Kann und sollte man ein Erbe annehmen oder ausschlagen? Im Besonderen für Geschwister des Verstorbenen ist dies oft eine komplexe Entscheidung. Grundsätzlich ist die Lage jedoch eindeutig: Ja, Geschwister des Erblassers können das Erbe ausschlagen. In diesem Artikel widmen wir uns dem Thema "Erbe ausschlagen Geschwister" und klären, wann Brüder und Schwestern des Verstorbenen überhaupt erben.
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Wenn der Verstorbene mehrere erbberechtigte Geschwister hinterlässt, bilden diese eine Erbengemeinschaft. Hierbei ist jeder Miterbe absolut gleichberechtigt und darf frei darüber bestimmen, ob er das Erbe annehmen oder ausschlagen will. Kurz gesagt: Ja, als Bruder oder Schwester des Erblassers haben Sie das Recht, das Erbe auszuschlagen.
Wann muss ich das Erbe ausschlagen? Wenn Sie das Erbe ausschlagen möchten, dann müssen Sie diese Entscheidung dem Nachlassgericht erklären: In Deutschland haben Sie hierfür 6 Wochen Zeit. Lebte der Erblasser im Ausland, haben Sie 6 Monate Zeit, das Erbe abzulehnen. Diese Frist beginnt, sobald Sie vom Tod des Erblassers erfahren.
Als Erbe erhalten Sie ein Schreiben des Amtsgerichts. Reagieren Sie nicht auf dieses Schreiben oder beantragen Sie einen Erbschein, haben Sie das Erbe automatisch angenommen. Schulden des Erblassers müssen Sie dann innerhalb von 3 Monaten begleichen. Reicht das Erbe dafür nicht aus, haften Sie mit Ihrem Privatvermögen.
Bei der Frage "Können Geschwister das Erbe ausschlagen" ist natürlich besonders wichtig, wann und wie viel Brüder und Schwestern des Verstorbenen überhaupt erben.
Nach dem Tod einer Person geht deren Besitz nach den grundrechtlichen Bestimmungen des § 1922 Abs. 1 BGB auf eine oder mehrere Personen über.
Hierbei gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie Geschwister erben können:
Wenn der Verstorbene ein Testament hinterlassen hat, ist die Lage eindeutig: Die Geschwister erben nur, was Ihnen im Testament vermacht wurde. Wenn Sie im Testament nicht erwähnt wurden, gehen sie leer aus.
Sie können ein Testament selbst oder mithilfe eines Notars erstellen. Ein Testament ist auch ohne notarielle Beglaubigung gültig, allerdings gibt es bei der Aufsetzung einige formale Aspekte zu beachten — eine Rechtsberatung ist daher in den meisten Fällen sinnvoll. Zum einen lassen sich so etwaige Unklarheiten aus dem Weg räumen. Zum anderen lässt sich der letzte Wille eindeutig und ohne Interpretationsspielraum für die Hinterbliebenen formulieren.
Hat der Erblasser kein Testament aufgesetzt oder einen Erbvertrag abgeschlossen, so greift die gesetzliche Erbfolge. Mit der gesetzlichen Erbfolge wird der Nachlass mithilfe gesetzlich festgelegter Erbquoten an die Angehörigen des Verstorbenen verteilt. Welche Angehörigen welchen Anteil bekommen, ist ganz vom Grad der Verwandtschaft abhängig.
Die Verwandten werden in sogenannte Ordnungen eingeteilt. Nahe Verwandte schließen alle anderen Verwandten von der gesetzlichen Erbfolge aus. Das bedeutet: Existiert auch nur ein Verwandter der 1. Ordnung, so haben Angehörige nachfolgender Rangordnung keinen Anspruch auf das Erbe des Toten.
Kurz gesagt: Wenn der Erblasser Kinder hatte, dann erben auch nur die Kinder.
Was bedeutet die Erbfolge also für die Geschwister des Erblassers? Die folgende Tabelle gibt Aufschluss, welche Verwandten welcher Ordnung angehören.
Ordnung der gesetzlichen Erbfolge | |
1. Ordnung | Alle Abkömmlinge des Verstorbenen, also Kinder und Enkelkinder des Verstorbenen |
2. Ordnung | Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen des Verstorben |
3. Ordnung | Großeltern des Verstorbenen und Personen, die von den Großeltern abstammen |
4. Ordnung | Alle anderen lebenden Verwandten |
Geschwister sind Erben 2. Ordnung. Bei einer Erbschaft werden Geschwister des Erblassers daher lediglich bedacht, wenn keine Erben 1. Ordnung existieren, der Verstorbene also Zeit seines Lebens kinderlos und ledig geblieben ist.
Wenn ein Erblasser Kinder oder Enkelkinder (also Erben 1. Ordnung) hatte, dann haben die Brüder und Schwestern des Verstorbenen keinen Anspruch auf Teile des Nachlasses. Wenn der Erblasser keine Kinder oder Enkelkinder hinterlassen hat, werden Brüder und Schwester bei der Erbverteilung berücksichtigt. Geschwister erben also nur, wenn es keine Erben 1. Ordnung gibt.
Außerdem gilt in Deutschland das sogenannte Repräsentationsprinzip: Die Eltern sind die Repräsentanten der 2. Ordnung und haben somit ein Vorrecht auf den Nachlass. Wenn beide Eltern des Erblassers noch leben, erben beide zu gleichen Teilen. Die Geschwister gehen in diesem Fall leer aus. Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten die Brüder und Schwestern des Erblassers an diese Stelle.
