Wenn eine geliebte Person verstirbt, stellt sich neben der Trauerbewältigung die Frage, was mit ihrem Hab und Gut geschehen soll. Damit langwierige Streitigkeiten um die Verteilung des Nachlasses vermieden werden, wird dies durch die Erbfolge bestimmt. Dafür konnte der Erblasser entweder zu Lebzeiten Vorkehrungen treffen oder sich auf die gesetzlichen Regelungen verlassen. Was eine Erbfolge ist, welche Arten es gibt und in welcher Reihenfolge Verwandte erben, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Verstirbt eine Person, stellt sich die Frage, was mit ihrem Hab und Gut geschehen und wer die Rechtsnachfolge antreten soll. Stehen mehrere potenzielle Erben zur Verfügung, entscheidet sich dies im Rahmen der Erbfolge. Der Erblasser kann entweder zu Lebzeiten Einfluss auf die spätere Verteilung seines Vermögens nehmen oder sich auf die gesetzlichen Regelungen zur Erbfolge der Verwandten verlassen.
Es werden drei Arten der Erbfolge unterschieden. Welche das sind und wodurch sie sich auszeichnen, erfahren Sie im Folgenden.
Unterschieden werden muss zunächst die vorweggenommene Erbfolge. Diese macht es möglich, Angehörigen schon zu Lebzeiten solche Teile des künftigen Nachlasses zukommen zu lassen, die ihnen im Erbfall ohnehin zugestanden hätten.
Eine weitere Art ist die gewillkürte Erbfolge. Das heißt, dass der Erblasser in seinem Testament oder einem Erbvertrag Aussagen darüber trifft, wer nach seinem Ableben was aus dem Nachlass erhalten soll. Gegebenenfalls kann er auch entsprechende Rangfolgen festlegen – z. B. erst soll sein Sohn das Haus erben und nach dessen Tod sein Enkel.
Die dritte Art ist die gesetzliche Erbfolge. Hat der Erblasser zu Lebzeiten keinerlei Anordnungen über die spätere Verteilung seines Vermögens getroffen, richtet sich dies nach seinen Verwandtschaftsverhältnissen und seiner Familienkonstellation.
Will der künftige Erblasser bereits zu Lebzeiten Teile seines Vermögens an Angehörige weitergeben, stehen ihm dafür verschiedene Handlungsformen zur Verfügung. Welche das sind, lesen Sie in den folgenden Kapiteln.
Tipp: Ausführlichere Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem Beitrag zur vorweggenommenen Erbfolge.
Eine Möglichkeit der vorweggenommenen Erbfolge ist die Schenkung zu Lebzeiten. Mithilfe dieser kann der Erblasser Teile seines Vermögens noch vor seinem Tod an Freunde oder Verwandte verschenken.
Werden hohe Vermögenswerte verschenkt, muss dies zu Beweiszwecken in einem notariell beurkundeten Vertrag dokumentiert werden. Wenn Immobilien verschenkt werden, muss die Schenkung mit einer entsprechenden Grundbuchänderung einhergehen.
Eine weitere Möglichkeit der vorweggenommenen Erbfolge ist die Ausstattung. Dabei kann der künftige Erblasser Geld oder sonstige Wertgegenstände an seine Kinder weitergeben.
Zudem ist ein Erbverzicht möglich, wenn auf eine vorweggenommene Erbfolge abgezielt wird. Dabei schließt der künftige Erblasser einen Vertrag mit einem seiner potenziellen Erben.
Vereinbart wird dabei ein Verzicht des Erben auf den ihm zustehenden Erbteil und gegebenenfalls eine entsprechende Entschädigung. Ein solcher Erbverzichtsvertrag bedarf einer notariellen Beurkundung – nur dann ist er rechtswirksam.
Weitere Informationen finden Sie in unserem ausführlichen Beitrag zum Erbverzicht.
Werden Maßnahmen der vorweggenommenen Erbfolge ergriffen, dürfen eventuell entstehende Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht außer Acht gelassen werden. Mit solchen kann gerechnet werden, wenn potenzielle Erben im Testament des Erblassers keine Erwähnung gefunden haben und somit enterbt wurden.
Ist eine Person von einer Enterbung betroffen oder wird mit einem geringeren Erbteil bedacht, als ihr gesetzlich zusteht, sichert ihr der Gesetzgeber eine Mindestbeteiligung am Nachlass. Deren Höhe wird wesentlich durch den Umfang des Nachlasses bestimmt. Wurde dieser im Rahmen einer Schenkung zu Lebzeiten reduziert, reduziert sich auch die Höhe des zu erwartenden Pflichtteils. Um dies auszugleichen, wird dann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgelöst.
Ausgeschlossen sind Pflichtteilsergänzungsansprüche aber bei Ausstattung oder Erbverzicht.
