Tritt im Familien- oder Freundeskreis ein Todesfall ein, können Sie entweder durch eine letztwillentliche Verfügung des Verstorbenen oder aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zum Erben werden. Es kommt vor, dass die Beziehung der Erben untereinander mit Konflikten beladen ist und Uneinigkeit über die Verteilung des Nachlasses besteht. Unter Umständen müssen Sie dann Ihren Erbteil einklagen. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, welche Kosten entstehen und welche Alternativen es gibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, steht jedem ein Anteil am Nachlass zu. Wie hoch dieser Anteil ist, kann der Erblasser mittels letztwillentlicher Verfügung – also entweder einem Testament oder einem Erbvertrag – eigenständig festlegen. Ohne Testament bzw. Erbvertrag greifen die Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge.
Wird einem Erbteilsberechtigten der von Erblasser oder Gesetz zugebilligte Anteil am Nachlass vorenthalten, kann er den Erbteil einklagen.
Nicht mit dem Erbteil verwechselt werden darf der Pflichtteil. Der Pflichtteil kommt nur demjenigen zu, der vom Erblasser enterbt oder nicht ausreichend bedacht worden ist. Der Erbteil hingegen der einem Angehörigen laut Testament oder gesetzlicher Erbfolge zusteht.
Wir müssen weiter unterscheiden: Erbteil einklagen und Pflichtteil einklagen. Wir schauen zunächst, wie Sie den Erbteil einklagen können. Weiter unten kommen wir zum „Pflichtteil einklagen“.
Damit Sie Ihren Erbteil einklagen können, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Zudem stellt sich die Frage, ob der Erbteil erst nach dem Tod des Erblassers oder bereits zu seinen Lebzeiten eingeklagt werden kann.
Es gibt zwei Grundvoraussetzungen, um den Erbteil einklagen zu können.
Um den Erbteil einklagen zu können, müssen Sie also:
Viele stellen sich die Frage: Kann ich den Erbteil trotz Testament einklagen? Die Antwort lautet ganz klar: Ja, denn ein Kläger muss entweder per Testament oder über die gesetzliche Erbfolge einen Erbanspruch haben.
Ein Anspruch auf vorzeitige Auszahlung des Erbteils existiert nicht – das deutsche Erbrecht knüpft gem. § 1922 Absatz 1 BGB immer an den Tod des Erblassers an. Sie können Ihr Erbe zu Lebzeiten des Erblassers also nicht einfordern.
Wenn Sie schon vor dem Erbfall an den Ihnen danach zustehenden Erbteil kommen wollen, wäre die einzige Möglichkeit ein einvernehmlicher Kompromiss. Dafür müssen Sie das Gespräch mit dem Erblasser suchen – dieser kann dann auf freiwilliger Basis über die vorzeitige Auszahlung des Erbteils entscheiden.
Ein potentieller Kompromiss wäre die Möglichkeit eines Erbverzichts gegen Abfindungszahlung. Ausführlichere Informationen dazu finden Sie in unseren Beiträgen „Erbverzicht“ und „Erbverzichtsvertrag“.
Wollen Sie nach dem Tod des Erblassers Ihren Erbteil einklagen, steht Ihnen der Weg in eine zivilrechtliche Klage offen. Das Gericht wird dann entscheiden, ob der Erbteilsanspruch tatsächlich besteht. Wenn ja, werden die übrigen Erben zur Auszahlung oder Herausgabe des Erbteils verpflichtet.
Eine Klage einreichen können Sie, indem Sie dem für Sie zuständigen Gericht eine Klageschrift zusenden oder eine solche bei einem Mitarbeiter des Gerichts zu Protokoll geben. Was Sie dabei außerdem beachten müssen, erfahren Sie in unserem Beitrag „Klage einreichen“.
Möchten Sie Ihren Erbteil einklagen, fallen in der Regel Kosten an. Welche das sind und von wem sie getragen werden müssen, erfahren Sie im Folgenden.
Es können sowohl Kosten für eine anwaltliche Beratung als auch Prozesskosten anfallen.
