Die gegenseitige Absicherung steht für viele Ehepaare und Lebenspartner an erster Stelle. In diesem Zusammenhang kann der gemeinsame Nachlass geregelt und bestimmt werden, was im Todesfall mit dem Vermögen passiert. Hier bietet sich ein Ehegattentestament an. Was genau das ist, wie es erstellt wird und welche Kosten damit verbunden sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Mit einem Ehegattentestament – auch gemeinschaftliches Testament genannt – können Ehepaare und eingetragene Lebenspartner ihren gemeinsamen Nachlass und die Aufteilung ihres Vermögens bestimmen. Durch spezielle Verfügungen kann z. B. der länger lebende Partner im Erbfall abgesichert werden. Ohne eine gemeinsame Regelung erbt der Partner gemäß gesetzlicher Erbfolge nur einen Teil des Vermögens, wenn es noch andere Erben gibt.
Eine Sonderform des Ehegattentestaments ist das Berliner Testament. Damit setzen sich Ehe- oder Lebenspartner zunächst gegenseitig als Alleinerben ein. Diese und weitere Arten des Ehegattentestaments werden im Folgenden erklärt.
Welche Arten von Ehegattentestamenten es gibt, worin sie sich voneinander unterscheiden und wer sie nutzen kann, wird im Folgenden erklärt.
Im Rahmen des Ehegattentestaments werden im Allgemeinen 3 Arten unterschieden:
Gleichzeitiges gemeinschaftliches Ehegattentestament
Bei einem gleichzeitigen gemeinschaftlichen Ehegattentestament handelt es sich im Wesentlichen um zwei separate Testamente, die nur äußerlich zu einem verbunden worden sind. Die in ihnen vorgenommenen Verfügungen sind weder aufeinander abgestimmt noch inhaltlich miteinander verbunden.
Dennoch ist diese Art als gemeinschaftliches Ehegattentestament zu verstehen, weil beide Testamente zum gleichen Zeitpunkt erstellt worden sind und gemeinsam aufbewahrt werden. Außerdem entscheiden beide Partner auch gemeinsam, sich nicht gegenseitig im Testament zu bedenken, sondern voneinander unabhängige Verfügungen zu treffen.
Gegenseitiges Ehegattentestament
Ein gegenseitiges Ehegattentestament liegt vor, wenn beide Partner jeweils ein Testament erstellen und sich darin gegenseitig begünstigen – z. B. mit einer Erbeinsetzung oder einem Vermächtnis. Die Verfügungen sind also inhaltlich miteinander verbunden. Jedoch sind die Testamente nicht voneinander abhängig, denn die Wirksamkeit eines der Testamente wird nicht durch das andere beeinflusst – wird im Nachgang eines der beiden für ungültig erklärt, ändert dies nichts an der Gültigkeit des anderen.
Wechselbezügliches Ehegattentestament
Ein wechselbezügliches Ehegattentestament entspricht den Vorstellungen der meisten Ehepaare und Lebenspartner – sie erstellen ein gemeinsames Dokument, in dem gemeinsame Verfügungen festgehalten werden. Es zeichnet sich dadurch aus, dass die jeweiligen Verfügungen voneinander abhängig sind. Das bedeutet, die Regelungen wären nicht ohne die des anderen Partners entstanden – z. B. setzt der eine Partner den anderen nur dann als Alleinerben ein, wenn dieser dasselbe tut.
Das gilt auch für die Wirksamkeit des wechselbezüglichen Testaments, denn die Regelungen können nicht unabhängig voneinander für ungültig erklärt werden – sobald die Verfügung eines Partners unwirksam wird, gilt das automatisch auch für die des anderen. Durch die Gestaltungsmöglichkeiten des Testaments kann das aber geändert werden.
