In Deutschland muss für gewöhnlich zwischen zwei Gebäuden ein Mindestabstand von drei Metern bestehen – je nach Höhe des an der Grenze stehenden Hauses auch mehr. Eine Grenzbebauung ist daher nur mit Einverständnis des direkten Nachbarn und der zuständigen Baubehörde möglich. Oder? Unter bestimmten Umständen, die in den jeweiligen Landesbauordnungen festgeschrieben sind, können Sie kleinere Projekte ohne Genehmigung direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück verwirklichen.
Grundsätzlich dürfen Sie auf Ihrem Grundstück ja machen, was Sie möchten. Warum ist das bei den letzten Metern vor Ihrer Grundstücksgrenze anders? Das liegt zum einen an Brandschutzmaßnahmen und Gründen der Belüftung und Belichtung. Zum anderen spielt auch die Privatsphäre Ihres Nachbarn eine große Rolle.
Ab wann es sich um Grenzbebauung handelt, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Die Abstandsfläche wird immer individuell von einem Vermessungsingenieur berechnet und richtet sich nach der Wandhöhe des geplanten Gebäudes. Diese wird mit der Dachhöhe verrechnet – bei einer Dachneigung von weniger als 70 % nur ein Drittel, bei mehr als 70 % die gesamte Länge. Unabhängig vom Ergebnis muss aber stets ein Mindestabstand von 2,5 bis 3 Metern eingehalten werden.
Grundsätzlich bedarf die Grenzbebauung mit einem Gebäude, einer Mauer oder einem Zaun das Einverständnis des Nachbarn oder die Genehmigung durch die Baubehörde.
Für Grenzgaragen gelten jedoch in fast allen Bundesländern Ausnahmen: Während in Nordrhein-Westfalen immer eine Genehmigung nötig ist, sind Garagen in anderen Bundesländern wie Hessen, Sachsen oder Thüringen genehmigungsfrei, sofern sie eine gewisse Grundfläche und Mauerhöhe nicht überschreiten. In Hessen beträgt diese etwa 50 m², in Mecklenburg-Vorpommern 30 m².
Eine weitere Ausnahme: Wenn Ihr Nachbar an seiner Grenze gebaut hat, dürfen Sie in gleichem Maße an der Grenze arbeiten. Ist die Grenze mit einem Haus bebaut, muss sich auf Ihrer Seite allerdings eine sogenannte Brand(schutz)wand befinden, damit Sie Wand an Wand bauen dürfen. Ohne diese darf das Gebäude nicht so nah an Ihr Grundstück angrenzen und muss gegebenenfalls zurückgebaut werden. Wurde mit dem Nachbarn eine Baulast vereinbart, können Sie profilgleich an die Brandwand anbauen.
Ob Sie für die Errichtung eines Gartenhauses, eines Schuppens oder einer Garage eine Genehmigung brauchen, ist abhängig von Ihrem Bundesland. Wird keine benötigt oder haben Sie bereits eine, gilt: Die Grenzbebauung ist in den meisten Bundesländern zulässig, wenn die Wand höchstens 3 Meter hoch ist und die Seitenlänge maximal 9 Meter beträgt.
Doch auch hier gelten Ausnahmen – im Saarland und in Rheinland-Pfalz ist für Garagen etwa eine Seitenlänge von bis zu 12 m erlaubt. Auch wie viel Fläche eine Garage in Anspruch nehmen und wie dicht die Grenzbebauung sein darf, ist unterschiedlich geregelt: Während eine Garage in Niedersachsen bei einer Grundfläche von bis zu 30 m² genehmigungsfrei ist und ein Grenzabstand von max. 1 m bedarf, sind Garagen in Hessen von bis zu 50 m² genehmigungsfrei. Die Garage darf hier zudem direkt an der Grenze ohne Abstand gebaut werden.
Grundsätzlich gilt für das Einbauen von Fenstern – ebenso wie bei der Errichtung eines Balkons oder Erkers – das sogenannte Fensterrecht. Das heißt, dass Bauten an der Grundstücksgrenze Fenster haben dürfen. Dieses Recht hat aber Grenzen: Wird dadurch die Privatsphäre des Nachbarn verletzt – etwas weil sein Grundstück und sein Wohnbereich durch die Fenster einsehbar wird –, hat dieser ein Fensterabwehrrecht. Das heißt, dass er dem Einbau von Fenstern widersprechen kann.
