Ist ein Schuldner zahlungsunfähig, können seine Gläubiger die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Ein solcher Fremdantrag ist an hohe Anforderungen geknüpft und geht mit einem Kostenrisiko einher. Schuldner können einen solchen Insolvenzantrag abwehren, indem sie selbst das Insolvenzverfahren beantragen.
Zahlt ein Schuldner seine Schulden nicht, können seine Gläubiger ein Insolvenzverfahren gegen ihn beantragen. Dazu müssen die Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung der Insolvenz beim Insolvenzgericht (Amtsgericht) stellen. Ein solcher Gläubigerantrag wird z. B. von öffentlichen Kassen wie Krankenkassen oder dem Finanzamt gestellt.
Insolvenzanträge durch private Gläubiger kommen in der Praxis seltener vor, da die Anforderungen an einen solchen Fremdantrag sehr hoch sind.
Für einen Insolvenzantrag durch Gläubiger müssen laut InsO § 14 folgende Voraussetzungen gegeben sein:
Damit ein Gläubiger einen Antrag auf Insolvenz stellen kann, muss zunächst ein rechtliches Interesse vorliegen. Das bedeutet, dass der Gläubiger keine andere Möglichkeit als ein Insolvenzverfahren hat, um seine Forderungen durchzusetzen.
Um das rechtliche Interesse zu beweisen, reicht es meist aus, wenn er den Insolvenzgrund und eine titulierte Forderung darlegt.
Die Bedingung für den Insolvenzantrag durch Gläubiger ist hingegen nicht erfüllt, wenn dieser den Fremdantrag nur nutzen möchte, um Druck auf den Schuldner auszuüben.
Will ein Gläubiger einen Fremdantrag stellen, muss er seine Forderung gegen den Schuldner durch die Vorlage von Rechnungen, Kontoauszügen oder Lieferscheinen beweisen. Die Forderung muss offen und bereits fällig sein.
Besonders schwierig kann der Nachweis des Eröffnungsgrundes sein – denn eine drohende Zahlungsunfähigkeit gilt nicht als Grund. Der Gläubiger muss die bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung des Schuldners nachweisen. Ohne Zugriff auf dessen Buchhaltung ist Letzteres jedoch kaum zu belegen.
Gläubigeranträge geben daher in der Regel Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund an. Als Nachweis dienen z. B. erfolglose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, eine Zahlungseinstellung des Schuldners oder das Protokoll einer eidesstattlichen Versicherung. Eine nicht gezahlte Rechnung reicht hingegen nicht aus.
Grundsätzlich ist jeder Gläubiger berechtigt, ein Insolvenzverfahren zu beantragen – sofern die Voraussetzungen für den Antrag erfüllt sind.
Gläubiger wie Sozialversicherungsträger und Finanzämter haben bei der Glaubhaftmachung des Insolvenzeröffnungsgrundes den Vorteil, dass sie ihre Forderungen z. B. durch Vorlage der Leistungsbescheide nachweisen können – was einer titulierten Forderung entspricht. Private Gläubiger reichen aufgrund der hohen Anforderungen nur selten einen Fremdantrag ein.
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Um einen Gläubigerantrag zu stellen, können Sie sich an folgenden Hinweisen orientieren:
Ein Insolvenzantrag durch Gläubiger ist beim Amtsgericht am Wohnort des Schuldners zu stellen. Die Insolvenz lässt sich nur beantragen, wenn neben der fälligen Forderung ein Insolvenzeröffnungsgrund und ein rechtliches Interesse vorliegen. Das Amtsgericht lehnt hingegen Anträge ab, durch die der Gläubiger z. B. eine Ratenzahlung durch den Schuldner erzwingen will.
Für Insolvenzanträge durch Gläubiger stellen die zuständigen Insolvenzgerichte entsprechende Muster auf den Webseiten der Justiz des jeweiligen Bundeslandes zur Verfügung.
Der Antrag muss so ausgestaltet sein, dass er
Hilfreich (aber nicht zwingend erforderlich) ist ein Handelsregisterauszug bzw. -nummer, wenn es sich bei dem Schuldner um dort eingetragene Kaufleute, juristische Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (z. B. GmbH) handelt.
