Damit Sie im Erbfall einen Pflichtteil einfordern können, müssen Sie 4 Voraussetzungen erfüllen: Sie haben das Recht auf einen Teil vom Erbe, Sie bekommen aber nichts oder zu wenig, Sie haben auch einen Anspruch auf Geld vom Erblasser und dieser Anspruch ist noch nicht verjährt. Ein Anwalt kann die Voraussetzungen in Ihrem Fall prüfen und den Pflichtteil für Sie einfordern.
Ganz einfach mit advocado:
Der Pflichtteil ist die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbeteiligung am Erbe. Gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag mit individuellen Wünschen zur Verteilung des Erbes, gilt dieses Schriftstück statt der gesetzlichen Erbfolge. Aber: Der gesetzliche Pflichtteil bleibt bestehen – egal, was der letzte Wille des Verstorbenen ist.
Damit Sie einen Pflichtteil einfordern können, sind 4 Voraussetzungen zu erfüllen.
Nur direkte Verwandte haben das Recht, vom Erbe ihres Angehörigen einen Pflichtteil einzufordern. Entscheidend für den gesetzlichen Pflichtteil ist die gesetzliche Erbfolge.
Pflichtteilsberechtigt sind laut § 2303 BGB:
Hat der Erblasser ein Testament geschrieben und festgelegt, dass nahe Angehörige nichts oder weniger als laut gesetzlicher Erbfolge vorgesehen, können sie einen Pflichtteil einfordern.
Nicht jeder, der laut Gesetz ein Pflichtteilsrecht hat, kann dieses auch im Erbfall geltend machen.
Für den Anspruch auf den Pflichtteil gilt:
Zusätzliche Voraussetzungen dafür, dass Sie einen Pflichtteil einfordern dürfen:
Damit Sie Ihren Pflichtteil einfordern können, gibt es eine letzte Voraussetzung: Ihr Anspruch auf den Teil vom Erbe darf noch nicht verjährt sein.
Sie haben nicht lebenslang Zeit, den Erbteil einzufordern. Es gibt 2 Verjährungsfristen für den Pflichtteil.
Die Frist beginnt zum Ende des Jahres, in dem
Beispiel 1:
Der Erbfall ist im August 2023 eingetreten. Sie erfahren sofort davon und werden direkt über Ihren Anspruch und eine Enterbung informiert.
In diesem Fall beginnt die Verjährung am 31.12.2023 und Sie müssen bis 31.12.2026 Zeit, Ihren Pflichtteil einzufordern. Danach ist der Anspruch verjährt und Sie können keinen Pflichtteil einfordern.
Beispiel 2:
Der Erbfall ist im November 2022 eingetreten. Sie werden aber erst im September 2023 über alles informiert.
Dann läuft die Frist ab 31.12.2023 bis 31.12.2026.
Beispiel 3:
Der Erbfall ist im Juli 2020 eingetreten. Sie erfahren nichts davon. Dann besteht der Anspruch für 30 Jahre. Erst wenn Sie 30 Jahre nach dem Versterben nicht reagieren und Ihren Pflichtteil einfordern, wird der Anspruch verfallen.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Mit einem Berliner Testament setzen sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein. Verstirbt ein Ehepartner, bekommt der hinterbliebene Ehepartner sein gesamtes Vermögen. Das bedeutet: Alle anderen Erben werden vorerst enterbt. Erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners bekommen die anderen Erben (z. B. die Kinder) das restliche Erbe.
Die pflichtteilsberechtigten Erben können grundsätzlich nach dem ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern – es sei denn, die Ehepartner haben keine Pflichtteilsstrafklausel in ihr Testament aufgenommen.
Gibt es in Ehegattentestamenten wie dem Berliner Testament eine Pflichtteilsstrafklausel, darf man den Pflichtteil nicht einfordern.
Die Pflichtteilsstrafklausel soll den länger lebenden Ehepartner davor schützen, nach dem Erbfall in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, weil z. B. Kinder vorzeitig ihren Pflichtteil einfordern.
Wichtig: Wer trotz Strafklausel nach dem 1. Erbfall den Pflichtteil einfordert, hat kein Recht mehr auf das spätere Erbe.
Beispiel: Ein Ehepaar setzt ein Berliner Testament auf und bestimmt, dass ihre Kinder das Erbe bekommen sollen, sobald beide Partner verstorben sind. Zur Absicherung des länger lebenden Partners gibt es eine Pflichtteilsstrafklausel.
Fordert ein Kind nun trotz Strafklausel schon nach dem 1. Erbfall seinen Pflichtteil, enterbt es sich für die Zukunft sozusagen selbst. Es hat im 2. Erbfall dann keinen Anspruch mehr auf das Erbe.
