Verursachen Ärzte durch unsachgemäße Behandlung Gesundheitsschäden, haben Betroffene Anspruch auf Entschädigung. Um einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, müssen Folgeschäden und eindeutige Beweise für das Verschulden des Arztes vorliegen.
Mit Unterstützung vom Anwalt
Wer sich einer ärztlichen Behandlung unterzieht, vertraut darauf, dass diese fehlerfrei gemäß anerkannter medizinischer Standards erfolgt. Verstoßen Ärzte gegen diese Vorschriften und schädigen dadurch die Gesundheit eines Patienten, liegt Ärztepfusch vor.
Arztfehler können bei der Aufklärung von Patienten, während der Behandlung oder der Dokumentation passieren. Geschädigte haben Anspruch auf finanzielle Entschädigung.
Bei unvorhersehbaren oder unvermeidbaren Komplikationen während eines Eingriffs oder erfolgloser Behandlung liegt hingegen kein Ärztepfusch vor.
Ordnungsgemäße Behandlung
Ärzte sind zur korrekten Behandlung verpflichtet. Ärztepfusch kann vorliegen bei der Anamnese, Befunderhebungsfehlern, Diagnosefehlern, Therapie und Nachsorge, Nicht-Einhaltung der Hygienevorschriften oder der Verwendung technischer Hilfsmittel.
Aufklärung
Klären Ärzte einen Patienten nicht über Behandlungsverlauf, Risiken, Krankheitsbild, Therapie, alternative Behandlungsmöglichkeiten sowie wirtschaftliche und versicherungsrechtliche Folgen auf, liegt Ärztepfusch vor.
Dokumentation
Ärzte sind dazu verpflichtet, jeden Behandlungsschritt in der Patientenakte zu dokumentieren. Unzureichende Dokumentation kann als Ärztepfusch ausgelegt werden.
Urteil vom OLG Oldenburg, 14.11.1990, Az. 5 U 114/89
Ein Gynäkologe zeichnete während der Geburt die Herztöne des Kindes nicht auf. So blieb unbemerkt, dass das Herz des Neugeborenen aussetzte. Das Baby erlitt aufgrund des Behandlungsfehlers einen Hirnschaden. Der behandelnde Arzt muss für seinen Fehler Schadensersatz zahlen.
Urteil vom OLG Frankfurt, 21.03.2017 – 8 U 228/11
Nach ihrem Aufenthalt in Südafrika bekam die Klägerin anhaltenden Durchfall und Fieber. Dass Malaria die Ursache für die Beschwerden ist, erkannte der behandelnde Arzt nicht. Aufgrund des Diagnosefehlers erlitt die Patientin ein Hirnödem und weitere Folgeschäden.
Das Gericht verurteilte den Arzt zur Zahlung einer Entschädigung.
Nicht jeder Fehler des Arztes führt zu einem Anspruch auf Entschädigung. Sie steht Patienten beispielsweise nicht nach schicksalshaften, unvermeidbaren Komplikationen zu.
Es muss ein bewusster Fehler vorliegen, der nachweislich zum verschlechterten Gesundheitszustand geführt hat. Betroffene müssen den Ärztepfusch eindeutig beweisen können, um Anspruch auf Entschädigung zu haben. Im Regelfall tragen sie die Beweislast, nicht der Arzt.
Folgendes müssen Geschädigte für eine Entschädigung beweisen:
Gelingt das nicht, haben sie keinen Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung.
Ist die Dokumentation der Behandlung unzureichend, müssen Arzt oder Krankenhaus beweisen, dass kein Ärztepfusch vorliegt.
Diese sogenannte Umkehr der Beweislast erfolgt auch, wenn:
Ihren Anspruch auf Entschädigung müssen Geschädigte innerhalb von 3 Jahren einfordern. Ansonsten verjährt er. Die 3-jährige Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem Patienten vom Gesundheitsschaden Kenntnis erlangt haben.
Beispiel: Im Oktober 2018 unterläuft einem Arzt während eines Eingriffes ein Fehler. Erst im Januar 2019 treten gesundheitliche Beschwerden beim Patienten auf. Während der Behandlung stellt sich heraus, dass die fehlerhafte Operation im Oktober 2018 Ursache für die Beschwerden ist.
Die Verjährungsfrist zur Durchsetzung einer Entschädigung von Arzt oder Krankenhaus beginnt im Dezember 2019 und endet im Dezember 2022.
