Wird ein pflichtteilsberechtigter Erbe durch beispielsweise ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht, hat er Anspruch auf einen Pflichtteil. Dieser ist gegenüber den Erben schriftlich einzufordern. Verweigern diese die Auszahlung, können Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil einklagen. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, welche Schrittfolge einzuhalten ist und welche Kosten im Rahmen einer Stufen- oder Pflichtteilsklage entstehen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Wurde ein pflichtteilsberechtigter Erbe durch ein Testament enterbt oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht, hat er einen Anspruch auf einen Pflichtteil am Erbe. Dieser ist schriftlich bei den Erben geltend zu machen. Verweigern diese die Auszahlung oder bieten einen zu geringen Pflichtteil an, können Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil einklagen. Dafür darf der Pflichtteil allerdings noch nicht verjährt sein.
Wenn der Erbe die Auszahlung des Pflichtteils verweigert, kann man den Pflichtteil einklagen. Damit verbundene Anwalts- und Gerichtskosten sind bei Erfolg übrigens stets vom Erben zu übernehmen.
Ausführlichere Informationen zum Anspruch auf den Pflichtteil, dessen Voraussetzung und Berechnung sowie unseren übersichtlichen Pflichtteilsrechner finden Sie in unserem Beitrag zum Pflichtteilsanspruch. Wenn Sie mehr über alle gesetzlichen Regeln rund um den Pflichtteil erfahren wollen, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag zum Pflichtteilsrecht.
Um einen Pflichtteil einklagen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Welche das sind, welche Fristen beachtet werden sollten und welche Konsequenzen Pflichtteilsstrafklauseln in diesem Zusammenhang haben können, erläutern wir Ihnen im nächsten Kapitel.
Um den Pflichtteil einklagen zu können, muss der Kläger pflichtteilsberechtigt, mit einem zu geringen Pflichtteil bedacht oder enterbt worden sein. Folgende Angehörige des Erblassers zählen zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten:
Sofern mehrere Verwandte pflichtteilsberechtigt sind, regelt eine Art Rangfolge den konkreten Anspruch: Abkömmlinge des Erblassers haben ein Vorrecht vor entfernter verwandten Pflichtteilsberechtigten. So können beispielsweise die Eltern eines Erblassers nur dann ihren Pflichtteil einklagen, wenn keine Kinder vorhanden sind.
Ehepartner und eingetragene Lebenspartner genießen eine Sonderstellung und sind immer pflichtteilsberechtigt.
Ausführlichere Informationen zu den Pflichtteilsberechtigten, wie hoch deren Pflichtteil konkret ausfallen kann und unseren übersichtlichen Pflichtteilsrechner finden Sie in unserem Beitrag Wer ist pflichtteilsberechtigt?.
Um einen Pflichtteil einklagen zu können, darf dieser noch nicht verjährt sein. Gemäß der gesetzlichen Verjährungsfrist – die in den §§195 und 199 BGB geregelt ist – kann der Pflichtteil innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis über
eingeklagt werden. Die Frist beginnt dabei am Ende des entsprechenden Jahres. Trat der Erbfall etwa im Dezember 2017 ein und hat der Erbe erst im Februar 2018 von seiner Enterbung erfahren, beginnt die Verjährung des Pflichtteils am 31. Dezember 2018 und endet am 31. Dezember 2021.
Ausführlichere Informationen zur Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs, wodurch diese gehemmt werden kann und unseren Verjährungsrechner finden Sie in unserem Beitrag zur Pflichtteil-Verjährung.
Bevor man einen Pflichtteil einklagt, kann es helfen, auf sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln zu achtebn. Diese werden vor allem in Ehegattentestamenten wie dem Berliner Testament verwendet. In diesen setzen sich die Ehepartner jeweils als Alleinerben und – falls nicht anders angegeben – ihre Kinder als Schlusserben ein. Diese sind dann beim Tod des ersten Ehepartners de facto enterbt und haben dadurch den Anspruch auf einen Pflichtteil.
