Nicht jeder Mensch hat seinen Nachlass abschließend geregelt. In lebensbedrohlichen Situationen kann dies durch ein Nottestament rechtskräftig nachgeholt werden, ohne ein Testament schriftlich aufsetzen oder notariell beglaubigen zu müssen. Was ein Nottestament ist, welche Voraussetzungen für ein Nottestament erfüllt sein müssen und was dabei sonst noch alles beachtet werden muss, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Ein Nottestament (Drei-Zeugen-Testament) ist eine außerordentliche Form des Testaments und garantiert Erblassern nach § 2250 BGB in Notsituationen die Regelung ihres Nachlasses. Es findet immer dann Anwendung, wenn sich ein Erblasser in einer lebensbedrohenden Notlage befindet und deshalb weder ein eigenhändiges Testament verfassen noch bei einem Notar aufsetzen lassen kann.
Das Testament kann z. B. eingesetzt werden, wenn der Erblasser unter Lebensgefahr im Krankenhaus liegt.
In Abgrenzung zu ordentlichen Testamenten, die schriftlich festgehalten werden, kann der letzte Wille des Erblassers durch ein Nottestament mündlich vor drei befugten Zeugen erklärt werden.
Ausführlichere Informationen zur notariellen Testamentserstellung finden Sie in unserem Beitrag Testament schreiben.
Neben der ausschließlichen Gültigkeit in Notsituationen existiert auch eine zeitliche Befristung des Nottestaments. So verliert es gemäß § 2252 BGB nach drei Monaten seine Gültigkeit, wenn der Erblasser zu diesem Zeitpunkt noch lebt.
Beispiel:
Eine Mutter liegt nach einem Unfall unter Lebensgefahr im Krankenhaus und möchte ein Nottestament für ihre Verwandten erstellen. Das Nottestament wird am 10.01.2018 erstellt und behält bis zum 10.04.2018 seine Gültigkeit. Da die Mutter sich von dem Unfall erholt und bis zum Ende der Verjährungsfrist kein Erbfall eingetreten ist, wird das Nottestament ab diesem Zeitpunkt ungültig.
Damit ein Nottestament Rechtskräftigkeit erlangt, müssen vor allem zwei Voraussetzungen erfüllt sein.
1. Zunächst muss der Erblasser in akuter Lebensgefahr schweben. Unerheblich ist dabei, wodurch ihm Todesgefahr droht. Laut einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 10.02.2017 (Az. 15 W 587/15) ist ausschlaggebend, dass die Todesgefahr entweder objektiv oder nach Meinung der drei Zeugen subjektiv besteht. Darüber hinaus muss es dem Erblasser unmöglich sein, ein eigenhändiges Testament aufzusetzen oder einen Notar aufzusuchen.
2. Die zweite Bedingung für ein Nottestament ist, dass drei Zeugen den Willen des Erblassers bestätigen können. Diese müssen während der gesamten Erklärung des Erblassers anwesend sein und den letzten Willen niederschreiben. Sie ersetzen somit den Notar.
Im Falle einer Notsituation stehen dem Erblasser drei Formen des Nottestaments zur Verfügung. Diese haben gemeinsam, dass immer drei Testamentszeugen anwesend sein müssen – Ort und Zeugen variieren jedoch je nach Art des Nottestamentes.
Beim Bürgermeistertestament nach § 2249 BGB wird das Nottestament mündlich vor dem Bürgermeister und zwei weiteren Zeugen errichtet. Der Bürgermeister ist verpflichtet, die Anordnung niederzuschreiben, welche dann von ihm und den zwei weiteren Zeugen unterschrieben werden muss.
Das Drei-Zeugen-Testament regelt laut § 2250 BGB, dass der Erblasser seinen letzten Willen mündlich vor drei Zeugen erklären kann. Diese müssen den letzten Willen gemeinsam gemäß den gesetzlichen Formvorschriften niederschreiben und machen damit das Nottestament des Erblassers rechtskräftig. Welche Formvorschriften gelten und wann eine Person als Zeuge infrage kommt, erfahren Sie in den folgenden Kapiteln.
