Akteneinsicht im Strafverfahren ist entscheidend, für eine wirksame Verteidigung gegenüber den Ermittlungsbehörden und vor Gericht. Nur durch Akteneinsicht erfahren Beschuldigte, welche Beweise gegen sie vorliegen und können sich gegen Vorwürfe wehren. Aber: Ohne Anwalt bekommen Beschuldigte keine umfassende Einsicht in die Akten. Nur ein Anwalt kann die vollständige Akteneinsicht beantragen.
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Damit sich Angeklagte in einem Strafverfahren effektiv verteidigen können, ist Einsicht in die Ermittlungsakten wichtig. Nur so wissen Angeklagte, welche strafrechtlichen Vorwürfe im Detail gegen sie erhoben werden und auf welche Beweise sich diese stützen.
Mit Beginn der Ermittlungen legen die Ermittlungsbehörden eine Ermittlungsakte an. Sie ist die Grundlage des Strafverfahrens.
In dieser Akte stehen u. a. folgende Dokumente und Beweise:
Die Ermittlungsakte ist von großer Bedeutung, da die Staatsanwaltschaft anhand der Akte entscheidet, ob die Ermittlungen eingestellt, ein Strafbefehl erlassen oder ein Strafverfahren eröffnet wird.
Erst durch Einschalten eines Verteidigers erhält der Beschuldigte Einsicht in seine eigene Ermittlungsakte. Der Verteidiger sorgt somit für Waffengleichheit. Der Wissensstand der Verteidigung muss immer gleich sein mit dem der Anklage.
Ermittlungsbehörden dürfen keine Geheimakten anlegen. Durch die Akteneinsicht im Strafverfahren erlangen Angeklagte deshalb den gleichen Kenntnisstand wie Staatsanwaltschaft oder Richter.
Auf dieser Grundlage können Sie oder Ihr Anwalt mit Schwerpunkt Akteneinsicht entscheiden, wie Sie gegen die Vorwürfe am besten vorgehen.
Je nach Aktenlage bieten sich folgende Strategien an:
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Das Recht auf Akteneinsicht bei einem Strafverfahren ist in § 147 Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Demnach dürfen folgende Personen Akteneinsicht beantragen:
Der Umfang der Einsicht in die Ermittlungsakten ist bei jedem der Genannten unterschiedlich weit bzw. eng. Ein unbeschränktes Akteneinsichtsrecht ist erst gegeben, wenn die Ermittlungen abgeschlossen wurden.
Mit Kenntnis über ein Ermittlungsverfahren kann ein Beschuldigter Akteneinsicht im Strafverfahren ohne Anwalt beantragen. Diesem Antrag wird laut § 147 Absatz 7 StPO stattgegeben, wenn:
Ein Beschuldigter ohne Anwalt erhält nur die Auszüge aus der Ermittlungsakte, die für seine Verteidigung notwendig sind. Was genau erforderlich ist und welche Unterlagen dementsprechend bereitgestellt werden, entscheidet ein Staatsanwalt oder Richter.
Dies kann eine effektive Verteidigung erschweren, da wichtige Untersuchungserkenntnisse unbekannt bleiben und sich Beteiligte nicht aktiv gegen Tatvorwürfe zur Wehr setzen können.
Ein Strafverteidiger hat mit Kenntnis über ein Ermittlungsverfahren hingegen ein umfassendes Akteneinsichtsrecht. Er muss nicht persönlich bei der Behörde zur Einsicht erscheinen, sondern kann sich die Ermittlungsakten in seine Kanzlei schicken lassen und Fotokopien von der Akte anfertigen.
Einem anwaltlichen Antrag auf Einsicht der Akten im Strafverfahren wird stattgegeben, wenn dadurch die Aufklärung des Falles nicht gefährdet wird.
Eine Gefährdung der Aufklärung könnte beispielsweise vorliegen, wenn
Nach Abschluss eines Strafverfahrens kann ein Strafverteidiger zudem bei folgenden Anlässen Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen:
Das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakten für den Geschädigten bzw. Nebenkläger oder dessen Anwalt wird sehr restriktiv gehandhabt. Das liegt daran, dass eine Ermittlungsakte detaillierte Informationen zu Sachverhalten vermittelt, zu denen der Geschädigte aus seiner Erinnerung aussagen soll.
Der durch die Akten vermittelte Kenntnisstand könnte die persönlichen Erinnerungen des Geschädigten überlagern, die Zeugenaussage beeinflussen und den Untersuchungszweck gefährden.