Die Gestaltung der Grundstücksgrenzen ist je nach Bundesland und städtischem Bebauungsplan unterschiedlich geregelt. In München darf ein Zaun in der Regel beispielsweise 1,50 m hoch sein, in Berlin nur 1,25 m. Hecken sollen bei einer Höhe von bis zu 100 cm maximal 25 cm nah an die Grenze gepflanzt werden, Pflanzen zwischen 101 und 150 cm maximal 50 cm nah und Pflanzen über 1.500 cm müssen mindestens 600 cm von der Grenze entfernt platziert werden. Darüber hinaus wird der Eigentümer verpflichtet, diese zu pflegen und auch für Schäden (z. B. durch Sturm abfallende Äste) aufzukommen.
Wenn Sie bei der Bebauung die vorgeschriebene Abstandsfläche nicht einhalten können, diese aber auf dem Nachbargrundstück zur Verfügung gestellt werden kann, darf das Nachbargrundstück eine Abstandsbaulast aufnehmen. Das heißt, dass der Nachbar fehlende Abstandsflächen übernimmt und das Bauvorhaben duldet. Eine Baulast müssen Sie schriftlich gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklären.
Neben der Abstandsbaulast ist eine Anbaubaulast möglich. Diese kommt zustande, wenn Sie beispielsweise eine Garage an die Grundstücksgrenze bauen möchten. Ihr Nachbar kann dann bei eigenen Bauvorhaben dazu verpflichtet sein, an die von Ihnen erbaute Garage anzubauen.
Beide Baulasten können eine erhebliche Wertminderung mit sich bringen, wenn sie z. B. die Bebaubarkeit des Geländes einschränken.
Da sich eine Grenzbebauung auf die Privatsphäre des Nachbarn auswirkt, ist von ihm ein Einverständnis zur Grenzbebauung notwendig (für Garagen jedoch in der Regel nicht). Zwar können Sie im Bauantrag eine Befreiung von der Einhaltung der Abstandsflächen beantragen, aber der betroffene Nachbar wird dennoch vom Bauamt informiert. Im Genehmigungsverfahren wird die Meinung des Nachbarn hinzugezogen und er kann Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen. Unterlässt er das oder äußert sich innerhalb von vier Wochen gar nicht, stellt Ihnen die Baubehörde die Genehmigung auch ohne Zustimmung aus.
Den Nachbarn vor vollendete Tatsachen stellen, können Sie hingegen nicht. Sobald Sie im Bauantrag eine Befreiung von der Einhaltung der Abstandflächen ankreuzen, wird Ihr Nachbar benachrichtigt. Das ist im Nachbarschaftsrecht festgelegt. Stimmt er der Grenzbebauung nicht zu, wird keine Baugenehmigung erteilt. Wer dennoch baut, macht sich strafbar. Das alles gilt nicht, wenn der Nachbar – wie schon beschrieben – ebenfalls schon an der Grenze gebaut hat.
Sich das Einverständnis Ihres Nachbarn schriftlich geben zu lassen, kann sinnvoll sei – Freundschaft hin oder her. Der Vordruck einer Einverständniserklärung aus dem Internet kann dabei nicht auf die individuellen Begebenheiten eingehen – ein kurzes formloses Schreiben ist besser geeignet.
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Die Grenzbebauung regelt, wie nah Sie an der Grenze Ihres Grundstücks bauen dürfen. Jedes Bundesland legt dies in einer eigenen Bauordnung fest. Die Unterschiede in den Ländern sind allerdings gering: So ist es z. B. in jedem Fall nicht erlaubt, eine meterhohe Gartenmauer direkt vor das Fenster Ihres Nachbarn zu setzen.
Der Mindestabstand berechnet sich je nach Gebäudehöhe, die mit einem Wert zwischen 0,25 und 1 multipliziert wird (je nach Bundesland). Diese Abstandsfläche erstreckt sich immer über die gesamte Breite der Fassade. Auch die Frage, ob sich das Grundstück im Kerngebiet oder am Rand einer Kommune befindet, spielt eine Rolle. Grundsätzlich beträgt der Mindestabstand bei der Grenzbebauung in Deutschland zwischen 2,5 und 3 Metern.
Wenn Sie sich an die Bauordnung Ihres Bundeslandes halten, müssen Sie Ihren Nachbarn bei der Grenzbebauung nicht um Erlaubnis bitten. Um nachbarschaftliche Streitigkeiten zu vermeiden, kann es dennoch sinnvoll sein.
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