Auf einer Baustelle kann es aus vielen verschiedenen Gründen zu einem Baustopp kommen. Dieser wird durch die Bauaufsichtsbehörde oder ein Verwaltungsgericht erwirkt. Eine Baustilllegung bedeutet, dass sämtliche Arbeiten auf der Baustelle eingestellt werden müssen. Gründe hierfür sind u. a., dass die Bedingungen der Baugenehmigung nicht eingehalten werden und diese damit hinfällig ist. Welche Gründe zu einem Baustopp führen, wie Sie einen Baustopp beantragen und was bei einem Verstoß gegen einen Baustopp droht, erfahren Sie hier.
Im Fachjargon wird der Baustopp „Baueinstellungsverfügung“ oder auch baurechtliche Einstellungsverfügung genannt. In diesem Schreiben wird in der Regel eine „sofortige Vollziehung“ gefordert, sodass Sie – sobald Sie über die Anordnung des Baustopps informiert wurden – alle Arbeiten ruhen lassen müssen. Neben dem Baustopp kann es auch noch zu einem Bußgeldverfahren kommen.
Grundsätzlich sind während eines Baustopps alle Weiterarbeiten verboten. Es gehört allerdings zu den Sicherungspflichten des Bauherrn, die Baustelle sicher zu hinterlassen. Daher darf man trotz Baustopp noch kurzzeitig auf der Baustelle arbeiten – allerdings nur in einem gewissen Rahmen. Die Sicherung loser Teile sowie die Warnung vor dem Betreten des Grundstücks von Unbefugten darf ebenso nach Erteilung des Baustopps ausgeführt werden wie der Schutz der Baumaterialien vor Witterung oder Diebstahl.
✓ Sicherung loser Teile
✓ Sicherung der Baustelle vor Unbefugten
✓ Diebstahl-/Witterungssicherung
✓ Aufräumarbeiten
Da Baurecht Landesrecht ist, gilt in jedem Bundesland etwas Anderes – daher kann es sinnvoll sein, die für Sie geltende Landesbauordnung zu prüfen.
Grundsätzlich können folgende Gründe zu einem Baustopp führen:
✓ Nicht-Einhaltung der Baugenehmigung (z. B. zu nahe Grenzbebauung),
✓ Verstoß gegen den Bebauungsplan,
✓ Beginn der Bauarbeiten ohne Baugenehmigung,
✓ Gefährdung der am Bau beteiligten Personen durch fehlende Standsicherheit der Baumaßnahme,
✓ Entdeckung von Baumängeln,
✓ Verwendung von Baumitteln, die nicht oder fälschlicherweise mit dem CE-Zeichen oder Ü-Zeichen versehen sind,
✓ Naturschutz (z. B. geschützte Tierarten),
✓ Schlechtwetter*
*Wegen Schlechtwetter kann ein Baustopp erst dann vollzogen werden, wenn die Witterung bei Vertragsschluss unvorhersehbar war. Soll der Bau im Winter beginnen, muss mit Bodenfrost gerechnet werden. Ist der Bau hingegen für den Sommer geplant, aber wird in den Winter verschoben, findet in der Regel eine Bauzeitverlängerung statt (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B). Bei einem BGB-Bauvertrag wiederum ist eine Verlängerung der Bauzeit ausgeschlossen. Eine Mehrvergütung bei Bauzeitverlängerungen ist in beiden Fällen nicht üblich.
Wenn Sie die Vermutung haben, dass ein Bauvorhaben gegen einen Bebauungsplan oder eine Baugenehmigung verstößt oder gar keine Baugenehmigung erteilt wurde, können Sie beim örtlichen Bauamt die Überprüfung des Bauvorhabens beantragen. Im nächsten Schritt wird die Bauaufsichtsbehörde des Landratsamts beauftragt, die Baugenehmigung zu prüfen.
Sind keine Mängel bei der Baugenehmigung zu erkennen, haben Sie die Möglichkeit, beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung für einen Baustopp einzureichen. Dieses prüft daraufhin ausschließlich, ob mögliche Verstöße gegen sogenannte nachbarschützende (im Gegensatz zum öffentlichen Interesse) Vorschriften vorliegen. Nachbarschützend sind z. B. die Richtlinien über Abstandsflächen hinsichtlich der Privatsphäre. Verursacht ein gewerbliches Bauvorhaben Immissionen wie Lärm oder Gerüche, haben Sie ebenfalls ein Abwehrrecht. Für die Prüfung der Baugenehmigung bzw. des Bebauungsplans ist das Gericht in diesem Bereich nicht zuständig. Bei der Verwendung umweltschädigender Baumaterialien können Sie sich an die Umweltbehörde wenden.
