Wenn Ihr Arbeitgeber seine Macht bewusst gegen Sie ausspielt und Ihnen so die Freude an Ihrer Tätigkeit nimmt, ist von Mobbing durch den Chef die Rede. Das müssen Sie aber nicht tatenlos hinnehmen. Welche Möglichkeiten Sie haben, um Ihren Chef in die Schranken zu weisen, was Sie dabei unbedingt beachten können und wann rechtliche Schritte sinnvoll sein können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Mobbing durch den Chef liegt immer dann vor, wenn dieser einen Mitarbeiter regelmäßig schikaniert und dafür auf Mittel wie beispielsweise
zurückgreift. Solches Verhalten kann für den Mitarbeiter Folgen wie Antriebslosigkeit, Leistungseinbußen, abnehmendes Selbstwertgefühl, Burn-out oder Depressionen haben.
Erleidet ein Mitarbeiter Mobbing durch seinen Chef, ist dies in jedem Fall verwerflich – jedoch nicht immer strafbar. Erst wenn der mobbende Chef Straftaten ausübt, muss er strafrechtliche Konsequenzen fürchten.
Ist das Mobbing durch den Chef gekennzeichnet von
liegt eine Straftat vor. Dann können die Vorfälle zur Anzeige gebracht werden und dem Chef steht eine Strafverfolgung bevor. Weitere Informationen zu einer möglichen Strafanzeige finden Sie in Kapitel 3.1 – Strafanzeige stellen.
Nicht strafbar hingegen sind Mobbinghandlungen wie die systematische Ausgrenzung des Opfers aus der Gemeinschaft. Liegt ein solcher Fall vor und scheidet die Möglichkeit einer Strafverfolgung daher aus, bieten sich Ihnen dennoch weitere Handlungsmöglichkeiten. Welche das sind, erfahren Sie in den folgenden Kapiteln.
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Wenn Sie von Mobbing durch Ihren Chef betroffen sind und das Problem lösen wollen, können Sie zunächst auf firmeninterne Maßnahmen zurückgreifen. Welche es gibt und was Sie im Vorfeld beachten sollten, lesen Sie jetzt.
Bevor Sie auf eine oder mehrere der nachfolgend vorgestellten Maßnahmen zurückgreifen, kann es helfen, wenn Sie mögliche Konsequenzen bedenken. Nicht immer muss eine Gegenwehr von Erfolg gekrönt sein – leichtfertig ergriffene Maßnahmen können sich schnell zu Ihrem Nachteil auswirken.
Grundlage jeder Gegenwehr bei Mobbing durch den Chef sind Beweise – nützlich sein kann z. B. ein Mobbing-Tagebuch. Mit diesem können Sie die Vorfälle zu einem späteren Zeitpunkt genau rekapitulieren – z. B. im Gespräch mit einem Kollegen, Ihrem Chef oder einem Anwalt. Damit Sie die Vorfälle genau erfassen, können Sie Hergang, Zeit, Ort und Wirkung festhalten.
Außerdem als Beweise in Betracht kommen z. B.
Es kann sinnvoll sein, die Kontaktdaten von ehemaligen Kollegen, die den Arbeitsplatz gewechselt haben und nun in einem anderen Unternehmen arbeiten, aufzubewahren – diese könnten aufgrund ihrer neu gewonnenen Unabhängigkeit zum Chef in der Regel eher bereit sein, Mobbing-Attacken zu bezeugen.
Neben der Sammlung von Beweisen können Sie die Problematik gemeinsam mit einer Vertrauensperson besprechen. Das kann z. B. ein Kollege aus Ihrer Abteilung sein. Gemeinsam können Sie nach den Gründen für das Mobbing durch den Chef suchen. Außerdem kann eine geeignete Vertrauensperson
Unter Umständen könnte Sie Ihnen außerdem in einem klärenden Gespräch mit Ihrem Chef zur Seite stehen. Allerdings besteht auch hier das Risiko, dass nicht jede Vertrauensperson dazu bereit ist – oft könnte die Angst groß sein, durch Ergreifen einer Partei selbst zum Opfer von Mobbing durch den Chef zu werden.
Wenn Sie keine geeignete Vertrauensperson finden – etwa weil die Stimmung im Kollegium generell durchwachsen ist –, können Sie sich auch an den Betriebs- oder Personalrat Ihrer Arbeitsstelle wenden. Dieser ist als abteilungsübergreifende Interessenvertretung sämtlicher Mitarbeiter dazu verpflichtet, sich dem Problem des Mobbings durch den Chef anzunehmen.
