Häufig entstehen beispielsweise bei einem Unfall neben materiellen auch körperliche oder psychische Schäden. Ist dies der Fall, können Sie Schmerzensgeld einklagen, um zumindest teilweise für die entstandenen Verletzungen und Beeinträchtigungen entschädigt zu werden. Was dabei genau zu tun ist, welche Voraussetzungen zu beachten sind und mit welchen Kosten zu rechnen ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Bestimmte immaterielle Schäden nach beispielsweise einem Unfall können einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen. Schmerzensgeld einklagen können Sie bei:
Möchten Sie nach einer zugefügten Verletzung finanzielle Entschädigung erfahren, können Sie Ihr Schmerzensgeld einklagen. Im Optimalfall erhalten Sie dadurch eine angemessene Entschädigung. Für angefallene Kosten durch beispielsweise Arbeitsausfälle oder auch für die Nachsorge in Form von Kuren kann somit gesorgt werden. Bei Bagatellverletzungen wie minimalen Schürfwunden besteht hingegen kein Anspruch auf Schmerzensgeld.
War die Klage auf Schmerzensgeld erfolgreich, übernimmt übrigens die Gegenseite sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten.
Wie viel Schmerzensgeld Ihnen konkret zusteht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einen Einfluss auf die Höhe des Schmerzensgeldes haben dabei folgende Umstände:
Zur Orientierung ziehen die Gerichte vergleichbare Gerichtsentscheidungen mit ähnlichen Verletzungsbildern und Sachverhalten heran. Solche Schmerzensgeldtabellen bilden hierbei jedoch lediglich einen groben Orientierungsrahmen.
Im Folgenden haben wir relevante Urteile für Sie zusammengestellt:
Verletzungen |
Schmerzensgeld |
Urteil |
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Schleudertrauma, sechswöchige Arbeitsunfähigkeit, ärztliche und krankentherapeutische Behandlungen nach unverschuldetem Verkehrsunfall |
2.000 Euro |
AG München, 2013 |
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Schultergelenkssprengung und Bänderabriss, Operation und mehrwöchige Nachbehandlung durch Sturz mit Motorrad |
5.500 Euro |
OLG Schleswig-Holstein, 2012 |
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Bruch zweier Wirbel, dreiwöchiger Krankenhausaufenthalt, jahrelange Rückenbeschwerden nach Verkehrsunfall |
10.000 Euro |
LG Coburg, 2009 |
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Operation, Chemotherapie, Bestrahlung und medikamentöse Behandlung durch zu spät erkannte Brustkrebserkrankung |
20.000 Euro |
OLG Hamm, 2013 |
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Bruch des Beckens, des Arms und Schädels, Lungenquetschung sowie Schleudertrauma zweiten Grades, Bewegungseinschränkung, längere depressive Reaktion, Krankenhausaufenthalt, zwei Monate in teilstationärer Reha-Maßnahme, ambulante krankengymnastische Behandlung durch grob fahrlässig verursachten Unfall |
35.000 Euro |
OLG Saarbrücken, 2015 |
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Versehentliches Herausreißen des gesunden Eierstocks einer 14-jährigen Patientin während operativer Entfernung des erkrankten Eierstocks |
50.000 Euro |
LG Mainz, 2010 |
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Verlust eines Auges und Fähigkeit des dreidimensionalen Sehens nach Schlägerei |
100.000 Euro |
LG Osnabrück, 2005 |
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Perforierung (Durchstoßung) des Darms eines 47 Jahre alten Mannes während einer Darmspiegelung, anschließend Notoperation, Bauchfellentzündung, intensiv-medizinische Behandlung über mehrere Monate, Frührente, Behinderung von 100 %, Anlegung eines künstlichen Darmausgangs |
220.000 Euro |
OLG Hamm, 2013 |
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Schweres Schleudertrauma, Wachkoma, künstliche Ernährung, Notwendigkeit der dauerhaften Unterbringung in einem Pflegeheim aufgrund grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfalls |
500.000 Euro |
OLG Oldenburg, 2014 |
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Zweijähriges Kind erleidet schwere Hirnschädigung, anschließend umfangreiche lebenslange Pflegebedürftigkeit sowie Notwendigkeit stationärer Behandlungsmaßnahmen, operative Eingriffe, Schmerzen aufgrund ärztlichen Behandlungsfehlers |
700.000 Euro |
LG Aachen, 2011 |
Um Schmerzensgeld einklagen zu können, sind neben bestimmten Fristen auch ein konkreter Ablauf beim Klageverfahren zu beachten. Beides erläutern wir Ihnen jetzt ausführlicher.
