Fast jeder Mensch hinterlässt Spuren im Internet. Aber was passiert mit den persönlichen Daten, wenn man sich nicht mehr selbst kümmern kann? Sie haben es in der Hand, wenn Sie Ihren digitalen Nachlass regeln.
Die meisten Menschen haben E-Mail-Konten, Online-Abos und Accounts in sozialen Netzwerken. Aber wer erzählt schon der Familie, auf welchen Plattformen angemeldet ist – und gibt auch noch seine Benutzernamen und Passwörter weiter?
Wenn es darum geht, seinen Nachlass zu regeln und das zukünftige Erbe nach den eigenen Wünschen an Angehörige weiterzugeben, geht es in der Regel um Ersparnisse, Immobilien und Wertgegenstände.
Aber trotz oder gerade wegen der Bedeutung des Datenschutzes ist es wichtig, sich auch um seinen sogenannten digitalen Nachlass zu kümmern.
Für das digitale Erbe gelten in Deutschland grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten des Erbrechts wie für den übrigen Nachlass. Allerdings sind für die Vererbung von im Internet gespeicherten Daten auch andere Rechte zu beachten, die dem Erbrecht entgegenstehen – z. B. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Telekommunikationsgesetze und der Datenschutz.
Wie mit dem digitalen Erbe umzugehen ist, beschäftigt daher immer wieder die Gerichte.
Zum digitalen Nachlass zählen z. B.:
In einigen Fällen werden auch Eigentumsrechte an Hardware (z. B. PC oder Smartphone) zum digitalen Erbe gezählt. Die rechtliche Lage ist hier allerdings strittig. Unter anderem bestimmt der materielle Wert der Hardware-Anlagen, ob diese unter spezifische digitale Nachlassregelungen fallen oder nicht.
Das hängt u. a. davon ab, ob der Verstorbene sein digitales Erbe vorab geregelt hat. Hat er z. B. in einem Testament festgelegt, was mit seinen Daten passieren soll, haben die Hinterbliebenen im Erbfall eine Handlungsanleitung, wie mit dem digitalen Erbe umzugehen ist.
Schwierig wird es, wenn der Verstorbene keine Regelungen getroffen hat. Hier kommt es darauf an, welche Daten und Online-Dienste zum digitalen Erbe gehören. Während sich E-Mail-Accounts häufig mit einer Sterbeurkunde schließen lassen, kann es sein, dass z. B. Großkonzerne wie Facebook und Apple Angehörigen den Zugriff auf die Daten des verstorbenen Nutzers verweigern.
Grundsätzlich wird der digitale Nachlass aber genauso vererbt, wie der sachliche: Mit dem Ableben des Erblassers geht er auf dessen Erben über. Die hat er entweder in einem Testament festgelegt oder es greift die gesetzliche Erbfolge.
Einen Pflichtteil gibt es auch am digitalen Erbe: Hat der Erblasser digitale Wertpapiere in Form von Paypal-Guthaben oder Kryptowährung, kann den gesetzlichen Erben ein Pflichtteilsanspruch zustehen.
Das Problem: Beim digitalen Erbe gibt es faktisch keinen Nachlass, den man sichten kann – es kann sogar sein, dass Angehörige und Erben im Todesfall gar keinen Zugriff auf die digitalen Daten haben.
Mit dem Tod des Erblassers gehen die Rechte für die Nutzung der Internet-Dienste an die Erben über. Gleichzeitig müssen sie aber auch alle mit diesem Erbe verbundenen Pflichten erfüllen – z. B. Abos oder Streaming-Dienste bezahlen. Mit einem Nachweis über den Todesfall besteht ein Sonderkündigungsrecht.
Um den digitalen Nachlass zu regeln, können Sie zunächst überlegen, welche Zugangsdaten Sie überhaupt übertragen möchten. Je nachdem, um welche Daten es sich handelt, gibt es verschiedene Vorgehensweisen.
Wie soziale Netzwerke mit dem Tod eines Users umgehen, hängt von der Plattform ab:
Wenn Sie sicherstellen möchten, dass Ihre Erben unmittelbaren Zugriff auf Ihre Social-Media-Accounts haben, können Sie die Login-Daten im Voraus auflisten und so aufbewahren, dass Erben Zugang haben.
Auch hier gilt: Möchten Sie, dass Ihre Erben Zugriff auf Ihr E-Mail-Postfach oder die in einer Cloud gespeicherten Daten haben, können Sie Ihnen die entsprechenden Passwörter zur Verfügung stellen.
Laufende Verträge mit E-Mail-Providern und Cloud-Diensten lassen sich in der Regel unproblematisch kündigen, wenn Erben eine Kopie der Sterbeurkunde und ggf. den Erbschein vorlegen. Die Verträge enden dann mit dem Ableben des Nutzers.
Wer Online-Konten oder Wertpapierdepots besitzt, vererbt diese mit dem Tod ebenfalls als digitalen Nachlass. Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn die Bank im Ausland ist. Eine Erbberechtigung glaubhaft zu machen, ist nicht immer einfach.
Auch die Erbschaft eines Paypal-Kontos kann problematisch sein, denn eine Übertragung an Dritte ist nicht gestattet. Möchten Erben sich noch vorhandenes Guthaben auf ihr Konto auszahlen lassen, müssen sie Paypal nicht nur umfangreiche Dokumente vorlegen, sondern auch eine Bearbeitungsgebühr von 40 US-Dollar zahlen.
