Wurde ein gesetzlicher Erbe enterbt oder mit einem zu geringen Anteil am Erbe bedacht, steht ihm unter Umständen ein Pflichtteil zu. Damit dieser Anspruch nicht verjährt, kann es hilfreich sein, schnell zu reagieren. Wie ein Pflichtteilsanspruch geltend zu machen ist, welche Fristen dabei zu beachten sind und welche juristischen Optionen sich bieten, wenn ein Erbe die Auszahlung des Pflichtteils verweigert, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag.
Damit ein gesetzlicher Erbe im Erbfall seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen kann, muss er entweder enterbt oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht worden sein. Daneben darf der Pflichtteilsanspruch noch nicht verjährt sein. Sind diese Bedingungen erfüllt, kann der Berechtigte seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen und diesen vom Erben einfordern. Verweigert dieser den Pflichtteil, sind weitere juristische Schritte möglich.
In manchen Fällen kommt der Erbe der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nicht nach und verweigert die Auszahlung. Dann bleibt meist nur noch der Gang vor Gericht. Damit verbundene Anwalts- und Gerichtskosten sind bei Erfolg übrigens vom Erben zu tragen.
Ausführlichere Informationen zum Pflichtteil, damit zusammenhängenden gesetzlichen Regelungen, der Berechnung des Pflichtteils und unseren Pflichtteilsrechner finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteilsrecht.
Welche Voraussetzungen konkret zu erfüllen sind, damit Berechtigte ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen können, welche Verjährungsfrist beachtet werden muss und wie sich sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln auswirken können, erfahren Sie im nächsten Kapitel.
Prinzipiell kann der Pflichtteil am Erbe nur geltend gemacht werden, wenn ein Pflichtteilsanspruch besteht. Dieser liegt vor, wenn Sie
Über die Pflichtteilsberechtigung hinaus ist auch die Verjährung des Pflichtteilanspruchs zu beachten. Berechtigte können ihren Pflichtteilsanspruch nur geltend machen, wenn diese noch nicht eingetreten ist.
Gemäß der gesetzlichen Verjährungsfrist kann der Pflichtteil innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis über
geltend gemacht werden. Die Frist beginnt dabei am Ende des entsprechenden Jahres. Trat der Erbfall z. B. im Dezember 2012 ein und hat der Erbe erst im Februar 2013 von seiner Enterbung erfahren, beginnt die Verjährung am 31. Dezember 2013 und endet am 31. Dezember 2016.
Sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln werden häufig im Berliner Testament genutzt. In diesem Ehegattentestament setzen sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerbe ein – übrige Erben wie gemeinsame Kinder erhalten erst mit dem Tod des zweiten Partners ihren Anteil am Erbe. Deswegen sind gesetzliche Erben im ersten Erbfall enterbt und haben daher einen Pflichtteilsanspruch.
Mit Pflichtteilsstrafklauseln soll verhindert werden, dass gesetzliche Erben ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen und der länger lebende Partner diesen auszahlen muss – so kann eine finanzielle Notlage verhindert werden.
Machen Berechtigte ihren Pflichtteil trotz Strafklausel geltend, hat das ggf. die vollständige Enterbung zur Folge. In diesem Fall erhält derjenige auch im zweiten Erbfall nur den gesetzlichen Pflichtteil – auch wenn der gesamte Nachlass höher bewertet ist.
Ein advocado Partner-Anwalt kann mögliche Folgen von Pflichtteilsstrafklauseln für Ihren individuellen Fall prüfen. Er erläutert Ihnen gern Ihre juristischen Optionen, um Ihren Pflichtteilsanspruch dennoch geltend zu machen. Jetzt Ersteinschätzung erhalten.
Ausführlichere Informationen zu Pflichtteilsstrafklauseln, welche Konsequenzen diese haben und was in diesem Zusammenhang noch zu beachten ist, erläutern wir Ihnen in unserem Beitrag zu den Pflichtteilsstrafklauseln. Weitere Informationen zum Pflichtteil im Berliner Testament und die Bedeutung von Pflichtteilstrafklauseln diesbezüglich finden Sie in unserem Beitrag Berliner Testament & Pflichtteil.