Damit dieser Pflichtteilsanspruch nicht gegenüber dem länger lebenden Ehepartner geltend gemacht wird, können Pflichtteilstrafklauseln wie die Jastrowsche Klausel ins Testament aufgenommen werden.
LINK-TIPP: Ausführlichere Informationen zu Pflichtteilsstrafklauseln, deren Folgen und was in diesem Zusammenhang alles beachtet werden sollte, erläutern wir Ihnen in unserem Beitrag zu Pflichtteilsstrafklauseln. Was diesbezüglich eines Berliner Testaments zu beachten ist und welche konkreten Auswirkungen solche Strafklauseln hier haben können, erklären wir Ihnen in unserem Beitrag Berliner Testament & Pflichtteil.
Möchten Sie trotz einer Strafklausel Ihren Pflichtteil einklagen, kann das unter Umständen Ihre vollständige Enterbung zur Folge haben – in diesem Fall würden Sie auch im zweiten Erbfall nur Ihren gesetzlichen Pflichtteil erhalten. Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung Ihre Handlungsoptionen.
Um bei Erfüllung aller für einen Pflichtteilsanspruch notwendigen Voraussetzungen den Pflichtteil einklagen zu können, muss dessen Höhe bekannt sein. Bei deren Bestimmung wird eine gesetzlich geregelte Pflichtteilsquote herangezogen.
Durch diese kann der genaue Anteil am Nachlass ermittelt werden, der einem Pflichtteilsberechtigten zusteht. Die Pflichtteilsquote beträgt dabei grundsätzlich die Hälfte der gesetzlichen Erbquote – also der Erbteil, der Familienmitgliedern entsprechend dieser zusteht. Hat beispielweise ein Kind eine gesetzliche Erbquote von 25 % (1/4), so beträgt seine Pflichtteilsquote 12,5 % (1/8).
Um die exakte Höhe des Pflichtteils berechnen zu können, muss man den konkreten Nachlasswert ermitteln. Dafür können Pflichtteilsberechtigte den Erben schriftlich auffordern, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Auf dessen Grundlage kann man dann den Pflichtteil berechnen.
Um die korrekte Höhe Ihres Pflichtteils zu ermitteln, empfehlen wir Ihnen unseren Pflichtteilsrechner. Ausführlichere Informationen zur Berechnung des Pflichtteils finden Sie in unserem Beitrag Wie hoch ist der Pflichtteil?.
Bevor eine Pflichtteilsklage erhoben wird, kann man schriftlich beim Erben den Pflichtteil einfordern. Manche Erben könnten allerdings ihre Kooperation verweigern und können zunächst gerichtlich zur Auskunft über den Nachlasswert verpflichtet werden. Kooperieren die Erben dann immer noch nicht, kann man den Pflichtteil einklagen. Welche Klagearten es hier gibt und was dabei beachtet werden muss, erklären wir Ihnen jetzt.
Ausführliche Informationen zur außergerichtlichen Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruchs, welche Schrittfolge hier zu beachten ist und wie auf Schwierigkeiten und Fallstricke reagiert werden kann, finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Die Stufenklage zieht stets einen Auskunfts- und Zahlungsanspruch mit sich und läuft wie folgt ab:
Im Vergleich zur Stufenklage wird durch eine Pflichtteilsklage der Zahlungsanspruch bezüglich eines Pflichtteils gegenüber den Erben durchgesetzt. Diese Klageform ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn der Anspruchsteller den exakten Nachlasswert und die Pflichtteilshöhe kennt.
Um den Pflichtteil vor Gericht einzuklagen, ist folgende Schrittfolge einzuhalten:
✓ Datum der Klageerhebung,
✓ persönliche Daten wie Name, Anschrift und Telefonnummer des Klägers,
✓ Bezeichnung des Gerichts und dessen Anschrift,
✓ persönliche Daten des Beklagten,
✓ Sachverhalt des Klagegrundes,
✓ konkrete Forderung an die Gegenseite und
✓ Unterschrift des Klägers.