Besitzen Sie Bitcoins oder andere Kryptowährungen, können bei der Regelung Ihres digitalen Nachlasses Probleme für die Erben entstehen – denn: im Gegensatz zu einer normalen Bank gibt es keine Instanz, bei der Ihre Hinterbliebenen eine Forderung stellen können.
Möchten Sie, dass Ihre Angehörigen Zugriff auf die Kryptowährungen erhalten, können Sie den Zugang (kryptografische Schlüssel – Private Key) auf einem lokalen Speichermedium oder auf Papier sichern.
Smartphones, Notebooks und Co. sind Speicherplatz zahlreicher privater Nachrichten, Fotos und Kontaktdaten zu Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern.
In der Regel verweigern Online-Dienste eine Herausgabe, da diese gegen das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen bzw. das Fernmeldegeheimnis verstoßen würde.
Es gibt aber Fälle, in denen Gerichte anders entschieden haben:
Möchten Sie Ihr digitales Erbe regeln, haben Sie verschiedene Optionen:
Mit einer Vollmacht können Sie eine Vertrauensperson benennen, die sich in Ihrem Sinne um den digitalen Nachlass kümmern soll. Dafür können Sie unsere Muster-Vorlage nutzen.
Folgendes können Sie in der Vollmacht festlegen:
Die Vollmacht muss handschriftlich verfasst, mit einem Datum versehen und unterschrieben sein. Unabdingbar ist, dass sie „über den Tod hinaus“ gilt. Übergeben Sie die Vollmacht an Ihre Vertrauensperson und informieren Sie Ihre Angehörigen darüber, dass Sie Ihren digitalen Nachlass auf diese Weise geregelt haben.
Sie können Ihren digitalen Nachlass ganz konkret regeln, indem Sie ein Testament schreiben und schriftlich festlegen, was mit Ihren Daten nach dem Tod passieren soll. Natürlich können Sie auch bestimmen, welche Nutzerkonten geheim zu halten sind bzw. auf welche Daten Ihre Angehörigen keinen Zugriff erhalten sollen.
Zusätzlich können Sie eine Vertrauensperson mit der Testamentsvollstreckung und als digitalen Nachlassverwalter beauftragen. Auch für das digitale Erbe gilt, dass Sie ein handschriftliches Testament erstellen müssen, damit es gültig ist.
Um das digitale Erbe zu regeln, kann es sinnvoll sein, eine Liste über all Ihre Konten bei den unterschiedlichen Online-Diensten zu führen. Sie können unsere Vordruck-Liste zum digitalen Nachlass nutzen. Achten Sie auf Vollständigkeit und Aktualität und vergessen Sie die jeweiligen Passwörter für die Nutzerkonten nicht.
Die Liste können Sie z. B. in einer „digitalen Nachlassmappe“ oder auf einer Festplatte hinterlegen. Wer nicht alles preisgeben möchte, kann sensible Daten in einer separaten verschlüsselten Partition ablegen. Damit Ihre Erben die Checkliste zum digitalen Nachlass im Todesfall schnell finden können. haben Sie mehrere Möglichkeiten:
Die letzten 2 Optionen verursachen Kosten.
Sie können außerdem eine automatische Ruhestellung Ihrer Online-Accounts aktivieren. Diese tritt ein, wenn ein Nutzer längere Zeit nicht auf seinem Profil aktiv ist. Mitunter wird das Profil dann gänzlich gelöscht.
Möchten Sie Ihren digitalen Nachlass nicht alleine regeln, kann ein Anwalt Sie bei der Nachlassregelung unterstützen. Alternativ gibt es externe Dienste, die Ihnen dabei helfen können.
Wenn Sie den digitalen Nachlass nicht alleine regeln möchten, können Sie einen Anwalt dafür kontaktieren.
Ein Anwalt für die Nachlassregelung kann Folgendes tun:
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Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung Ihre Optionen.
Unternehmen, die strukturierte Nachlassverwaltung digitaler Daten anbieten, können folgende Aufgaben übernehmen:
Nach dem Tod des Erblassers können solche Nachlassdienste für digitale Inhalte auf Wunsch der Angehörigen und Erben das Internet nach Spuren des Verstorbenen durchsuchen und mit den Betreibern der entsprechenden Online-Dienste in Kontakt treten, um alte Verträge aufzulösen und Daten zu löschen.
Zum digitalen Nachlass gehören laut Definition sämtliche Zugangsdaten zu sozialen Netzwerken, E-Mail-Konten, Webseiten, Blogs, Dating-Plattformen, Online-Konten aber auch kostenpflichtige Vertragsbeziehungen mit Online-Dienstanbietern (z. B. Netflix) oder Online-Bonusprogramme (Flugmeilen bei einer Airline).
Ja. Paypal fordert z. B. eine Bearbeitungsgebühr, wenn ein fremdes Guthaben auf ein anderes Nutzerkonto übertragen werden soll. Nutzen die Hinterbliebenen für die Nachlassverwaltung digitale Nachlassdienste, entstehen auch dafür Kosten.
Im Erbrecht gilt eine Gesamtrechtsnachfolge: Das bedeutet, dass sich das digitale Erbe nicht vom restlichen Nachlass trennen lässt. Daher können Sie nicht nur das digitale Erbe ausschlagen – entweder Sie lehnen den gesamten Nachlass ab oder nehmen ihn an.
Als Teil der juristischen Redaktion von advocado strebt Sophie Suske jeden Tag danach, komplexe Rechtsprobleme des Marken- und Versicherungsrechts für jeden Leser verständlich aufzubereiten. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist ihr Masterstudium der Sprach- und Kommunikationswissenschaft.