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann man den Pflichtteil einfordern. Dafür können Sie wie folgt vorgehen:
Um Ihren Pflichtteil einzufordern, ist der Nachlasswert eine Voraussetzung. Er ist die Basis dafür, wie viel vom Erbe Ihnen zusteht. Pflichtteilsberechtigte haben einen Auskunftsanspruch gegenüber den Erben. Die Erben müssen Ihnen sagen, was Teil des Erbes ist und Ihnen das Nachlassverzeichnis mit allen Erbstücken aushändigen.
Bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses können Fehler passieren. Bevor Sie den Pflichtteil einfordern, müssen Sie den korrekten Nachlasswert ermitteln. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Sie den richtigen Pflichtteil berechnen und das Geld bekommen, das Ihnen zusteht.
Damit Sie den Pflichtteil berechnen können, müssen Sie wissen, wie viel Ihnen laut gesetzlicher Erbfolge vom Erbe zusteht. Der Pflichtteil beträgt 50 % Ihres gesetzlichen Erbteils. Dann gilt: Je höher der Nachlasswert und je näher Sie mit dem Erblasser verwandt sind, desto höher ist der Pflichtteil.
Wenn Sie die konkrete Höhe Ihres Pflichtteils auf Grundlage des Nachlassverzeichnisses kennen, können Sie den Pflichtteil einfordern. Dafür wenden Sie sich einfach an die Erben – am besten schriftlich per Brief, damit Sie einen Nachweis über Ihre Forderung haben. Sie können einen Musterbrief für die Pflichtteil-Forderung nutzen – oder Ihre Forderung mit einem anwaltlichen Schreiben absichern.
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Auch wenn Sie alle Voraussetzungen erfüllen, um den Pflichtteil einfordern zu dürfen, kann es vorkommen, dass der Erbe die Zahlung verweigert oder den Pflichtteil nicht auszahlen kann.
Wenn der Erbe nicht zahlt, können Sie Folgendes tun:
Wenn Pflichtteilsberechtigte ihren Pflichtteil einfordern, kann es zum Erbstreit kommen – egal, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Wenn Angehörige von den Erben zu viel vom Erbe fordern, können sie die Zahlung verweigern.
Ein Anwalt für Erbrecht kann Ihnen helfen, einen Erbstreit zu vermeiden oder zu klären.
So hilft Ihnen ein Anwalt:
advocado findet für Sie den passenden Anwalt aus einem Netzwerk mit über 550 Partner-Anwälten. Dieser kontaktiert Sie innerhalb von 2 Stunden* für eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihren Handlungsoptionen und Erfolgsaussichten.
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Wenn Sie mit Unterstützung eines Anwalts Ihren Pflichtteil einfordern, entstehen dafür Anwaltskosten. Wie viel der Anwalt verlangen kann, ist durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Ein Anwaltskostenrechner gibt Ihnen einen Anhaltspunkt, welche Kosten auf Sie zukommen können. Unabhängig davon können Sie mit Ihrem Anwalt eine individuelle Vergütungsvereinbarung schließen.
Müssen Sie vor Gericht Ihren Pflichtteil einfordern, entstehen zusätzlich Gerichtskosten gemäß Gerichtskostengesetz (GKG). Wie viel Sie für eine Klage zahlen würden, zeigt Ihnen ein Prozess- und Gerichtskostenrechner.
Anwalts- und Gerichtskosten, die bei der Einforderung des Pflichtteils entstehen können, lassen sich durch verschiedene Möglichkeiten reduzieren:
Sie müssen sich direkt an den oder die Erben wenden – am besten schriftlich per Brief, damit Sie einen Beleg dafür haben, dass Sie Ihren Pflichtteil eingefordert haben.
Sie können das Schreiben selbst verfassen, eine Muster-Vorlage nutzen oder von einem Anwalt für Erbrecht ein Schreiben schicken lassen. Ein anwaltliches Schreiben kann Ihrer Forderung Nachdruck verleihen und der Anwalt kann weitere juristischen Schritte ankündigen, falls die Erben nicht zahlen.
Ein Kind kann den Pflichtteil verlangen, wenn die Eltern ihm per Testament oder Erbvertrag nichts oder zu wenig vom Erbe überlassen. Das heißt: weniger als gesetzlich vorgesehen.
Ein Kind kann keinen Pflichtteil verlangen, wenn es im Testament eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel gibt, es einen Pflichtteilsverzicht unterschrieben hat oder z. B. dem Erblasser nach dem Leben trachtet.
In diesen Fällen hat man keinen Pflichtteilsanspruch:
Ja – der Anspruch auf den Pflichtteil besteht unabhängig davon, was im Testament steht.
Auch wenn eine Klausel im Berliner Testament verhindert, dass man im 1. Erbfall den Pflichtteil fordert, bleibt der Anspruch für die Zukunft bestehen.
Komplexe Rechtsthemen für Rechtsuchende verständlich aufzubereiten, braucht sprachliches Feingefühl. Als Teil der juristischen Redaktion von advocado gelingt es Julia Pillokat dank Germanistikstudium und ihrer Arbeit als Lektorin, für jedes Anliegen klare Lösungen zu formulieren, die dem Leser weiterhelfen.