3. Erbe ausschlagen – Pflichtteil trotzdem möglich?
In der Regel kann ein Pflichtteilsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden, wenn das Erbe ausgeschlagen wurde. Einige Ausnahmen – u. a. für Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft (§ 1371 BGB) – lässt der Gesetzgeber aber zu. So können Pflichtteilsberechtigte, die durch einen Testamentsvollstrecker, ein Vermächtnis oder eine Auflage beschränkt sind, das Erbe ausschlagen und dennoch den Pflichtteil fordern (§ 2306 BGB). Dies könnte sogar dazu führen, dass sich Ihr Erbanteil erhöht.
Sinnvoll ist die Ausschlagung auch, wenn Sie ein überschuldetes Erbe antreten würden, aber auch, wenn Sie lediglich Vor- oder Nacherbe sind. In diesen Fällen bedeutet die Ausschlagung des belasteten Erbanteils, dass Sie nun den unbelasteten Pflichtteil geltend machen können. Für die Überlegung, ob eine Erbausschlagung in Ihrem Fall von Vorteil – und wegen verschiedener Fristen – überhaupt noch möglich ist, ist ein
Anwalt für Erbrecht zu Rate zu ziehen.
Beispiele:
- Erbausschlagung, weil der Erbe keine Lust auf die Übernahme und den anschließenden Verkauf des Elternhauses hat und lieber sofort den Geldwert bekommen möchte -> kein Pflichtteilsanspruch
- Erbausschlagung, weil der Erbteil durch ein lebenslanges Wohnrecht belastet ist -> Pflichtteilanspruch
- Erbausschlagung, weil Erbteil weniger als der Pflichtteil wäre, aber keine anderen Belastungen/Beschränkungen vorhanden -> Zusatzpflichtteilsanspruch (Differenz zwischen Erbteil & Pflichtteil)
Übrigens:
Pflichtteilsergänzungsansprüche können unabhängig von einer Erbausschlagung immer geltend gemacht werden.
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4. Pflichtteilsrechner – Berechnung des Pflichtteils
a. Pflichtteilsrechner
Mit unserem Pflichtteilsrechner können Sie schnell und einfach ermitteln, ob Sie einen Anspruch auf einen Pflichtteil in Ihrer speziellen Familienkonstellation haben und wie hoch Ihr Anteil ist (Pflichtteilsquote). Dafür müssen Sie einige kurze Fragen beantworten – Hinweise zur Beantwortung finden Sie auf der rechten Seite.
b. Berechnung des Pflichtteilsanspruchs
Die Höhe des Pflichtteils ist abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem und wird mithilfe der gesetzlichen Erbfolge berechnet. Dabei beträgt die konkrete Höhe Pflichtteils immer 50 % des gesetzlichen Erbteils.
Ausführlichere Informationen zur Höhe des Pflichtteils finden Sie in unserem Beitrag:
Pflichtteil berechnen: Wie hoch ist der Pflichtteil?
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c. Berechnung des Nachlasswerts
Um die korrekte Höhe des Nachlasses zu berechnen, muss der Nachlasswert ermittelt werden. Dafür müssen Sie wissen, wie hoch das Vermögen und etwaige Schulden des Erblassers sind. Eine Aufstellung der Aktiva, Passiva und Schenkungen der letzten zehn Jahre in Form eines Nachlassverzeichnisses sollten Sie von den Erben mithilfe eines Auskunftsbegehrens gemäß § 2314 BGB fordern. Diese sind dazu berechtigt, die für die Bestimmung des Nachlasswertes nötigen Gutachter aus der Erbmasse zu bezahlen. Der Pflichtteilsberechtigte hat im Gegenzug das Recht, die Erstellung des Verzeichnisses durch einen Notar beaufsichtigen zu lassen.
d. Immobilien, Grundstücke & Vermögenswerte
Immobilien oder andere Vermögenswerte werden in der Absicht vererbt, dem Begünstigten finanzielle Sicherheit zu geben. Doch schnell kann durch das elterliche Einfamilienhaus o. ä. der Steuerfreibetrag überschritten und hohe Kosten verursacht werden. Daher ist es ratsam, sich frühzeitig mit der Übertragung von Immobilien, Grundstücken, Kunst o. ä. auseinanderzusetzen. Je nach Wert der Immobilie und dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser macht eine Vererbung per Testament, gesetzlicher Erbfolge oder Schenkung zu Lebzeiten Sinn. Bei Schenkungen ist allerdings zu beachten, dass sie einen
Pflichtteilsergänzungsanspruch nach sich ziehen können.
