Die Erfüllung des Traums vom Eigenheim steht kurz bevor, doch dann verzögert sich das Ende der Bauphase. Wenn eine Bauzeitverlängerung selbstverschuldet ist, können größere Kosten entstehen, als für den Bau eingeplant wurden. Welche Gründe zu einer Bauzeitverlängerung führen, wann Sie diese selbst verschulden und wie Sie sich vor den anfallenden Kosten schützen können, erfahren Sie im nachfolgenden Beitrag.
Kann die im Bauvertrag festgelegte Bauzeit nicht eingehalten werden, kann dies zu einer Bauzeitverlängerung führen. Dadurch fallen in der Regel Mehrkosten an und auch Schadensersatzansprüche sind möglich. Welche Rechte Bauherren (im Gesetz meist Auftraggeber genannt) und Bauunternehmer (im Gesetz „Auftragnehmer“) haben, ist abhängig davon, wer die Bauverzögerung zu verantworten hat.
Die in § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B festgeschriebenen Gründe für eine Fristverlängerung sind dem Bauunternehmer nicht zuzurechnen und begründen daher keinen Anspruch des Bauherrn. Zu ihnen gehören zum Beispiel höhere Gewalt wie Schlechtwetter oder Streiks. Auch behördliche Baustopps können zu einer Bauzeitverlängerung führen. Wann es dazu kommt, erfahren Sie im Beitrag „Der Baustopp“.
Hat der Bauunternehmer die Bauzeitverlängerung nicht selbst zu vertreten, wird ihm nach § 6 Abs. 4 VOB/B eine Fristverlängerung eingeräumt. Sie berechnet sich je nach Dauer der Behinderung und bezieht dabei zusätzlich Zuschläge für die Wiederaufnahme der Arbeit und eine eventuelle Verschiebung in eine schlechtere Jahreszeit ein.
Beispiel:
Dauer der Behinderung der Baustelle: | 20 Werktage |
Wiederaufnahme der Arbeit: | 5 Werktage |
Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit: | 15 Werktage |
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Fristverlängerung: | 40 Werktage |
Die Gründe für eine Bauzeitverlängerung können ganz unterschiedlicher Natur sein. Die verschiedenen Ursachen und ihre Auswirkungen werden im Folgenden dargestellt.
Grundsätzlich gilt: Verursacht der Bauherr die Verzögerung, hat der Bauunternehmer womöglich zusätzliche Zahlungsansprüche. Ist der Bauunternehmer verantwortlich, gerät er in Schuldnerverzug und der Bauherr kann Beschleunigungsmaßnahmen – ggf. unter erhöhtem Personaleinsatz – anordnen.
Außerbetriebliche Ursachen einer Bauzeitverlängerung können teilweise schon vor Vertragsschluss erwartet werden. Zu ihnen zählen beispielsweise Witterungsverhältnisse, das Klima und die Standortbedingungen der Baustelle. Der Bauunternehmer hat bei seiner Kalkulation also Niederschläge, mögliche Behinderungen durch Verkehr sowie Grundwasserbeobachtungen einzubeziehen. Er muss folglich Zeitreserven und Ausweichmöglichkeiten einplanen. Tut er dies nicht und kommt es daraufhin zur Bauzeitverlängerung, haftet der Bauunternehmer dafür.
Hierunter fallen alle Verzögerungen, die bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar waren wie zum Beispiel eine zu spät erteilte Baugenehmigung. Auch nach Baubeginn können solche Störungen noch auftreten – u. a. wenn es Umplanungen gibt, erhebliche Mengenänderungen vorgenommen werden oder unerwartet abweichende Bodenverhältnisse auftreten. All dies führt zu einer berechtigten Bauzeitverlängerung, die ggf. Mehrkosten beim Auftraggeber verursacht. Zu den Mehrkosten lesen Sie mehr in Kapitel 5.
Unter innerbetrieblichen Störungen versteht man die Fehlkalkulation des Bauunternehmers. Kommt es z. B. aufgrund von verspätet angelieferten Materialien, falscher Personalplanung oder schlecht geplanten Arbeitsabläufen zu Verzögerungen, hat der Baubetrieb dies zu vertreten. Sofern es nicht unter die obengenannten unvorhersehbaren Einflüsse fällt, gehören auch Fehleinschätzungen der Bauausführung zu den innerbetrieblichen Störungen.