Weitere Informationen zu seiner Berechnung finden Sie in unserem Beitrag zum Thema „Pflichtteilsergänzungsanspruch“.
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Um eine gewillkürte Erbfolge vorzunehmen, kann der Erblasser auf ein Testament oder einen Erbvertrag zurückgreifen.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unseren Beiträgen zum Testament und Erbvertrag.
Die erste Möglichkeit, mit der eine gewillkürte Erbfolge herbeigeführt werden kann, ist die Erstellung eines Testaments. Darin kann der Erblasser seinen Nachlass noch zu Lebzeiten regeln.
Wollen Sie ein Testament erstellen, müssen Sie sich Gedanken über folgende Fragestellungen machen:
Eine zweite Möglichkeit, mit der eine gewillkürte Erbfolge herbeigeführt werden kann, ist der Erbvertrag. Wie beim Testament wird darin der letzte Wille eines Erblassers festgehalten. Auch hier können Aussagen über die Erbeinsetzung, mögliche Vermächtnisse und Auflagen getroffen werden.
Weitere Informationen finden Sie in unserem ausführlichen Beitrag zum Erbvertrag.
Wer im Testament oder Erbvertrag nicht berücksichtigt wurde, hat unter Umständen einen Pflichtteilsanspruch. Dafür müsste es sich bei ihm – wenn es das Testament nicht gäbe – aufgrund seiner Position in der gesetzlichen Erbfolge um einen gesetzlichen Erben handeln.
Wer eine solche Position innehat – in der Regel nahe Angehörige wie Ehepartner, Kinder, Enkel oder Eltern des Erblassers – kann seinen Pflichtteilsanspruch gegenüber den Erben der gewillkürten Erbfolge geltend machen.
Weiteres zum Thema lesen Sie in unserem ausführlichen Beitrag zum Pflichtteil.
Im Rahmen einer gewillkürten Erbfolge müssen unter Umständen auch Verjährungsfristen beachtet werden.
Wer in Testament oder Erbvertrag Berücksichtigung gefunden hat, wird in aller Regel bei Eröffnung der letztwillentlichen Verfügung über sein Erbe informiert. Ist der Erbe bei Eintritt des Erbfalls jedoch nicht auffindbar – z. B. durch Auswanderung an einen unbekannten Ort –, kann es vorkommen, dass er erst Jahre oder Jahrzehnte nach Eintritt des Erbfalls Kenntnis von seiner Erbenstellung erlangt.
Erfährt ein Erbe erst lange nach dem Erbfall von seinem Erbanspruch, kann er diesen gemäß § 197 BGB bis zu 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers einfordern. Beträgt die Zeitspanne zwischen dem Tod des Erblassers und versuchter Einforderung des Erbteils mehr als 30 Jahre, gelten die Ansprüche als verjährt.
Ebenso wie Erbansprüche sind Pflichtteilsansprüche von einer Verjährung bedroht. Diese würde eintreten, wenn nach Kenntnisnahme des Erbfalls durch den Berechtigten mindestens drei Jahre vergangen sind. Wenn ein Erbe z. B. im Jahr 2015 vom Tod des Erblassers und seiner Enterbung erfahren hat, wäre der 31. Dezember 2015 der Fristbeginn für die Verjährung. Demnach würde sein Pflichtteilsanspruch am 01. Januar 2019 verjähren. Ab diesem Zeitpunkt könnte er keinen Pflichtteil mehr einfordern.
Weitere Informationen sowie einen praktischen Verjährungsrechner finden Sie in unserem ausführlichen Beitrag „Pflichtteil Verjährung“.
Hat der Erblasser keinerlei letztwillentliche Verfügung wie Testament oder Erbvertrag hinterlassen, greift die gesetzliche Erbfolge. Nach dieser können ausschließlich nahe Angehörige des Erblassers erben – u. a. Ehegatte, Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister, Großeltern, Onkel und Tanten.
Dass genannte Personen erben können, bedeutet nicht, dass alle gleichzeitig einen durchsetzbaren Anspruch auf das Nachlassvermögen haben. Was passiert, wenn mehrere potenzielle Erben vorhanden sind, lesen Sie im Folgenden.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag zur gesetzlichen Erbfolge.
Wie die Rangordnung der Verwandtschaftsverhältnisse im Falle einer gesetzlichen Erfolge aussieht und mit welchen Erbquoten gerechnet werden kann, erfahren Sie hier.
Verwandte eines Erblassers sind in verschiedene Ordnungen unterteilt. Gemäß § 1930 BGB löst jede dieser Ordnungen eine sogenannte Sperrwirkung aus. Das heißt, ein Angehöriger wird „nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.“
Kommt es zu einem Erbfall, erben also zunächst die Erben 1. Ordnung. Existieren solche nicht, wird der Nachlass unter den Eltern (2. Ordnung) aufgeteilt. Wenn auch diese bereits verstorben sind, werden die Geschwister und deren Abkömmlinge (2. Ordnung) herangezogen. Erben der 3. Ordnung können nur dann Ansprüche auf den Nachlass erheben, wenn keine Erben 1. und 2. Ordnung vorhanden sind.