Die Wertermittlung, die für die Höhe der Steuern und eventuelle Pflichtteilsansprüche nötig ist, findet entweder durch ein Vergleichsverfahren (üblich bei Einfamilienhäusern & Wohnungen), ein Ertragswertverfahren (z. B. bei Gewerbeimmobilien) oder Sachwertverfahren (wenn keine Vergleichswerte oder Ertragsberechnung möglich ist) statt.
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5. Einforderung des Pflichtteils
a. Pflichtteil zu Lebzeiten einfordern
Grundsätzlich kann man den Pflichtteil nur bei den Erben – also erst im Erbfall – einfordern. Wenn Sie Ihren Pflichtteil schon zu Lebzeiten des Erblassers erhalten möchten, sind Sie auf seine Kooperation angewiesen. Durch den sogenannten „Pflichtteilsverzicht“, der beim Notar unterschrieben wird, verzichtet der Pflichtteilsberechtigte gegen Zahlung einer Abfindung auf seinen Pflichtteil im späteren Erbfall. Die Höhe der Abfindung hängt vom Verhandlungsgeschick ab – sie muss aber in etwa dem voraussichtlichen Pflichtteilsanspruch entsprechen. Der Vorteil eines Pflichtteilsverzichts für den Erblasser: Nun kann er seinen Nachlass nach Belieben regeln, ohne auf gesetzliche Ansprüche achten zu müssen.
Auch die vorweggenommene Erbfolge kommt infrage, wenn der Pflichtteil schon zu Lebzeiten eingefordert werden soll. Hier wird dem Pflichtteilsberechtigten sein Pflichtteil – zumindest zum Teil – durch Schenkung zugestanden. Im Erbfall wird diese Schenkung allerdings auf den Pflichtteilsanspruch angerechnet. Beachten Sie aber: Bei Schenkungen fällt eine Schenkungssteuer an.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag:
Pflichtteil zu Lebzeiten
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b. Pflichtteil nach Ableben einfordern
Im Gegensatz dazu ist es üblicher, den Pflichtteil erst nach dem Ableben des Erblassers zu fordern. Im Rahmen der Testamentseröffnung wird man zunächst erfahren, ob man tatsächlich enterbt wurde und somit überhaupt einen Pflichtteilsanspruch hat. Ist dies der Fall, fällt einem die Mindestbeteiligung nicht automatisch zu – sie muss geltend gemacht werden. Das Auskunfts- und Auszahlungsbegehren sollte aus Beweisgründen schriftlich erfolgen und ist auch ohne Anwalt möglich. Der Pflichtteilsanspruch verjährt übrigens drei Jahre nachdem der Pflichtteilsberechtigte vom Tod des Erblassers erfahren hat.
Nicht immer ist es ratsam, den Pflichtteil direkt geltend zu machen. So beinhalten Berliner Testamente (auch Ehegattentestament genannt) oftmals
Pflichtteilsstrafklauseln, die enterben, wenn der Pflichtteil bereits nach dem Tod des ersten Ehepartners eingefordert wird. Damit soll der überlebende Ehegatte vor hohen finanziellen Forderungen geschützt werden.
Um Ihre Rechte allumfassend wahrzunehmen oder Druck auf der Gegenseite aufzubauen, können Sie einen Anwalt beauftragen, Ihren Pflichtteil einzufordern. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einer Klage.
Ausführlichere Informationen erhalten Sie in unserem Beitrag:
Pflichtteil einfordern
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c. Pflichtteil einklagen
Weigern sich die Erben, den Pflichtteil auszuzahlen, muss der Berechtigte seinen Pflichtteil einklagen. Dies geschieht entweder beim Amtsgericht (bei einem Streitwert bis zu 5.000 Euro) oder beim Landgericht (ab 5.000 Euro). Der Streitwert stellt die Höhe des zu erwartenden Pflichtteils dar, der sich am Nachlasswert orientiert (Verweis:
Berechnung des Nachlasswertes). Das Verfahren kann eine Stufenklage – bestehend aus Auskunfts- und Zahlungsklage – oder eine Pflichtteilsklage – die lediglich einen Zahlungsanspruch behandelt – sein.
Kommt es zum Prozess, muss die verlierende Partei sämtliche Kosten – das sind die Gerichtskosten sowie die Gebühren des eigenen und des gegnerischen Anwalts – tragen.
