In diesem Beitrag erfahren Sie u. a., wann Sie für Ihre Eltern unterhaltspflichtig sind, wie viel Elternunterhalt Sie zahlen müssen und wie Sie Ihr Vermögen schonen können.
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Können Eltern beispielsweise aufgrund einer Krankheit, hohen Alters oder einer zu niedrigen Rente nicht ganz oder nur teilweise für sich selbst aufkommen, müssen ihre Kinder Unterhaltszahlungen leisten – den Elternunterhalt. Dies ergibt sich aus § 1601 BGB. Hier wird geregelt, dass nicht nur Eltern für ihre Kinder, sondern auch Kinder für ihre Eltern zum Unterhalt verpflichtet sind.
Grundsätzlich muss jeder für seinen eigenen Unterhalt und auch für mögliche Pflegeleistungen, die nicht von gesetzlichen Pflegeversicherungen übernommen werden, selbst aufkommen. Verfügt man allerdings nicht über genügend finanzielle Mittel, greift das Recht auf Elternunterhalt. Dann muss das Kind für den Elternteil einen Elternunterhalt zahlen. Kinder sind immer dann dazu verpflichtet, wenn der Elternteil nicht genügend Eigenvermögen für seinen Unterhalt hat.
In den meisten Fällen betrifft der Anspruch auf Elternunterhalt Personen, die in einem Pflege- oder Altersheim untergebracht sind und für diese Kosten mit ihrer Rente nicht aufkommen können.
Wer genau unterhaltspflichtig ist und damit für den Unterhalt des Elternteils aufkommen muss, ist von Familienkonstellation zu Familienkonstellation unterschiedlich. Einen Überblick über Unterhaltspflichtige geben wir Ihnen im Folgenden.
Kinder
Grundsätzlich sind die Kinder des Unterhaltsbedürftigen – als die nächsten Verwandten – an erster Stelle unterhaltspflichtig. Hat der Unterhaltsbedürftige mehrere Kinder, wird der Elternunterhalt zwischen den Kindern gemäß ihres Einkommens aufgeteilt – das Kind, welches ein höheres Einkommen hat, muss also auch einen höheren Elternunterhalt zahlen.
Enkel
Da Enkel in gerader Linie mit dem Pflegebedürftigen verwandt sind, müssen auch diese in manchen Situationen für den Elternunterhalt aufkommen. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn der Unterhaltsbedürftige keine Kinder hat, die an erster Stelle zuständig sind.
Schwiegerkinder
Schwiegerkinder sind grundsätzlich nicht unterhaltspflichtig. Sie werden jedoch bei der Berechnung des Familienunterhalts berücksichtigt und müssen daher Auskunft über ihre Einkünfte geben, wenn der Ehepartner zu Elternunterhalt verpflichtet ist.
Für die Feststellung, ob Elternunterhalt gezahlt werden muss und wie hoch dieser ausfällt, müssen Unterhaltspflichtige ihr Vermögen vor dem Unterhaltsberechtigten, dem Sozialamt und anderen Unterhaltspflichtigen offenlegen. Der Anspruch auf Auskunft gegenüber den anderen unterhaltspflichtigen Kindern besteht allerdings nur, wenn er zur Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist.
Eine Auskunftspflicht entfällt beispielsweise, wenn der Elternteil nachweislich gar nicht bedürftig ist.
Begehrt das Sozialamt eine Auskunft über Vermögensverhältnisse, darf diese grundsätzlich nicht verweigert werden. Wer eine Auskunft trotzdem verweigert, handelt ordnungswidrig und kann laut § 117 Sozialgesetzbuch mit Geldbußen bestraft werden.
Ist ein Kind durch einen Unterhaltstitel verpflichtet, Elternunterhalt zu zahlen, wird nicht sein gesamtes Vermögen bei der Berechnung des Unterhalts einbezogen – es bleibt ein sogenanntes Schonvermögen. Was dazu gehört, erfahren Sie im folgenden Absatz.
Ausführlichere Informationen zum Schonvermögen finden Sie in unserem Beitrag Schonvermögen bei Elternunterhalt & Kindesunterhalt.