Der Begriff der Erbquote bezeichnet die genaue Höhe der Nachlassbeteiligung. Diese bemisst sich im Wesentlichen nach den Verwandtschaftsverhältnissen der Hinterbliebenen. Folgende Übersicht soll helfen, die Verteilung der gesetzlichen Erbquoten besser nachvollziehen zu können:
Der Erblasser ist unverheiratet/nicht verpartnert/verwitwet, hinterlässt aber Kinder. |
Die Kinder erben zu 100 % und der Nachlass wird zu gleichen Teilen zwischen ihnen aufgeteilt. |
Der Erblasser ist unverheiratet/nicht verpartnern/verwitwet und hinterlässt keine Kinder. |
Sind die Eltern des Erblassers am Leben, erben diese zu 100 %. Sind sie verstorben, erben erst die Geschwister des Erblassers und dann deren Nachkommen zu 100 %. |
Der Erblasser ist verheiratet/verpartnert und hinterlässt Kinder. |
Gütertrennung: 1 Kind → 50 %/50 %, 2 Kinder → je 33,33 %, 3+ Kinder → Kinder 75 %/Partner 25 % Zugewinngemeinschaft: Kinder und Partner je 50 % |
Der Erblasser ist verheiratet/verpartnert und hinterlässt keine Kinder. |
Gütertrennung: Eltern oder Geschwister 50 %/ Partner 50 % Zugewinngemeinschaft: Eltern 25 %/Partner 75 % |
Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers hat eine Sonderstellung inne. Das bedeutet, dass ihm – egal ob und welche Erben der drei Ordnungen vorhanden sind – immer ein Anteil am Nachlass zusteht.
Das bedeutet, dass er in folgenden Fällen erbt:
Gemäß § 1371 BGB besteht außerdem ein Anspruch auf die Gegenstände im gemeinsamen Haus sowie die Hochzeitsgeschenke.
Was der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner im Falle der gesetzlichen Erbfolge bekommt, wird schließlich vom Gütestand beeinflusst. Was es damit auf sich hat, lesen Sie hier.
Solange die Partner nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben, gilt in der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Erbquote ist in § 1931 BGB festgelegt:
Darüber hinaus hat die Zugewinngemeinschaft zwei Besonderheiten:
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag „Zugewinnausgleich Erbe“.
Haben sich die Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner gegen den Güterstand der Zugewinngemeinschaft entschieden, konnten sie per notariellem Vertrag eine Gütertrennung vereinbaren. Das heißt für den Erbfall, dass der überlebende Partner mindestens genauso viel erhält wie die Kinder des Erblassers.
Hinterlässt der Erblasser ein Kind, wird der Nachlass 50 zu 50 zwischen dem Ehe- oder eingetragenem Lebenspartner und dem Kind aufgeteilt. Existieren zwei Kinder, bekommt jede der drei Parteien 1/3 des Nachlasses. Sind mehr als zwei Kinder vorhanden, erhält der überlebende Partner ¼.
Hinterlässt der Erblasser keine Kinder, erbt der Ehe- oder eingetragene Lebenspartner die Hälfte – der Rest geht an die Eltern des Erblassers. Zum Alleinerben wird der überlebende Partner nur dann, wenn es weder Erben 1. Ordnung noch solche der 2. oder 3. Ordnung gibt.
Wer aufgrund der gewillkürten oder gesetzlichen Erbfolge zum Erben bestimmt wurde, kann das Erbe gemäß § 1944 BGB binnen sechs Wochen ausschlagen.
Wurde das Erbe ausgeschlagen, wird gemäß § 1953 BGB derjenige zum Erben, dem der Nachlass zugefallen wäre, wenn die ausschlagende Person zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht existiert hätte. Schlagen z. B. die Kinder des Erblassers das Erbe aus, treten die Eltern des Erblassers an ihre Stelle. Sind die Eltern bereits verstorben, fällt das Erbe möglichen Geschwistern des Erblassers zu usw.
Ist es im Kreise Ihrer Angehörigen zu einem Erbfall gekommen, kann es sinnvoll sein, sich einen genauen Überblick über die übrigen Hinterbliebenen sowie deren Verwandtschaftsverhältnisse zu verschaffen. Nur so können Sie herausfinden, ob Sie selbst als Erbe infrage kommen. Haben Sie Fragen oder konkrete Probleme zur Erbfolge, kann ein Anwalt für Erbrecht Ihnen weiterhelfen.
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