Fristen
Nach § 195 BGB verjährt der Anspruch auf Schmerzensgeld nach drei Jahren – demnach muss innerhalb dieser Frist die Schmerzensgeldklage eingereicht werden. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem
Beispiel: Erleidet der Geschädigte Anfang 2017 einen schweren Unfall und erfährt z. B. nach einem Koma erst im März 2018 von den Umständen, beginnt die Frist erst mit Ende des Jahres 2018. Innerhalb von drei Jahren kann der Geschädigte nun sein Schmerzensgeld einklagen.
Lassen sich Folgeschäden nicht ausschließen, kann ein sogenannter Feststellungsantrag bei Gericht eingereicht werden. Damit kann die Frist von Schmerzensgeldansprüchen umgangen und spätere Schadensersatzansprüche, die mit dem Schadensereignis in Verbindung stehen, vorbehalten werden.
Ablauf
Eine Klage auf Schmerzensgeld wird vor einem Zivilgericht wie etwa einem Amts- oder Landesgericht verhandelt. Wir erklären Ihnen jetzt, wie solch ein Klageprozess abläuft:
1. Versuch einer außergerichtlichen Einigung:
Bevor Sie Schmerzensgeld einklagen, können Sie eine außergerichtliche Einigung anstreben, um unnötige Gerichtskosten zu sparen. Dabei wenden Sie sich mit einer schriftlichen Schmerzensgeldforderung entweder direkt an den Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung. Diese sollte eine Beschreibung der erlittenen Verletzungen, einen Nachweis über deren Ursachen sowie die konkrete Höhe des geforderten Schmerzensgeldes und eine Fristsetzung für die Zahlung dieses beinhalten.
Kommt es zu einer Einigung und wird Schmerzensgeld bezahlt, wird meist im Gegenzug eine Abfindungserklärung unterzeichnet, mit der etwaige weitere Forderungen abgegolten sind.
2. Schmerzensgeldklage vor dem Zivilgericht:
Ist keine außergerichtliche Einigung möglich, können Sie das Schmerzensgeld einklagen. Dafür muss zunächst eine Klageschrift beim zuständigen Zivilgericht eingereicht werden. Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro ist das Amtsgericht vor Ort, über 5.000 Euro das jeweilige Landgericht zuständig – bei Letzterem besteht Anwaltszwang.
Die Klageschrift muss dabei Folgendes enthalten:
3. Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses:
Bei Einreichung einer Schmerzensgeldklage wird die Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses fällig. Dieser richtet sich nach der Höhe des geforderten Schmerzensgeldes. Welche weiteren Kosten anfallen können, wird in Kapitel 3.4 – Kosten & Gebühren detailliert erläutert.
4. Beginn des Klageprozesses:
Die Klage wird an die gegnerische Partei zugestellt.
5. Verhandlung über das Schmerzensgeld:
Ihre Schmerzensgeldklage wird vor Gericht verhandelt. Dabei werden die Aussagen über das Schadensereignis von Schädiger und Geschädigtem zusammengetragen und alle Beweise gegen den Schädiger vorgelegt.
6. Entscheidung durch das Gericht:
Nach der Anhörung der beteiligten Parteien fällt der zuständige Richter ein Urteil darüber, ob und in welcher Höhe Sie Schmerzensgeld erhalten.
7. Auszahlung des Schmerzensgeldes
Im letzten Schritt wird das beschlossene Schmerzensgeld innerhalb der vom Gericht festgelegten Frist an Sie ausgezahlt.