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d. Auszahlung des Pflichtteils
Die Auszahlung des Pflichtteils durch die Erben muss ausdrücklich vom Pflichtteilsberechtigten gefordert werden. Hierzu ist es nötig, die exakte Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zu kennen, die im Zahlungsbegehren angegeben werden muss. Dieses Schreiben sollte dabei ebenfalls die Bankverbindung des Kontos enthalten, auf das der Pflichtteil eingezahlt werden soll.
Ausführlichere Informationen finden Sie im Beitrag:
Pflichtteil auszahlen
e. Stundung des Pflichtteils
Sind die Erben nicht in der finanziellen Lage, den Pflichtteil auszuzahlen, können Sie die Forderung gemäß § 2331a BGB stunden. Dies ist aber nur unter besonderen Umständen möglich – beispielsweise, wenn der Familienbetrieb verkauft werden müsste, um den Pflichtteil bezahlen zu können. Würde es aber ausreichen, einige Gegenstände aus dem Erbe zu veräußern, um den Pflichtteil auszahlen zu können, ist eine Stundung nicht möglich.
f. Verzugszinsen
Stellen sich die Erben quer und verzögern die Auszahlung des Pflichtteils, können Sie Verzugszinsen fordern. Dazu muss zunächst eine Mahnung mit genauer Zahlungsfrist verschickt werden. Alternativ genügt auch die Klageerhebung oder Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheids.
In der Regel wird bei Überschreitung der Zahlungsfrist ein Verzugszins von 5 % über dem aktuellen Basiszins (im ersten Halbjahr 2017 sind das -0,88 %) angesetzt. Das kann teuer für den oder die Erben werden. Um dies zu umgehen, empfiehlt es sich, dem Pflichtteilsberechtigten zunächst eine Abschlagszahlung anzubieten. Zinsen werden dann nur noch auf den ausstehenden Restbetrag fällig. Damit der Erbe auf der sicheren Seite ist, sollte der Abschlag nur unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt werden, falls der Pflichtteil letztendlich geringer als die bereits getätigte Zahlung ausfällt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn doch noch Nachlassverbindlichkeiten auftauchen.
6. Verjährung & Fristen des Pflichtteils
Achtung: Der Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe hat eine Verjährungsfrist! Nach Kenntnisnahme vom Tod des Erblassers bzw. seit Kenntnis des Testaments hat der Pflichtteilsberechtigte drei Jahre Zeit, seinen Anspruch geltend zu machen. Warten Sie daher nicht zu lang, wenn Sie daran interessiert sind, Ihren Pflichtteil vom Erbe einzufordern. Die Verjährungsfrist beginnt immer am 31.12. des Jahres, in dem der Berechtigte von seinem Anspruch erfahren hat oder hätte erfahren können. Im Streitfall muss der Antragsgegner – also derjenige, der den Pflichtteil auszahlen muss – beweisen, dass der Anspruch bereits verjährt ist.
Bei minderjährigen Pflichtteilsberechtigten räumt das BGB in § 207 Abs. 1 Nr. 2 eine längere Verjährungsfrist ein. In diesen Fällen ist die Verjährung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gehemmt. Der Aufschub gilt im Übrigen auch für andere Personen, solange sich die Anspruchsgegner in einem Vormundschaftsverhältnis (Nr. 3), Betreuungsverhältnis (Nr. 4) oder Pflegschaftsverhältnis (Nr. 5) befinden. Zudem wird die Verjährung gehemmt, wenn der Pflichtteilsberechtigte unauffindbar ist oder Verhandlungen über ebendiesen Pflichtteilsanspruch laufen.
Ob ihr Pflichtteilsanspruch bereits verjährt ist oder wann genau er verjährt sein wird, können Sie mithilfe unseres Verjährungsrechners ermitteln. Dafür müssen Sie einige kurze Fragen beantworten – Hinweise zur Beantwortung finden Sie auf der rechten Seite.
Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Beitrag:
Pflichtteil Verjährung
Zur Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs siehe:
Pflichtteilsergänzungsanspruch
7. Verzicht auf den Pflichtteil
Allen Pflichtteilsberechtigten steht es frei, ob sie ihren Anspruch gegen die Erben geltend machen wollen oder nicht. Möchten Sie auf Ihren Pflichtteil verzichten, brauchen Sie nichts weiter zu tun.
