Wollen Erblasser neben ihren Familienmitgliedern auch engen Freunden oder Bekannten einen Teil ihres Vermögens überlassen, können sie ihnen ein Vermächtnis zusprechen. Damit die Begünstigten das Vermächtnis im Erbfall auch erhalten, müssen diese es selbstständig einfordern. Wie ein Vermächtnis eingefordert wird, welche Kosten damit verbunden sind und was getan werden kann, falls die Erben das Vermächtnis nicht übertragen wollen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Ausführliche Erklärungen finden Sie in den folgenden Abschnitten.
Nur Personen, die vom Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag entsprechend bedacht wurden, dürfen ein Vermächtnis einfordern – sie gelten als Vermächtnisnehmer. Der Erblasser kann sowohl natürliche als auch juristische Personen als Vermächtnisnehmer benennen.
Alle Rechte & Pflichten, die ein Vermächtnis mit sich bringt, erklären wir Ihnen in unserem Beitrag „Vermächtnisnehmer“.
Damit Sie ihr Vermächtnis erhalten, müssen Sie es selbstständig beim Erben einfordern. Was dabei wichtig ist und wie Sie Ihr Vermächtnis einfordern, erfahren Sie im Folgenden.
Vermächtnisnehmer können ihr Vermächtnis ab Eintritt des Erbfalls bei den Erben einfordern – diese sind gesetzlich zur Herausgabe verpflichtet. Für die Einforderung kann es helfen, wenn sich die Vermächtnisnehmer sich nicht unnötig viel Zeit lassen – der Herausgabeanspruch auf das Vermächtnis verjährt laut §§ 195 und 199 Abs. 1 BGB nach 3 Jahren.
Die Verjährungsfrist beginnt dabei mit dem Ende des Jahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Ist ein Erblasser beispielsweise am 01.03.2018 verstorben, beginnt die Verjährungsfrist also nicht schon an diesem Tag, sondern erst am 01.01.2019. Ablaufen würde sie am 31.12.2021. Ist ein Grundstück Teil des Vermächtnisses, verjährt es laut § 196 BGB erst nach 10 Jahren.
Wichtig: Individuelle Frist durch Erblasser möglich
Außerdem können die Vermächtnisnehmer und Erben beachten, dass der Erblasser die gesetzliche Verjährungsfrist aussetzen und eine selbst bestimmte Frist in seinem Testament oder Erbvertrag festhalten kann. Diese darf dann auch länger als die gesetzliche Frist sein.
Beispiel: Hans Müller hat einen 15-jährigen Enkel und möchte ihn mit einem Vermächtnis an seinem Erbe beteiligen. Das Geld soll sein Enkel allerdings nicht unkontrolliert zum Fenster hinauswerfen – nach seinem 18. Geburtstag soll ihm das Vermächtnis einen Autokauf ermöglichen. Deshalb bestimmt Hans Müller in seinem Testament:
Meinem Enkel, Luis Müller, geboren am 30.04.2003, wohnhaft in Berlin, vermache ich, sobald er das 18. Lebensjahr erreicht hat, 10.000 € zum Zweck eines Autokaufs.
In der Regel werden Personen, die in einem Testament oder Erbvertrag als Vermächtnisnehmer benannt wurden, vom Nachlassgericht benachrichtigt. Diese sollten dann herausfinden, wer Erbe oder Teil der Erbengemeinschaft ist und somit nach dem Erbfall über das Vermächtnis verfügt.
Dafür kann er sich zunächst an nahe Angehörige des Erblassers wenden. Sind ihm solche nicht bekannt, kann er die nötigen Informationen beim Nachlassgericht einholen. Dieses unterliegt keiner gesetzlichen Auskunftspflicht – jedoch entschied die Rechtsprechung in vielen Fällen, dass dem Vermächtnisnehmer Auskunft über die Erben gegeben werden muss, wenn das Vermächtnis anderenfalls nicht wie vom Erblasser gewünscht angetreten werden kann. Dies ist hier der Fall: Weiß der Vermächtnisnehmer nicht, wer zum Kreise der Erben gehört, kann er keinerlei Ansprüche auf das Vermächtnis geltend machen.
