Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist eine sehr besondere. Streitigkeiten sind dabei aber nicht gerade selten. Manche Eltern wollen sogar ihre Kinder enterben, wenn das Verhältnis zu sehr gestört ist. Wie Sie Ihre Kinder enterben können, was dabei zu beachten ist und welche Ansprüche das Kind trotzdem hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
In der Entscheidung darüber, wer was nach dem eigenen Ableben erhalten soll, ist jeder Erblasser frei. Er kann letztwillentlich festlegen, wer beispielsweise sein Haus oder sein Auto erben soll. Ebenso kann er Aussagen darüber treffen, wer nichts bekommt – und sogar seine Kinder enterben.
Will man seine Kinder enterben, hat man dafür 2 Möglichkeiten:
Was beide beinhalten und was bei der Formulierung zu beachten ist, erfahren Sie im Folgenden.
Um Kinder enterben zu können, muss der Nachlass im Testament gänzlich zwischen anderen Personen aufgeteilt werden. Eine solche Formulierung könnte zum Beispiel lauten:
Erbberechtigte Verwandte – in diesem Fall Kinder –, die nicht genannt werden, sind dann automatisch von der Erbfolge ausgeschlossen.
Außerdem kann man Kinder enterben, indem man ein Negativtestament aufsetzt. Hier zählt der Erblasser explizit alle Angehörigen auf, die nicht als Erben eingesetzt werden sollen. Formulieren könnte man das folgendermaßen:
Auf diesem Wege muss sich der Erblasser nicht explizit dazu äußern, wer stattdessen erben soll.
Will man seine Kinder enterben und hat sie im Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, bedeutet das nicht, dass sie völlig leer ausgehen. Kinder haben einen gesetzlichen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses – den Pflichtteil. Diesen können Kinder nicht nur bei Enterbung einfordern, sondern auch dann, wenn Ihr Erbe geringer ausfällt als der Pflichtteil. In diesem Fall können Sie den Differenzbetrag einfordern.
Dabei können pflichtteilsberechtigte Kinder:
✓ ehelich,
✓ nichtehelich,
✓ legitimiert oder
✓ adoptiert sein.
X Stief- oder Ziehkinder sind nicht pflichtteilsberechtigt.
Die konkrete Höhe des Pflichtteils hängt grundsätzlich von 2 Faktoren ab:
Die Pflichtteilsquote berechnet sich aus der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch diese im Einzelfall ist, erfahren Sie in unserem Beitrag „Pflichtteil berechnen“ (inklusive Pflichtteilsrechner). Wie genau der Nachlasswert ermittelt wird, finden Sie in unserem Beitrag zum Pflichtteil unter „Berechnung des Nachlasswertes“.
Möchten Eltern ihre Kinder enterben, steht diesen durch den Pflichtteil dennoch die Häftle ihres gesetzlichen Erbteils zu. Unter bestimmten Umständen können Sie den Pflichtteil allerdings minimieren oder sogar vollständig umgehen. Wie das geht, erfahren Sie im nächsten Kapitel.
Will man seine Kinder enterben und ihnen gleichzeitig ihren Pflichtteilsanspruch nehmen, hat man nur wenig Handhabe. Möglich ist u. a. der Entzug aufgrund tiefgreifenden Fehlverhaltens seitens der Kinder. Auch kann der Erblasser bereits zu Lebzeiten entsprechende Vorkehrungen treffen. Wir stellen Ihnen nun einige ausgewählte Möglichkeiten kurz vor.
Mehr Möglichkeiten sowie ausführliche Erläuterungen und Hinweise finden Sie in unserem Beitrag „Enterben ohne Pflichtteil“.
Nach § 2333 BGB gibt es strenge Voraussetzungen, unter denen der Pflichtteil gänzlich entzogen werden kann. Notwendig dafür sind grobe Vergehen des Kindes. Wollen Sie Ihre Kinder enterben, kommen folgende Gründe für einen Pflichtteilsentzug infrage:
Soll der Pflichtteilsentzug wegen eines solchen Grundes vorgenommen werden, muss der Erblasser ihn im Testament ausdrücklich anordnen und den Sachverhalt zur Begründung möglichst ausführlich darlegen.
