Wenn ein Verurteilter an einer schweren psychischen Erkrankung leidet oder in Lebensgefahr schwebt, ist er haftunfähig. Eine Freiheitsstrafe darf bei Haftunfähigkeit nicht vollzogen werden. Sind die Bedingungen erfüllt, kann ein Anwalt mit starken Argumenten den Antrag auf Strafaufschub oder -unterbrechung untermauern.
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Kann ein Verurteilter aufgrund seines Gesundheitszustandes eine Haftstrafe nicht in einer normalen Justizvollzugsanstalt (JVA) antreten, ist er haftunfähig. Ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Verurteilten Vollzugsuntauglichkeit bedingen, muss ein Amtsarzt in einem medizinischen Gutachten feststellen.
Damit die Vollzugsbehörde das Vorliegen von Haftunfähigkeit überprüft, muss der Verurteilte oder seine Angehörigen Haftunfähigkeit beantragen. Ob Vollzugsuntauglichkeit vorliegt, entscheidet die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde auf Grundlage des ärztlichen Gutachtens.
Da die Staatsanwaltschaft den Antrag nur in Ausnahmefällen genehmigt, kann es sich für Betroffene lohnen, einen erfahrenen Anwalt zu kontaktieren, um den Antrag nachvollziehbar und überzeugend zu begründen.
Eine lebenslange Haftunfähigkeit wird im Normalfall nicht festgestellt. Die Staatsanwaltschaft ordnet in der Regel alle 6 Monate ein neues ärztliches Gutachten an, um zu prüfen, ob die Erkrankung des Verurteilten weiterhin vorliegt.
Leidet jemand an einer schweren psychischen oder physischen Erkrankung, gilt er als haftunfähig, wenn sich die Krankheit nicht angemessen in einem Gefängniskrankenhaus behandeln lässt.
Wann eine psychische oder physische Erkrankung zur Vollzugsuntauglichkeit führt, lässt sich nicht grundsätzlich beantworten.
Haftunfähigkeit hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab:
Eine Person ist haftunfähig, wenn
Haftunfähig ist derjenige Verurteilte, der an einer schweren Form einer psychischen Erkrankung leidet. Ist der Verurteilte nachweislich psychisch krank und ist die Behandlung nur in einer psychiatrischen Klinik, nicht aber im Haftkrankenhaus möglich, ist die Strafvollstreckung verboten.
Diese psychischen Erkrankungen bedingen Haftunfähigkeit:
Ist die psychische Störung weniger stark ausgeprägt, ist der Haftantritt dennoch möglich. Der Verurteilte wird in eine Strafanstalt eingewiesen, die eine entsprechende Behandlung ermöglicht.
Ob eine psychische Erkrankung zur Vollzugsuntauglichkeit führt, muss daher immer ein ärztliches Gutachten klären.
Bedroht die Inhaftierung das Leben des Verurteilten so sehr, dass bei Vollzug der Haft Lebensgefahr entstehen würde, ist der Strafvollzug in der JVA aufgrund von Vollzugsuntauglichkeit verboten.
Ist eine Behandlung im Haftkrankenhaus möglich, kann die Strafvollstreckung dennoch erfolgen. Ein Antrag auf Haftunfähigkeit hat in diesem Fall keine Aussicht auf Erfolg.
Kann die Haftanstalt nicht gewährleisten, den Verurteilten ordnungsgemäß medizinisch zu versorgen, muss die Vollzugsbehörde den Strafvollzug aufschieben oder unterbrechen.
Diese Krankheiten können zu Haftunfähigkeit führen:
Leidet ein Verurteilter z. B. an einer schweren Herzkrankheit, ist er durch den Vollzug der Haft einem ungleich höheren Lebensrisiko ausgesetzt als in Freiheit. Erleidet er einen Herzinfarkt, kann es durch die Sicherheitsmaßnahmen bis zum Eintreffen des Notarztes für lebensrettende Maßnahmen zu spät sein.
§ 455 StPO regelt die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Haftunfähigkeit und setzt ihr zugleich sehr enge Grenzen. In der Regel erkennt die Justizvollzugsbehörde nur eine akute Bedrohung des Lebens infolge einer psychischen oder physischen Erkrankung an.
Ein advocado Partner-Anwalt kann prüfen, ob eine Haft im konkreten Fall unzumutbar ist und sammelt stichhaltige Beweise für die Bestätigung der Vollzugsuntauglichkeit.
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Wird die Haftunfähigkeit von einem unabhängigen Arzt bestätigt, kann die Staatsanwaltschaft folgende Entscheidungen treffen:
Kann der Verurteilte die Haftstrafe aus schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen nicht antreten, verschiebt die Staatsanwaltschaft den Strafantritt bis zur Genesung des Verurteilten auf einen späteren Termin.
