Erbschaftssteuer
Bei jedem Erbe gibt es viele Besonderheiten und Tücken zu beachten. Eines steht jedoch fest: Wenn Vermögen vererbt wird, fallen Erbschaftssteuern an. Es gibt allerdings sogenannte Freibeträge, auf die keine Steuern erhoben werden. Wir klären alle Begriffe rund um das Thema "Erbschaftssteuer" und erläutern, worauf Sie bei der Berechnung achten müssen.
Wer muss Erbschaftssteuern zahlen?
Grundsätzlich muss jede Person, die ein Erbe antritt, Erbschaftssteuern zahlen. Genauer gesagt, ist jeder zur Zahlung der Erbschaftssteuer verpflichtet, der:
Die genaue Höhe der Erbschaftssteuer ist stets abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Auch die Steuerklasse und der konkrete Wert der Erbschaft sind ausschlaggebend. Die Höhe der Erbschaftssteuer ist in den meisten Fällen identisch mit der Schenkungssteuer, die auf Zuwendungen unter Lebenden anfällt.
Keine Erbschaftssteuer wird fällig bei
- persönlichen Nachlassgegenständen (Tagebücher, Kleidung, Möbel oder minderwertiger Schmuck),
- Hausrat (Ehe- & Lebenspartner, Kinder, Enkel, Eltern & Großeltern bis zu einem Wert von 41.000 €; bei allen anderen Erben bis 12.000 €),
- Kunstgegenstände und -sammlungen,
- Nachlass, der kirchlichen, mildtätigen oder gemeinnützigen Zwecken dient,
- Nachlass, der an politische Parteien geht.
Gemäß § 9 II Erbschaftssteuer- und Schenkungsgesetz (ErbStG) ist Erbschaftssteuer an das zuständige Finanzamt zu überweisen, sobald der Vermögenserwerb vollzogen wurde. In Ausnahmefällen können Erben die Steuerschuld aber stunden (aufschieben).
Wann ist die Erbschaftssteuer fällig?
Generell gibt es für die Erklärung der Erbschaftssteuer keine genaue Frist. Allerdings muss der Erbe das Finanzamt spätestens drei Monate nach dem Erbfall informieren. Das Finanzamt prüft dann, ob eine Erbschaftssteuer gezahlt werden muss.
Natürlich fordert das Finanzamt den Erben dann zur Erbschaftssteuererklärung auf. Wenn die Erklärung fristgerecht abgegeben wird, erhält der Erbe einen Erbschaftssteuerbescheid mit einer Frist zur Zahlung.
- Wann kommt der Erbschaftssteuerbescheid? Es kann lange dauern, bis ein solcher Bescheid ankommt. Zwischen Abgabe der Steuererklärung und dem Erhalt des Bescheids kann ein ganzes Jahr vergehen.
Welche Freibeträge gelten?
Auf die sogenannten Freibeträge werden keine Erbschaftssteuern erhoben. Steuerpflichtig ist für die Erben also nur der Netto-Wert des erworbenen Vermögens abzüglich der Freibeträge. Die Höhe des Freibetrags hängt ganz davon ab, wie eng Sie mit dem Verstorbenen verwandt waren.
Erbschaftssteuerklasse
|
Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser
|
Freibeträge
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I
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Ehe- & eingetragene Lebenspartner
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500.000 €
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I
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Kinder (leibliche, Adoptiv- & Stiefkinder)
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400.000 €
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I
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Enkelkinder
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200.000 €
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I
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Eltern & Großeltern (bei Erwerb durch Erbschaft)
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100.000 €
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II
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Eltern & Großeltern (bei Erwerb durch Schenkung), Geschwister, Neffen & Nichten, Stiefeltern, Schwiegerkinder und -eltern sowie geschiedene Ehepartner
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20.000 €
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III
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Alle übrigen Personen
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20.000 €
|
Hinweis: Die hier genannten Steuerklassen beziehen sich auf die Erbschaftssteuer. Diese Steuerklassen haben nichts mit den Steuerklassen der Einkommenssteuer zu tun. Sie sollten diese Begriffe daher nicht verwechseln.
Ein Beispiel: Sie erben von Ihrem Vater ein Vermögen von 500.000 Euro. Als Kind des Erblassers haben Sie einen Freibetrag von 400.000 Euro, auf die keine Steuern anfallen. Sie müssen demnach nur Steuern auf 100.000 Euro zahlen.
Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?
Je nach Verwandtschaftsgrad werden die Angehörigen des Erblassers in verschiedene Steuerklassen unterteilt. Wie viel Erbschaftssteuer gezahlt werden muss, hängt nun von der jeweiligen Steuerklasse und der Höhe des Vermögens ab.