Wir schauen auf zwei Beispiele:
Wir fassen zusammen: Geschwister des Erblassers erben nur, wenn:
Halbgeschwister sind, wie alle anderen Abkömmlinge der Eltern, Erben der 2. Ordnung. Im Grunde gelten also die gleichen Regeln wie für Vollgeschwister des Erblassers. Halbgeschwister können nur dann erben, wenn es keine Erben 1. Ordnung gibt und mindestens ein Elternteil verstorben ist. Allerdings gibt es bei Halbgeschwistern eine Besonderheit: Sie können nur dann einen Teil des Erbes bekommen, wenn jener Elternteil verstorben ist, über den sie mit dem Erblasser verwandt waren. Das klingt etwas kompliziert, ist aber im Grunde leicht zu verstehen. Wir erklären die Vorgehensweise:
Halbgeschwister haben nur dann einen Erbanspruch, wenn es:
Oder anders ausgedrückt: Wenn es Erben 1. Ordnung gibt und beide Elternteile noch leben, gehen auch die Halbgeschwister leer aus. Halbgeschwister erben auch dann nicht, wenn der gemeinsame Elternteil noch lebt.
Kurz gesagt: Es gilt: Halbgeschwister können in der gesetzlichen Erbfolge nur an die Stelle ihrer leiblichen Eltern treten.
Adoptivkinder gehören der 2. Ordnung an. Adoptierte Kinder sind den blutsverwandten Geschwistern gleichgestellt. Auch Adoptivgeschwister haben also einen Erbanspruch bei der gesetzlichen Erbfolge. Wenn ein Erblasser also zwei blutsverwandte Schwestern und einen adoptierten Bruder hat, sind alle drei Geschwister juristisch betrachtet gleichgestellt.
Bei der gesetzlichen Erbfolge gilt das Verwandtenerbrecht. Stiefgeschwister des Erblassers können daher nur dann erben, wenn Sie vor dem Erbfall adoptiert wurden und den rechtlichen Status eines leiblichen Familienmitgliedes haben. Grundsätzlich gilt also: Stiefgeschwister sind von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Aber natürlich kann ein Erblasser seinen Stiefgeschwistern trotzdem einen Anteil am Erbe sicher, indem er ein Testament oder einen Erbvertrag aufsetzt.
Wir machen es kurz: Die Geschwister des Erblassers haben grundsätzlich sowieso keinen Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil. Das bedeutet, dass Geschwister vollständig leer ausgehen, wenn Sie vom Erblasser enterbt wurden oder auf das Erbe verzichten.
Der Pflichtteil sichert bestimmten nahen Verwandten eine Mindestbeteiligung am Erbe. Wenn pflichtteilsberechtigte Personen enterbt wurden, haben sie noch immer Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Zu diesem Personenkreis gehören Geschwister aber nicht. Wenn Sie von Ihrem Bruder oder Ihrer Schwester enterbt wurden, haben Sie also keine Chance, einen Teil des Nachlasses zu erhalten.
Hier sind alle Freibeträge in der Übersicht:
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner | Steuerklasse I | 500.000 Euro |
Kinder, leiblich und adoptiert | Steuerklasse I | 400.000 Euro |
Enkel | Steuerklasse I | 200.000 Euro |
Eltern und Großeltern beim Erwerb von Todes wegen (also keine Schenkung) | Steuerklasse I | 100.000 Euro |
Geschwister, Nichten und Neffen, Schwiegereltern | Steuerklasse II | 20.000 Euro |
alle weiteren Verwandten | Steuerklasse III | 20.000 Euro |
Geschwister des Erblassers gehören zur Erbschaftssteuerklasse II. Der Freibetrag liegt hier bei nur 20.000 Euro. Der Freibetrag ist also relativ gering, daher lässt sich ein größeres Vermögen nicht steuerfrei an Geschwister übertragen. Nehmen wir einmal an: Ein Erblasser hat kein Testament hinterlassen. Es greift die gesetzliche Erbfolge. Der einzige Erbe ist der Bruder des Erblassers, der das gesamte Vermögen von 100.000 Euro erhält. Der Freibetrag von 20.000 Euro wird abgezogen, er muss also Erbschaftssteuern auf 80.000 Euro zahlen.
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Den gesetzlichen Anspruch auf einen Mindestteil des Erbes regelt der Pflichtteil. Diesen gibt es für Geschwister allerdings nicht. Sind Bruder und Schwester explizit im Testament von der Erbschaft ausgeschlossen, gehen sie leer aus.
Geschwister erben nach der gesetzlichen Erbfolge nur dann, wenn es keine Erben erster Ordnung gibt, der Erblasser also Zeit seines Lebens kinderlos und ledig blieb. Leben die Eltern des Erblassers noch, sind sie die Erben mit den vorrangigen Erbansprüchen. Ist ein Elternteil verstorben, wird der Anteil unter den Geschwistern aufgeteilt. Nur wenn beide Eltern verstorben sind, erben die Geschwister.
Für Geschwister gibt es ebenso wie für andere nahestehende Verwandte einen Freibetrag für die Erbschaftssteuer. Dieser liegt bei Geschwistern bei 20.000 Euro.