Etwas anders verhält es sich hingegen mit dem sogenannten Pflichtteilsverzicht. Dieser spielt eine Rolle, wenn man seinen Pflichtteil bereits zu Lebzeiten ausgezahlt kriegen möchte. Mit dem beim Notar unterzeichneten Verzichtsschreiben betätigt der Pflichtteilsberechtigte, seinen Anspruch nicht geltend zu machen. Dafür erhält er eine Abfindung. Vorteil für den Pflichtteilsberechtigten: Er bekommt sein Geld sofort und nicht erst mit Erbfall. Vorteil für den Erblasser: Er kann sein Erbe so verteilen, wie er es wünscht und seine Erben sind später keiner finanziellen Belastung durch den Pflichtteil ausgesetzt.
8. Enterben & Pflichtteil umgehen
Ein Erblasser kann einen Angehörigen entweder durch die Benennung anderer Erben (sozusagen durch Nicht-Nennung) oder durch eine entsprechende explizite Formulierung im Testament bzw. Erbvertrag enterben. Allerdings haben nahe Verwandte dennoch einen Anspruch auf den Pflichtteil – in diesem Zusammenhang sollte der Unterschied zwischen Berechtigung und Anspruch beachtet werden (Verweis:
Wer ist pflichtteilsberechtigt?).
Eine vollständige Enterbung – also auch der Wegfall des Pflichtteils – ist nur in den Ausnahmefällen des Paragraphen 2333 BGB wie der Begehung einer Straftat möglich. Grundsätzlich muss der Erblasser bzw. seine Erben niemandem Geld auszahlen, wenn dies als unzumutbar gilt. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, den Pflichtteil zu umgehen:
- Schenkungen zu Lebzeiten – dies zieht allerdings einen
Pflichtteilsergänzungsanspruch mit sich.
- Einen
Pflichtteilsverzicht vereinbaren.
- Vermögen ins Ausland bringen. Dabei ist die Wahl des Landes allerdings entscheidend, da möglicherweise trotz Auslandsbezug deutsches Erbrecht gelten könnte.
Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Beitrag:
Enterben & Pflichtteil - völlig enterben ohne Pflichtteil
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9. Enterbt – welche Möglichkeiten bestehen
Im Falle einer Enterbung sollte zunächst überprüft werden, ob diese rechtmäßig war und Testament oder Erbvertrag überhaupt wirksam sind. Geprüft werden sollte auch, ob der letzte Wille unwirksam ist, weil er gegen geltendes Recht verstoßen hat oder der Erblasser zum Zeitpunkt des Verfassens des Testaments oder Erbvertrags gar nicht testierfähig war.
Folgende Umstände führen dazu, dass eine Enterbung unrechtmäßig ist:
- keine rechtliche Wirksamkeit des Testaments,
- Verstoß des Testaments gegen geltendes Recht,
- mangelnde Testierfähigkeit des Erblassers,
- Irrtum oder Drohung.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag:
Enterbt – Welche Rechte & Handlungsoptionen habe ich?
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10. Berliner Testament, Erbvertrag & Pflichtteil
Das Berliner Testament ist eine Testamentsart speziell für Eheleute und wird daher auch Ehegattentestament genannt. In diesem setzt der Erstversterbende seinen Partner als Alleinerben ein. Erst wenn dieser ebenfalls verstirbt, tritt die testamentarisch geplante Erbfolge in Kraft. Berliner Testamente haben eine hohe Bindungswirkung, da sie nach dem Tod des ersten Testierers unveränderlich werden. Daher beinhalten sie beispielsweise oft Wiederverheiratungsklauseln oder
Pflichtteilsstrafklauseln. Unverheiratete Paare können kein Berliner Testament, aber dafür einen gleichwertigen Erbvertrag aufsetzen. Auch dieser wird notariell beurkundet und kann Pflichtteilsstrafklauseln enthalten. Darüber hinaus ist in beiden letztwilligen Verfügungen ein freiwilliger
Pflichtteilsverzicht möglich.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag:
Berliner Testament & Pflichtteil
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11. Pflichtteilsstrafklauseln
Pflichtteilsstrafklauseln kommen häufig im Berliner Testament (oder auch “Ehegattentestament“) vor. Bei dieser Testamentsart wird der Ehepartner als Alleinerbe eingesetzt. Das bedeutet gleichzeitig eine Enterbung der gemeinsamen Kinder, woraus sich automatisch ein Pflichtteilsanspruch ergibt.
Um den überlebenden Ehegatten aber durch die Auszahlungspflicht nicht in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen, enthält das Berliner Testament in der Regel eine Pflichtteilsstrafklausel. Diese besagt, dass niemand seinen Pflichtteil nach dem Tod des ersten Ehepartners einfordern sollte, andernfalls wird diese Person enterbt und bekommt nach dem Tod des zweiten Partners nur noch den Pflichtteil anstatt des möglichen Erbes.