Dennoch kann ein Pflichtteilsentzug mit rechtlicher Unsicherheit verbunden sein. Im Falle einer juristischen Auseinandersetzung wird der Einzelfall vom Gericht individuell geprüft und entschieden. Ein Anwalt für Erbrecht kann Ihnen wertvolle Hinweise geben und rechtliche Risiken minimieren, wenn Sie Ihre Kinder enterben wollen.
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Es kann vorkommen, dass es schwere Zerwürfnisse innerhalb einer Familie gibt und der Kontakt zwischen Eltern und Kindern über Jahre hinweg abreißt. Eltern könnten dies als groben Undank sehen und deshalb ihre Kinder enterben. Rechtlich allerdings ist eine Enterbung wegen groben Undanks nicht möglich – er wird von keiner der Fallkonstellationen des § 2333 BGB erfasst.
Kinder enterben, ohne dass sie Pflichtteilsansprüche geltend machen können, ist auch mithilfe eines Pflichtteilsverzichts möglich. Dafür braucht man einen Vertrag zwischen Erblasser und Kind, in welchem der Verzicht auf Pflichtteilsansprüche seitens des Erben geregelt ist.
Wird der Pflichtteilsverzicht vertraglich geregelt, kann das Kind seinen Pflichtteil nach dem Erbfall weder verlangen noch einklagen. Diese Form des Enterbens setzt eine hohe Kommunikations- und Kompromissbereitschaft zwischen Eltern und Kind voraus.
Ausführlichere Informationen zum Thema erhalten Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteilsverzicht.
Wenn Sie Ihre Kinder enterben wollen und ein Pflichtteilsentzug oder -verzicht nicht möglich ist, lässt sich der Pflichtteil aber zumindest reduzieren. Wie Sie das machen können, erfahren Sie in diesem Kapitel.
Weitere Möglichkeiten und ausführlichere Beschreibungen finden Sie in unserem Beitrag „Pflichtteil umgehen & reduzieren“.
Wenn Sie Ihre Kinder enterben möchten, können sie deren Pflichtteil noch zu Lebzeiten durch Schenkungen an Verwandte oder Freunde minimieren. Die Schenkung muss zum Erbfall aber mindestens 10 Jahre zurückliegen, damit keine Pflichtteilsergänzungsansprüche seitens des Kindes ausgelöst werden. Liegt die Schenkung weniger als 10 Jahre zurück, wird sie mit jedem Jahr, das zwischen ihr und dem Erbfall liegt, um 10 % weniger bei der Ermittlung des pflichtteilsrelevanten Nachlasswertes berücksichtigt. Dann werden auch Pflichtteilsergänzungsansprüche ausgelöst.
Ausführlichere Informationen zum Thema erhalten Sie in unserem Beitrag zum Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Einzelne Vermögensgegenstände wie Immobilien kann man auch gegen eine Leibrente verkaufen. Die Leibrente muss dabei in regelmäßigen Abständen und bis zum Lebensende vom neuen Eigentümer gezahlt werden. Da der Vermögensgegenstand nicht verschenkt, sondern verkauft wird, entstehen zum einen keine Pflichtteilsergänzungsansprüche. Zum anderen kann sich ein Verkauf gegen Leibrente auch anbieten, wenn Sie Ihre Kinder enterben wollen, ohne dass diese ihren vollen Pflichtteil erhalten.
Eine weitere Möglichkeit wäre eine Adoption – z. B. wenn sich Paare erst in einem späteren Lebensabschnitt finden und einer oder beide Partner Kinder aus vergangenen Beziehungen mitbringen. Will einer der Partner nun seine leiblichen Kinder enterben und Pflichtteile reduzieren, könnte er das nicht biologisch verwandte Kind des Partners adoptieren.