Damit die Grundbedürfnisse der Unterhaltspflichtigen trotz Elternunterhalt weiterhin garantiert sind, steht ihnen ein Selbstbehalt an ihrem Vermögen zu – also ein Wert, der ihnen nach Abzug des Unterhalts mindestens zur Verfügung stehen muss.
Damit ergibt sich ein sogenannter Familiensockelselbstbehalt von 3.240 € im Monat.
Der Unterhaltspflichtige soll im Alter nicht auch selbst auf staatliche Leistungen oder Elternunterhalt angewiesen sein und darf deshalb für seine eigene Altersvorsorge sorgen.
Für die monatlich anfallenden Kosten bedeutet dies, dass das unterhaltspflichtige Kind monatlich 5 % seines Bruttoeinkommens als zusätzliche Altersvorsorge sparen darf. Anhand der folgenden Rechenbeispiele wird deutlich, was dies für ihren monatlichen Freibetrag bedeutet.
Monatliches Bruttoeinkommen |
Monatlicher Freibetrag |
3.000 € |
150,00 € |
5.000 € |
250,00 € |
7.000 € |
350,00 € |
9.000 € |
450,00 € |
Außerdem darf eine bereits während des Berufslebens angesparte Altersvorsorge nicht zur Zahlung von Elternunterhalt herangezogen werden – somit zählt auch dies zu den Freibeträgen. Für jedes Berufsjahr wird dieser Betrag mit jährlich 4 % verzinst.
Folgende Rechenbeispiele zeigen, mit welchem anrechnungsfreien Vermögen ein Unterhaltspflichtiger rechnen kann, der nach 20 Jahren Berufstätigkeit für die Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch genommen wird.
Jahresbruttoeinkommen |
5 % |
Berufsjahre |
Verzinsung |
Freibetrag |
40.000 € |
2.000 € |
20 |
4 % |
62.000 € |
60.000 € |
3.000 € |
20 |
4 % |
93.000 € |
Besitzen die Unterhaltspflichtigen ein Eigenheim, brauchen sie keine Miete zahlen – dies ist ein finanzieller Vorteil gegenüber Mietern. In dem eben genannten Selbstbehalt wird allerdings davon ausgegangen, dass der Unterhaltspflichtige eine Miete von ca. 480 € zahlen muss. Deshalb wird bei der Berechnung des Elternunterhalts berücksichtigt, ob die ersparten Mietaufwendungen höher sind als mit dem Eigenheim verbundene Kosten. Ist dies der Fall, besteht ein Wohnvorteil und die Differenz – also der Betrag, um den der Eigentümer günstiger lebt als der Mieter – wird auf das Vermögen des Eigentümers angerechnet.
Laut eines Urteils des BGH vom 30.08.2006 (Az.: XII ZR 98/04) muss in diesem Zusammenhang darauf geachtet werden, dass das zu Elternunterhalt verpflichtete Kind keine Senkung seines Lebensstandards hinnehmen oder sogar sein Eigenheim verkaufen muss. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn das Eigenheim in einem unangemessenen Verhältnis zum sonstigen Vermögen steht oder es ein Ferienhaus ist, welches nicht dauerhaft bewohnt wird.
Bei der Berechnung des Elternunterhalts müssen vielfältige Faktoren beachtet werden – deshalb kann es manchmal schwer sein, die korrekte Höhe des Unterhalts herauszufinden. Was bei der Berechnung auf jeden Fall berücksichtigt werden muss und dazugehörige Beispielrechnungen finden Sie in den nächsten Kapiteln.
Wie bereits erwähnt, liegt laut § 1602 Abs. 1 BGB immer dann ein Bedürfnis an Elternunterhalt vor, wenn der Elternteil sich nicht mehr selbst unterhalten kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Altersvorsorge nicht ausreicht, damit die Grundbedürfnisse erfüllt werden können oder ein Pflegeheim für das Elternteil bezahlt werden kann.
Der Bedarf an finanziellen Mitteln für die Grundversorgung einer erwachsenen Person liegt in Deutschland zurzeit (2018) bei 880 € pro Monat. An diesem Richtwert orientiert sich auch der Bedarf an Elternunterhalt.