Der Bauunternehmer kann eine Bauzeitverlängerung nicht nur durch falsche Kalkulationen oder mangelhafte Bauablaufplanung verursachen, sondern auch durch die Beschäftigung von unqualifizierten Mitarbeitern. Wenn dadurch eine Bauzeitverlängerung bzw. ein Bauverzug verursacht wird, können Sie als Auftraggeber einen Anspruch auf Schadensersatz oder die Zahlung von Vertragsstrafen geltend machen.
Die Wünsche und Vorstellungen für das eigene Heim können sich während der Bauphase ändern. Nachträgliche Veränderungen am Grundriss (Leistungsänderung) oder Mengenänderungen können dann zu mehr Planungsaufwand und einer Bauzeitverlängerung führen.
Eine vom Hausbesitzer selbstverschuldete Bauzeitverlängerung liegt außerdem vor, wenn der Auftraggeber dem Bauleiter der Zugang zur Immobilie verweigert wird. Dieser kann dann nicht planmäßig seinen Arbeitsaufgaben nachkommen. Auch eine zu späte Auftragserteilung oder kurzfristig geänderte Bemusterungsentscheidungen können zu Bauzeitverlängerungen führen. Da die Änderungswünsche auf den Immobilienbesitzer (Bauherr) zurückzuführen sind, handelt es sich hierbei um eine selbstverschuldete Bauzeitverlängerung. Somit können Bauleiter oder Architekt für die Verzögerung der Fertigstellung der Immobilie nicht belangt werden.
Stattdessen kann der Bauherr haftbar gemacht werden. Welche Folgen eine selbstverschuldete Bauzeitverlängerung haben kann, erfahren Sie im nächsten Kapitel.
Jede Bauzeitverlängerung verursacht Mehrkosten – seien es Personal-, Lager- oder Gerätekosten. Bei einer selbstverschuldeten Bauzeitverlängerung hat der Bauherr diese Kosten selbst zu tragen. Architekt und Bauunternehmer können also die zusätzlich entstandenen Kosten als weitere Forderungen auf den Auftraggeber umlegen. Das ist beispielsweise bei Architekten der Anspruch auf weitere Honorarzahlungen (§ 4 Abs. 3 HOAI, § 642 BGB). Um diese Forderungen geltend zu machen, muss der Architekt oder Bauleiter die Bauzeitverzögerung immer genau dokumentieren (§ 2 Nr. 5 VOB/B, § 6 Nr. 6 VOB/B) und schon während der Bauphase ein Behinderungsmanagement durchführen.
Sowohl nach § 6 Abs. 6 VOB/B als auch nach § 642 BGB kann der Bauunternehmer Schadensersatz gegen den Bauherrn geltend machen, wenn dieser für die Bauzeitverlängerung verantwortlich ist. Voraussetzung für einen Anspruch aus § 642 BGB ist aber, dass zunächst eine Baubehinderungsanzeige gemäß VOB/B gestellt wurde und sich der Bauherr in Annahmeverzug befindet. Das wäre bereits der Fall, wenn er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt – er z. B. erforderliche Anordnungen oder Vorgaben nicht abgibt. Eine Verschuldung der Bauverzögerung ist nicht zwingend erforderlich. In einfachen Worten: Der Bauunternehmer muss dem Bauherrn schriftlich mitteilen, dass er seine vertragliche Leistung gerne erbringen möchte, aber dies aus bestimmten Gründen – die beim Bauherrn liegen – nicht kann.
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Mit einer Bauzeitverlängerung sind stets Mehrkosten verbunden. Zum einen werden Personal und Geräte für eine längere Zeit eingesetzt, ggf. sind mehr Materialien nötig, die zudem in zusätzlichen Lagerräumen untergebracht werden müssen und vieles mehr. Im folgenden Abschnitt wird erläutert, wie Mehrkosten berechnet werden.
Kostenermittlung
Für die Ermittlung der Mehrkosten, wie sie beispielswese bei Mengenänderungen wichtig ist (10%-Grenze s. u.), sind die alten Kalkulationen offenzulegen. Außerdem muss die neue vertragliche Bauzeit festgelegt werden. Auf dieser Grundlage können dann die neuen Preise berechnet werden.