Ist der Schuldner eine natürliche Person, ist der Gläubiger nicht verpflichtet, im Antrag die Art des Verfahrens (Regel- oder Verbraucherinsolvenz) anzugeben. Das Amtsgericht erwartet zudem keine Detailkenntnisse über Gläubigeranzahl und Verschuldungsstruktur des Schuldners.
Möchten Sie als Gläubiger ein Insolvenzverfahren gegen einen Schuldner erzwingen, müssen Sie die Kosten für das Verfahren über den Antrag zunächst selbst tragen. Stellen mehrere Gläubiger gemeinsam den Antrag, müssen sie gemeinsam für die Kosten aufkommen.
Diese Kosten entstehen bei einem Gläubigerantrag:
Lehnt das Amtsgericht den Antrag ab, weil z. B. nicht alle Voraussetzungen erfüllt sind, muss der Gläubiger für die entstandenen Gebühren aufkommen. Gleiches gilt für Anträge, mit denen der Gläubiger den Schuldner zur Zahlung zwingen will – auf diese reagieren die Gerichte vermutlich mit einer kostenpflichtigen Abweisung des Insolvenzantrags.
Ein Insolvenzantrag durch Gläubiger ist mit gewissen Risiken verbunden, weshalb er in der Praxis insbesondere für private Gläubiger nachteilig sein kann. Bevor Sie den Antrag stellen, sind daher folgende Risiken abzuwägen:
Ja, Gläubiger können ihren Fremdantrag jederzeit bis zum sogenannten Entscheidungstag zurücknehmen. Werden die ausstehenden Forderungen beglichen, kann der Gläubiger den Antrag einseitig als erledigt erklären, um zu vermeiden, dass er für die Kosten des Verfahrens aufkommen muss.
Das Insolvenzgericht prüft dann, ob der Antrag bis zur Zahlung durch den Schuldner zulässig und begründet war.
Die Antragstellung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führt nicht sofort zur Eröffnung. Zunächst hört das Gericht den Schuldner an und stellt ihm den Gläubigerantrag schriftlich zu. Der Schuldner kann sich innerhalb einer vom Gericht festgelegten Frist zum Antrag äußern oder einen Eigenantrag stellen.
Kann er belegen, dass der Antrag nicht zulässig ist – weil er z. B. die fällige Forderung bereits beglichen hat –, weist ihn das Gericht als unbegründet ab. Falls nicht, eröffnet das Gericht das Verfahren.
Das Gericht leitet das Verfahren nicht von Amts wegen ein, sondern nur auf vorherigen Eröffnungsantrag – entweder auf Eigenantrag durch den Schuldner selbst oder durch einen Insolvenzantrag durch Gläubiger.
Zunächst hält das Gericht die Art des Verfahrens fest:
War der Schuldner früher selbstständig, kann er nur dann Privatinsolvenz anmelden, wenn sein Vermögen überschaubar ist, er weniger als 20 Gläubiger hat und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Zunächst prüft der Richter, ob alle Voraussetzungen vorliegen, um ein Insolvenzverfahren zu eröffnen:
Der Schuldner muss dem Gericht alle notwendigen Auskünfte erteilen, die es zur Entscheidung über den Antrag benötigt. Das Gericht kann einen Sachverständigen beauftragen, der die Vermögensverhältnisse ermittelt sowie einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen, der das übrige Vermögen sichert.
Anschließend beendet das Insolvenzgericht das Eröffnungsverfahren und entscheidet über den Eröffnungsbeschluss, d. h. über die eigentliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Das Eröffnungsverfahren endet, wenn:
Lässt das Insolvenzgericht einen Eröffnungsbeschluss ergehen, leitet es damit das eigentliche Insolvenzverfahren ein und bestellt einen Insolvenzverwalter. Dieser verwaltet das Vermögen des Schuldners und entscheidet u. a. über das Fortbestehen von Verträgen. Insolvente Unternehmen führt er zunächst fort. Ziel ist es, das Vermögen zu verwerten und den Erlös an die Gläubiger zu verteilen.