Bei der Berechnung des Elternunterhalts muss neben dem Bedarf des Elternteils und möglichen Wohnvorteilen auch auf alle Schonvermögen geachtet werden. Das Schonvermögen ergibt sich letztendlich aus dem oben genannten Freibetrag und der zugelassenen Altersvorsorge – dieses wird dann bei der Berechnung einbezogen.
Bei der Berechnung des Elternunterhalts wird zunächst der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen und dessen Ehepartner ermittelt und der Familienselbstbehalt davon abgezogen. Danach wird die Hälfte des sich ergebenen Betrages zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Elternunterhalt zugrunde gelegt.
Beispiel 1:
Unterhaltspflichtiger |
Ehegatte |
Netto-Einkommen: 4.000 € - Altersvorsorge: 200 € * - Sonstige Aufwendungen: 100 € _________ Bereinigtes Einkommen: 3.700 € |
Netto-Einkommen: 2.000 € - Altersvorsorge: 100 € * - Sonstige Aufwendungen: 100 € _________ Bereinigtes Einkommen: 1.800 € |
Bereinigtes Familieneinkommen: 5.500 € - Familienselbstbehalt: 3.240 € ** _________ Verbleibendes Vermögen: 2.260 € - 50 % _________ = Elternunterhalt: 1.130 € |
Beispiel 2:
Unterhaltspflichtiger |
Ehegatte |
Netto-Einkommen: 2.000 € - Altersvorsorge: 100 € * - Sonstige Aufwendungen: 100 € _________ Bereinigtes Einkommen: 1.800 € |
Netto-Einkommen: 2.000 € - Altersvorsorge: 100 € * - Sonstige Aufwendungen: 100 € _________ Bereinigtes Einkommen: 1.800 € |
Bereinigtes Familieneinkommen: 3.600 € - Familienselbstbehalt: 3.240 € ** _________ Verbleibendes Vermögen: 360 € - 50 % _________ = Elternunterhalt: 180 € |
* siehe 4.2 Vermögenswerte zur Altersvorsorge
** siehe 4.1 Selbstbehalt
Elternunterhalt kann nur in manchen Fällen steuerlich abgesetzt werden. Lebt ein Elternteil aus Altersgründen in einem Heim, zählt der Elternunterhalt zum normalen Lebensunterhalt und gilt als typische Unterhaltsleistung. Diese können Unterhaltspflichtige als außergewöhnliche Belastung bis zum Unterhaltshöchstbetrag (Stand: 2018) von 8.472 € steuerlich geltend machen.
Werden die Kosten für Pflege- Behinderungs- oder Krankheitshilfe durch den Elternunterhalt getragen, zählt dies zu untypischen Unterhaltsleistungen. Dazu gehört beispielsweise die Zahlung von Pflegekosten bei schweren Krankheiten. In diesem Fall kann der Elternunterhalt als außergewöhnliche Belastung auf die Steuerzahlungen angerechnet werden – anders als bei Elternunterhalt für Heimbewohner zählen hierzu allerdings auch krankheitsbedingte Mehrkosten wie Kosten für Unterkunft und Verpflegung hinzu.
Will ein Kind den Elternunterhalt umgehen, kann es zunächst alle Möglichkeiten ausschöpfen, den Unterhalt zu verringern. So kann etwa in Eigenheime oder eine Altersvorsorge investiert werden. Außerdem kann der eigene Lebensstandard dokumentiert werden, damit dieser bei einem möglichen Elternunterhalt nicht herabgesetzt werden muss.
Ob ein Elternunterhalt komplett umgangen werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden. Ein Grund, weshalb ein Kind keinen Elternunterhalt zahlen muss, kann beispielsweise die Vernachlässigung des Kindes durch die Eltern in der Kindheit oder sogar die Ausübung körperlicher Gewalt sein.
Sie sollen Elternunterhalt zahlen oder müssen selbst Elternunterhalt von Ihren Kindern in Anspruch nehmen? Sie haben Fragen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Elternunterhalt oder möchten diesen umgehen?
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