Leistungsänderungen
Die Kosten für Leistungsänderungen werden in § 2 V VOB geregelt. Er gilt aber nur, wenn die vereinbarte Leistung nach Vertragsschluss durch Anordnung des Bauherrn oder Änderung des Bauentwurfs überarbeitet wurde. Unter die Leistungsänderungen fallen u. a. die Kosten für Materialien, Geräte oder auch der Personaleinsatz.
Mengenänderungen
Wie mit Mengenänderungen umzugehen ist, ist in § 2 III VOB ausführlich festgeschrieben. Dieser Paragraph besagt aber auch, dass Mehr- oder Minderkosten unter 10 % nicht berücksichtigt werden.
Bestehen Sie darauf, den Einheitspreis neu zu kalkulieren, könnte das Einsparungen für Sie bedeuten. Das kann aber auch zu Streitigkeiten mit dem Bauunternehmer führen. Mögliche Gründe des Bauunternehmers gegen einen Neukalkulation können die längeren Lieferfristen und ggf. erhöhte Personalkosten wegen der größeren Materialmenge sein.
Sie haben Fragen oder ein Rechtsproblem bezüglich der Mehrkosten bei Bauzeitverlängerung? Ein advocado Partner-Anwalt für Baurecht erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung Ihre Handlungsoptionen. Jetzt Ersteinschätzung erhalten.
Zusatzleistungen
Alles, was nicht im Leistungsverzeichnis und im VOB/C vermerkt ist, ist eine Zusatzleistung. Allerdings gibt es Nebenpflichten, die nach den allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (ATV) zum gewöhnlichen Leistungsumfang gehören und daher nicht zusätzlich vergütet werden müssen. Alles, was darüber hinaus geht, stellt eine Zusatzleistung dar, die gemäß § 2 VI VOB/B extra vergütet werden muss. Um seinen Anspruch geltend zu machen, muss der Bauunternehmer dem Bauherrn eine schriftliche Mehrkostenanzeige stellen, nachdem er seine Zusatzwünsche erhalten hat.
Zunächst einmal ist es wichtig, dass Sie dem Bauunternehmer die durch Sie verursachte – beispielsweise aufgrund einer Mengenerhöhung – voraussichtliche Bauzeitverlängerung schriftlich mitteilen, damit er keine Verzugsansprüche gegen Sie gelten machen kann.
Bei nachträglichen Änderungswünschen müssen zudem die zusätzlich anfallenden Kosten schriftlich dokumentiert werden. Nur so ist es möglich, während einer Bauzeitverlängerung den Überblick über die steigenden Kosten zu wahren. Sie können sich außerdem vom Architekten oder Bauleiter stets darüber informieren lassen, ob bestimmte Anordnungen oder zusätzliche Leistungen zu einer Bauzeitverlängerung führen könnten.
Um Klagen wegen einer Bauzeitverlängerung vorzubeugen, müssen die Bauverträge so detailliert wie möglich gestaltet werden. Darin kann auch vermerkt werden, ob es eine Zahlung eines zusätzlichen Honorars im Falle einer Bauzeitverlängerung geben soll und wie sie berechnet wird.
Wie bei einem Bauverzug liegt die Beweispflicht im Falle einer Klage beim Bauunternehmer, der den Anspruch auf Honorarzahlung erhebt. Dieser muss nachweisen, dass Sie als Auftraggeber die Bauzeitverlängerung verursacht haben. Es kann sinnvoll sein, wenn die Kommunikation während der Bauphase stets schriftlich und mithilfe von Baubesprechungsprotokollen erfolgt.
Nach Ende der Bauzeit und nach der Erstellung der Abnahmebescheinigung gemäß der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen können keine Ansprüche auf ein zusätzliches Honorar mehr geltend gemacht werden.
Sie haben aufgrund einer Bauzeitverlängerung Probleme mit Ihrem Bauunternehmer oder dem Bauherrn? Für sämtliche Rechtsansprüche ist es ausschlaggebend, wer für die Verzögerung auf der Baustelle verantwortlich ist. Da mit dem Hausbau nicht nur Kosten, sondern auch viel Aufwand und Herzblut verbunden sind, kann die Unterstützung eines Anwalts im Streitfall sinnvoll sein, um Ihre Interessen durchzusetzen.
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