Wenn Gutachter den Pflegebedarf falsch einschätzen, können Pflegebedürftige Widerspruch gegen die Pflegegrad-Einstufung erheben. Bleibt das Widerspruchsverfahren erfolglos, können Sie nach 6 Monaten erneut Leistungen beantragen oder Sozialklage einreichen. Ein Anwalt kann Einstufungsfehler beweisen und den richtigen Pflegegrad durchsetzen.
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Mit dem 2. Pflegestärkungsgesetz (PSG II) entstanden 2017 aus den alten 3 Pflegestufen 5 neue Pflegegrade. Der Gesetzgeber zielt mit dem PSG II auf eine verbesserte Versorgung der Pflegebedürftigen mit Leistungen und Pflegegeld. Denn lehnt die Pflegekasse staatlich gesicherte Leistungen ab, fehlen den Pflegebedürftigen finanzielle Mittel, um z. B. einen Pflegefachdienst zu beauftragen.
Pflegebedürftige müssen es nicht hinnehmen, wenn ihre Versicherung nicht zahlt. Sie können dem abgelehnten Pflegegrad bzw. der verweigerten Höherstufung widersprechen.
In diesen 3 Fällen kann ein Pflegegrad-Einspruch sinnvoll sein:
Da die Gesundheitsausgaben seit Jahren kontinuierlich steigen, versuchen auch die Sozialversicherungen zu sparen – mit der Folge, dass die Pflege- oder Krankenkasse nicht zahlt und Anträge zu Unrecht zurückweist.
Die Pflegeversicherung darf Ihren Antrag ablehnen, wenn für weniger als 6 Monate Pflegebedarf besteht – oder Ihre individuelle Pflegesituation sich durch Rehabilitationsmaßnahmen bessert – dann verweist die Pflegekasse Sie an Ihre Krankenversicherung.
Jeder Bescheid der Pflegeversicherung muss formale Anforderungen erfüllen, sonst lässt sich das Schreiben mit einem Pflegegrad-Widerspruch anfechten.
In diesen Fällen ist der Feststellungs- oder Ablehnungsbescheid unzulässig:
Wenn Pflegebedürftige Pflegeleistungen beantragen, kommt ein Sachverständiger des Medizinischen Dienstes (MDK) zum Hausbesuch. Der Gutachter hat nur begrenzt Zeit, um die individuelle Pflegesituation zu bewerten.
In folgenden Fällen ist die Fehleinschätzung des Pflegebedarfs möglich:
Eine Orientierung bei der Ermittlung des eigenen Anspruchs auf Pflegeleistung bietet Ihnen ein Pflegegradrechner.
Hat die Pflegeversicherung eine Höherstufung oder den Pflegegrad abgelehnt oder eine Fehleinschätzung des Bedarfs vorgenommen, kann der Pflegebedürftige binnen 4 Wochen nach Zugang des Bescheids Widerspruch einlegen.
Damit Sie zeitnah einen Pflegegrad erhalten, der Ihrer Lebenssituation entspricht, kann es ratsam sein, den Einspruch mit folgenden Schritten gründlich vorzubereiten:
Die Bewilligung von Pflegeleistungen hängt maßgeblich vom Pflegegutachten des MDK ab. Sie können deshalb Gutachten und Ablehnungsbescheid sorgfältig prüfen oder die Dokumente durch einen Anwalt für Pflegerecht prüfen lassen:
In einem Pflegetagebuch dokumentieren Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen ausführlich, welcher Hilfebedarf bei der täglichen Pflege besteht.
Im Idealfall gibt Ihr Tagebuch Aufschluss über
Da das Tagebuch gegenüber der Pflegekasse und im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung als wichtiges Beweisstück dient, sollte es möglichst detailliert sein.
Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, dem Pflegepersonal oder anderen Vertrauenspersonen über die Beurteilung der Pflegekasse und holen Sie eine unabhängige Zweitmeinung ein.
Im Idealfall sind Arzt oder Pflegedienst bereit, Ihrem Widerspruch eine ausführliche persönliche Stellungnahme beizufügen, die das Gutachten entkräftet.
Ein spezialisierter Jurist verfügt über umfassende Kenntnisse im komplexen Sozialversicherungsrecht und kann einen rechtssicheren Widerspruch gewährleisten:
Ein Anwalt für Sozialversicherungsrecht bewertet, ob eine Fehleinschätzung vorliegt und ein Einspruch gegen den Pflegegrad sinnvoll ist. Anschließend übernimmt er die komplizierte Beweisführung, unterstützt Sie bei der fachlichen Begründung Ihres Pflegegrad-Widerspruchs und übernimmt die Kommunikation mit der Pflegekasse, um Ihren Anspruch ggf. schnellstmöglich außergerichtlich durchzusetzen.
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Um erfolgreich gegen die falsche Pflegegrad-Einstufung Widerspruch einzulegen, beachten Sie Folgendes:
Damit die Pflegekasse Ihren Widerspruch zeitnah bearbeitet und Sie einen neuen Gutachter-Termin erhalten, sind einige Voraussetzungen zu beachten:
Damit die Pflegeversicherung Ihren Einspruch gegen den Pflegegrad nicht wegen fehlender Inhalte ablehnt, sollten folgende Angaben unbedingt enthalten sein:
Ein erfolgreicher Widerspruch hängt von der einwandfreien Begründung Ihres Pflegebedarfs ab. Wenn Sie im Widerspruchsschreiben darauf hinweisen, dürfen Sie die ausführliche Begründung auch innerhalb 1 Monats nachreichen.