Welche Verfügungen wechselbezüglich sein sollen, bestimmen dabei allein die Partner bei der Erstellung des Testaments. Am Ende des Dokuments muss dann festgelegt werden, welche der Verfügungen wechselbezüglich gelten sollen. Fehlt diese Bestimmung, kann das im Erbfall zu Unklarheiten führen. Dann muss durch eine Testamentsauslegung ermittelt werden, welche einzelnen Regelungen wechselbezüglich sind und welche nicht – z. B. wird durch Befragung der Angehörigen der Wille des erstverstorbenen Partners festgestellt.
Die Wechselbezüglichkeit findet sich vor allem im Berliner Testament – was das ist, was es beinhaltet und welche Folgen es für andere gesetzliche Erben hat, wird im nächsten Kapitel erklärt.
Das Berliner Testament ist eine Sonderform des wechselbezüglichen Ehegattentestaments. Die grundsätzliche Intention ist es, zuerst den überlebenden Partner abzusichern, bevor das Vermögen auf die anderen gesetzlichen Erben übergeht. Dafür setzen Ehepaare oder Lebenspartner ein gemeinsames Testament auf, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen.
Hat ein Ehepaar ein Berliner Testament verfasst, ist damit die Erbaufteilung für zwei Erbfälle gleichzeitig geregelt. Im ersten Erbfall geht der gesamte Nachlass zunächst auf den länger lebenden Partner über – dieser ist Vorerbe. Andere gesetzliche Erben sind zu diesem Zeitpunkt noch von der Erbfolge ausgeschlossen. Sie erben erst im zweiten Erbfall und sind daher sogenannte Nacherben.
Die Verfügungen im Berliner Testament sind auch nach dem ersten Erbfall für den länger lebenden Partner bindend. Dieser kann keine andere Regelung mehr für seinen Nachlass treffen – er ist weiterhin an das gemeinsame Testament gebunden. Z. B. kann ein Sohn vom überlebenden Elternteil nicht mehr enterbt werden, wenn seine Eltern ein Berliner Testament verfasst und ihn somit zum Nacherben ernannt haben. Allerdings kann eine Freistellungsklausel ermöglichen, dass der länger lebende Partner trotz des Ehegattentestaments abweichende Regelungen treffen darf – was das genau bedeutet, wird in Kapitel 3.1. – Form- & Inhaltsvorschriften eines Ehegattentestaments erklärt.
Ein gesetzliches Erbrecht haben grundsätzlich nur Angehörige eines Erblassers – also unter anderem ein
Aus diesem Grund dürfen auch nur sie ein Ehegattentestament aufsetzen. Das gilt auch, wenn die Partnerschaft über einen langen Zeitraum andauert und einer Ehe ähnelt.
Soll ein Lebensgefährte dennoch im Erbfall bevorzugt werden, ist das nur durch ein Testament möglich – durch die Testierfreiheit kann ein Erblasser frei entscheiden, wen er in seinem Testament bedenken möchte. Alternativ kann auch ein Erbvertrag vereinbart werden.
Wollen Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner ein Ehegattentestament aufsetzen, müssen dabei verschiedene Vorschriften beachtet werden. Welche das sind, wird im Folgenden erklärt.
Formvorschriften
Grundsätzlich gibt es keine Vorschrift darüber, in welcher Form das Ehegattentestament zu erstellen ist. Lediglich das Berliner Testament muss aus einem Dokument bestehen und von einem der Erblasser komplett handschriftlich verfasst werden – die Unterschrift beider Partner ist dabei unerlässlich.
Bei den anderen Arten des Ehegattentestaments werden in der Regel zwei Testamente erstellt. Diese können entweder handschriftlich verfasst oder von einem Notar aufgesetzt werden. Bei getrennten Ehegattentestamenten kann es außerdem sinnvoll sein, diese zusammengeheftet aufzubewahren, damit im Erbfall die Gemeinschaftlichkeit der Verfügungen deutlich wird.