Ausführlichere Informationen zur Einreichung einer Klage, den Inhalten einer Klageschrift und mit welchen Kosten bei einer Klage zu rechnen ist, erläutern wir Ihnen in unserem Beitrag zum Thema Klage einreichen.
In schwerwiegenden Fällen kann es Jahre dauern, bis man von der ersten Auskunft über den Nachlass im Rahmen z. B. einer Stufenklage zur Auszahlung des Pflichtteils gelangt. In solchen Fällen ist allerdings die Verjährung während des Klageprozesses gehemmt. Ein möglicher Pflichtteilsanspruch verfällt so nicht während eines Verfahrens.
Ein Anspruch auf den Pflichtteil entsteht ausschließlich im Erbfall. Die Möglichkeit, den Pflichtteil zu Lebzeiten zu erhalten, ist nur im beiderseitigen Einverständnis von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem möglich. Geschieht dies, wird ein sogenannter Pflichtteilsverzicht ausgehandelt, der eine sofortige Abfindungszahlung beinhaltet. Im Gegenzug wird dafür im Erbfall auf den Pflichtteil verzichtet. Zu Lebzeiten einen Pflichtteil einklagen, ist daher nicht möglich.
Ausführliche Informationen zur Einforderung des Pflichtteiles zu Lebzeiten, welche Rolle ein Pflichtteilsverzicht dabei spielen kann und wie Schenkungen des Erblassers bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden, finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteil zu Lebzeiten einfordern.
Auch wenn ein gesetzlicher Anspruch auf den Pflichtteil besteht, muss dieser nicht immer unkompliziert und zeitnah ausgezahlt werden. Sofern von einem falschen Nachlasswert ausgegangen wird, kann der Erbe die Auszahlung des Pflichtteils verweigern. Auch ein fehlerhaftes Nachlassverzeichnis kann zu Streitigkeiten und einem möglicherweise zu geringen Pflichtteil führen. In diesem Zusammenhang können dann zudem emotionale Befindlichkeiten der Beteiligten nicht gerade selten eine Einigung erschweren. Ein Anwalt kann hier mithilfe der passenden juristischen Strategie zwischen den Beteiligten vermitteln, um so eine außergerichtliche Einigung zu erreichen. Ist dies nicht möglich, kann er den Pflichtteil einklagen und im Rahmen von Stufen- und/oder Pflichtteilsklage eine schnelle und unkomplizierte Auszahlung des Pflichtteils gewährleisten.
Der Anwalt kann u. a. folgende Aufgaben für Sie übernehmen:
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Möchten Sie Ihren Pflichtteil einklagen, so können verschiedene Kosten entstehen. Bei diesen handelt es sich um anerkannte Schadenspositionen, die bei erfolgreicher Durchsetzung vom Erben zu tragen sind.
Beim Versuch einer außergerichtlichen Einigung können zum einen Kosten für Sachverständigengutachten entstehen. Wird ein Anwalt im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung mit der Gegenseite hinzugezogen, löst dies zum anderen Anwaltskosten aus. Diese sind durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt und richten sich dabei stets nach dem Streitwert – der Höhe des geforderten Pflichtteils. Demnach kann ein Anwalt u. a. eine
in Rechnung stellen, sollte es zu einer außergerichtlichen Einigung kommen.
In der folgenden Tabelle haben wir beispielhaft verschiedene Streitwerte und damit verbundene Anwaltskosten gegenübergestellt:
Streitwert bis ... |
Anwaltskosten |
500 € |
126,00 € |
2.000 € |
420,00 € |
4.000 € |
705,60 € |
Hinweis: Anwaltskosten richten sich immer nach dem konkreten Einzelfall und werden individuell berechnet. Die Angaben in der Tabelle sind daher nur als grobe Orientierung zu verstehen.
Auch die Vereinbarung einer individuellen Vergütung zum Festpreis ist möglich – z. B. durch eine Abrechnung auf Stundenbasis.