Dauer
Je komplexer die erlittenen Schäden sind und umso komplizierter die Klärung der Schuldfrage ist, desto länger kann das Verfahren dauern. Es kann aber von einer Verfahrensdauer von wenigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten ausgegangen werden.
Damit die Schmerzensgeldklage erfolgreich sein kann und Sie eine angemessene Summe erhalten, muss vor Gericht bewiesen werden, dass ein Schmerzensgeldanspruch besteht. Sie als Geschädigter sind grundsätzlich in der Beweispflicht.
In diesem Zusammenhang sind folgende Nachweise notwendig:
Damit die Beweise einwandfrei vor Gericht dargelegt werden können, können zudem folgende Unterlagen aufbewahrt werden:
Hilfreich können außerdem Fotos und Zeugenaussagen zum Unfall sein. Sollte der Geschädigte durch starke Verletzungen selbst nicht in der Lage sein, seine Leidensgeschichte zu dokumentieren, kann es helfen, dass Angehörige einen schriftlichen Nachweis führen. Damit kann der Betroffene die Situation später vor Gericht möglichst klar und detailliert vorstellen.
Um Schmerzensgeld zu erhalten, muss dieses aktiv beantragt und ggf. eingeklagt werden. Ein Anwalt kann Sie dabei verlässlich zu Voraussetzungen einer solchen Schmerzensgeldklage sowie den damit verbundenen Chancen und Risiken beraten. Zudem kann er sicherstellen, dass alle formalen und inhaltlichen Anforderungen an eine Klageschrift erfüllt sind und die Schmerzensgeldhöhe angemessen ist.
Mit einer passenden juristischen Strategie kann ein Anwalt außerdem zu einem erfolgreichen Ausgang und einer schnellen Durchsetzung Ihres Schmerzensgeldes beitragen. Auch auf die nicht unübliche Verzögerungstaktik von Versicherungen kann ein Anwalt angemessen reagieren.
Ein advocado Partner-Anwalt erläutert Ihnen in einer kostenlosen Ersteinschätzung das mögliche Vorgehen.
Möchten Sie Schmerzensgeld einklagen, so können neben Gerichtskosten auch Kosten für einen Anwalt entstehen, welche grundsätzlich als anerkannte Schadensposition gelten und von der gegnerischen Seite zu tragen sind.
Die genaue Höhe richtet sich nach dem Streitwert – also dem geforderten Schmerzensgeld.
Anwaltskosten
Die Kosten für einen Anwalt ergeben sich aus dem sogenannten Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Nach diesem kann ein Anwalt folgende Gebühren berechnen:
Alternativ kann auch eine individuelle Vergütungsvereinbarung zum Festpreis vereinbart werden.
Gerichtskosten
Die Gerichtskosten setzen sich aus den gerichtlichen Gebühren und Auslagen zusammen. Zu Letzteren gehören z. B. Kosten für Zeugen und Sachverständigen oder auch Telekommunikations- sowie Postkosten.
In der folgenden Tabelle sind verschiedene Anwalts- und Gerichtskosten beispielhaft zusammengefasst:
Streitwert bis … |
Anwalts- und Gerichtskosten |
500 € |
192,50 € |
2.000 € |
614,00 € |
4.000 € |
1009,00 € |
Kostenübernahme möglich?
Bei einer Klage auf Schmerzensgeld ist eine Übernahme der anfallenden Kosten grundsätzlich möglich. Bei nachgewiesener Bedürftigkeit können Sie z. B. Prozesskostenhilfe beantragen. Dabei reichen Sie ein Formular zur Erklärung über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim zuständigen Amtsgericht ein.
War die Klage auf Schmerzensgeld erfolgreich, übernimmt übrigens die Gegenseite sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten. Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung, könnte auch diese für die Kosten aufkommen.
Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihre Rechtsschutzversicherung Anwalts- und Gerichtskosten übernimmt, stellt ein advocado Partner-Anwalt gerne eine kostenlose Deckungsanfrage für Sie. Jetzt Ersteinschätzung erhalten.