Auf diese Weise würde sich die Zahl der gesetzlichen Erben erhöhen, gleichzeitig würde die Erbquote eines jeden gesetzlichen Erben sinken – das leibliche Kind bekäme also weniger als zuvor.
Auch über die Ausstattung lassen sich Kinder enterben und deren Pflichtteile reduzieren. Dabei verschenkt der Erblasser noch zu Lebzeiten Geld, Sachen oder Sonstiges an seine Kinder. Begründen kann er dies zum Beispiel mit:
Da die Ausstattung im rechtlichen Sinne nicht als Schenkung zu verstehen ist, zieht sie keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach sich. Gleichzeitig aber sinkt der Nachlasswert noch zu Lebzeiten des Erblassers und der Pflichtteilsanspruch der Kinder verringert sich.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt der Güterstand der Ehepartner, wenn es darum geht, Kinder zu enterben und den Pflichtteilsanspruch zu reduzieren.
Beispiel 1 (Ehepartner in Zugewinngemeinschaft mit 2 Kindern):
Beispiel 2 (Ehepartner in Gütertrennung mit 2 Kindern):
Wollen Sie Ihre Kinder enterben und deren Pflichtteile so gering wie möglich halten möchten, kann der Güterstand der Zugewinngemeinschaft sinnvoll sein.
Je nachdem, wessen Pflichtteil Sie reduzieren möchten, sind die unterschiedlichen Güterstände möglich. Da dies stets vom Einzelfall und der Anzahl der Kinder abhängig ist, können Sie einen Anwalt für Erbrecht kontaktieren, wenn Sie Ihre Kinder enterben wollen. advocado findet für Sie den passenden Anwalt. Er kontaktiert Sie für eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen und Ihren Handlungsoptionen.
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Will man seine Kinder enterben, wird das wahrscheinlich nicht ohne Gegenwehr bleiben. Viel Handhabe haben sie dann jedoch nicht.
Sofern sie einen Anspruch auf einen Pflichtteil haben, wird dieser nicht automatisch an sie ausgezahlt. Stattdessen müssen sie den Pflichtteil bei den übrigen Erben oder beim Nachlassverwalter ausdrücklich einfordern. Das trifft ebenso für einen eventuellen Pflichtteilsergänzungsanspruch zu.
Unter Umständen kann das Kind die Enterbung auch anfechten. Dazu müssen Gründe vorliegen, welche die im Testament vorgenommenen Erklärungen ungültig machen. Solche Gründe wären zum Beispiel:
Ausführlichere Informationen finden Sie in unseren Beiträgen „Pflichtteil einfordern“ und „Testament anfechten“ (15 Gründe, ein Testament anzufechten).
Möchten Sie Ihre Kinder enterben, sind einige Dinge zu beachten – z. B. eventuelle Pflichtteilsansprüche. Haben Sie dazu Fragen oder konkrete Probleme, können diese z. B. in einer kostenlosen Ersteinschätzung mit einem Anwalt geklärt werden.
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Ja, das ist möglich. Denn jeder entscheidet selbst, wem er im Falle seines Versterbens was vererbt. Aber: Auch wenn Kinder per Testament enterbt werden, steht ihnen immer ein Teil des Erbes zu. Kinder haben gesetzlich Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil am Erbe.
Ja, aber nur in Ausnahmefällen. Bedingung ist ein grobes Vergehen des Kindes, wie z. B. ein schweres Verbrechen gegenüber dem Erblasser oder eine Verurteilung aufgrund einer vorsätzlich begangenen Straftat mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung. Der Erblasser muss den Entzug des Pflichtteils ausdrücklich in seinem Testament anordnen und ausführlich begründen.
Wer von seinen Eltern enterbt wurde, hat außer seinem Pflichtteilsanspruch nur wenige Rechte. Unter Umständen können Sie die Enterbung anfechten. Dazu müssen aber bestimmte Gründe vorliegen, die die Erklärungen im Testament ungültig machen – z. B. eine arglistige Täuschung oder eine Bedrohung des Erblassers während der Testamentserstellung.
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