Ein Baustopp verursacht stets Zusatzkosten, die entweder vom Bauherrn oder vom Bauunternehmer zu tragen sind. Wer wann in der Pflicht ist, hängt vom Verursacherprinzip ab. Derjenige, der den Baustillstand zu verantworten hat, ist grundsätzlich auch für die anfallenden Kosten verantwortlich. Gemäß § 6 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) muss der Bauherr bei einem vorübergehenden – nicht endgültigen – Baustopp zunächst die Kosten für die schon geleisteten Arbeiten begleichen. Außerdem hat er auch die Ausgaben des Bauunternehmers für die bereits gemäß Bauvertrag bestellte Ware zu übernehmen. Dauert der Baustopp länger als drei Monate, darf jede Partei den Vertrag kündigen (§ 6 Abs. 7 VOB/B). Hat der Bauunternehmer den Baustopp nicht zu verantworten, muss der Bauherr auch die Räumung der Baustelle bezahlen. Hat hingegen eine der Vertragsparteien den Baustopp wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu vertreten, steht dem anderen Teil gegebenenfalls sogar Schadensersatz zu.
In regelmäßigen Abständen muss das Bauamt überprüfen, ob sich alle an den Baustopp halten. Dabei wird auch festgestellt, ob die Gründe für den Baustopp immer noch vorliegen. Wird eine Baueinstellungsverfügung ignoriert, darf die Bauaufsichtsbehörde die Baustelle versiegeln oder die für die Weiterführung notwendigen Maschinen, Materialien o. ä. beschlagnahmen, um so den Baustopp zu erzwingen (§ 64 Abs. 2 LBO). Falls ohne (gültige) Baugenehmigung weiter gebaut wird, können je nach Bundesland und Größe des Gebäudes zwischen 100 und 50.000 Euro Bußgeld fällig werden.
Hält sich jemand nicht an die Baueinstellungsverfügung, kann die Baustilllegung auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Hierzu zählen das Zwangsgeld (z. B. in Mecklenburg-Vorpommern im § 88 SOG M-V), die Ersatzvornahme (z. B. § 89 SOG M-V) und der unmittelbare Zwang (z. B. § 90 SOG M-V). Diese dürfen solange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt wird. Eine Strafe oder Geldbuße kann unabhängig davon zusätzlich verhängt werden.
Das Zwangsgeld darf verhängt werden, wenn der Bauherr dazu angehalten werden soll, den Baustopp auszuführen, oder wenn er widerrechtlich weiterbaut. Die Höhe wird schriftlich mitgeteilt und kann zwischen 10 und 50.000 Euro liegen. Die Ersatzvornahme kommt dann zum Einsatz, wenn der Bauherr anders baut, als es ihm durch die Behörde vorgegeben wurde. Diese darf daraufhin einen anderen Unternehmer zur Umänderung in die genehmigte Art beauftragen – die Kosten trägt der Bauherr (wenn nötig auch im Voraus). Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Baugenehmigung nur unter der Prämisse einer asphaltierten Auffahrt ausgestellt wird, der Bauherr aber dennoch pflastert. Eignen sich die beiden oben genannten Mittel nicht für den vorliegenden Fall oder haben sie nicht zum gewünschten Erfolg geführt, führt der „unmittelbare Zwang“ dazu, dass die Vollzugsbehörde den Bauherrn zum Baustopp zwingen kann oder die Arbeiten selbst durchführt.
Empfinden Sie den Baustopp als nicht gerechtfertigt, können Sie Widerspruch einlegen. Die Beschwerde richtet sich dabei an die Behörde, die den Baustopp veranlasst hat – meist das Untere Bauamt oder das Verwaltungsgericht. Eine anwaltliche Vertretung ist dafür nicht zwingend notwendig, kann aber sinnvoll sein, um eventuelle Fristen einzuhalten und letztendlich zum gewünschten Ergebnis zu kommen.
Wie lange ein Baustopp anhält, ist abhängig von den Gründen für die Verfügung. Sobald der Bauherr diese beseitigt hat, muss das Bauamt den Bescheid unverzüglich aufheben und Sie dürfen weiterarbeiten. Zudem kann ein Baustopp zwischenzeitlich aufgehoben werden, wenn die Witterungsverhältnisse es erfordern und der Bau gesichert werden muss. Dies muss aber in Absprache mit der zuständigen Bauaufsicht geschehen.
Ein Baustopp ist eine ärgerliche Sache. Die Aufhebung des Baustopps kann durch die Behebung der Gründe oder einen Widerspruch bzw. eine Klage erreicht werden. Bei einem Verstoß gegen den Baustopp können empfindliche Strafen die Folge sein.
Haben Sie Zweifel, ob ein Bauvorhaben den Vorschriften entspricht? Dann können Sie die zuständige Behörde kontaktieren und die Baustelle auf Verstöße gegen die Baugenehmigung, nachbarschützende oder öffentliche Interessen kontrollieren lassen.
Ein Anwalt für Baurecht kann prüfen, ob ein Baustopp in Ihrem Fall berechtigt ist und Ihnen das mögliche weitere Vorgehen erläutern.
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