In Deutschland kann ein Bauvorhaben nur selten ohne Baugenehmigung in Angriff genommen werden. Lediglich kleinere Projekte dürfen verfahrens- oder genehmigungsfrei verwirklicht werden. Ob mit Baugenehmigung oder ohne, Vorschriften beispielsweise bezüglich Abstand oder Naturschutz müssen immer eingehalten werden. Wer vorschriftswidrig ohne gültige Baugenehmigung baut, muss mit Bußgeldern und sogar Abriss der Baustelle rechnen.
Die Baugenehmigung ist eine offizielle Bestätigung durch die Bauaufsichtsbehörde, dass der geplante Bau oder Umbau eines Gebäudes o. ä. nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Grundsätzlich sind für Neuerrichtungen, Um- und Anbauten sowie bei Änderungen der Nutzung eine Baugenehmigung nötig. Das hängt aber immer vom jeweiligen Bundesland ab – jedes hat seine eigene Landesbau- bzw. Bauvorlagenverordnung. Wenn Sie also ein Bauprojekt planen, können Sie sich dort belesen und können zusätzlich kostenlos und unverbindlich bei der jeweiligen Bauaufsichtsbehörde nachfragen.
Um eine Baugenehmigung zu erwirken, muss eine bauvorlageberechtigte Person – meist der Architekt oder Bauingenieur, aber auch der Fertighaus-Verkäufer – bei der „Unteren Baubehörde“ einen Bauantrag stellen. Da die benötigten Unterlagen (sogenannte Bauvorlagen) von der Landesbauordnung abhängig sind, stellt jedes Bundesland andere Anforderungen. Vereinfacht wird das Verfahren aber dadurch, dass für den Bauantrag ohnehin ausschließlich die amtlichen Bauvordrucke der zuständigen Gemeinde verwendet werden dürfen.
Die wesentlichen Grundanforderungen – unabhängig vom Bundesland – sind folgende:
Die obengenannten Unterlagen sind gemeinsam mit dem Bauantrag in dreifacher Ausführung bei der Gemeinde einzureichen. Ein Exemplar ist für den Bauherrn, eines für die Gemeinde und ein weiteres für die Bauaufsichtsbehörde. In der Bauvorlagenverordnung des jeweiligen Bundeslandes können Sie sich belesen, welche Unterlagen grundsätzlich benötigt werden.
Zwei Wochen, bevor der Rohbau abschlossen wird, ist die Bauaufsichtsbehörde zu informieren, um die Abnahme der Baustelle in die Wege zu leiten. Bei der Abnahme müssen Sie dann eine Tauglichkeitsbescheinigung vorlegen. Ebenso ist das Bauamt 14 Tage vor Fertigstellung des gesamten Gebäudes zu kontaktieren sowie am Abnahmetag eine Bescheinigung über die sichere Benutzbarkeit der Abgasanlage vom Schornsteinfegermeister vorzulegen.
Zusätzlich wird ein sogenannter Antrag auf Erteilung von Abweichungen oder Befreiungen benötigt, wenn Ihr Bauvorhaben vom Bebauungsplan oder den städtebaulichen bzw. bauordnungsrechtlichen Bestimmungen abweicht. Eine solche Genehmigung zu Abweichung wird aber nur in Ausnahmefällen erteilt – und auch nur, wenn kein öffentliches Interesse verletzt wird.
Nachdem Sie den Antrag bei der Gemeinde gestellt haben, übergibt diese die Unterlagen an die Bauaufsichtsbehörde. Die Prüfung findet in einem Baugenehmigungsverfahren ganz individuell – abhängig vom jeweiligen Projekt – statt.
Aufgrund der unterschiedlichen geforderten Unterlagen variiert auch die Bearbeitungszeit bei den jeweiligen Landesbehörden. Gemäß § 54 Landesbauordung (LBO) muss das Bauamt einen Antrag innerhalb von zehn Arbeitstagen auf seine Vollständigkeit prüfen. Bei Mängeln durch u. a. fehlende Angaben bekommt der Antragsteller eine Frist zur Berichtigung gestellt. Nimmt dieser die Möglichkeit nicht wahr, wird der Antrag auf Baugenehmigung zurückgewiesen. Wenn der Antrag nicht beanstandet wird, bekommen Sie eine Eingangsbestätigung mit der Benachrichtigung, wann in Ihrem Fall die Entscheidung über die Genehmigung getroffen wird. Gemäß § 54 Abs. 5 LBO darf der dort genannte Zeitraum nicht länger als zwei Monate sein.
