Verursacht eine unsachgemäße medizinische Behandlung Gesundheitsschäden, liegt ein Kunstfehler vor. Für entstandene Schmerzen und die finanziellen Belastungen durch einen erhöhten Pflegebedarf stehen Betroffenen Entschädigungszahlungen zu – häufig sechsstellige Beträge.
Ein Anwalt kann die komplizierte Beweisführung übernehmen und den Entschädigungsanspruch durchsetzen. Im Erfolgsfall muss die Gegenseite sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten übernehmen.
Mit Unterstützung vom Anwalt:
Ärzte, Psychotherapeuten, Hebammen, Krankenschwestern, Heilpraktiker und andere im Gesundheitswesen Tätige müssen ihre Patienten fachgerecht behandeln. Das bedeutet, sie müssen in allen Phasen nach aktuellen medizinischen Standards verfahren:
Kommt es beispielsweise wegen einer fehlenden Befunderhebung zur Fehldiagnose, stellt dies eine Verletzung der ärztlichen Behandlungspflicht dar. Verschlechtert sich dadurch der Gesundheitszustand des Patienten, handelt es sich um einen Behandlungsfehler. Er wird auch als Kunstfehler bezeichnet, da die Behandlung nicht den „Regeln der ärztlichen Kunst“ entsprach.
Ein ärztlicher Kunstfehler kann rein medizinischen Charakters sein, aber auch bei der Verwaltung von Patientenakten oder der Bedienung technischer Geräte unterlaufen.
Daher lassen sich verschiedene Arten von Kunstfehlern unterscheiden:
2013 verabschiedete der Bundestag das Patientenrechtegesetz und verankerte es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Neben einer Behandlung nach medizinischem Standard, dürfen Patienten Art und Umfang einer medizinischen Maßnahme selbst bestimmen oder einen Eingriff ganz ablehnen.
Zusätzlich stärkt es die Rechte von Patienten:
Die ärztliche Informations- und Aufklärungspflicht stellt sicher, dass Patienten alle Informationen zu Risiken, Chancen und Alternativen einer Behandlung erhalten. Das Aufklärungsgespräch muss verständlich sein und mindestens 24 Stunden vor einem Eingriff erfolgen, damit eine angemessene Zeit zur freien Willensbildung bleibt.
Der behandelnde Arzt ist im Falle eines Arztfehlers außerdem verpflichtet, sein Verschulden zuzugeben und auch auf die Fehler anderer Mediziner hinzuweisen.
Reiseschutzimpfungen, Akupunktur und Osteopathie zählen zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die die meisten Krankenkassen nicht übernehmen. Ein Patient ist daher vorab über die voraussichtlichen Behandlungskosten zu informieren. Ansonsten darf der Behandelnde die Kosten später nicht einfordern.
Die ärztliche Dokumentationspflicht gewährleistet, dass sämtliche Schritte der Behandlung (Befunde, Aufklärung, Eingriffe, Wirkungen, Einwilligung) ausführlich in der Patientenakte notiert sind. Der Patient darf seine Krankenunterlagen jederzeit einsehen und Kopien davon anfertigen.
Deutschlandweit stehen Anlaufstellen zur Verfügung, die Patienten bei Verdacht auf einen Kunstfehler, z. B. durch ein Schlichtungsverfahren, unterstützen.
Dazu gehören:
Einem Schlichtungsverfahren müssen beide Parteien zustimmen. Es kann bis zu 2 Jahre bei offenem Ausgang dauern. Gleichzeitig ist das Ergebnis des Verfahrens nicht bindend und der Patient behält weiterhin das Recht, Schmerzensgeld einzuklagen.
Ein Kunstfehler kann massive Auswirkungen für Betroffene haben: Neben immateriellen Schäden entstehen Kosten für Pflege, Hilfsmittel, Therapien, Medikamentenzuzahlungen sowie Einbußen durch Verdienstausfälle. Um die negativen Konsequenzen abzumildern, besteht gegenüber dem Verursacher ein Anspruch auf Entschädigung:
Um Schmerzensgeld oder Schadensersatz zu erhalten, muss der geschädigte Patient den Kunstfehler innerhalb einer 3-Jahres-Frist nachweisen.
Der Patient trägt die Beweislast: Er muss beweisen, dass ein ärztlicher Kunstfehler die Ursache seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist.
Dabei kann ein Anwalt helfen: Er schätzt ein, ob die Patientenakte als Nachweis ausreicht oder ob zusätzlich ein Sachverständigengutachten notwendig ist.
Unter bestimmten Umständen kehrt sich die Beweislast um. Dann muss der behandelnde Arzt nachweisen, dass die Beschwerden seines Patienten nicht auf einen Kunstfehler zurückzuführen sind.
Eine Umkehr der Beweislast tritt in folgenden Fällen ein:
Der Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch nach einem ärztlichen Kunstfehler verjährt nach 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ende des Jahres, in dem der Patient Kenntnis vom Schaden erlangt hat:
Bezüglich der Verjährungsfrist gelten 2 Sonderregelungen:
Während einer Gerichtsverhandlung kommt es nicht zur Verjährung von Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüchen. Die sogenannte Hemmung der Verjährung wirkt noch bis zu 3 Monate nach der Urteilsverkündung.