Anwaltliche Beratung
Wenn Sie Ihren Erbteil einklagen möchten, kann die Unterstützung eines Anwalts sinnvoll sein. Dieser kann für seine Beratung Gebührenansprüche gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geltend machen. Für die Höhe der Gebühren ist die Höhe des zu erwartenden Erbteils maßgeblich.
Prozesskosten
Halten der Anwalt und Sie den Gang vor Gericht für sinnvoll, fallen zusätzlich Prozesskosten an. Diese bestehen zum Großteil aus Gerichtsgebühren. Deren Höhe bemisst sich – wie die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts – nach der Höhe des zu erwartenden Erbteils.
Ebenfalls zu den Prozesskosten zählen mögliche Auslagen wie Sachverständigen- oder Zeugenkosten beider Parteien.
Musste der Erbteilsberechtigte seine Ansprüche vor Gericht geltend machen, gilt wie immer im Zivilprozess: Wer verliert, muss zahlen. Konnte der Berechtigte also erfolgreich seinen Erbteil einklagen, muss der Beklagte nicht nur den Erbteil zahlen, sondern auch alle angefallenen Anwalts- und Prozesskosten. Scheitert die Klage, trägt der Kläger allein die Kosten.
Nach Bekanntwerden des Erbfalls hat der Erbteilsberechtigte gemäß §§ 2026, 197 Absatz 2 BGB 30 Jahre Zeit für die Geltendmachung seiner Ansprüche. Innerhalb dieser Zeitspanne kann er seinen Erbteil einklagen. Der Anspruch verfällt mit Ablauf der Frist.
Will man seinen Erbteil einklagen, kann das mit Kosten verbunden sein. Auch kann durch eine Klage der Familienfrieden empfindlich gestört werden. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, sich vor Klageerhebung mit möglichen Alternativen zu befassen. Welche Alternativen es gibt, erfahren Sie im Folgenden.
Eine Alternative zum Erbteil einklagen stellt das vorzeitige Erbe dar. Hierbei zahlt der Erblasser dem Erbteilsberechtigten seinen Anteil am Nachlass schon vor seinem Tod aus. Wird das vorzeitige Erbe in Anspruch genommen, erfolgt nach Auszahlung der Ausschluss aus der gesetzlichen Erbfolge. Dieser Vorgang kann nicht rückgängig gemacht werden.
Einen gesetzlichen Anspruch auf das vorzeitige Erbe gibt es nicht – daher ist die freiwillige Zustimmung des Erblassers erforderlich.
Die Schenkung zu Lebzeiten kann eine gute Möglichkeit sein, eine spätere Erbteilsklage zu vermeiden. Auch auf Schenkungen gibt es keinerlei gesetzlichen Anspruch – die Entscheidung allein liegt beim Erblasser.
Hat der Erblasser den Wunsch, einem seiner Angehörigen schon vor seinem Tod einen Teil seines Nachlasses zukommen zu lassen, kann er dies im Rahmen der Schenkung tun. Im Gegensatz zum vorzeitigen Erbe bewirkt die Schenkung keinen endgültigen Ausschluss aus der gesetzlichen Erbfolge. Stattdessen werden Schenkungen auf die spätere Erbmasse angerechnet.
Sind zwischen Schenkung und Erbfall mehr als zehn Jahre vergangen, wird die Schenkung auch bei der Berechnung des Pflichtteils nicht mehr berücksichtigt. Außerdem gilt: Je länger die Schenkung her, desto geringer ist der anzurechnende Wert.
Das vorzeitige Erbe setzt wie die Schenkung zu Lebzeiten voraus, dass der Erblasser noch am Leben ist. Nur dann kann dieser entsprechende Einwilligungen geben.
Ist der Erbfall bereits eingetreten und der Erblasser verstorben, sind weder das vorzeitige Erbe noch die Schenkung zu Lebzeiten möglich. Weigern sich weitere Erben dann, Ihnen Ihren Erbteil auszuzahlen oder auszuhändigen und sind zu keinerlei Kompromiss bereit, bleibt nur der Weg in eine Klage.
Ihnen wird Ihr Erbteil vorenthalten oder Sie nach einer Möglichkeit, mit der Sie noch zu Lebzeiten des Erblassers Ihren Erbteil erhalten können?
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