Nicht immer kann sich ein Erblasser sicher sein, dass sein Vermögen nach dem Tod auch in guten Händen ist. Bestehen Zweifel daran, dass die Erben den Nachlass angemessen verwalten, können diese Aufgaben in den Verantwortungsbereich einer anderen Person gelegt werden. Eine Möglichkeit dafür stellt die Dauertestamentsvollstreckung dar. Was sich dahinter verbirgt, was sie beinhaltet und was unbedingt zu beachten ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Die Dauertestamentsvollstreckung ist eine Form der Testamentsvollstreckung, bei der eine vom Erblasser bestimmte Person dessen letzten Willen durchsetzt und den Nachlass dauerhaft verwaltet. Der Nachlass verbleibt also für längere Zeit in der Verfügungsgewalt des Berechtigten. Demgegenüber wird dem Erben die Verfügungsgewalt über den Nachlass dauerhaft entzogen. Es ist ihm dann verboten, Gegenstände – die von der Dauertestamentsvollstreckung erfasst sind – zu veräußern.
Der Nachlass muss im Rahmen der Dauertestamentsvollstreckung zunächst abgewickelt werden, bevor er verwaltet werden kann. Wenn ein Nachlass abgewickelt wird, dann wird er wie im Testament gewünscht unter den Erben aufgeteilt. Außerdem müssen ausstehende Schulden und Steuern gezahlt werden.
Im Rahmen der Dauertestamentsvollstreckung können auch regelmäßige Zahlungen an den Erben durch den Beauftragten festgesetzt werden – in der Regel dient die Dauertestamentsvollstreckung nicht dazu, den Erben zu ärgern, sondern ihn zu schützen. Kümmert sich eine geschäftserfahrene und besonnene Person um den Nachlass, kann sicher sein, dass der Erbe nichts verschwendet und etwaige Geldmittel nicht falsch investiert. Zudem kann vermieden werden, dass er falsche Entscheidungen trifft und sich selbst schadet.
Von der Dauertestamentsvollstreckung zu unterscheiden sind sowohl die Abwicklungs- als auch die Verwaltungsvollstreckung. Im Gegensatz zu Ersteren sind die in der Dauertestamentsvollstreckung verfügten Aufgaben umfangreicher. So bezieht sich die Abwicklungsvollstreckung auf die bloße Verteilung des Nachlasses, während er im Falle der Dauertestamentsvollstreckung über einen langen Zeitraum hinweg verwaltet wird.
Im Falle der Verwaltungsvollstreckung hingegen soll der Nachlass nicht abgewickelt, sondern nur verwaltet werden. Die Dauertestamentsvollstreckung ist folglich eine Kombination aus Abwicklungs- und Verwaltungsvollstreckung.
Mit einer Dauertestamentsvollstreckung gehen Rechte und Pflichten einher. Erste Priorität hat für den Beauftragten, dass der Nachlass wie im Testament festgelegt aufgeteilt wird. Er muss also die im Testament gewünschten Eigentums- und Besitzverhältnisse herstellen. Um diesen Status zu erreichen, muss der Berechtigte diverse Aufgaben erfüllen:
Anschließend verbleibt der Nachlass in seiner Verfügungsgewalt und wird von ihm nach bestem Gewissen verwaltet.
Eine Dauertestamentsvollstreckung kann sinnvoll sein, wenn der Erbe minderjährig oder noch geschäftsunerfahren ist. Auch kann mit ihrer Hilfe verhindert werden, dass sich die Erziehungsberechtigten eines minderjährigen Erben am Nachlass bereichern. So dient die Dauertestamentsvollstreckung nicht dazu, den Erben zu ärgern, sondern ihn und den Nachlass vor Verschwendung oder schädlichem Wirtschaften zu schützen. Diese Art der Testamentsvollstreckung kann auch für Eltern behinderter Kinder sinnvoll sein. Auf diesem Wege kann eine monatliche finanzielle Versorgung gewährleistet werden, ohne dass die Kinder oder deren Betreuer vollen Zugriff auf den Nachlass haben.
Nachteilig könnte sein, dass der Berechtigte Vergütung für seine Tätigkeit verlangen kann. Auch können von ihm Verbindlichkeiten für die Erben eingegangen oder der Nachlass entwertet werden.