Nach Erhalt der Baugenehmigung ist diese drei Jahre gültig und muss auf der Baustelle stets griffbereit sein. Kann sie bei einer Baukontrolle nicht vorgezeigt werden, liegt es im Ermessen des Sachbearbeiters einen sofortigen Baustopp anzuordnen oder eine 3-Tages-Frist zur Nachreichung einzuräumen. Im Vorfeld der Genehmigung kann ein Vorbescheid erteilt werden, der den mutmaßlichen Ausgang (Genehmigung oder nicht) kundgibt und die wichtigsten Fragen – z. B. zu Bebaubarkeit des Grundstücks – beantwortet.
Dieser Vorbescheid gilt ebenfalls drei Jahre und darf in seinen Aussagen nicht von der späteren Baugenehmigung abweichen. Mit dem Baubeginn müssen Sie allerdings warten, bis Sie die endgültige Baugenehmigung in der Hand halten. Andernfalls drohen hohe Geldstrafen (Höhe der Strafe ist bundeslandabhängig) und sogar der Abriss der Baustelle oder die Beschlagnahmung der Bauprodukte. Eine nachträgliche Baugenehmigung kann nicht erteilt werden. Das hat zur Folge, dass viele Schwarzbauten abgerissen werden müssen. Einzige Chance ist die nachträgliche Ernennung der Fläche als ausgewiesenes Bauland. Einen rechtlichen Anspruch darauf haben Eigentümer aber nicht.
Genehmigungsfreie Bauvorhaben müssen zunächst ein Freistellungsverfahren durchlaufen. Zu diesem Zweck werden ebenso wie bei einem genehmigungspflichtigen Projekt ein Bauantrag und alle oben genannten Unterlagen bei der zuständigen Gemeinde abgegeben. Daraufhin wird ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren (oder auch „Kenntnisgabeverfahren“) durchgeführt, das nur die wichtigsten Anforderungen prüft.
Damit obliegt dem Bauherrn eine größere Verantwortung, da öffentlich-rechtliche Grundlagen nur angeprüft werden und ihre Einhaltung (beispielsweise Natur- oder Denkmalschutz) im Aufgabenbereich des Bauherrn liegt. Dafür bringt sie eine deutlich verkürzte Bearbeitungszeit mit sich. Die Entscheidung über die Genehmigung muss innerhalb von einem Monat getroffen werden (§ 54 Abs. 5 LBO). Reagiert die Gemeinde bis dahin nicht auf Ihren Antrag, können Sie ohne Weiteres mit dem Bau beginnen.
Ein vereinfachtes Verfahren ist grundsätzlich für alle Bauten, die keine Sonderbauten (wie Schulen, Hochhäuser oder Garagenanlagen) möglich. Abrisse sind meist ebenfalls genehmigungsfreigestellt. Weitere Voraussetzungen sind beispielsweise, dass das Vorhaben
Ob Ihr persönliches Bauvorhaben tatsächlich genehmigungsfrei ist, können Sie in der Anlage zur regional geltenden Bauvorlagenverordnung nachlesen. Dabei gilt aber immer der Grundsatz, dass nicht mehrere genehmigungsfreie Einzelvorhaben zu einem Gesamtwerk kombiniert werden dürfen, um die lästige Vorschriften zu umgehen.
Bei einem genehmigungsfreien Bauvorhaben müssen Sie Ihre Nachbarn lediglich über Ihr Projekt informieren (daher auch Kenntnisgabeverfahren). Unterschriften wie bei genehmigungspflichtigen Bauvorhaben sind nicht nötig. Für absolute Rechtssicherheit können Sie sich aber den Erhalt der Benachrichtigung schriftlich von Ihren Nachbarn bestätigen lassen.