Die letzte Art des Nottestaments ist nach § 2251 BGB das Seetestament. Bei diesem muss sich der Erblasser an Bord eines Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befinden und kann dort – wie bei den anderen Arten – vor drei Zeugen seinen Nachlasswillen verkünden. Die Testamentszeugen müssen auch hier den Willen niederschreiben und das Dokument unterzeichnen.
Nottestamente werden häufig gebraucht, wenn eine Person einen Unfall hatte oder mit einer lebensbedrohlichen Krankheit im Krankenhaus liegt und bisher noch keine Regelungen über den Nachlass getroffen hat. Für die Erstellung eines Nottestamentes im Krankenhaus gibt es allerdings keine gesonderten Regelungen – in diesem Fall muss auf das Drei-Zeugen-Testament zurückgegriffen werden.
Bei der Erstellung eines Nottestaments muss beachtet werden, dass bestimmte Personen keine Testamentszeugen sein können. Das Beurkundungsgesetz schließt folgende Personen als Zeugen aus:
Gehört ein zukünftiger Zeuge zu einer der genannten Personengruppen, darf er nicht als Testamentszeuge eingesetzt werden – wird er trotzdem oder unwissentlich eingesetzt, ist das Nottestament ungültig.
Obwohl das Nottestament mündlich vom Erblasser geäußert wird, besteht keine vollkommene Formfreiheit. Neben der mündlichen Erklärung gegenüber den drei Zeugen muss beispielsweise eine Niederschrift noch zu Lebzeiten des Erblassers erfolgen.
Folgende Regelungen müssen für die Erstellung eines Nottestaments unbedingt eingehalten werden, damit das Nottestament gültig ist:
Im Gegensatz zu den vorher aufgeführten Erstellungsvorschriften führen Formfehler im Nottestament nach § 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht zur Ungültigkeit des Testaments. Trotzdem gibt es zur Vollständigkeit und Absicherung der Gültigkeit folgende Formvorschriften:
Das Nottestament muss vor allem die Bestimmung über den Nachlass beinhalten. Diese kann beispielsweise lauten:
„Hiermit setze ich meinen Ehegatten Paul als alleinigen Erben für mein gesamtes Vermögen ein. Meine Kinder Lisa und Max sollen jeweils den Pflichtteil erhalten.“
Da das Nottestament mündlich vom Erblasser vor den drei Zeugen erklärt wird, gibt es kein allgemeingültiges Muster für ein Nottestament. Dennoch müssen die eben genannten Inhalte eingebracht und auf die genannten Regelungen geachtet werden.
Ein Nottestament kann grundsätzlich wegen vielerlei Gründe angefochten werden – genauso wie ein normales Testament. Vor allem bei einer Nicht-Einhaltung der Formvorschriften kann eine Klage möglich sein. So ist das Testament beispielsweise ungültig, wenn es lediglich von zwei Zeugen unterzeichnet wurde oder der Erblasser sich nicht in einem lebensbedrohlichen Zustand befindet.
15 weitere Gründe, warum Sie ein Testament anfechten könnten, wie eine Anfechtung abläuft und welche Kosten damit verbunden sein können, erklären wir Ihnen in unserem Beitrag Testament anfechten.
Es kann vorkommen, dass Menschen schwerkrank und in Lebensgefahr sind, ihr Erbe allerdings noch nicht geregelt haben – in diesem Fall kann ein Nottestament helfen. Bei diesem muss jedoch auf einige Vorschriften geachtet werden. Wurden etwa die Formvorschriften nicht eingehalten, kann das Nottestament angefochten und für ungültig erklärt werden. Ein Anwalt für Erbrecht kann Ihnen bei Fragen zum Nottestament helfen.
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