Mögliche Vorteile:
Mögliche Nachteile:
Soll eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet werden, sind einige Punkte zu beachten, die wir Ihnen folgend erläutern:
Die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung ist nur möglich, wenn sie im Rahmen einer letztwilligen Verfügung – also im Einzeltestament, im Ehegattentestament (sog. Berliner Testament) oder im Erbvertrag – vorgenommen wird. Die Erklärung zur Dauertestamentsvollstreckung muss also im Falle eines privat verfassten Testaments handschriftlich hinterlegt und mit einer Unterschrift versehen worden sein.
Möchte der Erblasser eine Dauertestamentsvollstreckung anordnen, kann er beispielsweise auf folgende Formulierung zurückgreifen:
„Hiermit ordne ich eine Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich Person X. Er soll meinen im Testament niedergelegten Anordnungen nachkommen und den Nachlass abwickeln. Außerdem soll er die dem Erben Y zugeordneten Nachlassgegenstände – einschließlich Surrogate – bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres verwalten und anschließend an ihn herausgeben.“
Bei einem Surrogat handelt es sich um einen Ersatz für eine Sache oder ein Recht – wird zum Beispiel ein Auto verkauft, ist das dafür erhaltene Geld ein Surrogat.
Prinzipiell kann jeder – sogar ein Erbe – mit einer Dauertestamentsvollstreckung beauftragt werden. Jedoch ist wömöglich nicht jeder, der beauftragt werden kann, auch geeignet.
Bei der Entscheidung, wer mit der Dauertestamentsvollstreckung beauftragt werden soll, sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen:
Mögliche Interessenskonflikte könnten zum Beispiel dann bestehen, wenn die gewünschte Person auch Erbe ist. Geeignet könnte sie vor allem dann sein, wenn sie jünger als der Erblasser, gesund, geschäftserfahren und frei von Interessenskonflikten ist.
Es besteht keine Pflicht zur Übernahme einer Dauertestamentsvollstreckung.
Eine solche beginnt erst, wenn das Amt mit Erklärung vor dem zuständigen Nachlassgericht angenommen wird. Wird keine Erklärung vorgenommen oder das Amt ausdrücklich verweigert, erfolgt keine Dauertestamentsvollstreckung durch die vom Erblasser gewünschte Person.
Nimmt die gewünschte Person das Amt zur Dauertestamentsvollstreckung an, kann ihr vom zuständigen Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis ausgestellt werden. Damit kann sie sich als vom Erblasser zur Dauertestamentsvollstreckung berechtigte Person ausweisen. Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist wie ein Erbschein zu behandeln – auch hier gelten die Richtigkeitsvermutung nach § 2365 BGB und der öffentliche Glaube nach § 2367 BGB.
Eine Dauertestamentsvollstreckung kann nur durch eine testamentarische Verfügung angeordnet werden. Der Erblasser legt in seinem Testament fest, wer Testamentsvollstrecker werden und welche Aufgaben diese Person haben soll. Auch kann der Erblasser festlegen, über welchen Zeitraum sich die Tätigkeit der Person erstreckt.
Ist der Erbfall eingetreten, wird das Testament verlesen und zur Regelung des Nachlasses herangezogen. Nun kann die gewünschte Person das Amt zur Dauertestamentsvollstreckung annehmen und tätig werden. Er übt jetzt die vom Erblasser vorgesehenen Abwicklungs- und Verwaltungstätigkeiten aus.
Der Testamentsvollstrecker kann unter strengen Voraussetzungen durch das zuständige Nachlassgericht aus seinem Amt entlassen werden. Möglich ist dies nur, wenn wichtige Gründe gemäß § 2227 BGB vorliegen. Solche wären grobe Pflichtverletzungen, Untätigkeit, Unfähigkeit zur ordentlichen Geschäftsbesorgung oder zur Auseinandersetzung des Nachlasses. Liegt kein wichtiger Grund des § 2227 BGB vor, kann nicht gegen die Dauertestamentsvollstreckung vorgegangen werden.
Nur wenn sich der Erblasser offensichtlich über die zukünftige Entwicklung der Erben geirrt hat, kommt eine Anfechtung der Dauertestamentsvollstreckung gemäß § 2078 BGB in Betracht. Ob eine Anfechtung berechtigt ist, bemisst sich danach, was den Erblasser zur Dauertestamentsvollstreckung motiviert hat.
Zum Beispiel könnte sich ihm die zukünftige Entwicklung seiner Erben als negativ dargestellt haben. Die Dauertestamentsvollstreckung hätte aus seiner Sicht dann dem Schutz der Erben und des Nachlasses gedient. Stellt sich seine negative Prognose für die Zukunft seiner Erben dann als unwahr heraus, wäre eine Anfechtung möglich.
