Häuft ein Mensch vor seinem Tod Schulden an, gehen diese auf seine Erben über. Können die Erben diese Schulden nicht innerhalb von 3 Monaten aus dem Nachlass begleichen, haften sie mit ihrem Privatvermögen. Damit sich Erben nicht finanziell ruinieren, können sie ein Erbe ausschlagen. Dies müssen sie innerhalb von 6 Wochen tun – ansonsten gilt das Erbe als angenommen.
Liegen folgende Gründe vor, können Sie darüber nachdenken, die Erbschaft auszuschlagen:
Können Sie diese Gründe innerhalb der Frist nicht ausschließen, brauchen Sie das Erbe nicht voreilig ausschlagen, sondern können den Nachlass und Ihre Alternativen prüfen. Das könnte wichtig sein, weil Sie ein angenommenes Erbe nachträglich nur unter bestimmten Bedingungen ausschlagen können.
Was Sie tun können, wenn Sie ein Erbe voreilig ausgeschlagen oder angenommen haben:
Haben Sie ein Erbe voreilig ausgeschlagen oder angenommen, können Sie dies in folgenden Fällen anfechten:
Laut § 1954 BGB müssen Sie die Annahme oder Ausschlagung eines Erbes innerhalb von 6 Wochen ab Kenntnisnahme der Gründe anfechten. Lebte der Erblasser im Ausland, haben Sie 6 Monate Zeit, das Erbe abzulehnen.
Als Erbe erhalten Sie ein Schreiben des Amtsgerichts. Reagieren Sie nicht auf dieses Schreiben oder beantragen Sie einen Erbschein, haben Sie das Erbe angenommen. Schulden des Erblassers müssen Sie dann innerhalb von 3 Monaten begleichen. Reicht das Erbe dafür nicht aus, haften Sie mit Ihrem Privatvermögen.
Haben Sie erst einmal ein negatives Erbe ausgeschlagen, können Sie das nur schwer rückgängig machen. Damit Sie einen Verzicht auf liebgewonnene Erinnerungsstücke oder das eigene Elternhaus nicht bereuen, können Sie Alternativen bedenken, bevor Sie eine Erbschaft ausschlagen.
Wenn Erben nicht abschätzen können, ob das Erbe überschuldet ist oder nicht, können Sie mit folgenden Alternativen Ihre Haftung für mögliche Schulden begrenzen:
Das Nachlassgericht setzt auf Antrag eines Erben einen Nachlassverwalter ein, der das Erbe verwaltet und Schulden bei den Nachlassgläubigern tilgt. Die Haftung der Erben beschränkt sich dann nach § 1975 BGB lediglich auf das Erbe.
Die Schulden werden nur aus den verbliebenen Gütern des Erbes, der sogenannten Erbmasse, und nicht mit dem privaten Vermögen der Erben beglichen. Befinden sich am Ende noch positive Vermögenswerte in der Erbmasse, gehen diese an die Erben.
Dieses auf Antrag des Erben vom Nachlassgericht eingeleitete Verfahren beschränkt die Haftung der Erben ebenfalls nur auf das Erbe. Innerhalb einer bestimmten Frist müssen alle Nachlassgläubiger ihre Forderungen melden. Nach Ablauf dieser Frist werden die angemeldeten Forderungen aufgenommen und aus der Erbschaft beglichen. Hat ein Nachlassgläubiger die Frist versäumt, verfällt sein Anspruch nicht komplett. Allerdings wird er nur berücksichtigt, wenn nach Tilgung der zuvor angemeldeten Schulden noch etwas von der Erbmasse übrig ist.
Lassen sich die Nachlassschulden nicht durch z. B. das geerbte Vermögen begleichen, ist das Erbe überschuldet. Dann ist Folgendes notwendig:
Ist die Erbschaft überschuldet, müssen Erben beim Insolvenzgericht einen Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen – dies ist nach § 1980 BGB verpflichtend. Damit ist die Haftung lediglich auf das Erbe beschränkt – Erben haften also nicht mit ihrem Privatvermögen für die Nachlassschulden. Meldet ein Erbe das überschuldete Erbe nicht, so können die Gläubiger Schadensersatzansprüche gegen ihn erheben. Für diese muss er dann sogar privat aufkommen.
Lassen sich die mit einem Nachlassinsolvenzverfahren verbundenen Kosten nicht durch die Erbmasse begleichen, stellt das Nachlassgericht das Verfahren ein. Erben können dann nach § 1990 BGB mit der Dürftigkeitseinrede die Bezahlung der Nachlassgläubiger ablehnen. Dafür müssen die Erben allerdings nachweisen, dass die Erbschaft nicht für die Begleichung der Schulden ausreicht (z. B. mit dem Gerichtsbeschluss zur Einstellung des Nachlassinsolvenzverfahrens).