Den Dialog ollten Sie nicht scheuen – gemäß § 13 Absatz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes steht Ihnen ein Beschwerderecht beim Betriebs- oder Personalrat zu. Eine Beschwerde über Mobbing durch den Chef können Sie schriftlich und mit einer detaillierten Auflistung aller relevanten Vorfälle einreichen. Der Betriebs- oder Personalrat muss dann mit Ihrem Chef in Dialog treten.
Wenn es in Ihrem Betrieb keine entsprechende Anlaufstelle gibt, können Sie – je nach Art und Branche Ihrer Arbeitsstelle – auch Ihre Gewerkschaft informieren. Diese muss Ihnen ebenfalls zur Seite stehen und versuchen, das Problem mit Ihnen gemeinsam zu lösen.
Hat die Konsultation des Betriebs- oder Personalrats nichts an Ihrer Situation geändert und kommt es unverändert zu Angriffen durch Ihren Chef, können Sie Ihre Arbeitsleistung zurückbehalten. Das heißt, dass Sie die Arbeit niederlegen, bis Ihr Chef sich bereit erklärt, mit Ihnen in Dialog zu treten und die Mobbinghandlungen einzustellen.
Die Zurückbehaltung der Arbeitsleistung muss allerdings unbedingt begründet werden. Wenn Sie die im Arbeitsvertrag geforderten Leistungen ohne hinreichende Begründung nicht erbringen, können Abmahnungen oder sogar Kündigung die Folge sein.
Damit Sie keine dieser schwerwiegenden Konsequenzen fürchten müssen, gilt es
Wollen Sie dem Mobbing durch Ihren Chef schnellstmöglich entgehen, können Sie ggf. auf einen Aufhebungsvertrag zurückgreifen. In diesem wird die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart – und oftmals außerdem eine Abfindung.
Mit einem Aufhebungsvertrag und einer Abfindung müssen sowohl Sie als auch Ihr Chef einverstanden sein – einen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht. Das heißt, dass Sie das persönliche Gespräch mit Ihrem Chef suchen und ihm die Gründe für Ihren Vorschlag näherbringen müssen. Hier sind Sie dann auf Einsicht und Entgegenkommen Ihres Chefs angewiesen. Im Idealfall ist eine rasche Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch in seinem Interesse, sodass er einem Aufhebungsvertrag zustimmt.
Da das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Chef aufgrund der Mobbingsituation stark beschädigt sein wird, kann es ratsam sein, eine Vertrauensperson einzubeziehen und diese zum Gespräch mitzunehmen. So wird Ihnen der Rücken gestärkt und eventuell aufkommender Nervosität vorgebeugt.
Achten Sie darauf, dass im Aufhebungsvertrag eine angemessen hohe Abfindung vereinbart wird, mit welcher Sie die folgenden Monate überbrücken können. Dies ist aus zwei Gründen von grundlegender Bedeutung: Zum einen gelingt nicht immer eine nahtlose Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb. Zum anderen wertet die Arbeitsagentur die Unterzeichnung eines solchen Vertrages als freiwilliges Verlassen des Unternehmens und legt eine Sperre von 12 Wochen für die Zahlung von Arbeitslosengeld fest.
Weiterführende Informationen zum Aufhebungsvertrag, der Gestaltung eines solchen und zu einer angemessenen Abfindung finden Sie in unserem Beitrag „Abfindung und Aufhebungsvertrag“.
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2 letzte Maßnahmen, mit denen Sie dem Mobbing durch Ihren Chef ein Ende setzen können, sind Krankschreibung und außerordentliche Kündigung.
Krankschreibung
Wenn das Mobbing durch den Chef physische oder psychische Beschwerden nach sich zieht, können Sie von einer Krankschreibung Gebrauch machen. Mithilfe einer solchen entziehen Sie sich den Mobbing-Attacken für kurze Zeit und können die Angelegenheit aus der Distanz betrachten.
Jedoch setzt eine Krankschreibung lediglich an den Symptomen an – nicht an der Wurzel. Daher können Sie die kurze Auszeit nutzen, um Ihr weiteres Vorgehen zu planen und sich weitere Unterstützung zu suchen.
Außerordentliche Kündigung
Unterlässt der Chef das Mobbing trotz aller Bemühungen nicht, kann die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers der letzte Ausweg sein. Eine solche muss schriftlich beim Arbeitgeber eingereicht werden. Folgende Angaben sollten dabei enthalten sein:
Tipp: Verlangen Sie neben einer schriftlichen Bestätigung der Kündigung unbedingt ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Mitunter kann Ihnen dieses die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle erleichtern.
Kommt keine der firmeninternen Gegenmaßnahmen in Betracht oder hatten diese keinen Erfolg, haben Sie im Fall von Mobbing durch den Chef allerdings einige juristische Optionen. Welche das sind und was Sie dabei beachten müssen, lesen Sie hier.