Inhaltsvorschriften
In der Regel enthält ein Ehegattentestament die gleichen Punkte wie ein einzelnes Testament auch. Das bedeutet, jeder Partner kann Verfügungen darin treffen, die er für sich selbst auch in einem Einzeltestament anordnen würde. Folgende Inhalte sind für ein Testament üblich:
Das Berliner Testament unterscheidet sich durch seinen besonderen Inhalt von den übrigen Arten des Ehegattentestaments. Zunächst enthält es die Verfügung, dass der Partner als Alleinerbe eingesetzt wird. Dieser erhält im ersten Erbfall das gesamte Vermögen, während übrige Erben keinen Anteil bekommen – es sei denn, sie wurden durch ein Vermächtnis auch im ersten Erbfall bedacht. Anschließend muss bestimmt werden, wer im zweiten Erbfall wie viel erben soll – z. B. erben alle drei Kinder zu gleichen Teilen. Zusätzlich sollte ein Berliner Testament zwei Klauseln enthalten: die Freistellungsklausel und die Wiederverheiratungsklausel.
Die Freistellungsklausel ermöglicht es dem länger lebenden Partner, die Verfügungen auch nach dem ersten Erbfall zu ändern. Fehlt diese Klausel, ist der dieser Partner auch nach dem Tod des Ehepartners an die gemeinsamen Verfügungen gebunden – er kann dann keine Regelungen mehr für seinen eigenen Nachlass festlegen.
Mit einer Wiederverheiratungsklausel kann verhindert werden, dass der Nachlass des Erstverstorbenen in die neue Familie des länger lebenden Partners einfließt – der neue Ehepartner würde durch die Heirat schließlich erbberechtigt werden. In der Regel beinhaltet diese Klausel, dass der Nachlass des Erstverstorbenen bei einer erneuten Heirat ganz oder teilweise an die Nacherben herausgegeben werden muss.
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Grundsätzlich haben gesetzliche Erben einen sogenannten Pflichtteilsanspruch. Dies ist eine gesetzlich festgelegte Mindestbeteiligung am Erbe für nahe Verwandte des Erblassers.
Setzen sich Ehepaare oder Lebenspartner gegenseitig als Alleinerben ein, können übrige Erben ihren Pflichtteil vom länger lebenden Partner einfordern. Das kann zu Auseinandersetzungen und einem finanziellen Risiko für den länger lebenden Partner führen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen:
Pflichtteilsverzicht
Zunächst können Ehepaare und Lebenspartner vor der Erstellung des Ehegattentestaments mit ihren Erben einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Dieser wird in einem Pflichtteilsverzichtsvertrag festgehalten und bewirkt, dass der verzichtende Erbe keinen Pflichtteilsanspruch mehr hat – er kann ihn also gegenüber dem länger lebenden Partner nicht mehr einfordern.
Mehr Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag „Pflichtteilsverzicht“.
Reduzierung des Pflichtteils
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Sie einen Pflichtteilsanspruch reduzieren oder vollkommen umgehen können. Alle Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag „Pflichtteil umgehen“.
Pflichtteilsstrafklauseln
Abschließend kann im Ehegattentestament eine Pflichtteilsstrafklausel festgelegt werden. Verzichtet kein Erbe freiwillig auf seinen Pflichtteil oder wurden ihnen keine Zuwendungen gemäß § 2315 BGB gemacht, ist das die letzte Möglichkeit, Pflichtteilsansprüche gegen den länger lebenden Partner zu vermeiden. Die Klausel beinhaltet, dass der Pflichtteilsberechtigte und dessen Nachkommen auch von der Erbfolge nach dem zweiten Erbfall ausgeschlossen werden, wenn Pflichtteilsansprüche gegen den Willen des länger lebenden Partners durchgesetzt werden. Sie erhalten dann weder nach dem ersten noch nach dem zweiten Erbfall einen Anteil am Nachlass. Eine Beispielformulierung der Pflichtteilsstrafklausel finden Sie im Kapitel 3.4 – Muster-Vorlage für ein Ehegattentestament.
Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag „Pflichtteilsstrafklausel“.
Zusammenfassung zum Kapitel
Nachfolgend sind alle wichtigen Punkte zum Pflichtteil bei einem Ehegattentestament zusammengefasst:
Grundsätzlich muss das Ehegattentestament nicht zwingend von einem Notar beurkundet werden – es besteht also keine Notarpflicht. Seine Unterschrift kann aber gewährleisten, dass die Echtheit des Testaments im Erbfall nicht angezweifelt wird.
Ein gleichzeitig gemeinschaftliches und ein gegenseitiges Ehegattentestament bestehen aus zwei einzelnen Testamenten – diese werden an den individuellen Fall angepasst. Da das Berliner Testament eine Sonderform darstellt, finden Sie folgend ein Muster.
Wir, (Vor- und Nachname, Geburtsdatum und -ort der Ehepartner), setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein.
Als alleinige Nacherben werden unsere gemeinsamen Kinder eingesetzt. Die Kinder sollen zu gleichen Teilen erben. Unsere Kinder sind: (Namen, Geburtsdaten und -orte aller Kinder).
Freistellungsklausel: Der überlebende Ehepartner ist berechtigt, diese Erbeinsetzung unter unseren ehelichen Kindern und deren Abkömmlingen nach seinem Belieben zu ändern.
Wiederverheiratungsklausel: Im Falle einer erneuten Heirat soll das bereits angefallene Erbe an unsere Kinder herausgegeben werden.
Pflichtteilsstrafklausel: Macht einer unserer Abkömmlinge nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten entgegen dem Willen des überlebenden Ehegatten seinen Pflichtteil geltend, so soll er auch beim zweiten Erbfall enterbt sein und dann nur seinen Pflichtteil bekommen.
Ist eine der in diesem Testament enthaltenen Anordnungen unwirksam, so bleiben alle übrigen Verfügungen wirksam.
Ort, Datum, Unterschrift des ersten Ehepartners
Dies ist auch mein letzter Wille.
Ort, Datum, Unterschrift des zweiten Ehepartners
Da das Ehegattentestament auch handschriftlich verfasst werden kann, finden Sie weitere Mustervorlagen für ein handgeschriebenes Testament, Informationen über dessen Gültigkeit und die Aufbewahrung in unserem Beitrag „Handschriftliches Testament erstellen“.
Bitte beachten Sie, dass dieses Muster standardisierte Phrasen enthält. Da jeder Erbfall individuell ist, kann es helfen, dieses Muster lediglich als Grundlage zu nutzen und auf Ihre Vorstellungen und Wünsche zuzuschneiden. Um dabei alle inhaltlichen und formalen Vorschriften zu beachten, kann ein Anwalt für Erbrecht behilflich sein und Fehler ausschließen.
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Haben Ehepaare oder Lebenspartner ein Ehegattentestament aufgesetzt, kann es durch die Scheidung, erneute Heirat oder gleichzeitiges Versterben beider Partner beeinflusst werden. Was in solchen Fällen mit dem Ehegattentestament passiert, wird im Folgenden erklärt.
Scheidung
Lassen Ehepaare sich scheiden, verliert das Ehegattentestament seine Gültigkeit. Das geht aber nicht automatisch, sondern die Partner müssen in diesem Fall selbst aktiv werden.
Bei einem privatschriftlich verfassten Dokument reicht die Vernichtung aus, damit die Verfügungen des Ehegattentestaments unwirksam werden. Ein notariell aufgesetztes Testament muss durch den Notar aus der amtlichen Verwahrung zurückgefordert und dann vernichtet werden.
Damit vermieden wird, dass der geschiedene Partner nach der Scheidung seine Ansprüche daraus geltend macht, kann im Testament nicht festgelegt werden, dass die Verfügungen auch nach einer Scheidung gelten.