Das Verfahren setzt sich aus folgenden Terminen zusammen:
Ein Insolvenzverfahren, das durch einen Insolvenzantrag durch Gläubiger eröffnet wird, kann mit Nachteilen für den Schuldner verbunden sein:
Für die Gläubiger geht das Insolvenzverfahren gegen den Schuldner mit einem Mitwirkungsrecht einher:
Wenn Sie einen Insolvenzantrag durch Gläubiger vom Gericht zugestellt bekommen, können Sie den Antrag zuerst eingehend auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen. Im Anschluss bestehen folgende Handlungsoptionen:
Ist die im Insolvenzantrag durch Gläubiger ausgewiesene Forderung nicht zulässig oder zu hoch angesetzt, können Sie diese bestreiten. Der Gläubiger ist in der Beweispflicht und muss die Forderung belegen – z. B. durch:
Kann der Gläubiger die Beweispflicht nicht erfüllen, ist der Gläubigerantrag hinfällig, da die Voraussetzungen zur Eröffnung des Verfahrens nicht erfüllt sind. Sie können die Insolvenz abwenden.
Sind Sie zahlungsfähig, liegt kein Insolvenzeröffnungsgrund vor – und der Insolvenzantrag durch Gläubiger ist unzulässig. Um zu beweisen, dass keine Insolvenz vorliegt, können Sie dem Gericht geeignete Dokumente aus der Buchhaltung vorlegen. Es kann hilfreich sein, wenn ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater die Angaben bestätigt.
Das rechtliche Interesse zu bestreiten, kann schwierig sein, wenn offene Forderungen und ein Insolvenzeröffnungsgrund vorliegen und sich zweifelsfrei belegen lassen.
Dies ist nur dann denkbar, wenn Sie als Schuldner nachweisen können, dass der Gläubiger den Insolvenzantrag aufgrund einer anderen Motivation als der einer Zahlungsunfähigkeit gestellt hat – z. B. um dem Wettbewerb zu schaden.
Der Nachweis eines solchen Missbrauchs des Insolvenzantrags kann jedoch schwierig sein.
Ist der Insolvenzantrag durch den Gläubiger gerechtfertigt und ist der Schuldner eine natürliche Person, kann und sollte er zwingend einen Eigenantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. So besteht die Möglichkeit, die Zahlungsunfähigkeit mit der Erlangung der Restschuldbefreiung vorzeitig zu beenden und vom Insolvenzverfahren zu profitieren.
Ein erfahrener Anwalt für Insolvenzrecht kann Schlimmeres verhindern und folgende Aufgaben übernehmen:
Kommt es zu einem Insolvenzverfahren, kann sich der Anwalt um einen Vergleich mit Ihren Gläubigern bemühen, Ihre Ansprüche so weit wie möglich gegen die Gläubiger absichern und Sie durch das Verfahren begleiten.
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Gegen den Schuldner, der eine natürliche Person ist und dem das Gericht auf Antrag eine Restschuldbefreiung erteilt hat, können die Gläubiger keine Ansprüche mehr durchsetzen und zwangsvollstrecken. Das Insolvenzverfahren ist beendet.
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Nicht nur der Schuldner selbst, sondern auch seine Gläubiger haben das Recht, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Da die Anforderungen für einen Insolvenzantrag durch Gläubiger hoch sind, stellen wenn überhaupt Behörden wie Krankenkassen und Finanzämter einen solchen Fremdantrag.
Ein Gläubiger kann die Insolvenz eines Dritten nur beantragen, wenn er einen berechtigten und nachweisbaren Insolvenzeröffnungsgrund hat und eine offene Forderung besteht. Droht die Zahlungsunfähigkeit, aber ist sie noch nicht eingetreten, darf nur der Schuldner selbst die Insolvenz beantragen. Zudem muss der Gläubiger nachweisen, dass er seine Ansprüche nur durch ein Insolvenzverfahren geltend machen kann.
Schuldner, die mit einem berechtigten Gläubigerantrag konfrontiert sind, können selbst die Eröffnung der Insolvenz beantragen. Durch den Eigenantrag entfällt der Fremdantrag. Der Schuldner hat die Möglichkeit, eine Restschuldbefreiung zu erlangen und somit vom Insolvenzverfahren zu profitieren.