Lässt sich die Verjährung verhindern?
Ja. Rechtliche Schritte, beispielsweise eine Klageeinreichung, einzuleiten, verhindert die Verjährung.
Handeln Geschädigte 3 Jahre lang nicht, verfallen mit Ablauf der Verjährungsfrist sämtliche Entschädigungsansprüche nach einem Ärztepfusch.
Ein Feststellungsantrag verhindert, dass der Anspruch auf Entschädigung für zukünftige, noch nicht absehbare Folgeschäden verfällt. Mit dem Antrag verlängert sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre.
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Geschädigten steht nach Ärztepfusch finanzielle Entschädigung zu.
Für die gesundheitlichen, immateriellen Schäden aufgrund des Ärztepfusches können Geschädigte Schmerzensgeld vom Arzt oder Krankenhaus fordern.
Wie hoch der Betrag ausfällt, hängt von folgenden Faktoren ab:
Die Schmerzensgeldtabelle hilft dabei, einzuschätzen, ob und in welcher Höhe Geschädigten eine Ausgleichszahlung zusteht. Die Entschädigungssummen der vergangenen Ärztepfusch-Prozesse dienen nur der Orientierung. Der Entschädigungsanspruch ist immer individuell.
Sachverhalt |
Schmerzensgeld |
Urteil |
Dünndarmverletzung bei ambulanter Bauchspiegelung durch Fehler des Arztes |
2.500 Euro |
LG Osnabrück 2005 |
Zahnprothetische Versorgung trotz unzureichender Aufklärung der Patientin, Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme, überempfindliche Zähne |
6.000 Euro |
OLG Hamm, 2016 |
Arzt übersieht Zerrung des Handgelenks sowie Bänderriss |
10.000 Euro |
OLG Karlsruhe, 2007 |
Verletzung der Speiseröhre durch Arztverschulden |
20.000 Euro |
OLG Hamm, 2015 |
Amputation einer Hand nach unnötiger Nervendurchtrennung |
40.000 Euro |
OLG Hamm, 2013 |
Bakterielle Infektion des Gesäßes durch Ärztepfusch |
100.000 Euro |
OLG Hamm, 2015 |
Verletzung des Rückenmarks während einer Operation |
250.000 Euro |
LG Münster 2018 |
Schwerstbehindertes Baby nach zu spät eingeleitetem Kaiserschnitt |
600.000 Euro |
OLG Jena 2009 |
Sind Geschädigten aufgrund des Ärztepfusches finanzielle Verluste entstanden, haben sie Anspruch auf Schadensersatz.
Bei folgenden materiellen Schäden besteht ein Schadensersatzanspruch:
Vermuten Patienten, dass bei der ärztlichen Behandlung Fehler passiert sind, sollten sie dies abklären. Ob ein Ärztepfusch vorliegt, lässt sich wie folgt klären:
Um nach Ärztepfusch eine Entschädigung zu erhalten, müssen Beweise für das fahrlässige Handeln des Arztes vorliegen.
Arzt und Klinik sind verpflichtet, Patienten ihre Behandlungsakte auszuhändigen. Betroffene haben das Recht auf Akteneinsicht und dürfen Kopien anfertigen. Die Informationen der Patientenakte sind Grundlage der Beweisführung gegenüber Arzt, Krankenhaus und Gericht.
Zusätzlich kann es sinnvoll, sein den Behandlungsverlauf aus eigener Sicht festzuhalten. Je detaillierter die Angaben zum Ärztepfusch in diesem Gedächtnisprotokoll, desto höher die Chance auf eine Entschädigung.
Inhalt eines Gedächtnisprotokolls:
Treten nach einer Behandlung Folgebeschwerden auf, kann es sinnvoll sein, diese von einem anderen Arzt untersuchen zu lassen. Mit einer Zweitmeinung lässt sich klären, ob Ärztepfusch die Ursache für den Gesundheitsschaden ist.
Bestätigt ein anderer Mediziner, dass ein Fehler des behandelnden Arztes vorliegt, haben Betroffene einen weiteren Beweis für die Durchsetzung einer Entschädigung.
Im Regelfall zahlt die Haftpflichtversicherung des Arztes oder Krankenhauses die Entschädigung für Ärztepfusch. Die Versicherung versucht oft, die Entschädigungszahlung zu reduzieren oder die Auszahlung zu umgehen.