Ausführlichere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Beitrag „Testament nach Scheidung anpassen“.
Erneute Heirat
Heiratet der verwitwete Partner erneut, wird der neue Ehepartner erb- und pflichtteilsberechtigt. Wurden die Kinder aus erster Ehe im Ehegattentestament als Nacherben eingesetzt, besteht das Risiko, dass sie durch die erneute Heirat eines Elternteils weniger vom Nachlass erhalten. Damit das verhindert werden kann, kann eine Wiederverheiratungsklausel in das Ehegattentestament aufgenommen werden.
Darin ist festgelegt, dass das bereits angefallene Erbe bei einer erneuten Heirat auf die Nacherben übergeht – der Nachlass des Erstverstorbenen ist damit endgültig geregelt. Ohne diese Klausel muss das Ehegattentestament vom länger lebenden Partner innerhalb eines Jahres nach der Wiederheirat angefochten werden – z. B. wenn er seinen neuen Partner im Erbfall bedenken will. Diese ist aber nur erfolgreich, wenn ein triftiger Anfechtungsgrund vorliegt und nachgewiesen wird.
Ehepaare und Lebenspartner können für den Fall des gleichzeitigen Versterbens vorsorgen. Durch die sogenannte Katastrophenklausel wird dann die Erbaufteilung bestimmt. Diese kann z. B. beinhalten, dass der Nachlass in diesem Fall direkt auf die Nacherben übergeht.
Damit Auslegungsfehler vermieden werden, kann die Katastrophenklausel auch für den Fall gelten, dass die Eheleute kurz hintereinander versterben. Z. B. kann festgelegt werden, dass der Nachlass auch dann direkt auf die Nacherben übergeht, wenn beide Partner in einem Abstand von z. B. maximal 2 Monaten versterben.
Für das Ehegattentestament fallen nur Kosten an, wenn es bei einem Notar oder mithilfe eines Anwalts erstellt wird.
Für die Beratung durch einen Notar fällt gemäß dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) eine einfache Gebühr (1,0) für Ehegattentestamente, die aus zwei einzelnen Testamenten bestehen, an – für ein Berliner Testament jedoch die doppelte Gebühr (2,0). Die Höhe der Gebühr ist dabei abhängig vom Nachlasswert – also dem Gesamtwert des Vermögens.
Ausführlichere Informationen zur Berechnung des Werts finden Sie in unserem Beitrag „Nachlasswert ermitteln & berechnen“.
Nachfolgender Tabelle können Sie entnehmen, wie hoch die Gebühren ausfallen können:
Nachlasswert |
Einzeltestament |
Berliner Testament |
10.000 € |
75 € |
156 € |
50.000 € |
165 € |
330 € |
100.000 € |
273 € |
546 € |
200.000 € |
435 € |
870 € |
500.000 € |
935 € |
1.870 € |
Wird das Ehegattentestament von einem Anwalt aufgesetzt, verursacht das ebenfalls Kosten. Diese sind jedoch nicht allgemeingültig geregelt oder in einer Gebührentabelle zusammengefasst. Das bedeutet, die Erblasser und der Anwalt vereinbaren gemeinsam eine angemessene Gebühr.
Eine anwaltliche Beratung verursacht jedoch nicht nur Kosten. Durch eine Nachlassplanung eines Anwalts für Erbrecht können auch viele Kosten und eine etwaige Erbschaftssteuer minimiert werden. Außerdem kann dieser dafür sorgen, dass alle Verfügungen ihren Zweck erfüllen und der gemeinsame Wille von Ehepaaren und Lebenspartnern in Erfüllung geht.
Die Eröffnung eines Testaments findet grundsätzlich an einem durch das Nachlassgericht festgelegten Eröffnungstermin statt. Den Anwesenden wird der Inhalt erklärt und Abwesende, die erbberechtigt sind, werden darüber per Post informiert. Gemäß § 2273 BGB gelten für den ersten und den zweiten Erbfall jeweils unterschiedliche Regeln für die Eröffnung des Testaments.