Hat ein Erbe seinen Erbteil ausgeschlagen, treten zahlreiche Rechtsfolgen in Kraft.
Ein Erbe, der ein negatives Erbe ausgeschlagen hat, kann nicht bestimmen, wer an seiner Stelle erben soll. Nach § 1953 Abs. 2 BGB wird er dann so behandelt, als wäre er nicht mehr am Leben. Das bedeutet, dass eine andere Person seinen Erbteil bekommt.
Wer das sein soll, kann ein Erblasser in seinem Testament festlegen. Hat er diesbezüglich keine Entscheidung getroffen, regelt die gesetzliche Erbfolge die Vermögensnachfolge.
Beispiel zur Reihenfolge, wenn das Erbe ausgeschlagen wurde:
Ein Familienvater hinterlässt eine Ehefrau, zwei Kinder, einen Bruder und seine Mutter. Mit seinem Tod fällt die Erbschaft laut gesetzlicher Erbfolge zunächst an die beiden Kinder. Schlagen die Geschwister das Erbe aus, geht der Nachlass an die Mutter. Will auch diese das Erbe nicht annehmen, erbt der Bruder des Verstorbenen. Die hinterbliebene Ehefrau nimmt eine Sonderstellung ein und wird gesondert berücksichtigt.
Schlagen alle nachrückenden Erben ebenfalls das Erbe aus, fällt das Erbe an den Staat bzw. das entsprechende Bundesland.
War das Erbe überschuldet, begleicht der Staat die Schulden mit vorhandenem Vermögen aus dem Erbe. Sind die Schulden größer als die positiven Vermögenswerte des Erblassers, fällt das zu Lasten der Gläubiger – der Staat haftet nicht für die Schulden des Erblassers.
Wenn ein Erbe seinen Erbteil ausschlägt, hat er keinen Anspruch auf einen Pflichtteil mehr. In sehr wenigen Ausnahmefällen kann er diesen dennoch fordern.
Ein pflichtteilsberechtigter Erbe kann sein Erbe ablehnen und dennoch unter folgenden Voraussetzungen seinen Pflichtteilsanspruch durchsetzen:
Bei Erbschaften gilt: Wer erbt, übernimmt alles. Im Umkehrschluss verzichtet ein Erbe auf alles, wenn er ein Erbe ausschlägt.
Auf folgende Rechte verzichten Sie, wenn Sie ein Erbteil ablehnen:
Neben den Rechten übernehmen Erben auch zahlreiche Pflichten. Wenn Sie ein Erbe ausschlagen, haben Sie diese Pflichten nicht mehr.
Folgende Pflichten verlieren Sie, wenn Sie ein Erbe ablehnen:
Vorsicht: Schlagen alle Erben die Erbschaft aus, können die Gemeinden die Beerdigungskosten von diesen zurückfordern. Das liegt daran, dass diese Kosten zur Unterhaltspflicht eines Erben gehören.
Wollen Sie einen Erbteil ausschlagen, müssen Sie das formell erklären. Wenn Sie das Erbe hingegen annehmen möchten, brauchen Sie nichts weiter zu tun – oder Sie beantragen einen Erbschein.
Auch minderjährige Kinder können erben. Möchten diese auf einen Erbteil verzichten, müssen die Sorgeberechtigten das Erbe für ihre Kinder ablehnen.
Sind beide Elternteile sorgeberechtigt, müssen beide Elternteile die Erklärung abgeben und den Erbteil für das Kind ausschlagen. Sobald ein Elternteil einen Vorteil aus der Ausschlagung des Erbes ziehen könnte, ist zusätzlich eine Genehmigung des Familiengerichts notwendig (§ 1643 BGB).
Für die Ausschlagung eines Erbes empfehlen wir Ihnen folgendes Vorgehen:
Sobald Sie erfahren haben, dass Sie Erbe sind, kann es helfen, wenn Sie das Erbe umfassend prüfen. Verschaffen Sie sich dafür einen genauen Überblick über die Vermögensverhältnisse und die Schulden des Erblassers. Sie können dafür seine Konten und Sparbücher prüfen, Erkundigungen bei Ämtern einholen oder seine Papiere durchsehen.