Um Ihren Pflichtteil am Erbe geltend zu machen, müssen Sie selbst tätig werden – d. h. Sie müssen den Pflichtteil gegenüber den Erben aktiv einfordern. Bleiben Sie untätig, verjährt Ihr Anspruch.
Damit Sie erfolgreich Ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen können, kann folgende Schrittfolge eingehalten werden:
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Ausführlichere Informationen zur Einforderung des Pflichtteils, wie dabei vorzugehen ist und welche Fallstricke zu beachten sind, finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteil einfordern. Wenn Sie die konkrete Höhe eines Pflichtteils für Ihre individuelle Familienkonstellation berechnen wollen, empfehlen wir Ihnen außerdem unseren Ihren Pflichtteil" href="ratgeber/erbrecht/pflichtteil/pflichtteilrechner.html">Pflichtteilrechner.
Auch wenn ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wurde, passiert es nicht gerade selten, dass der Erbe
Laut § 2331 BGB kann der Erbe bei Zahlungsschwierigkeiten eine Stundung der Pflichtteilszahlung per Stundungsantrag beim zuständigen Nachlassgericht einreichen.
Verweigert der Erbe jedoch die Auszahlung des Pflichtteilanspruchs, so können juristische Schritte eingeleitet werden. So kann z. B. ein Anwalt den Erben auf die Pflicht zur Auszahlung des Pflichtteils hinweisen und ihm gerichtliche Schritte androhen. Kommt der Erbe der Forderung dann immer noch nicht nach, bleibt als letzte Option meist nur noch der Gang vor Gericht. Dann ist unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist Klage beim zuständigen Gericht einzureichen. Hat diese Erfolg muss der Erbe den Pflichtteil auszahlen und sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen.
Mehr Informationen zu dieser Pflichtteilsklage, deren Ablauf und Voraussetzungen erläutern wir Ihnen in unserem Beitrag zum Thema Pflichtteil einklagen.
Kommt es dann immer noch nicht zur Auszahlung des Pflichtteils, so kann das Gericht eine Zwangsvollstreckung anordnen. Der Pflichtteilsberechtigte erhält in diesem Zusammenhang einen Vollstreckungstitel und muss selbst dafür sorgen, dass dieser durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt wird.
Auch wenn Berechtigte ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen können, bedeutet das nicht automatisch, dass der Erbe diesen auch auszahlt. Wird z. B. die Höhe des Pflichtteils aufgrund eines falschen Nachlasswertes zu hoch festgelegt, wird sich der Erbe der Auszahlung höchstwahrscheinlich widersetzen. Auch besteht das Risiko, dass aufgrund eines fehlerhaften oder unvollständigen Nachlassverzeichnisses von einem zu geringen Pflichtteil ausgegangen wird. Nicht selten kann eine schnelle außergerichtliche Einigung dann an zwischenmenschlichen Problemen oder der mit dem Sachverhalt verbundenen emotionalen Ausnahmesituation scheitern.
Ein Anwalt kann für Sie nicht nur den Pflichtteilsanspruch geltend machen, sondern darüber hinaus eine wirksame juristische Strategie entwickeln, mit der eine einvernehmliche Einigung mit dem Erben und eine schnelle Auszahlung des Pflichtteils erreicht werden kann.
Der Anwalt kann u. a. folgende Aufgaben übernehmen:
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Sofern Pflichtteilsberechtigte außergerichtlich oder gerichtlich einen Pflichtteilsanspruch geltend machen wollen, können unter Umständen Anwalts- und Gerichtskosten damit verbunden sein. Diese gelten als anerkannte Schadensposition und sind bei einer erfolgreichen Durchsetzung des Pflichtteilsanspruch vom Erben zu tragen.
Außergerichtliche Kosten
Wird eine außergerichtliche Einigung mit dem Erben bezüglich des Pflichtteilsanspruchs angestrebt, sind Gutachterkosten denkbar. Diese entstehen, wenn dieser beispielsweise die in einem Nachlassverzeichnis verzeichneten werthaltigen Nachlassgegenstände wie Immobilien oder Grundstücke auf korrekte Ansetzung überprüft. Wird – um u. a. die Verhandlungen mit der Gegenseite zu verkürzen – außerdem ein Anwalt hinzugezogen, löst dessen Tätigkeit Anwaltskosten aus.