Ist eine baldige Genesung zu erwarten, erfolgt die medizinische Behandlung und Betreuung in einem Strafanstaltskrankenhaus. Dort wird die Strafe weiter vollstreckt.
Ist eine schnelle Genesung unwahrscheinlich, weil der Verurteilte an einer schweren Krankheit leidet und das Haftkrankenhaus ihn nicht angemessen behandeln kann, überweist die Justizvollzugsbehörde ihn in ein öffentliches Krankenhaus. Justizvollzugsbeamte überwachen ihn dort bis zur Genesung.
Ist er wieder haftfähig, hat er die Haftstrafe in einer normalen JVA zu verbüßen.
Gemäß § 455 StPO kommt es zur Unterbrechung einer Freiheitsstrafe, wenn der Strafgefangene schwer erkrankt und zu erwarten ist, dass die Krankheit voraussichtlich für eine erhebliche Zeit – im Vergleich zur noch zu verbüßenden Reststrafe – fortbesteht.
Eine Strafunterbrechung (Strafausstand) wegen Haftunfähigkeit ist auch in diesem Fall nur dann möglich, wenn sich die Erkrankung nicht in einer Strafanstalt oder einem Anstaltskrankenhaus erkennen oder behandeln lässt. Ist der Gefangene wieder gesund, wird der Strafvollzug fortgesetzt.
Für die Zeit der Strafunterbrechung ist der Verurteilte nicht mehr Strafgefangener im Rechtssinn – d. h. er begibt sich selbstständig zur Behandlung in ein öffentliches Krankenhaus. Für die Kosten der Behandlung muss dann nicht der Staat, sondern die Krankenversicherung aufkommen.
Eine Strafunterbrechung ist ausgeschlossen, wenn
Ob jemand haftunfähig ist und den Strafvollzug aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten kann bzw. diesen unterbrechen muss, überprüft die Staatsanwaltschaft in ihrer Eigenschaft als Vollstreckungsbehörde. Der Verurteilte bzw. dessen Anwalt oder die Angehörigen müssen vorab Haftunfähigkeit beantragen.
Wer Haftunfähigkeit beantragen möchte, kann im Antrag detailliert darauf eingehen, aus welchen Gründen er sich auf Vollzugsuntauglichkeit beruft. Dafür kann es hilfreich sein, die Krankheitsgeschichte nachvollziehbar darzulegen und ärztliche Gutachten sowie Diagnose- und Behandlungsverlauf beizufügen.
Der Antrag ist unter Angabe des Aktenzeichens an die zuständige Staatsanwaltschaft zu richten.
Grundsätzlich können Betroffene den Antrag ohne einen Anwalt stellen. Juristische Unterstützung kann aber ratsam sein, um den Antrag rechtssicher und glaubwürdig zu formulieren.
Ob Haftunfähigkeit vorliegt, stellt ein Arzt anhand eines medizinischen Gutachtens in einer Haftunfähigkeitsuntersuchung fest. Der Arzt prüft, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Verurteilten so schwer sind, dass ein Strafantritt unzumutbar wäre.
Der Verurteilte kann sich den Gutachter nicht selbst aussuchen. Welcher Arzt die Vollzugsuntauglichkeit in einer Untersuchung überprüft, entscheidet die Staatsanwaltschaft.
Eine Bescheinigung vom Hausarzt des Verurteilten ist daher nicht ausreichend. Sie kann aber die Grundlage für die amtsärztliche Untersuchung darstellen. In der Regel erstellt einer der folgenden unabhängigen Ärzte das Gutachten:
Diese Ärzte kennen im Gegensatz zu Hausärzten die strengen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Vollzugsuntauglichkeit. Sie wissen, ob eine Inhaftierung erhebliche gesundheitliche Leiden auslösen würde und können eine dauerhafte Betreuung des Verurteilten durch einen Psychiater oder Suchtberatungsdienst fordern.
Ob jemand haftunfähig ist, entscheidet die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde auf Grundlage des ärztlichen Gutachtens in einer Haftunfähigkeitsprüfung.
In dem Verfahren prüft die Staatsanwaltschaft:
Bewilligt die Staatsanwaltschaft den Antrag, ordnet sie einen Strafaufschub oder eine Strafunterbrechung an. In der Regel erfolgt eine Einweisung des Verurteilten in ein Krankenhaus.
Lehnt die Staatsanwaltschaft den Antrag ab, hat der Verurteilte die Möglichkeit, Einspruch bei der Strafvollstreckungskammer des zuständigen Landgerichts einzulegen und eine gerichtliche Entscheidung zu beantragen.