Formulierungsvorschläge:
- „Verlangt einer der Pflichtteilsberechtigten des Erstversterbenden gegen den Willen* des Längstlebenden seinen Pflichtteil, so sind er und seine Abkömmlinge von der Erbfolge auf das Ableben des Längstlebenden ausgeschlossen.“
- „Sollte ein Abkömmling seinen Pflichtteil geltend machen, so soll er auch für das Erbteil des überlebenden Ehegatten nur noch auf sein Pflichtteil Anspruch haben.“
* Die Formulierung „gegen den Willen“ bedeutet, dass die Pflichtteilsstrafklausel nicht zum Tragen kommt, wenn der überlebende Ehegatte mit der Geltendmachung des Pflichtteils nach dem ersten Todesfall einverstanden ist.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag:
Pflichtteilsstrafklauseln
12. Pflichtteilsergänzungsanspruch
Schenkungen zu Lebzeiten werden gemäß § 2315 BGB mit dem Pflichtteilsanspruch verrechnet. Somit ist es nicht möglich, sein ganzes Hab und Gut zu Lebzeiten zu verschenken, um Pflichtteilsansprüche zu umgehen.
Dazu muss zunächst der Wert der jeweiligen Schenkung ermittelt werden. Dies gelingt mithilfe eines Preisindexes. Zunächst werden bei Schenkungen zwischen verbrauchbaren (z. B. Geld, Wertpapiere) und unverbrauchbaren (z. B. Grundstücke, Schmuck) Gütern unterschieden. Um der möglichen Geldentwertung bei verbrauchbaren Schenkungen gerecht zu werden, wird der Schenkungswert nach folgender Gleichung ermittelt:
Wert der Schenkung x Preisindex des Todesjahres*: Preisindex im Jahr der Schenkung
* Preisindex laut Statistischem Bundesamt z. B. aus dem Jahr 2010: 100 / 2015: 106,9
Bei nicht verbrauchbaren Gütern wird das sogenannte Niederstwertprinzip angewandt. Dabei vergleicht man den Wert der Schenkung zum Todeszeitpunkt und zum Schenkungszeitpunkt und wählt den niedrigeren für die Berechnung aus.
Mit diesem Wert wird dann nach dem Abschmelzungsmodell der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet. Das bedeutet, dass der Einfluss von Zuwendungen umso geringer ist, je länger sie zurückliegen. Dabei werden zudem nur die Schenkungen berücksichtigt, die maximal zehn Jahre vor dem Erbfall getätigt wurden. Besonderheit: Die Abschmelzung beginnt bei Eheleuten erst zum Zeitpunkt der Scheidung.
Nur die im letzten Lebensjahr des Erblassers getätigten Zuwendungen werden gänzlich angerechnet.
Mit unserem Rechner können Sie ermitteln, ob Ihr Pflichtteilsergänzungsanspruch bereits verjährt ist. Außerdem können Sie den „Restwert“ der Schenkung berechnen. Dafür müssen Sie einige kurze Fragen beantworten – Hinweise zur Beantwortung finden Sie auf der rechten Seite.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag:
Pflichtteilsergänzungsanspruch - Berechnung & Verjährung
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13. FAQ: das Wichtigste zum Pflichtteil
Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?
Einen gesetzlichen Anspruch auf den Pflichtteil am Erbe haben nahestehende Verwandte des Erblassers. Dazu gehören alle Abkömmlinge wie Kinder, Enkel und Urenkel (ehelich, außerehelich und adoptiert), Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner sowie die Eltern des Erblassers.
Wie hoch ist der gesetzliche Pflichtteil?
Der Pflichtteil beträgt immer 50 % des gesetzlichen Erbteils. Die konkrete Höhe des Pflichtteils ist abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem und dem Nachlasswert. Je näher beide verwandt sind und je wertvoller der Nachlass, desto höher der gesetzliche Pflichtteil.
Bis wann muss ich den Pflichtteil einfordern?
Ihren Pflichtteil müssen Sie innerhalb von 3 Jahren einfordern. Diese Frist beginnt mit Ende des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist. Erfahren Sie erst später von dessen Tod, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Ende des Jahres, in dem Sie vom Erbfall Kenntnis erlangt haben. Maximal besteht der Anspruch auf Ihren Pflichtteil für 30 Jahre.