Sind Ausmaß und Folgen des Kunstfehlers nicht absehbar, empfiehlt es sich, einen Feststellungsantrag zu stellen:
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Es besteht kein Schmerzensgeld- oder Schadensersatzanspruch, wenn ein Patient ärztliche Anweisungen missachtet (z. B. Bettruhe) und sein Gesundheitszustand sich dadurch verschlechtert. Unter Umständen ist der Behandelnde dann nicht mehr haftbar, auch wenn ihm tatsächlich ein ärztlicher Kunstfehler unterlaufen ist.
Die Höhe der Entschädigung ist abhängig von den konkreten Schäden und den durch sie hervorgerufenen Folgen. Daher liegen die Entschädigungszahlungen für Kunstfehler in der Psychotherapie, Chirurgie und Geburtsmedizin oft im sechsstelligen Bereich.
Diese Faktoren beeinflussen die Entschädigungshöhe:
Es gilt, berechtigte Ansprüche in angemessener Höhe durchzusetzen und auch die Zukunft des Mandanten abzusichern. Denn meist leiden Patienten lebenslang an den Folgen eines Fehlers. Treten weitere Schäden ein, muss der Schädiger diese genauso erstatten wie die bereits sichtbaren Schäden.
Bei der Berechnung eines angemessenen Schmerzensgeldes helfen sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Diese listen Gerichtsurteile zu Kunstfehlern und den festgelegten Entschädigungszahlungen auf. Da sich Schmerzensgeld immer anhand individueller Umstände bemisst, dient auch die folgende Tabelle für Kunstfehler lediglich als erste Orientierung:
Sachverhalt |
Schmerzensgeld |
Urteil |
Falsch zusammengewachsener Arm eines 2-Jährigen |
6.000 € |
LG Karlsruhe 2009 |
Tod eines Patienten durch Herzversagen |
10.000 € |
LG Detmold 2007 |
Erblindung des Patienten nach zu später Überweisung an einen Spezialisten |
90.000 € |
OLG Karlsruhe 2007 |
Diverse Operationen, Chemotherapien & Tod des Patienten nach 2-jährigem Leidensweg durch verkannte Darmkrebserkrankung |
100.000 € |
OLG Braunschweig 2010 |
Querschnittslähmung durch ärztlichen Kunstfehler bei der Operation |
220.000 € |
OLG Hamm 2004 |
Patient wird infolge einer Fehldiagnose zum Pflegefall |
200.000 € |
OLG Hamm 2012 |
Behinderung eines Kindes durch Sauerstoffmangel beim zu spät eingeleiteten Notkaiserschnitt |
300.000 € |
OLG Hamm 2015 |
Vollständige geistige & körperliche Behinderung eines Neugeborenen wegen eines Kunstfehlers bei der Geburt |
700.000 € |
OLG Frankfurt 2014 |
Unter Umständen steht betroffenen Patienten für die folgenden Schäden neben Schmerzensgeld auch Schadensersatz zu:
Übrigens: Auch die gesetzlichen Krankenkassen dürfen gegenüber dem Behandelnden Schadensersatz geltend machen. Beispielsweise, wenn sie die Kosten für eine durch den Kunstfehler verursachte zusätzliche Behandlung tragen müssen.
Um eine Entschädigung nach einem Kunstfehler erfolgreich geltend zu machen, kann ein Anwalt für Arzthaftungsrecht helfen: Er kann den Entschädigungsanspruch prüfen.
Besteht ein Anspruch, kann er zunächst versuchen, diesen außergerichtlich durchzusetzen. Verweigert die Haftpflichtversicherung des Verursachers den Schaden zu begleichen, kann der Anwalt den Anspruch vor Gericht durchsetzen.
Zunächst kann der Anwalt eine schnelle, außergerichtliche Einigung mit der Haftpflichtversicherung des Arztes oder des Krankenhauses anstreben. Dafür kann er alle Beweise zusammentragen, eine ausführliche Dokumentation erstellen und eine individuelle, stichhaltige Beweisführung entwickeln.
Anschließend kann er der Versicherung eine angemessene Zahlungsaufforderung zustellen und eine Frist für die Auszahlung der Entschädigung festlegen.
Womöglich ist keine gütliche Einigung mit der Gegenseite möglich, weil die Haftpflichtversicherung auch begründete Forderungen pauschal zurückweist, um Kosten zu sparen. Ein Anwalt kann dann für den Kunstfehler Klage einreichen, um die Entschädigung gerichtlich durchzusetzen.
Der Prozess folgt einem festen Ablauf:
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Für die Durchsetzung einer Entschädigung nach einem ärztlichen Kunstfehler entstehen Kosten für Gericht, Zeugen, Gutachter, Post und Telekommunikation.
Die Höhe dieser Kosten bemisst sich am Streitwert, also der Höhe der geforderten Entschädigung. Medizinrecht ist hochkomplex. Um die Erfolgsaussichten in den Verhandlungen mit der Gegenseite zu erhöhen, empfiehlt es sich, einen Anwalt hinzuziehen.