Ob die Staatsanwaltschaft Haftunfähigkeit bewilligt, liegt in ihrem Ermessen. Für Betroffene, die vermuten, dass ihr Antrag zu Unrecht abgelehnt wurde, kann es sinnvoll sein, einen Anwalt zu kontaktieren. Dieser kann zweifelsfrei nachweisen, dass ein Haftantritt für die Gesundheit des Verurteilten unzumutbar ist.
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Durch eine gerichtliche Entscheidung kann der Verurteilte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft durch ein Gericht auf ihre rechtliche Zulässigkeit prüfen lassen. Den Antrag kann der Verurteilte grundsätzlich selbst stellen, ein Anwalt ist nicht notwendig.
Das zuständige Landgericht entscheidet erneut über das Vorliegen einer Haftunfähigkeit. Lehnt auch das Landgericht den Antrag ab, kann der Verurteilte Beschwerde beim Oberlandesgericht einreichen. Dieses prüft den Antrag erneut und entscheidet über Aufschub oder Unterbrechung der Haftstrafe.
Sowohl der Verurteilte selbst als auch seine Angehörige können Haftunfähigkeit beantragen. Ein Anwalt ist nicht zwingend erforderlich. Da die Hürden allerdings sehr hoch sind, kann es hilfreich sein, juristische Unterstützung zu nutzen. So kann sichergestellt werden, dass der Antrag glaubwürdig ist und die Argumente zutreffend sind.
Ein Anwalt kann hier helfen. Er prüft vorab in einem Gespräch mit seinem Mandanten, wie hoch die Erfolgschancen für eine Bewilligung des Antrages sind und berät über das weitere Vorgehen.
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Der Vollzugsuntauglichkeit sind äußerst enge Grenzen gesetzt.
Es liegt keine Haftunfähigkeit vor, wenn
Ist der Verurteilte erkrankt, kommt es in der Regel zum Vollzug der Haftstrafe, wenn die Behandlung in einem Haftkrankenhaus möglich ist. Damit eine Krankheit zu Vollzugsuntauglichkeit führt, muss eine konkrete Gefahr für das Leben des Verurteilten durch den Strafvollzug in der JVA entstehen.
So hat z. B. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass eine Krebserkrankung keine Haftunfähigkeit bedingt, wenn im Strafvollzug eine angemessene medizinische Versorgung möglich ist (EGMR, Az. 76512/11).
Auch eine Schwerbehinderung oder hohes Alter führen nicht zwangsläufig zu Vollzugsuntauglichkeit, wenn die Inhaftierung keine Gefahr für das Leben des Verurteilten bedeutet.
Suizidgefahr führt nicht zu Haftunfähigkeit. Droht der Verurteilte mit Suizid, ist dies laut Urteil des Oberlandesgerichts Köln kein Grund, die Haft zu unterbrechen oder den Strafvollzug aufzuschieben (OLG Köln, Az. 2 Ws 623/03).
Auch eine Schwangerschaft führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Strafantritt aufgrund von Haftunfähigkeit aufgeschoben oder unterbrochen wird. Ist eine Verurteilte schwanger, trifft die Staatsanwaltschaft eine Ermessensentscheidung.
Ist die ärztliche Betreuung während und nach der Schwangerschaft z. B. durch Vorsorgeuntersuchungen, Geburtsvorbereitungskurse und Rückbildungsgymnastik sichergestellt, kommt es auch bei einer Schwangerschaft zum Vollzug der Haftstrafe.
Als haftunfähig gilt man in der Regel, wenn man an einer psychischen Krankheit leidet.
Krankheiten, die Haftunfähigkeit bedeuten können:
Auch wenn man wegen einer Krankheit in Lebensgefahr schwebt bzw. die Krankheit nicht in einem Gefängniskrankenhaus behandelt werden kann, ist man haftunfähig.
Wenn man an einer schweren psychischen Erkrankung leidet oder in Lebensgefahr schwebt, ist man haftunfähig. Eine Freiheitsstrafe darf dann nicht vollzogen werden. Ein Anwalt kann dann einen Antrag Haftunfähigkeit für Sie stellen.
Gründe für einen Haftaufschub sind zum Beispiel:
Den Strafaufschub kann man selbst bzw. der Anwalt als Strafverteidiger stellen (§ 456 StPO). Der Antrag muss unbedingt vor Haftantritt bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt werden.
Als Teil der juristischen Redaktion von advocado strebt Sophie Suske jeden Tag danach, komplexe Rechtsprobleme des Marken- und Versicherungsrechts für jeden Leser verständlich aufzubereiten. Grundlage ihrer lösungsorientierten Arbeit ist ihr Masterstudium der Sprach- und Kommunikationswissenschaft.