Diese Informationen sollten Sie auf jeden Fall sammeln, um zu bestimmen, ob das Erbe werthaltig ist:
6 Wochen sind eine sehr kurze Zeit, um alle diese Informationen zusammenzutragen. Außerdem könnten Ihnen z. B. Banken wichtige Auskünfte verweigern. Das liegt daran, dass Sie nachweisen müssen, dass Sie Erbe sind. Gibt es kein Testament, ist dieser Nachweis sehr schwierig. Beantragen Sie keinesfalls einen Erbschein, da Sie damit das Erbe annehmen!
Damit Sie Ihre Entscheidung nicht auf Basis unvollständiger oder falscher Informationen treffen und diese später bereuen, kann ein Anwalt für Erbrecht Sie bei der zeitaufwendigen und komplizierten Prüfung Ihres Erbes.
Er kann eine umfassende Recherche nach allen Vermögenswerten und Schulden sicherstellen, Ihre Haftungsrisiken und die Optionen zu deren Vermeidung bewerten und Ihnen eine konkrete Handlungsempfehlung geben, um Ihre Entscheidung abzusichern.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Wenn Sie feststellen, dass der Erblasser mehr Schulden als Vermögen hinterlassen hat, können Sie eine Ausschlagung des Erbes erwägen. Sie haften dann nicht mehr mit Ihrem Privatvermögen für ein überschuldetes Erbe und müssen die Schulden nicht innerhalb von 3 Monaten begleichen – allerdings verzichten Sie dafür auf werthaltige Immobilien, wichtige Erinnerungsstücke oder eine wertvolle Briefmarkensammlung.
Haben Sie entschieden, das Erbe auszuschlagen, haben Sie folgende Optionen:
Wenn Sie einen Erbteil ausschlagen wollen, müssen Sie sich an das Nachlassgericht wenden, in dessen Einzugsbereich der Erblasser zuletzt gelebt hat. Sie müssen dort nicht persönlich erscheinen – Sie können die Erbverzichtserklärung einfach beim Nachlassgericht Ihres Wohnortes abgeben. Dieses leitet die Ausschlagung des Erbes an das zuständige Gericht weiter.
Daneben können Sie auch mit einem Anwalt oder Notar ein Erbe ablehnen. Diese halten Ihre Ausschlagungserklärung schriftlich fest und beurkunden diese. Die öffentlich beglaubigte Erklärung muss dann innerhalb von 6 Wochen beim Nachlassgericht eingereicht werden.
Bitte beachten Sie: Eine Erbausschlagung müssen Sie vor einem Nachlassgericht oder Notar erklären – ein einfaches Schreiben an das zuständige Nachlassgericht ist nicht ausreichend!
Wenn ein deutscher Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zuständig. Leben Sie im Ausland, können Sie die Ausschlagungserklärung auch bei einer deutschen Auslandsvertretung abgeben.
Möchten Sie ein Erbteil ausschlagen, fallen Gebühren an. Berechnet werden diese anhand des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) und in Abhängigkeit vom Nachlasswert: Je höher die Erbmasse ist, desto höher sind auch die Gebühren.
In der folgenden Tabelle haben wir Ihnen die Kosten für die Ausschlagung eines Erbes beim Nachlassgericht oder einem Notar für verschiedene Nachlasswerte zusammengestellt:
Nachlasswert |
Gebühr |
Überschuldeter Nachlass |
30,00 € |
10.000 € |
37,50 € |
50.000 € |
82,50 € |
125.000 € |
150,00 € |
350.000 € |
342,50 € |
500.000 € |
467,50 € |
Damit Sie keine voreilige Entscheidung treffen, die Sie später bereuen, kann es helfen, vorab einen fachkundigen Anwalt zu konsultieren. Dieser prüft den Wert des Erbes und berät Sie umfassend über Ihre Möglichkeiten.
Die Tätigkeit eines Anwalts löst Anwaltskosten aus. Diese werden auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimmt und sind abhängig vom Nachlasswert und den konkreten Leistungen des Anwalts.
Einige Rechtsschutzversicherungen übernehmen im Rahmen eines speziellen Erb-Rechtsschutzes die Kosten für die anwaltliche Beratung im Erbfall. Sind Sie unsicher, ob Ihre Versicherungspolice diese Kosten abdeckt, stellt ein advocado Partner-Anwalt gerne eine kostenlose Deckungsanfrage für Sie. Jetzt Ersteinschätzung erhalten.
Bevor Sie ein überschuldetes Erbe annehmen und dann für die Schulden des Erblassers aufkommen müssen, können Sie sich schnell ein genaues Bild über die Erbschaft machen.
So können Sie vorgehen:
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