Erster Erbfall
Nach dem ersten Erbfall werden bei der Testamentseröffnung nur die Verfügungen von diesem und die davon abhängigen Verfügungen des anderen Partners verkündet – es wird also nicht das gesamte Testament eröffnet.
Zweiter Erbfall
Nach dem zweiten Erbfall wird das Ehegattentestament schließlich erneut eröffnet. Bei diesem Termin werden dann die Verfügungen des zweitverstorbenen Partners verkündet – danach ist den beteiligten Erben also das gesamte Ehegattentestament bekannt.
Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Testamentseröffnung“.
Grundsätzlich kann jedes Testament geändert oder widerrufen werden. Beim Ehegattentestament ist die Unterscheidung der verschiedenen Arten wichtig.
Bestehen Ehegattentestamente aus zwei getrennten Testamenten wie das gleichzeitig gemeinschaftliche und gegenseitige Testament, gelten für die Änderung und den Widerruf die gleichen Regeln wie bei einem Einzeltestament. Für eine Änderung wird in der Regel ein bestehendes Testament durch ein nachfolgendes ergänzt – es wird folglich ein neues Testament mit neuen Inhalten aufgesetzt. Daher bestehen zwei Testamente zur gleichen Zeit, die sich inhaltlich ergänzen. Für den Widerruf des Testaments ist lediglich die Vernichtung des Dokuments erforderlich – danach kann ein neues Testament aufgesetzt werden.
Wurden die Testamente von einem Notar aufgesetzt, muss dieser sowohl für die Änderung als auch für den Widerruf kontaktiert werden – das Testament ist schließlich amtlich verwahrt und würde trotz privatschriftlicher Änderung oder privater Vernichtung weiter bestehen.
Bei einem wechselbezüglichen Testament – wie das Berliner Testament – ist eine Änderung oder ein Widerruf nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Generell ist das nur zu Lebzeiten beider Ehepartner zulässig. Nach dem ersten Erbfall kann das Ehegattentestament weder geändert noch widerrufen werden – der länger lebende Partner kann nur dann wieder frei über seinen Nachlass verfügen, wenn eine Freistellungsklausel vereinbart wurde – oder durch eine Erbausschlagung.
Dabei kann das Ehepaar die Änderung oder den Widerruf gemeinsam veranlassen oder einer der Partner allein. Entscheiden sie sich für eine einvernehmliche Lösung, können sie ein gemeinschaftliches Widerrufstestament aufsetzen, einen widersprechenden Erbvertrag vereinbaren oder die Testamentsurkunde vernichten. Möchte einer der Partner das Ehegattentestament allein widerrufen oder ändern, muss er das persönlich erklären. Diese Erklärung muss notariell beurkundet und dem anderen Partner zugestellt werden – andernfalls ist die Änderung oder der Widerruf unwirksam.
Wie das Ehegattentestament angefochten werden kann, wird im nächsten Kapitel erklärt.
Entstehen nach dem Erbfall Unstimmigkeiten in Bezug auf das Ehegattentestament, ist eine Anfechtung möglich. Auch hier macht es einen Unterschied, ob es sich um zwei Einzeltestamente oder ein wechselbezügliches Ehegattentestament handelt.
Bei Ehegattentestamenten, die aus zwei einzelnen Testamenten bestehen, können einzelne Verfügungen nach dem Erbfall angefochten werden. Ist die Anfechtung erfolgreich, gelten nur diese als ungültig und die übrigen gelten weiterhin – bei dieser Art des Ehegattentestaments ist die Gültigkeit der Verfügungen beider Partner schließlich nicht voneinander abhängig.
Bei wechselbezüglichen Ehegattentestamenten wird mit der Anfechtung der Verfügung eines Partners gleichzeitig auch die des anderen angefochten – die Verfügungen sind schließlich voneinander abhängig. Ist die Anfechtung dann erfolgreich, gelten beide Verfügungen als unwirksam.