Wenn das Mobbing durch den Chef strafbare Handlungen wie Beleidigung, üble Nachrede oder sexuelle Nötigung umfasst, können Sie über eine Strafanzeige nachdenken.
Im Idealfall wird Ihr Chef mit den Konsequenzen seiner Angriffe konfrontiert und zu einem Umdenken bewogen. Jedoch kann mit einer Anzeige immer auch die Gefahr einhergehen, dass strafrechtliche Sanktionen zusätzliches Öl ins Feuer gießen und der Konflikt zwischen Ihnen und Ihrem Chef zusätzlich verschärft wird.
Eine Strafanzeige können Sie dann erstatten, wenn Sie die Vorfälle eindeutig beweisen können (siehe dazu Kapitel 2.2 – Mobbing-Tagebuch führen & Beweise sammeln). Anderenfalls können Gegenanzeigen wegen falscher Verdächtigung oder Verleumdung die Folge sein.
Weiterführende Informationen zu einer Strafanzeige wegen Mobbings, ihrem Ablauf und möglichen Folgen finden Sie in unserem Beitrag „Mobbing-Anzeige“.
Neben einer Strafanzeige steht Ihnen die zivilrechtliche Unterlassungsklage als Rechtsmittel zur Verfügung. Wenn diese Erfolg hat, wird Ihr Chef gerichtlich zur Unterlassung des Mobbings verpflichtet – verstößt er dagegen, muss er mit einer Geldstrafe in Höhe von 2.500 bis 5.000 € rechnen. Die Aussicht auf eine solche Geldstrafe kann eine abschreckende Wirkung auf Ihren Chef haben.
Wenn Sie eine zivilrechtliche Unterlassungsklage anstreben, müssen Sie
Ausführlichere Informationen zur Durchsetzung einer Unterlassungsklage finden Sie in unserem Beitrag zum Unterlassungsanspruch.
Wenn Ihre Klage Erfolg hat, muss Ihr Chef die angefallenen Kosten übernehmen. Wenn nicht, müssen Sie selbst dafür aufkommen.
Wenn Sie durch das Mobbing Ihres Chefs
erlitten haben, können Sie unter Umständen Schmerzensgeld verlangen.
Wie hoch das zu erwartende Schmerzensgeld ausfällt, kann nicht vorhergesagt werden – die Entscheidung über die genaue Höhe liegt immer im Ermessen des Richters. Dieser hat lediglich die Möglichkeit, im Rahmen seiner Entscheidungsfindung auf sogenannte Schmerzensgeldtabellen zurückzugreifen – diese bieten Orientierungshilfen.
Der nachfolgenden Tabelle können Sie einige Beispiele für Mobbing und die dafür zugesprochenen Schmerzensgelder entnehmen:
Mobbinghandlung |
Zugesprochenes Schmerzensgeld |
Geringschätzung durch Worte & Gesten (z. B. „Stinkefinger“) |
100 € |
Missachtung sexueller Selbstbestimmung |
250 € |
Rassistische Äußerungen |
360 € |
Verletzung des Persönlichkeitsrechts |
15.000 € |
Depressionen aufgrund herabwürdigenden Beschimpfungen in Gegenwart von Kunden |
24.000 € |
Unterwertige, nicht vertragsgemäße Beschäftigung einer Führungskraft und längere Nichtbeschäftigung |
25.000 € |
Nicht gerechtfertigte Aufgabenentziehung, Schikanierung & Degradierung |
53.000 € |
Ausführlichere Informationen zur erfolgreichen Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruchs finden Sie in unserem Beitrag „Schmerzensgeld beantragen“.
Wenn Ihnen aufgrund von Mobbing durch Ihren Chef ein finanzieller Schaden entstanden ist, können Sie außerdem einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. Davon erfasst sind z. B. Kosten für
Erfolg kann eine Schadensersatzklage haben, wenn
Dann wird Ihr Chef zur Begleichung aller durch sein Verhalten entstandenen Kosten verpflichtet.
Die Vorgehensweise bei einer Schadensersatzklage entspricht dabei der zivilrechtlichen Unterlassungsklage.
Wenn Sie Opfer von Mobbing durch den Chef geworden sind, können Sie sich dagegen wehren. Ein Anwalt kann Ihre Situation bewerten und Sie bei der nachhaltigen Lösung des Problems unterstützen. Schon vorab können Sie mit ihm besprechen, welche Beweise Sie für das Mobbing erbringen müssen, wie hoch die Erfolgschancen für ein rechtliches Vorgehen gegen Ihren Chef sind und welche Risiken damit verbunden sein können.
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