Für eine fachliche Widerspruchsbegründung müssen Sie die fehlerhafte Beurteilung im Pflege-Gutachten detailliert herausstellen und den tatsächlichen Anspruch auf Pflegeleistungen z. B. durch die Einschätzung des Arztes nachweisen.
Nur 1 Punkt trennt den ersten Pflegegrad (bis 27 Punkte) vom zweiten (ab 27 Punkten). Sie müssen also hartnäckig um jeden Punkt kämpfen.
Prüfen Sie daher sorgfältig, ob der Gutachter Ihre individuelle Pflegesituation korrekt eingeschätzt und die einzelnen Punkte der Module fehlerfrei addiert hat.
Wenn Sie einem Ablehnungsbescheid höherer Pflegegrade widersprechen möchten, kann die Unterstützung eines Anwalts, eines Arztes oder Ihres Pflegefachpersonals sinnvoll sein. Denn aufgrund des stark erhöhten Pflegebedarfs ab dem 4. Pflegegrad geht es um besonders sorgfältige Beobachtungen, die sich in den einzelnen Modulpunkten niederschlagen.
Nachdem Sie gegen den abgelehnten Pflegegrad Einspruch eingelegt haben, gleicht die Pflegekasse das MDK-Gutachten mit Ihrer Widerspruchsbegründung ab.
Anschließend erlässt die Pflegekasse einen neuen Bescheid und
Blieben bei der Berechnung des Pflegebedarfs einzelne Punkte unberücksichtigt, korrigiert die Pflegeversicherung den 1. Bescheid und bewilligt den entsprechenden Pflegegrad nachträglich. Das bedeutet, Sie erhalten rückwirkend Pflegeleistungen wie beispielsweise das Pflegegeld.
Lässt sich der Sachverhalt nicht anhand Ihrer Begründung und Nachweise einschätzen, leitet die Pflegeversicherung eine 2. Begutachtung in die Wege.
Ein weiterer Gutachter überprüft, ob die Einschätzung des 1. Gutachtens zutreffend ist. Entweder erhalten Sie einen angemessenen Pflegegrad oder die Pflegekasse lehnt den Pflegegrad-Einspruch erneut ab.
Hält die Pflegekasse Ihren Widerspruch für unbegründet, übergibt die Versicherung den Fall an den Widerspruchsausschuss: Vertreter von Sozialversicherung und Gewerkschaft bewerten sämtliche Dokumente und holen Stellungnahmen der Beteiligten ein.
Kommt auch der Ausschuss zu keinem anderen Ergebnis, bleiben 3 letzte Optionen:
Endet das Widerspruchsverfahren der Pflegekasse nicht mit der Bewilligung des benötigten Pflegegeldes, besteht zuletzt die Option, den Leistungsanspruch vor einem Sozialgericht einzuklagen.
In folgenden Fällen kann eine Klageerhebung erfolgversprechend sein:
Das Klageverfahren vor dem Sozialgericht folgt einem festen Ablauf:
Im Falle eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens vor dem Sozialgericht fallen keine Gerichtskosten an. Sobald der Versicherte einen Anwalt hinzuzieht, um seine Erfolgschancen gegenüber der Pflegekasse zu erhöhen, entstehen Anwaltskosten.
Wenn Sie vermuten, dass die Einschätzung des Pflegebedarfs durch den MDK fehlerhaft ist, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ohne anwaltliche Vertretung zu reagieren und das Widerspruchsverfahren selbstständig zu bestreiten. Das spart zwar Rechtsanwaltsgebühren, kann sich aber als wenig sinnvoll erweisen.
Da sich die Pflegeversicherung definitiv durch einen Juristen vertreten lässt, kann es sich im Rahmen eines Pflegegrad-Widerspruchs lohnen, ebenfalls einen Anwalt hinzuziehen. Er sorgt für Gleichheit vor Gericht und maximiert Ihre Erfolgschancen um ein Vielfaches, da er ausschließlich Ihre Interessen vertritt und angemessen auf taktische Manöver der Gegenseite reagieren kann.
Bleibt das Widerspruchsverfahren ohne Erfolg, prüft er, ob sich eine Sozialklage zur Durchsetzung anbietet: Er schätzt Chancen, Risiken und Kosten rechtssicher ein und kämpft für die Einstufung in einen Pflegegrad, der Ihrem tatsächlichen Bedarf entspricht. Auf einen Anwalt zu verzichten, kann deshalb bedeuten, einen unnötigen Nachteil durch eine geschwächte Verhandlungsposition hinzunehmen.
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Als Mitglied der juristischen Redaktion von advocado widmet sich Jasmin Leßmöllmann komplexen Fragestellungen aus dem Arbeits-, Medizin- und Erbrecht. Dabei ist sie bestrebt, dem Leser schwierige juristische Sachverhalte verständlich aufzubereiten und die beste Lösung anzubieten.