Diese Kosten sind dabei abhängig vom Streitwert – also von der konkreten Höhe des Pflichtteilsanspruchs – und werden auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechnet. Folgende Kosten könnte der Anwalt in Rechnung stellen:
Zum besseren Verständnis haben wir in der folgenden Tabelle exemplarische Streitwerte und daraus resultierende Anwaltskosten für Sie zusammengestellt:
Streitwert bis ... |
Anwaltskosten |
500 € |
126,00 € |
2.000 € |
420,00 € |
4.000 € |
705,60 € |
Hinweis: Anwaltskosten werden immer individuell und mit Blick auf den Einzelfall berechnet. Die Werte der Tabelle dienen deshalb nur zur groben Orientierung.
Bezüglich der anwaltlichen Vertretung kann aber auch eine individuelle Vergütungsvereinbarung zum Festpreis abgeschlossen werden. In diesem Fall würde der Anwalt seine Leistungen dann auf Grundlage der tatsächlich angefallenen Arbeitsstunden berechnen.
Gerichtliche Kosten
Ist der Erbe nicht bereit, einen Pflichtteil auszuzahlen, oder will einen viel geringeren Pflichtteil auszahlen, als dem Pflichtteilsberechtigten zustehen würde, kann dieser seinen Pflichtteilsanspruch gerichtlich geltend machen. Dies löst dann Gerichtskosten aus, die sich aus gerichtlichen Gebühren für die Tätigkeit des Gerichts und aus gerichtlichen Auslagen für Zeugenbefragungen, Gutachten, Dolmetscher oder Telekommunikation bzw. Post zusammensetzen können. Auch deren Höhe ist vom Streitwert – also dem geforderten Pflichtteil – abhängig.
Wird ein Gerichtsprozess mit anwaltlicher Unterstützung bestritten, so kann laut RVG u. a. folgende Gebühren berechnen:
In der folgenden Tabelle sind beispielhaft einige Streitwerte und die daraus resultierenden Anwalts- und Gerichtskosten zusammengefasst:
Streitwert bis ... |
Anwalts- und Gerichtskosten |
500 € |
192,50 € |
2.000 € |
614,00 € |
4.000 € |
1.009,00 € |
Hinweis: Anwaltskosten werden immer individuell und mit Blick auf den Einzelfall berechnet. Die Werte der Tabelle dienen deshalb nur zur groben Orientierung.
Abhängig von der Höhe des Pflichtteils können die Anwalts- und Gerichtskosten für eine gerichtliche Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs sehr hoch ausfallen. Damit Sie dennoch einen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, obwohl Sie
können Sie eine Prozesskostenfinanzierung erwägen. Dabei übernimmt ein Finanzierer sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten und wird – im Erfolgsfall – prozentual an der Auszahlung des Pflichtteils beteiligt. Kosten entstehen Ihnen also erst dann, wenn Sie Ihren Pflichtteil erfolgreich geltend gemacht haben.
Wird ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht, können die anfallenden Anwalts- und Gerichtskosten durch verschiedene Möglichkeiten finanziert werden:
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Hat ein Pflichtteilsberechtigter einen begründeten und noch nicht verjährten Anspruch auf den Pflichtteil, kann dieser Pflichtteilsanspruch geltend gemacht werden. Ein Anwalt kann dabei sicherstellen, dass das Nachlassverzeichnis fehlerfrei erstellt, alle Nachlassgegenstände mit ihrem konkreten Wert erfasst und der Pflichtteil korrekt berechnet wird. Darüber hinaus gewährleistet er, dass alle gesetzlichen Regelungen bezüglich der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs beachtet werden. Auch im Falle von Zahlungsschwierigkeiten des Erben oder seiner Weigerung, den Pflichtteil auszuzahlen, kann ein Anwalt mit der passenden juristischen Strategie dafür sorgen, dass der Pflichtteil dennoch schnell ausgezahlt wird.
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Carolin Stadler hat als Teil der juristischen Redaktion von advocado jahrelange Erfahrung im Schreiben von Ratgeber-Artikeln zu Rechtsthemen – insbesondere zum Erbrecht und Patentrecht. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist das Studium der Organisationskommunikation.