in der Firma Arbeitszeitkonten geführt werden.
Minusstunden zählen bei einer Kündigung nur dann, wenn in der Firma Arbeitszeitkonten geführt werden – und diese auch vertraglich vereinbart sind. Gibt es kein Arbeitszeitkonto, gibt es auch keine Minusstunden. Dann spielen sie bei einer Kündigung keine Rolle.
Nur wenn vertraglich die Nutzung eines Arbeitszeitkontos vereinbart wurde, das auch ins Minus rutschen kann, darf der Arbeitgeber unter Umständen vom Arbeitnehmer selbst verursachte Minusstunden vom Lohn abziehen. Gibt es keine Zeiterfassung, gibt es auch keinen Nachweis für die Minusstunden.
Nein. Der Arbeitnehmer hat nicht das Recht, Minusstunden mit Resturlaub zu verrechnen, anstatt sie nachzuarbeiten – denn Urlaub kann nicht rückwirkend genommen werden, sondern nur für einen zukünftigen Zeitraum. Auch der Arbeitgeber darf Minusstunden nicht mit restlichen Urlaubstagen verrechnen.