Wer seinen Nachlass per Erbvertrag regelt, bindet sich mit seiner Unterschrift an die Verfügungen und kann diese nicht ohne Weiteres rückgängig machen – es sei denn, er fechtet den Erbvertrag an. Wer einen Erbvertrag anfechten kann, welche Gründe für eine Anfechtung gegeben sein müssen und wie sich die Anfechtung auf den Pflichtteil auswirkt, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
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Wie man einen Erbvertrag aufsetzt, welche Vor- und Nachteile damit verbunden sind und wie dieser geändert werden kann, erfahren Sie in unserem umfassenden Beitrag zum Erbvertrag.
Durch einen Erbvertrag bindet sich der Erblasser an die darin enthaltenen Verfügungen und kann diese auch nicht ohne weiteres rückgängig machen. Wurde im Erbvertrag kein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht vereinbart, kann die Verfügung nur durch eine Anfechtung aufgehoben werden. Damit diese erfolgreich sein kann, muss ein Anfechtungsgrund vorliegen und nachgewiesen werden. Folgende Gründe kommen hierfür infrage:
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Grundsätzlich ist jeder, dem eine erfolgreiche Anfechtung zugutekommen würde, anfechtungsberechtigt. Wer das neben dem Erblasser sein kann, wird im folgenden Kapitel erklärt.
Gesetzliche Erben können den Erbvertrag anfechten – sie sind schließlich Angehörige des Erblassers und Inhalte des Erbvertrags können Auswirkungen auf sie haben.
Ausführlichere Informationen zu gesetzlichen Erben, wer wie viel erbt und wie der Anspruch gesetzlicher Erben umgangen werden kann, finden Sie in unserem Beitrag „Gesetzliche Erbfolge“.
Falls sich der Erblasser kein Rücktritts- oder Widerrufsrecht im Erbvertrag vorbehalten hat und ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag mit dem Vertragspartner nicht möglich ist, können Erblasser ihren Erbvertrag anfechten – sie haben ein Selbstanfechtungsrecht.
Dazu muss er allerdings den Anfechtungsgrund nachweisen und nach § 2282 BGB die Anfechtung unbedingt persönlich durchführen – das bedeutet, er darf sich bei der notariellen Anfechtungserklärung nicht vertreten lassen. Ist der Erblasser geschäftsunfähig, kann ein Betreuer stellvertretend den Notarvertrag anfechten, sofern eine Genehmigung des Betreuungsgerichts vorliegt.
Ist die Anfechtung durch den Erblasser erfolgreich und der Erbvertrag unwirksam, können neue Verfügungen für den eigenen Nachlass getroffen werden.
Pflichtteilsberechtigte können den Erbvertrag anfechten, wenn sie darin übergangen wurden. Das ist z. B. der Fall, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Vertragserstellung nichts von der Existenz dieser Person wusste oder sie erst danach geboren wurde. Eine Anfechtung ist jedoch ausgeschlossen, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis über die Existenz des Pflichtteilsberechtigten dieselben Verfügungen im Erbvertrag erlassen hätte.
Nach erfolgreicher Anfechtung durch den Pflichtteilsberechtigten wird dieser mindestens in Höhe seiner gesetzlichen Erbquote bedacht.
Ausführlichere Informationen zu Pflichtteilsberechtigten, welche Angehörigen dazu gehören und wie die Höhe des Pflichtteils berechnet werden kann, finden Sie in unserem Beitrag „Pflichtteilsanspruch“.
Können die Anfechtungsberechtigten einen Anfechtungsgrund nachweisen, müssen sie einen vorgegebenen Ablauf und bestimmte Anfechtungsfristen einhalten, damit die Anfechtung erfolgreich ist.
Im Wesentlichen beschränkt sich der Ablauf einer Anfechtung auf folgende Schrittfolge:
Bei erfolgreicher Anfechtung wird der Erbvertrag schließlich unwirksam.
Wird der Anfechtungsgrund nicht nachgewiesen, hat die Anfechtung von vornherein keine Aussicht auf Erfolg und der Erbvertrag behält seine Gültigkeit. Dabei trägt ausschließlich die anfechtende Person die Beweislast.
Im Anschluss an den Nachweis des Anfechtungsgrundes muss die Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht eingereicht werden. Dazu ist eine notarielle Beurkundung der schriftlichen Erklärung nötig. Ein Notar prüft die Richtigkeit der Erklärungen und stellt sicher, dass sich die Beteiligten aller Auswirkungen der Anfechtung bewusst sind. Abschließend leitet er die Anfechtungserklärung an das Nachlassgericht weiter und informiert alle Beteiligten –in der Regel übrige Erben.