Alleine gegen Arzt und Versicherung vorzugehen, kann für Betroffene schwer sein. Ein Anwalt für Arzthaftungsrecht weiß, wann ein Anspruch auf Entschädigung nach Ärztepfusch besteht und kann beurteilen, welche Entschädigungssumme angemessen ist.
Nur mit einem Spezialisten für Arzthaftung können Sie als Patient auf Augenhöhe gegenüber scheinbar übermächtigen Gegnern argumentieren und möglicherweise schon außergerichtlich eine Einigung mit der Gegenseite erzielen.
Ein Anwalt kann alle notwendigen Schritte zur Durchsetzung einer Entschädigung für den Betroffenen übernehmen – von der Beweissammlung über anwaltliche Schreiben an die Versicherung bis hin zur Klage.
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Können Sie wegen erwiesenem Ärztepfusch Anspruch auf eine Entschädigung geltend machen, bestehen zur Durchsetzung der Zahlung 2 Optionen:
Um Arzt, Klinik und Haftpflichtversicherung zur Zahlung zu bewegen, kann anwaltliche Unterstützung sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht sinnvoll sein.
Um möglichst wenig zahlen zu müssen, bieten Versicherungen Geschädigten häufig eine Abfindung an. Akzeptieren Sie diese, verlieren Sie Ihre darüber hinausgehende Ansprüche.
Bevor Sie eine zu geringe Summe akzeptieren, kann es sinnvoll sein, die Abfindung von einem Anwalt prüfen zu lassen.
Sie können zunächst eine außergerichtliche Einigung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung anstreben.
Der Anwalt trägt die notwendigen Beweise für den Ärztepfusch zusammen und erarbeitet eine Strategie zur Beweisführung.
Mit einem Schreiben fordert er die Versicherung zur fristgerechten Zahlung einer angemessenen Entschädigung auf.
Ist keine gütliche Einigung mit der Gegenseite möglich, können Betroffene Klage einreichen, um die Zahlung einer Entschädigung durchzusetzen.
Beträgt die geforderte Entschädigungssumme mehr als 5.000 Euro, müssen Kläger sich vor Gericht von einem Anwalt vertreten lassen.
Der Arzthaftungsprozess verläuft wie folgt:
Nach einem Ärztepfusch hängt die finanzielle Entschädigung von der einwandfreien Beweisführung ab.
Auch mit konkreten Beweisen besteht das Risiko, dass die Haftpflichtversicherung die Zahlung verzögert oder verweigert.
Ein Anwalt kann rechtssicher beurteilen, ob in Ihrem Fall Ärztepfusch vorliegt. Indem er die angemessene Entschädigungshöhe bestimmt und die notwendigen Beweise zusammenträgt, stellt er sicher, dass Sie Ihren Anspruch auf Entschädigung nicht verlieren.
Ob außergerichtlich oder im Arzthaftungsprozess: Mit eindeutiger Beweisführung kann er Gegenargumente der Versicherung abwehren und die Zahlung der Ihnen zustehenden Entschädigung durchsetzen.
Schmerzensgeld und Schadensersatz gleichen z. B. Verdienstausfall, Behandlungskosten und Mehrbedarf aus.
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Ziehen Betroffene einen Anwalt hinzu, um nach Ärztepfusch eine Entschädigung einzufordern, fallen dafür Anwaltskosten an. Die Gebühren bemessen sich anhand des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und der geforderten Entschädigung.
Bringt ein außergerichtlicher Einigungsversuch keinen Erfolg, fallen zusätzlich Gerichtskosten an, wenn Geschädigte z. B. Schmerzensgeld einklagen.
Setzen Geschädigte erfolgreich eine Entschädigung für den Ärztepfusch durch, muss die Gegenseite Ihnen sämtliche Kosten erstatten.
Können Geschädigte die Anwalts- und Gerichtskosten nicht selbst zahlen, bestehen zur Finanzierung des Verfahrens folgende Optionen:
Komplexe Rechtsthemen für Rechtsuchende verständlich aufzubereiten, braucht sprachliches Feingefühl. Als Teil der juristischen Redaktion von advocado gelingt es Julia Pillokat dank Germanistikstudium und ihrer Arbeit als Lektorin, für jedes Anliegen klare Lösungen zu formulieren, die dem Leser weiterhelfen.