Wird ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht, steht ihm ein Pflichtteil zu. Wird die Auszahlung nach schriftlicher Aufforderung verweigert, lässt sich der Pflichtteil einklagen. Welche Kosten dafür anfallen, wer diese tragen muss und wie der Pflichtteil ohne Kostenrisiko eingeklagt werden kann, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Wird ein gesetzlicher Erbe enterbt oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht, hat er Anspruch auf einen Pflichtteil. Wird ihm dessen Auszahlung nach schriftlicher Einforderung verweigert oder wird ein zu niedriger Pflichtteil ausbezahlt, kann er den Pflichtteil einklagen – dessen korrekte Auszahlung wird dann gerichtlich angeordnet. Dabei können Kosten für die Klageeinreichung, die Gerichtsverhandlung und die anwaltliche Vertretung entstehen.
Muss der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil einklagen, werden sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten bei Erfolg der Pflichtteilklage von der Gegenseite übernommen. Sollen das mit einer Klage verbundene Risiko und hohe Kosten im Falle einer Niederlage grundsätzlich vermieden werden, bietet sich eine Prozesskostenfinanzierung an.
Die mit einer Pflichtteilsklage verbundenen Kosten sind dabei abhängig von
Ausführlichere Informationen zum Pflichtteil, den Voraussetzungen für einen Pflichtteilsanspruch, die genaue Berechnung eines Pflichtteils und unseren Pflichtteilsrechner finden in unserem Beitrag zum Pflichtteilsanspruch. Wenn Sie sich unsicher bei der Ermittlung der genauen Nachlasssumme sind, auf deren Grundlage Sie Ihren Pflichtteil berechnen können, empfehlen wir Ihnen unsere Beiträge Nachlasswert ermitteln und Pflichtteil berechnen.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Wer z. B. nach einer Enterbung einen Pflichtteil einklagen will und sich die Frage stellt, wer die Kosten trägt, hat zunächst mit Gerichtskosten zu rechnen. Diese sind im Gerichtskostengesetz (GKG) geregelt und richten sich nach dem Streitwert – also dem konkreten Pflichtteil.
Die Kosten sind zudem davon abhängig, wie weit die Einforderung bereits fortgeschritten ist – Grund dafür ist die sogenannte Stufenklage. In einer ersten Stufe sind hier zunächst Auskünfte über den Nachlass einzuholen und der Erbe zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses aufzufordern, bevor man in Stufe zwei den Pflichtteil einfordern kann. In einer letzten Stufe kann man sich dann den Pflichtteil auszahlen lassen.
Die Kosten für eine Stufenklage werden umso höher, je weniger der Pflichtteilsberechtigte über seinen Anspruch weiß bzw. je geringer die Stufe ist, auf der er sich mit seiner Pflichtteilsklage befindet. Ein Anwalt kann durch eine umfassende Vorbereitung einer Pflichtteilsklage sicherstellen, dass alle wesentlichen Informationen zum Pflichtteil vorliegen – und Sie die im Rahmen einer Pflichtteilsklage entstehenden Kosten zum Teil erheblich reduzieren können.
Die Kosten für die Klage können sich dann zusammensetzen aus:
Dabei berechnen sich die Kosten für Zeugen nach deren Aufwand wie z. B. Kosten für Anreise oder Übernachtung. Für einen Sachverständigen werden in der Regel pauschal 700 Euro fällig – hinzu kommen meist weitere Kosten, die abhängig vom individuellen Arbeitsaufwand des Gutachters sind.
In der nachfolgenden Tabelle haben wir beispielhaft Gerichtskosten zusammengestellt, die entstehen können, wenn Sie Ihren Pflichtteil einklagen wollen. Da jeder Erbfall individuell ist, dienen diese Angaben allerdings nur als grobe Orientierung.
Pflichtteil |
Gerichtskosten |
5.000 € |
438 € |
10.000 € |
723 € |
15.000 € |
879 € |
25.0000 € |
1.113 € |
Wenn Sie einen Pflichtteil einklagen und sich vor Gericht von einem Anwalt vertreten lassen wollen, erhebt dieser auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes Gebühren für seine Tätigkeit. Diese sind von der konkreten Höhe des eingeforderten Pflichtteils abhängig.
Auf dieser Grundlage kann ein Anwalt folgende Gebühren berechnen:
In der folgenden Tabelle haben wir Ihnen beispielhaft Anwaltskosten für verschiedene Streitwerte zusammengestellt. Diese können aber je nach individuellem Erbfall variieren und dienen daher nur zu einer ersten Orientierung.
Pflichtteil |
Verfahrensgebühr |
Terminsgebühr |
Einigungsgebühr |
5.000 € |
393,90 € |
363,60 € |
303,00 € |
10.000 € |
725,40 € |
669,60 € |
558,00 € |
15.000 € |
845,00 € |
780,00 € |
650,00 € |
25.000 € |
1.024,40 € |
945,60 € |
788,00 € |
Ausführlichere Informationen zur Pflichtteilsklage und ihren Voraussetzungen finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteil einklagen. Für Informationen zur Klageeinreichung und den Inhalt einer Klageschrift empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag zum Thema Klage einreichen.
Weigert sich ein Erbe beispielsweise, den Pflichtteil auszuzahlen, und muss man daraufhin den Pflichtteil einklagen, können etwaige Anwalts- und Gerichtskosten unter Umständen vom Erben zurückgefordert werden.