Aus diesen Gründen wird dem Geschädigten bzw. dessen Anwalt nur bei einem berechtigten Interesse Akteneinsicht bei einem Strafverfahren gewährt.
Von einem solchen Interesse ist in den folgenden Fällen auszugehen:
Auch nicht am Strafverfahren beteiligte Privatpersonen oder private Stellen haben ein Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren. Dieses beschränkt sich allerdings gemäß § 475 StPO auf Auskünfte und erfordert ebenfalls ein berechtigtes Interesse.
Die Einsicht in die Akten ist zu verwehren, wenn schutzwürdige Interessen von Betroffenen oder gesetzliche Gründe entgegenstehen.
Daneben haben auch staatliche Behörden ein Recht auf Einsicht.
Das sind:
Finanzbehörden bekommen auf Antrag ebenfalls Einsicht in die Akten, die dem Gericht vorliegen. Außerdem dürfen diese beschlagnahmte oder sichergestellte Gegenstände besichtigen.
Beantragen Sie in einem Strafverfahren ohne Anwalt Einsicht in die Ermittlungsakten, müssen Sie mit Gebühren rechnen. Diese können je nach Umfang der Akte verhältnismäßig hoch ausfallen.
Folgende Gebühren fallen an:
Entscheiden Sie sich für die Hinzuziehung eines Anwalts, um bei einem Strafverfahren die Einsicht in die Akten schnell und unkompliziert durchzusetzen und die Ermittlungsakten umfassend bewerten zu lassen, ist auch mit Anwaltskosten zu rechnen. In der Regel fallen dann keine Kosten für Kopien an.
Anwaltskosten werden auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimmt und sind abhängig von den konkreten Leistungen des Anwalts und dem Streitwert. Dieser richtet sich nach der Schwere der Tatvorwürfe und der zu erwartenden Strafe – je schwerer die Tat, desto höher der Streitwert.
Wie lange es vom Antrag auf Einsicht in die Akten im Strafverfahren bis zur tatsächlichen Einsicht in die Ermittlungsakten dauert, lässt sich nicht verbindlich sagen. Dies liegt daran, dass der Gesetzgeber hierzu keine konkreten Angaben macht und das genaue Prozedere den Ermittlungsbehörden überlässt.
Daneben hängt die Dauer der Umsetzung der Einsicht von u. a. folgenden Faktoren ab, die je Strafverfahren stark variieren können:
Wird dem Antrag stattgegeben, so hat ein Strafverteidiger mit Übergabe der Ermittlungsakten 4 Wochen Zeit für die Einsicht in die Ermittlungsakten. Beschuldigte ohne Anwalt können die Ermittlungsakten bei der Ermittlungsbehörde oder der örtlichen Polizeidienststelle einsehen. Hierfür sind genaue Terminabsprachen notwendig.
Zeitliche Verzögerungen bei der Prüfung des Antrags auf Einsicht oder der Bereitstellung der Ermittlungsakten gehen nicht zu Lasten des Beschuldigten. Vielmehr kann sich dies sogar strafmildernd auswirken.
Während die Rechte auf Akteneinsicht im Strafverfahren mehr oder minder beschränkt sein können, kommt es unter bestimmten Voraussetzungen zu einer uneingeschränkten Einsicht in die Akten.
Kommt es zur Verhängung von Untersuchungshaft, sind dem Strafverteidiger des Beschuldigten laut § 147 StPO die wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen. Auf dieser Grundlage kann ein Anwalt die Rechtmäßigkeit der Untersuchungshaft beurteilen.
Dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, ist kein hinreichender Grund, um die Akteneinsicht bei einem Strafverfahren zu verwehren.
Wird die Untersuchungshaft vollzogen oder die Ermittlungen abgeschlossen, hat der Anwalt eines Beschuldigten ein Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht.
Mit dem E-Government-Gesetz (EGovG) sind Bundesbehörden ab dem 01.01.2020 verpflichtet, die elektronische Aktenführung umzustellen. Die Einsicht in diese E-Akten erfolgt dann über ein bundesweites Akteneinsichtsportal.
Davon sind auch die Ermittlungsakten in einem Strafverfahren betroffen. Gibt die Staatsanwaltschaft einem Antrag auf Einsicht in die Ermittlungsakten statt, kann deren Inhalt über das Portal eingesehen werden.