Seine Tätigkeit löst weitere Kosten aus, die sich nicht pauschal beziffern lassen. Aber: Bei erfolgreicher Durchsetzung übernimmt die Gegenseite sämtliche Kosten.
Es gibt 3 Möglichkeiten, um die gerichtliche Durchsetzung von Schmerzensgeld und Schadensersatz nach einem ärztlichen Kunstfehler zu finanzieren:
Sie sind unsicher, ob Ihre Rechtsschutzversicherung alle Kosten erstattet? Ein advocado Partner-Anwalt stellt gerne eine kostenlose Deckungsanfrage für Sie. Jetzt Ersteinschätzung erhalten.
Haben Sie den Verdacht, Opfer eines ärztlichen Kunstfehlers zu sein, können Sie diesen zunächst überprüfen lassen und anschließend die Beweissicherung einleiten.
Mit den folgenden 5 Schritten können Sie Klarheit erhalten und verhindern, dass berechtigte Ansprüche verfallen:
Besteht ein begründeter Verdacht auf einen Kunstfehler, kann sich zunächst ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt helfen. Er ist auskunftspflichtig und muss Fehler zugeben. Zur Absicherung bietet es sich an, dass ein Bekannter oder Angehöriger das Gespräch mit dem behandelnden Arzt bezeugt.
Lassen Sie einen weiteren Mediziner einschätzen, ob Ihre gesundheitlichen Beschwerden auf einen Kunstfehler zurückzuführen sind. Ein klärendes Gespräch mit dem Arzt des Vertrauens verschafft Klarheit und gibt Sicherheit, bevor Sie einen Anwalt für Arzthaftungsrecht beauftragen.
In einem Gedächtnisprotokoll beschreiben Patienten den Ablauf einer zurückliegenden Behandlung so ausführlich wie möglich. Das Dokument ist ein wichtiges Beweisstück in einem möglichen Gerichtsprozess.
Es gibt Aufschluss über:
Ein Patient darf seine Krankenunterlagen jederzeit einsehen und Kopien anfertigen. Verstirbt ein Behandelter infolge eines Kunstfehlers, dürfen seine Angehörigen Akteneinsicht beantragen.
Die Akte gibt Aufschluss über:
Im Falle einer gerichtlichen Klärung dient sie als Beweis. Benötigen Patienten Unterstützung beim Anfordern der Unterlagen – etwa weil ein Arzt die Einsicht verweigert – kann ein Anwalt mit Schwerpunkt Akteneinsicht helfen.
Ein Anwalt verfügt dank langjähriger Erfahrung über umfassende Kenntnisse im komplexen Medizin- und Arzthaftungsrecht. Er kann rechtssicher einschätzen, ob ein Kunstfehler vorliegt und welche Entschädigung angemessen ist.
Darüber hinaus kann er die komplizierte Beweissicherung und Durchsetzung Ihres Anspruchs für Sie übernehmen.
Die Entschädigungszahlungen für ärztliche Kunstfehler in den Bereichen Geburtsmedizin, Psychotherapie, Orthopädie und Chirurgie können sehr hoch sein. Schnell liegt der Streitwert weit über 5.000 Euro und das Landgericht ist für den Fall zuständig. Dort müssen Sie sich durch einen Juristen vertreten lassen.
Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro dürfen Sie theoretisch auf anwaltlichen Beistand verzichten und selbstständig Klage einreichen. Das könnte aber zu ihrem Nachteil sein. Denn das Arzthaftungsrecht ist sehr komplex und die Gegenseite lässt sich definitiv durch einen Medizinrechtler vertreten. Unterläuft Ihnen ein Fehler, geht schlimmstenfalls der Entschädigungsanspruch verloren.
Ein Anwalt kann Folgendes für Sie tun:
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Handelt ein Arzt oder medizinisches Personal nicht nach den aktuellen medizinischen Standards – z. B. in der Therapie, bei der Verwaltung von Patientenakten, Hygiene in der Praxis oder der Befunderhebung –, liegt ein sogenannter Kunstfehler vor.
Führt der Kunstfehler nachweislich zu Gesundheitsschäden beim Patienten, kann dieser Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Die Höhe der Entschädigungssumme bemisst sich dabei nach dem Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung – z. B. nach den Beeinträchtigungen im Alltag, möglichen chronischen Schmerzen oder Folgeschäden.
Als Patient müssen Sie beweisen, dass der Kunstfehler die Ursache für Ihren Gesundheitsschaden ist. Bei groben Verletzungen der ärztlichen Kunst überträgt sich die Beweislast allerdings auf das medizinische Personal – z. B. wenn ein Arzt eindeutige Symptome übersieht.
Als Mitglied der juristischen Redaktion von advocado widmet sich Jasmin Leßmöllmann komplexen Fragestellungen aus dem Arbeits-, Medizin- und Erbrecht. Dabei ist sie bestrebt, dem Leser schwierige juristische Sachverhalte verständlich aufzubereiten und die beste Lösung anzubieten.