Wie lange eine Dauertestamentsvollstreckung andauern soll, richtet sich nach den Festlegungen des Erblassers. Er kann sie auf einen gewissen Zeitraum beschränken oder ihre Beendigung von einem bestimmten Ereignis (zum Beispiel dem Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums durch den Erben) abhängig machen.
Hat der Erblasser keine Angaben zur Dauer gemacht, beträgt sie maximal 30 Jahre. Gibt es Zweifel an den Anordnungen des Erblassers, ist die Dauer durch Auslegung zu bestimmen – in Einzelfällen kann die Dauertestamentsvollstreckung auch länger als 30 Jahre andauern.
Leitet der Erblasser eine Dauertestamentsvollstreckung ein, entstehen ihm zu Lebzeiten keine weiteren Kosten. Erstellt er sein Testament und damit auch die Dauertestamentsvollstreckung mithilfe eines Notares, muss er lediglich mit den dafür anfallenden Kosten rechnen. Da die Abwicklung des Nachlasses erst mit dem Tod des Erblassers beginnt, werden etwaige Kosten der Dauertestamentsvollstreckung zu Nachlassverbindlichkeiten, die von den Erben getragen werden müssen.
Gemäß § 2221 BGB kann der zur Dauertestamentsvollstreckung Berechtigte eine angemessene Vergütung von den Erben verlangen, wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Möchte der Erblasser etwas bestimmen, kann er sich konkret zur Höhe einer Vergütung äußern.
Hat der Erblasser die Vergütung nicht ausgeschlossen, ihre Höhe aber offengelassen, kann man sich zur Festlegung an folgenden Punkten orientieren:
Wie hoch die Vergütung ausfällt, richtet sich im Wesentlichen nach dem Bruttowert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todesfalls. Je nach Betrag ergeben sich folgende Richtwerte:
Je nach konkretem Aufgabenbereich können Zuschläge zum Vergütungsgrundbetrag geltend gemacht werden.
Wer erbt, hat mit der Erhebung einer Erbschaftssteuer zu rechnen. Im Falle einer Dauertestamentsvollstreckung haftet der Beauftragte für die Abführung der Erbschaftssteuer. Um dies zu gewährleisten, hat er folgende Aufgaben zu erfüllen:
Um die Steuerlast zu minimieren, können vom Berechtigten Vorkehrungen getroffen werden. Organisiert der Berechtigte zum Beispiel die Auseinandersetzung des Nachlasses, kann es sinnvoll sein, Auseinandersetzungsplan oder -vertrag vor Inkrafttreten von einem Steuerberater auf steuerliche Auswirkungen prüfen zu lassen. So kann eine mögliche Erhöhung der Steuerlast vermieden werden.
Kosten und Gebühren einer Testamentsvollstreckung sind von den Erben zu tragen. Damit stellen sie eine Nachlassverbindlichkeit dar. Im Falle einer Dauertestamentsvollstreckung entsteht eine sogenannte Verwaltungsgebühr des Berechtigten. Diese ist – anders als beispielsweise bei der Abwicklungsvollstreckung – nicht vom Nachlasswert abzugsfähig. Die Erbschaftssteuer bleibt davon also unberührt.
In Einzelfällen aber kann die Verwaltungsgebühr im Rahmen der Einkommenssteuer zu Veränderungen führen. Das wäre der Fall, wenn aus dem Nachlass einkommenssteuerpflichtige Einkünfte erzielt werden.
Hat der Erblasser eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet und verfügt, dass seine Erben durch regelmäßige Geldzahlungen versorgt werden sollen, könnte es zu Konflikten mit anderen finanziellen Zuwendungen kommen.
Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn es sich bei dem Erben um eine behinderte Person handelt. Diese hätte neben den Zahlungen aus der Dauertestamentsvollstreckung Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Solche Sozialleistungen sind in der Regel einkommens- und vermögensabhängig.
Wird der Erbe mithilfe einer Dauertestamentsvollstreckung daran gehindert, frei über den Nachlass zu verfügen, ist dieses Vermögen nicht auf Sozialleistungen anrechenbar. Vielmehr wird die Bedürftigkeit des Erben künstlich erzeugt. So können trotz des Vermögens mögliche Sozialleistungen empfangen werden.
Eine Dauertestamentsvollstreckung birgt viele Pflichten und Aufgaben. Daher sollte sie gut durchdacht sein. Haben Sie Fragen oder ein konkretes Problem bezüglich einer Testamentsvollstreckung, kann ein Anwalt Ihnen weiterhelfen.
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