Wenn Sie eine verhaltensbedingte Kündigung erhalten haben und diese fehlerhaft oder ungerechtfertigt finden, können Sie dagegen vorgehen. Je schneller Sie dabei reagieren, umso besser ist auch Ihre Chance auf eine Rücknahme der Kündigung bzw. Wiedereinstellung oder eine angemessene Abfindung.
Verletzt ein Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten, ist eine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Dafür muss der Arbeitgeber aber zuvor eine Abmahnung ausgesprochen und ihm die Chance auf Besserung eingeräumt haben.
Bei wiederholtem Fehlverhalten kann der Arbeitgeber dann durch eine verhaltensbedingte Entlassung außerordentlich kündigen. Er muss dann keine gesetzliche Kündigungsfrist einhalten.
Deswegen kann die verhaltensbedingte Kündigung unangenehme Folgen für den Arbeitnehmer haben: Das Arbeitsverhältnis und die Gehaltsfortzahlung werden mit sofortiger Wirkung beendet. Zudem kann die Entlassung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu 12 Wochen bedeuten.
Aber: Nicht jede verhaltensbedingte Kündigung ist tatsächlich rechtens. Arbeitnehmer können gegen eine als ungerechtfertigt empfundene oder formal falsche verhaltensbedingte Kündigung vorgehen.
Wenn Arbeitgeber aus verhaltensbedingten Gründen kündigen, liegt das an vertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers. Da das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Arbeitnehmer vor einer plötzlichen, willkürlichen Entlassung schützt, muss der Arbeitgeber seine Entscheidung begründen und die Arbeitspflichtverletzung nachweisen können.
Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung:
Erfolgt eine Kündigung verhaltensbedingt, weil der Arbeitnehmer zu wenig leistet, muss der Arbeitgeber klar nachweisen, dass er nicht genug leisten will. Nur dann ist die Entlassung berechtigt. Kann der Arbeitnehmer nicht genug leisten, ist höchstens eine personenbedingte Kündigung möglich.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist zudem erst berechtigt, wenn
Der Arbeitgeber muss für eine wirksame verhaltensbedingte Kündigung belegen können, dass ein Arbeitnehmer in beträchtlichem Maße gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Das vertragswidrige Verhalten muss zudem nachweislich schuldhaft – also vorsätzlich oder fahrlässig – und rechtswidrig gewesen sein.
Hat der Arbeitgeber noch keine Beweise für das rechtswidrige Verhalten, kann er bei dringendem Tatverdacht eine Verdachtskündigung aussprechen.
Eine verhaltensbedingte Kündigung muss darüber hinaus verhältnismäßig sein. Der Arbeitgeber muss dazu nachweisen, dass es keine andere mildere Option als eine Entlassung gibt. Deswegen muss er davor auch eine Abmahnung ausgesprochen haben.
Erst wenn der Mitarbeiter nach der Abmahnung sein Verhalten nicht ändert, ist die verhaltensbedingte Kündigung zulässig. Denn nur dann besteht die erforderliche Wiederholungsgefahr und somit eine negative Zukunftsprognose.
Nach schweren Pflichtverletzungen wie Diebstahl oder Handgreiflichkeiten gegenüber Mitarbeitern oder Kunden ist eine Abmahnung nicht notwendig.
Beim Kündigungsvorhaben steht das Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung dem des Arbeitgebers an der Entlassung entgegen. Berechtigt ist diese, sobald die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfällt.
Dann hat der Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten so erheblich verletzt, dass ein Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist.
Während der Probezeit ist es für den Arbeitgeber deutlich einfacher, Arbeitnehmer und Auszubildende verhaltensbedingt zu kündigen. Denn Arbeitnehmer stehen in dieser Zeit noch nicht unter Kündigungsschutz und für eine Kündigung ist kein Kündigungsgrund notwendig. Zudem beträgt die Kündigungsfrist nur 2 Wochen.
Eine Vielzahl verhaltensbedingter Kündigungsgründe lassen sich im Kündigungsschutzprozess nicht einwandfrei vom Arbeitgeber nachweisen, was dann zugunsten des Arbeitnehmers streitet. In den meisten Fällen lässt sich dann nicht nur eine Abfindung erstreiten, sondern die außerordentliche Kündigung in eine ordentliche umwandeln. Damit tritt auch keine Sperre beim Arbeitslosengeld I ein. Eine Kündigungsschutzklage zahlt sich daher in 90 % der Fälle aus.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist in folgenden Fällen unwirksam:
Können Sie Ihrem Arbeitgeber eines dieser Versäumnisse nachweisen, lässt sich gegen die verhaltensbedingte Kündigung Widerspruch einlegen.
Haben Sie vor der verhaltensbedingten Entlassung eine fehlerhafte oder keine Abmahnung erhalten, können Sie die Kündigung anfechten. Die Abmahnung muss keine Formvorschriften erfüllen und kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Sie muss jedoch das vertragswidrige Verhalten eindeutig und wahrheitsgemäß aufzeigen und für den Wiederholungsfall des konkret beschriebenen Verhaltens eine außerordentliche Kündigung in Aussicht stellen.