Besteht nach dem Erbfall Grund zur Annahme, dass das Ehegattentestament fehlerhaft ist, kann es von bestimmten Personen angefochten werden. Im Wesentlichen sind das die Personen, denen eine erfolgreiche Anfechtung zugutekommt – also alle gesetzlichen Erben. Zu beachten ist aber, dass durch eine Wiederheirat der neue Partner auch erbberechtigt ist und damit auch anfechtungsberechtigt.
Ausführlichere Informationen, wichtige Fristen sowie 15 Gründe, warum man ein Testament anfechten kann, finden Sie in unserem Beitrag „Testament anfechten“.
Ein Ehegattentestament kann sowohl Vor- als auch Nachteile haben – bevor Ehepaare oder Lebenspartner also die Entscheidung darüber treffen, könnte es wichtig sein, wenn alle Konsequenzen bekannt sind.
Vorteile
✓ Ehepaare und Lebenspartner können ihren Nachlass umfassend gemeinsam regeln – der Inhalt kann aufeinander abgestimmt werden, sodass der gemeinsame Wille deutlich wird.
✓ Gleichzeitige Regelung der Erbaufteilung beider Erbfälle im Berliner Testament: Im ersten Erbfall geht der Nachlass zunächst auf den länger lebenden Partner über, bevor andere gesetzliche Erben nach dem zweiten Erbfall bedacht werden.
✓ Absicherung des Partners im Erbfall, sodass dieser keine Einschränkungen des wirtschaftlichen Lebensstandards hinnehmen muss.
✓ Erbstreitigkeiten im ersten Erbfall zwischen dem länger lebenden Partner und anderen gesetzlichen Erben werden vermieden, da durch ein Ehegattentestament keine Erbengemeinschaft entsteht – Ehepaare und Lebenspartner setzen sich häufig als Alleinerben ein. So kann z. B. das Familienheim vor einer Zerschlagung geschützt werden.
✓ Es besteht keine Notarpflicht – das Ehegattentestament kann sowohl privatschriftlich verfasst als auch notariell aufgesetzt oder mithilfe eines Anwalts verfasst werden.
✓ Änderung gemeinsamer (wechselbezüglicher) Verfügungen ist nicht einseitig möglich – Verfügungen, die nur einen der Partner betreffen, können von diesem selbst nur widerrufen werden.
Nachteile
X Es sind Pflichtteilsforderungen gegen den länger lebenden Partner möglich – mit einer Pflichtteilsstrafklausel kann das aber verhindert werden.
X Bei wechselbezüglichen Testamenten ist die Gültigkeit der Verfügungen voneinander abhängig – wird eine der Verfügungen nichtig, gilt das auch für die des Partners.
Sowohl vorteilhaft als auch nachteilig
O Hohe Bindungswirkung für den Ehepartner: Nach dem ersten Erbfall kann dieser die Verfügung nicht ohne Weiteres auflösen – eine Änderung oder ein Widerruf ist ohne Freistellungsklausel nicht möglich und eine Anfechtung muss einen triftigen Grund haben.
Mit einem Ehegattentestament können Ehepaare und eingetragene Lebenspartner ihren Nachlass gemeinsam regeln und sich gegebenenfalls gegenseitig absichern. So kann der Lebensstandard uneingeschränkt fortgeführt werden und der länger lebende Partner wird nicht mit Erbstreitigkeiten konfrontiert. Damit das Ehegattentestament von Vorteil ist und den individuellen Anforderungen entspricht, können Sie sich von einem Anwalt beraten lassen.
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Carolin Stadler hat als Teil der juristischen Redaktion von advocado jahrelange Erfahrung im Schreiben von Ratgeber-Artikeln zu Rechtsthemen – insbesondere zum Erbrecht und Patentrecht. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist das Studium der Organisationskommunikation.