Anwaltskosten
Zunächst muss der Pflichtteilsberechtigte sämtliche Kosten für die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt tragen. Diese kann er aber unter Umständen vom Erben zurückfordern. Wie das geht, erklären wir Ihnen in Kapitel 3: Anwaltsgebühren zurückfordern.
Gerichtskosten
Muss man den Pflichtteil einklagen, trägt die vor Gericht unterlegene Partei sämtliche Kosten. Verliert der Erbe also die Klage, hat er den Pflichtteil auszuzahlen und zusätzlich alle im Rahmen der Pflichtteilsklage angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten zu tragen.
Zahlt der Erbe den Pflichtteil unmittelbar nach Klageeinreichung aus, muss der Kläger die bereits angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten selbst tragen. In diesem Fall besteht schließlich kein Klagegrund mehr, weil der Erbe dem Pflichtteilsanspruch nachgekommen ist. Um dieses Kostenrisiko zu vermeiden, können Sie eine Prozesskostenfinanzierung erwägen – dabei werden sämtliche Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung übernommen. Ausführlichere Informationen dazu finden Sie in Kapitel 3: Alternative ohne Kostenrisiko.
Die Kosten, die entstehen können, wenn man einen Pflichtteil einklagen will, können je nach Streitwert bzw. Pflichtteil sehr hoch werden. Dennoch muss man sich von diesen nicht abschrecken lassen – oder im schlimmsten Fall auf sein Recht auf einen Pflichtteil verzichten. Welche Möglichkeiten es gibt, die mit einer Pflichtteilsklage verbundenen Kosten zu sparen, erklären wir Ihnen jetzt.
Der Pflichtteilsberechtigte kann seine Anwaltskosten vom Erben zurückfordern, wenn dieser
Erben geraten in der Regel automatisch in Zahlungsverzug, weil der Pflichtteilsanspruch gemäß § 2317 BGB sofort mit Eintritt des Erbfalls entsteht. Macht der Pflichtteilsberechtigte also unmittelbar nach dem Erbfall seinen Anspruch geltend, wird der Erbe in Zahlungsverzug gesetzt. Muss der Pflichtteilsberechtigte seinen Anteil anwaltlich einfordern oder gar den Pflichtteil einklagen, entsteht ihm durch die mit einer Klage verbundenen Kosten ein finanzieller Schaden – diesen muss der Erbe begleichen und sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen.
Hohe Kosten einer Pflichtteilsklage brauchen Pflichtteilsberechtigte nicht von der Durchsetzung ihres Anspruchs abschrecken – immerhin besteht die Chance auf eine wesentlich höhere Pflichtteilszahlung. Wenn Sie Ihren Pflichtteil einklagen wollen, Ihnen allerdings
können Sie über eine Prozesskostenfinanzierung nachdenken. Dabei übernimmt ein Prozessfinanzierer sämtliche Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung und wird im Gegenzug prozentual an der Pflichtteilssumme beteiligt.
Neben der Prozessfinanzierung bestehen ggf. weitere Möglichkeiten, mit denen Anwalts- und Gerichtskosten übernommen werden können.
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Besteht ein gesetzlicher Anspruch auf den Pflichtteil und verweigert der Erbe dessen Auszahlung, kann der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil einklagen. Wird dabei der Pflichtteil z. B. aufgrund eines fehlerhaften oder unvollständigen Nachlassverzeichnisses falsch berechnet oder die Klage nicht ordnungsgemäß eingereicht, erhält der Pflichtteilsberechtigte mitunter keinen Pflichtteil – oder weniger, als ihm zusteht. Ein Anwalt für Erbrecht kann in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass der Pflichtteil auf Grundlage eines vollständigen Nachlassverzeichnisses korrekt berechnet und eine etwaige Pflichtteilsklage rechtssicher vorbereitet und eingereicht wird. Außerdem kann der Anwalt mit einer wirksamen juristischen Strategie den Pflichtteilsanspruch erfolgreich vor Gericht durchsetzen.
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Kommt es beispielsweise zwischen den Erben und anderen Angehörigen zum Erbstreit, können Erben den Nachlass mit einem Verfahren vor dem zuständigen Nachlassgericht regeln. Grundsätzlich muss jede Partei die Kosten für die eigene anwaltliche Vertretung zahlen. Ausnahmsweise kann aber der Pflichtteilsberechtigte die Kosten für einen Anwalt vom Erben zurückfordern, wenn dieser den Pflichtteil nur verzögert auszahlt und der Pflichtteilsberechtigte dadurch einen finanziellen Schaden erleidet.
Der Pflichtteilsberechtigte kann über die sogenannte Stufenklage versuchen, seinen Pflichtteil durchzusetzen. Dabei wird zunächst auf Auskunft über den Pflichtteil geklagt und in den weiteren Schritten auf Auskunftserteilung bzw. Zahlung. Die Kosten für die Stufenklage orientieren sich an der Höhe des Pflichtteils. Hier gilt die Faustregel: Je größer der Pflichtteil, desto teurer die Stufenklage.
Neben den Kosten für die anwaltliche Vertretung sind bei einem Erbstreit auch Gerichtskosten von Bedeutung. Diese zahlt die im Prozess unterlegene Partei. Klagt also der Pflichtteilsberechtigte gegenüber den Erben erfolgreich seinen Pflichtteil ein, dann müssen die Erben für die Gerichtskosten aufkommen.
Carolin Stadler hat als Teil der juristischen Redaktion von advocado jahrelange Erfahrung im Schreiben von Ratgeber-Artikeln zu Rechtsthemen – insbesondere zum Erbrecht und Patentrecht. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist das Studium der Organisationskommunikation.