Für das Recht auf Akteneinsicht von Beschuldigten und Geschädigten bedeutet das ab 2020 konkret:
Grundsätzlich kann jeder Beschuldigte oder Geschädigte einen Antrag auf Einsicht in die Ermittlungsakten stellen. Allerdings kann bei eigenständiger Beantragung das Risiko bestehen, dass Ihnen die Ermittlungsbehörden die Akteneinsicht im Strafverfahren verweigern oder Ihnen nur einen Teil der Ermittlungsergebnisse zugänglich machen.
Anwaltliche Unterstützung kann deswegen hilfreich sein. Ein Anwalt kann Ihr Recht auf Akteneinsicht schnell und umfassend durchsetzen. Er stellt die richtige Interpretation der Ermittlungsergebnisse sicher, auf deren Grundlage er eine effektive Verteidigungsstrategie entwickelt oder den Tatvorwurf entkräftet.
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Sobald Beschuldigte Kenntnis über Ermittlungen gegen Sie erhalten, können diese oder ihr Anwalt einen Antrag auf Einsicht in die Akten stellen.
Diesem muss bei Untersuchungshaft, Einstellung der Ermittlungen, Anklage und im gerichtlichen Hauptverfahren stattgegeben werden. Auch während einer etwaigen Gerichtsverhandlung ist Akteneinsicht zu gewähren – ggf. auch erneut.
Akteneinsicht in einem Strafverfahren lässt sich mit einem formlosen Schreiben bei der zuständigen Ermittlungsbehörde beantragen. Gestaltet sich die Anreise schwierig, kann bei der Beantragung um die Zusendung der Ermittlungsakten an die örtliche Polizeidienststelle gebeten werden.
Im Internet finden Sie zahlreiche Muster, mit denen Sie Akteneinsicht in einem Strafverfahren beantragen können. Diese könnten unter Umständen Ihrem individuellen Fall nur schwer gerecht werden.
Ein anwaltlich verfasster Antrag auf Akteneinsicht berücksichtigt alle Vorgaben – und kann den Druck auf die Ermittlungsbehörden zur Herausgabe der Ermittlungsakten erhöhen.
Wird dem Antrag stattgegeben, erfolgt die Akteneinsicht im Strafverfahren ohne Anwalt in der Ermittlungsbehörde oder örtlichen Polizeidienststelle unter Aufsicht eines Sachbearbeiters. Der Beschuldigte kann sich dann Notizen machen oder Kopien anfertigen lassen, sofern hiergegen keine ermittlungstaktischen Gründe sprechen.
Ein Strafverteidiger hat hingegen folgende Möglichkeiten:
Wie Sie Akteneinsicht in einem Strafverfahren beantragen können, erklären wir Ihnen in unserem Beitrag zum Thema Akteneinsicht beantragen.
Verweigert die Staatsanwaltschaft einem Beschuldigten Akteneinsicht im Strafverfahren ohne triftigen Grund, so kann dieser die Entscheidung anfechten.
Dafür ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung schriftlich oder zu Protokoll beim zuständigen Amtsgericht zu stellen. Besondere Fristen müssen nicht eingehalten, aber folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
Liegen andere Gründe für die Verweigerung der Einsicht vor, kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht angefochten werden. Dann kann nur eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht werden.
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Die Akteneinsicht im Strafverfahren kann nicht jeder erhalten. Nach § 147 Abs. (1) StPO steht die Akteneinsicht dem Verteidiger des Beschuldigten zu oder gemäß § 147 Abs. (4) Satz (1) StPO dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat. Obwohl das Recht auf Akteneinsicht auch durch den Beschuldigten geltend gemacht werden kann, kann es ratsam sein, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren: Dieser hat nach dem Willen des Gesetzgebers weitergehende Befugnisse im Rahmen der Akteneinsicht als der Beschuldigte.
Beantragt der Beschuldigte oder sein Verteidiger im Strafverfahren Akteneinsicht, entstehen dafür Kosten. Für die Einsicht in die Ermittlungsakten werden sowohl Gebühren für Kopien fällig als auch Gebühren für die Akteneinsicht selbst. Wird dafür ein Rechtsanwalt beauftragt, fallen zusätzlich Anwaltskosten an, die entweder durch eine individuelle Honorarvereinbarung vereinbart werden oder gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) anfallen.
Nicht zwingend – Beschuldigte können auch selbst das Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren wahrnehmen. Es kann aber sinnvoll sein, für die Akteneinsicht einen Anwalt zu beauftragen. Dieser kann die Informationen aus der Ermittlungsakte umfassend bewerten und daraus wichtige Rückschlüsse für die Verteidigung ziehen.