Schließlich wird der Erbvertrag nach erfolgreicher Anfechtung für nichtig erklärt und ist damit unwirksam. Welche Auswirkungen die Anfechtung genau hat, erläutern wir Ihnen in Kapitel 5 – Auswirkungen der Anfechtung eines Erbvertrags.
Der Pflichtteil steht prinzipiell jedem Familienangehörigen zu, der enterbt oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht wurde – diese können demnach trotz einer Enterbung im Erbvertrag ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Das gilt auch bei der Anfechtung des Erbvertrags. Ist die Anfechtung erfolgreich, gilt die Verfügung als nichtig und der Anspruch auf den Pflichtteil am Erbe bleibt weiterhin bestehen – die Anfechtung des Erbvertrags hat folglich keinen Einfluss auf den Pflichtteilsanspruch.
Je nachdem, wer den Erbvertrag anfechtet, gelten unterschiedliche Fristen – der Erblasser und übrige anfechtungsberechtigte Personen müssen also verschiedene Anfechtungsfristen beachten.
Anfechtungsfrist für den Erblasser
Das Selbstanfechtungsrecht des Erblassers beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Anfechtungsgrundes. Dann muss er den Erbvertrag innerhalb eines Jahres anfechten.
Anfechtungsfrist für Dritte
Grundsätzlich haben gesetzliche Erben, Pflichtteilsberechtigte und übrige Angehörige erst nach dem Erbfall ein Anfechtungsrecht. Hinsichtlich der Anfechtungsfrist gilt dasselbe wie für den Erblasser: Die Anfechtungserklärung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis über den Anfechtungsgrund abgegeben werden.
Soll der Erbvertrag noch zu Lebzeiten des Erblassers rückgängig gemacht werden, können der Erblasser und sein Vertragspartner einen Aufhebungsvertrag vereinbaren.
Achtung: Das Anfechtungsrecht für Dritte erlischt, wenn der Erblasser sein Anfechtungsrecht nicht genutzt hat. Das ist der Fall, wenn der Erblasser trotz Kenntnis des Anfechtungsgrundes seine Verfügungen bestätigt, die Anfechtungsfrist verstreichen lässt oder er vertraglich auf sein Anfechtungsrecht verzichtet. Das bedeutet: Hat der Erblasser seinen Erbvertrag nicht angefochten, können Dritte nach dem Erbfall keine Anfechtung mehr veranlassen.
Welche Auswirkungen eine fristgerechte Anfechtung hat, wird im Folgenden erklärt.
Der Erbvertrag wird nach einer erfolgreichen Anfechtung nichtig und unwirksam. Falls dann kein Testament vorliegt oder keine neue Verfügung erlassen wird, greift im Erbfall die gesetzliche Erbfolge, weil der Erbvertrag nach einer Anfechtung im rechtlichen Sinne nicht existiert hat.
Für die notarielle Beurkundung der Anfechtungserklärung fällt eine 0,5-fache Notargebühr an, die im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) aufgelistet ist. Demnach ist die Gebühr abhängig vom Geschäftswert – also der Höhe des Nachlasses, um den es im Erbvertrag geht.
Der nachfolgenden Tabelle können Sie entnehmen, mit welchen Notargebühren zu rechnen ist:
Nachlasswert |
Gebühr für Anfechtungserklärung |
5.000 € |
22,50 € |
10.000 € |
37,50 € |
50.000 € |
82,50 € |
100.000 € |
136,50 € |
200.000 € |
217,50 € |
Möchten Sie einen Erbvertrag anfechten, müssen zwei Dinge beachtet werden: Zum einen
Beides entscheidet letztendlich über den Erfolg der Anfechtung.
Beinhaltet der Erbvertrag Fehler oder bestehen Zweifel daran, dass dieser wirklich dem letzten Willen des Erblassers entspricht, können Sie den Erbvertrag anfechten.
Ein Anwalt kann Ihre Situation bewerten und Sie bei der Anfechtung unterstützen. Schon vorab können Sie mit dem Anwalt besprechen, ob Sie überhaupt die Möglichkeit einer Anfechtung haben, wie hoch die Erfolgschancen sind und welche Kosten damit verbunden sind.
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Carolin Stadler hat als Teil der juristischen Redaktion von advocado jahrelange Erfahrung im Schreiben von Ratgeber-Artikeln zu Rechtsthemen – insbesondere zum Erbrecht und Patentrecht. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist das Studium der Organisationskommunikation.