Hat eine außergerichtliche Einigung nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, können Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil einklagen.
Wollen Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteil einklagen, zieht das zunächst Gerichtskosten nach sich, die sich aus Gebühren und Auslagen zusammensetzen. Auch diese richten sich nach der Höhe des geforderten Pflichtteils.
Wird ein Anwalt bei einer Klage vor Gericht hinzugezogen, so kann dieser laut Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) folgende Gebühren berechnen:
Nachfolgend haben wir Anwalts- und Gerichtskosten für verschiedene Streitwerte zusammengestellt:
Streitwert bis ... |
Anwalts- und Gerichtskosten |
500 € |
192,50 € |
2.000 € |
614,00 € |
4.000 € |
1009,00 € |
Hinweis: Anwalts- und Gerichtskosten richten sich immer nach dem konkreten Einzelfall und werden individuell berechnet. Die Angaben in der Tabelle sind daher nur als grobe Orientierung zu verstehen.
Wenn Sie Ihren Pflichtteil einklagen, könnten etwaige Anwalts- und Gerichtskosten übrigens durch folgende Möglichkeiten finanziert werden:
Eine außergerichtliche oder gerichtliche Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruchs ist zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden. Wenn Sie Ihren Pflichtteil einklagen möchten, dabei allerdings
können Sie über eine Prozesskostenfinanzierung nachdenken. Hier übernimmt ein Finanzierer sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten und das alleinige Kostenrisiko. Im Erfolgsfall wird dieser dann prozentual an der Auszahlung Ihres Pflichtteils beteiligt. Dadurch entstehen für Sie ausschließlich Kosten, wenn Sie Ihren Pflichtteil auch wirklich erhalten haben.
Die Erben können die Auszahlung eines Pflichtteils verweigern, auch wenn ein berechtigter Pflichtteilsanspruch vorliegt. Dann kann man den Pflichtteil einklagen.
Wird aufgrund eines fehlerhaften oder nicht vollständigen Nachlassverzeichnisses ein Pflichtteil nicht korrekt berechnet oder eine nicht den formalen Anforderungen genügende Klageschrift eingereicht, kann einem Pflichtteilsberechtigten der Pflichtteil verweigert oder ihm weniger ausgezahlt werden, als ihm zusteht. Ein Anwalt kann hier sicherstellen, dass Nachlasswert und Pflichtteil korrekt bestimmt werden. Zudem kann er gewährleisten, dass die Klageschrift allen formellen Anforderungen entspricht und der Pflichtteil mithilfe einer auf den individuellen Erbfall zugeschnittenen juristischen Strategie erfolgreich an Sie ausgezahlt wird.
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Wenden Sie sich einfach direkt an die Erben, um Ihren Pflichtteil einzufordern. Wenn die Erben nicht reagieren oder die Auszahlung Ihres Pflichtteils vom Erbe verweigern, können Sie Ihren Anteil mit Hilfe eines Anwalts einfordern.
Ja – wer einen gesetzlichen Anspruch aufs Erbe hat, aber laut Testament nichts oder zu wenig erben soll, kann seinen Pflichtteil trotz Testament einfordern.
Wenn Kinder aufgrund eines Testaments nichts oder zu wenig vom Erbe ihrer Eltern bekommen, können sie ihren Pflichtteil einfordern.
Sobald sie vom Erbfall und ihrem zu geringen Erbteil erfahren haben, haben sie mindestens 3 Jahre und maximal 30 Jahre Zeit, den Pflichtteil einzufordern.
Fordert man seinen Pflichtteil nicht rechtzeitig selbst ein, verjährt der Anspruch auf den Erbanteil. Dann kann man den Pflichtteil nicht mehr einfordern.
Wer Anspruch auf einen Pflichtteil vom Erbe hat, hat mindestens 3 Jahre und maximal 30 Jahre Zeit, diesen Anspruch geltend zu machen. Die Frist beginnt, sobald man vom Erbfall und dem Pflichtteilsanspruch erfahren hat.