Nachdem ihm vom Nachlassgericht Namen und Anschriften der Erben mitgeteilt wurden, kann der Vermächtnisnehmer bei ihnen sein Vermächtnis einfordern – aus Beweisgründen kann dies am besten schriftlich geschehen. In einem entsprechenden Schreiben kann der Erbe eine Frist festlegen, innerhalb welcher das Vermächtnis an ihn herausgegeben werden soll.
Im Normalfall reagiert der Beschwerte auf das Erfüllungsbegehren des Vermächtnisnehmers und lässt ihm seinen Anteil am Erbe zukommen.
Was Sie tun können, wenn der Beschwerte dies nicht tut und ob Sie das Vermächtnis dann einklagen können, erfahren Sie in Kapitel 5 - Der letzte Ausweg: Vermächtnis einklagen.
Wollen Vermächtnisnehmer ihr Vermächtnis einfordern, können sie sich mit einem formlosen Schreiben an den beschwerten Erben wenden – z. B. kann mithilfe der hier kostenlos zur Verfügung gestellten Mustervorlage ein Geldvermächtnis herausverlangt werden.
Die kostenlose Mustervorlage finden Sie hier.
Achtung: Jeder Erbfall muss individuell betrachtet werden. Deshalb kann es ratsam sein, das Muster auf die jeweilige Situation zuzuschneiden und lediglich als Grundlage zu betrachten.Möchten Sie ein Vermächtnis einfordern, kann anwaltliche Beratung hilfreich sein. Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung Ihre Handlungsoptionen.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Reagiert der Erbe nicht auf die Herausgabeforderung des Vermächtnisnehmers, kann dieser dem Beschwerten zunächst eine schriftliche Mahnung zukommen lassen. Darin kann er eine neue Frist zur Herausgabe des Vermächtnisses festlegen.
Wird auch diese Frist überschritten, kann der Vermächtnisnehmer eine Leistungsklage beim Nachlassgericht einreichen. Eine solche zielt darauf ab, dass der Klagegegner zu einem bestimmten Tun verurteilt wird – in diesem Fall zur Herausgabe des Vermächtnisses.
Das Nachlassgericht wird der Klage in aller Regel stattgeben und dem Erben eine erneute Frist zur Herausgabe setzen. Hält er auch diese nicht ein, muss er mit Sanktionen rechnen.
Welche Kosten anfallen, wenn Sie ein Vermächtnis einfordern oder einklagen wollen und wer dafür aufkommen muss, lesen Sie hier.
Wenn der Erblasser keine gegensätzlichen Anordnungen im Testament oder Erbvertrag getroffen hat, trägt grundsätzlich der Erbe die Kosten für eine Vermächtniserfüllung – das können beispielsweise Kosten für die Übertragung eines Grundstückes sein. Auf den Vermächtnisnehmer kommen keinerlei Kosten zu.
Zieht der Erbe bis zur Übertragung Vorteile wie Mietzahlungen oder Dividenden aus dem Vermächtnis, muss er auch diese dem Vermächtnisnehmer nachträglich überlassen.
Falls das Vermächtnis einen Gegenstand enthält, darf der Erbe diesen allerdings bis zur Übertragung nutzen, ohne dem Vermächtnisnehmer einen Ausgleich für den Gebrauch zahlen zu müssen.
Will ein Vermächtnisnehmer sein Vermächtnis einklagen, kommen deutlich höhere Kosten auf die Beteiligten zu als bei einer außergerichtlichen Einforderung. Dabei gilt wie immer im Zivilprozess: Wer verliert, muss zahlen.
Bekommt der Vermächtnisnehmer Recht und konnte sein Vermächtnis erfolgreich einklagen, muss der beschwerte Erbe für sämtliche Kosten aufkommen. Diese setzen sich zusammen aus:
Scheitert die Klage, muss der Vermächtnisnehmer die Kosten tragen.
Wollen Sie ein Vermächtnis einfordern oder einklagen, müssen Sie selbst aktiv werden. Hier finden Sie noch einmal die wichtigsten Schritte zur Einforderung im Überblick, an denen Sie sich orientieren können:
Hat ein Erblasser Sie mit einem Vermächtnis bedacht, können Sie dieses bei den Erben einfordern. Dafür reicht es, eine formlose Einforderung an die Beschwerten zu senden. Weigern sich die Erben, Ihnen das Vermächtnis zu übertragen, können Sie sich rechtliche Hilfe suchen.
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