- Steuerklasse I: Enge Verwandte wie Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner und Kinder
- Steuerklasse II: Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, geschiedene Ehegatten
- Steuerklasse III: alle anderen Angehörigen
Daraus ergeben sich die folgenden Steuersätze:
Erbschaft bis |
Steuersatz in Klasse I |
Steuersatz in Klasse II |
Steuersatz in Klasse III |
75.000 Euro |
7 % |
15 % |
30 % |
300.000 Euro |
11 % |
20 % |
30 % |
600.000 Euro |
15 % |
25 % |
30 % |
6.000.000 Euro |
19 % |
30 % |
30 % |
13.000.000 Euro |
23 % |
35 % |
50 % |
26.000.000 Euro |
27 % |
40 % |
50 % |
mehr als 26.000.000 Euro |
30 % |
43 % |
50 % |
Wir schauen auf unser Beispiel: Sie erhalten von Ihrem Vater ein Erbe von 500.000 Euro. Ihnen wird ein Freibetrag von 400.000 Euro gestattet, der von dem Erbe abgezogen wird. Erbschaftssteuern werden dementsprechend nur auf 100.000 Euro erhoben. Als Kind gehören Sie zur Steuerklasse I: Es fällt also ein Steuersatz von 11 Prozent an. Für das gesamte Erbe müssen Sie letztlich 11.000 Euro Erbschaftssteuern zahlen.
Sonderregelung bei Betriebsnachfolge:
Wurde ein Unternehmen weitergegeben, fällt der Betriebsnachfolger immer in Steuerklasse I – unabhängig von seinem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Der Gesetzgeber begünstigt so das Vererben, Vermachen und Verschenken von Firmen – damit sollen vor allem Arbeitsplätze erhalten werden.
Erbschaftssteuer: Erhöhungen ab 2023
Ein Immobilienerbe könnte im Jahr 2023 deutlich teurer werden. Dann sollen nämlich höhere Erbschafts- und Schenkungssteuern gelten. Insgesamt sollen 30 bis 40 Prozent hinzukommen.
Die Änderungen basiert auf einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts: Immobilien sollen künftig auch für steuerliche Zwecke so nah wie möglich am "gemeinen Wert" des Objekts liegen, also möglichst nah am Verkaufswert.
Noch unklar ist, ob diese Änderung auch die Freibeträge betrifft.
Erbschaftssteuer auf Immobilien
Grundsätzlich gilt: Bei der Berechnung der Erbschaftssteuer zählt das gesamte Vermögen, also alles, was vererbt wurde. Wenn Sie eine Wohnung oder ein Grundstück erben, muss der Verkehrswert des Objekts ermittelt werden. Nun gelten die gleichen Regeln wie für alle anderen Vermögenswerte.
Ein Beispiel: Sie erben von Ihrem Vater ein Haus mit einem Verkehrswert von 600.000 Euro. Als Kind des Erblassers haben Sie einen Freibetrag von 400.000 Euro. Das bedeutet, es fallen nur Erbschaftssteuern auf 200.000 Euro an. Kinder gehören immer der Steuerklasse I an. Sie müssen für das geerbte Haus also letztlich 22.000 Euro an Erbschaftssteuern zahlen.
Erbschaftssteuer umgehen
Stellt der Erbe fest, dass die Erbschaftssteuer seine wirtschaftlichen Möglichkeiten übersteigt, kann er diese durch eine Erbausschlagung umgehen. Die Erbausschlagung kommt z. B. bei folgenden Fällen in Betracht:
- Gemeinschaftliches Testament: Bei einem gemeinschaftlichen Testament muss das gemeinsame Vermögen von Ehepartnern oftmals doppelt versteuert werden – nach dem Tod des ersten und nach dem Tod des zweiten Ehepartners. Außerdem verfällt der Freibetrag der Kinder nach dem ersten Todesfall – diesen können sie erst nutzen, wenn sie tatsächlich Erben geworden sind. In manchen Fällen kann eine Erbausschlagung eine sinnvolle Alternative sein. Das Erbe geht dann direkt an die Kinder. Diese können ihre Freibeträge nutzen, sodass die Doppelbesteuerung entfällt.
- Ausgeschöpfter Freibetrag: Eine Erbausschlagung kommt auch infrage, wenn ein Erbe seinen Freibetrag bereits ausgeschöpft hat. Dies ist u. a. der Fall, wenn er Schenkungen zu Lebzeiten angenommen hat. Schlägt er sein Erbe aus, fällt das Erbe anderen Erbberechtigten zu. Nutzt dieser seinen Freibetrag, kann man so die Erbschaftssteuer umgehen.
Da mit einer Erbausschlagung der Verzicht auf u. a. liebgewonnene Erinnerungsstücke, das eigene Elternhaus oder wertvolle Schmucksammlungen verbunden sein kann, kann es sinnvoll sein, diesen Schritt vorher genau abzuwägen. Ein Anwalt kann Sie über die Risiken und Alternativen aufklären.
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