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Sie können eine verhaltensbedingte Kündigung anfechten, wenn die Begründung für des vertragswidrige Verhalten fehlt oder Sie der Ansicht sind, dass diese nicht gerechtfertigt ist.
Weitere Gründe für eine Anfechtung wegen formaler Fehler:
Bestimmte Arbeitnehmer sind dank besonderem Kündigungsschutz unkündbar.
Die verhaltensbedingte Kündigung ist unzulässig bei:
Gibt es in im Unternehmen einen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber vor einer verhaltensbedingten Kündigung den Betriebsrat informieren und anhören.
Tut er das nicht, ist die Entlassung unwirksam.
Erhalten Sie die Kündigung wegen Krankheit, sollten Sie deren Begründung genau prüfen. Nennt Ihr Arbeitgeber keine verhaltensbedingten Gründe, kann die Entlassung unwirksam sein.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist möglich, wenn Sie Ihrem Arbeitsplatz aus Angst vor einer Krankheit fernbleiben oder mit einer hochinfektiösen Krankheit auf der Arbeit erscheinen und Kollegen gefährden. Stützt der Arbeitgeber die Entlassung auf ein solches fahrlässiges Verhalten, muss er vorher dennoch eine Abmahnung ausgesprochen haben, um verhaltensbedingt kündigen zu können.
Wenn Ihre verhaltensbedingte Kündigung unwirksam ist oder der genannte Kündigungsgrund bzw. die genannte Pflichtverletzung nicht den Tatsachen entspricht, können Sie sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Entlassung wehren.
Für die Klage haben Sie nur 3 Wochen Zeit, nachdem Ihr Arbeitgeber Ihnen die verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen hat. Wenn Sie nach Fristablauf beim Arbeitsgericht die Klage einreichen, wird Ihre Klage abgewiesen und Ihre Entlassung ist wirksam – auch wenn sie unzulässig oder gerechtfertigt ist.
Sie haben dann keine Möglichkeit mehr, gegen Ihre Kündigung vorzugehen. Auch ein offensichtlich fehlerhaftes Entlassungsschreiben müssen Sie dann akzeptieren.
Mit einer aussagekräftigen Klageschrift und eindeutigen Beweisen für die Ungültigkeit der Kündigung oder falsch dargestellte Verhalten können Sie einen Gütetermin erreichen. Hier werden Sie und Ihr Arbeitgeber vom Arbeitsgericht geladen, um sich einvernehmlich zu einigen. Sie können eine angebotene, aber angemessene Abfindung annehmen und die verhaltensbedingte Entlassung im Gegenzug akzeptieren. Das würde zusätzliche Gerichtskosten vermeiden.
Können Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber nicht einigen, folgen ein weiterer Gerichtstermin und die Beweisaufnahme durch das Arbeitsgericht. Hier werden alle Unterlagen geprüft und Zeugen vernommen. Abschließend entscheidet das Gericht, ob Ihre Kündigung wirksam ist oder der Arbeitgeber diese zurückziehen muss.
Die verhaltensbedingte Kündigung hat zur Folge, dass die Agentur für Arbeit Ihnen für maximal 12 Wochen das Arbeitslosengeld verweigern kann.
Diese Frist lässt sich verkürzen:
Sie können grundsätzlich allein gegen Ihre verhaltensbedingte Kündigung vorgehen. Ein Kündigungsschutzprozess ohne anwaltliche Vertretung spart Kosten – gerade mit Blick auf die finanziell unsichere Situation nach der Entlassung kann das sinnvoll erscheinen.
Sollte Ihr Fall vor Gericht gehen, kann es nachteilig sein, dem womöglich juristisch vertretenen Arbeitgeber allein vor Gericht gegenüberzutreten. Dann kann es ratsam sein, einen Anwalt für Arbeitsrecht zu kontaktieren.
Der Anwalt kann Fehler in Ihrer Kündigung einwandfrei nachweisen, das Gericht mit einer aussagekräftigen Klageschrift von der Notwendigkeit der Rücknahme oder Anpassung der verhaltensbedingten Entlassung überzeugen und ggf. eine angemessene Abfindung verhandeln.
Der Anwalt kann Sie darüber hinaus wie folgt unterstützen:
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Mit der verhaltensbedingten Kündigung kann ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist beenden. Voraussetzungen für die rechtswirksame Gültigkeit der Entlassung ist ein wiederholtes fehlerhaftes Verhalten bzw. eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung und in den meisten Fällen auch eine zuvor erfolgte Abmahnung.
Die verhaltensbedingte Kündigung ist beispielsweise nichtig, wenn das Gericht das verfehlte Verhallten oder den Pflichtverstoß als nicht ausreichend bewertet, die Abmahnung Fehler aufweist oder gar nicht erfolgt ist und wenn der Betriebsrat vor Ausspruch der Entlassung nicht angehört wurde.
Ja, Sie haben nach Ausspruch der Kündigung 3 Wochen Zeit, um gegen eine ungerechtfertigte oder unwirksame verhaltensbedingte Entlassung vorzugehen und Kündigungsschutzklage einzureichen. Verstreicht diese Frist, ist die verhaltensbedingte Kündigung wirksam.