Ist ihr Bauvorhaben verfahrensfrei, müssen Sie keine Behörde über das Projekt informieren und können unmittelbar mit den Arbeiten beginnen. Es findet weder ein Baugenehmigungs- noch ein Zustimmungsverfahren statt. Daher trägt der Bauherr (und ggf. sein Auftraggeber) die uneingeschränkte Verantwortung für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften wie Naturschutzbestimmungen. Die Bauaufsichtsbehörde kann, wenn gegen diese verstoßen wird, einschreiten und sogar einen Baustopp bewirken.
Verfahrensfrei sind beispielsweise in den meisten Bundesländern (Ausschnitt aus dem Anhang der LBO) folgende Bauvorhaben:
sowie (Ausschnitt aus § 50 LBO):
Sind in der oben erwähnten Landesbauordnung keine Wintergärten, Gartenhäuser und Co. unter den verfahrensfreien Bauvorhaben aufgeführt, ist in der Regel eine Baugenehmigung notwendig. Da es sich bei einem Wintergarten um einen richtigen Anbau handelt – anders als beispielsweise eine Garage –, kann es sein, dass die örtliche Baubehörde bei einer Ortsbesichtigung entscheidet, ob eine solche Veränderung in den Bebauungsplan der Stadt bzw. Kommune passt. Zudem gilt: Wenn der Wintergarten eine Verbindung zum Haus hat und nicht freisteht, benötigt man eine Baugenehmigung.
Auch beim Bau einer Terrassenüberdachung kommt es auf das Bundesland, den Bebauungsplan der Stadt und der Größe des Bauvorhabens an. So benötigt man zum Beispiel für ein einfaches Sonnensegel keine Baugenehmigung, für feste Bauten (egal, ob freistehend oder am Haus befestigt) hingegen schon.
Gewächshäuser und Folientunnel sind stets genehmigungsfrei – da sie nicht als Aufenthaltsort für Menschen, sondern lediglich zum Züchten von Pflanzen gedacht sind. Ein Gartenhaus hingegen ist ähnlich stabil wie ein Wintergarten und muss daher genehmigt werden, wenn es eine bestimmte Grundfläche überschreitet. Die Größe ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Zum Beispiel ist in Niedersachen der Bau eines Gartenhauses bis zu einer Grundfläche von 40 m², in Sachsen-Anhalt bis zu 10 m² und in Bayern bis zu 75 m² genehmigungsfrei.
Auch hier variieren die Angaben je nach Bundesland. Die hier genannten Beiträge können daher von den tatsächlichen Kosten abweichen. Grundsätzlich hängen die Kosten für eine Baugenehmigung vom Aufwand der Behörden und Umfang des Bauprojekts ab. Sie zählen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes.
Für den Bauantrag werden regelmäßig 0,3 bis 0,5 % der gesamten Baukosten fällig. Hinzu kommen die Kosten für die Erstellung der benötigten Unterlagen durch die bauvorlagenberechtige Person, die diese auch einreicht. Hierfür berechnen Experten ca. 10 % der Gesamtbausumme.
Rechenbeispiel:
Gesamtbausumme |
|
500.000 Euro |
Unterlagenerstellung |
schätzungsweise 10 % |
50.000 Euro |
Behörden |
schätzungsweise max. 0,5 % |
2.500 Euro |
In Sachsen werden beispielsweise für die Vollständigkeitsprüfung und Eingangsbestätigung, die innerhalb von zehn Arbeitstagen stattfinden muss, 50 bis 150 Euro fällig. Muss die Behörde wegen eines lückenhaften Antrages Unterlagen nachfordern, werden 30 bis 50 Euro berechnet. Die Untersagung des Baubeginns kostet 30 bis 150 Euro – es sei denn, dies geschieht aufgrund einer Erklärung der Gemeinde.
Mit der Baugenehmigung steht und fällt ein Bauvorhaben. Bevor Sie Geld und Zeit in ein Bauvorhaben stecken, können Sie sich diesbezüglich umfassend informieren.
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