Nicht jede strafbare Tat zieht ein öffentliches Strafverfahren nach sich. Trotzdem haben Betroffene einen Anspruch auf Strafverfolgung. Mit der Privatklage können Geschädigte z. B. nach Beleidigung oder Sachbeschädigung zu ihrem Recht kommen. Im Gegensatz zu einer “normalen Klage” übernimmt der private Kläger die Strafverfolgung vor Gericht selbst, nicht der Staatsanwalt.
Die Privatklage ist eine Sonderform des Strafrechtsprozesses. Der Kläger übernimmt selbst die Strafverfolgung und sorgt für eine Urteilssprechung nach der Verletzung seiner Rechte. Die Staatsanwaltschaft ist nicht am Gerichtsverfahren beteiligt.
Die Staatsanwaltschaft leitet das öffentliche Verfahren von Amts wegen nur ein, wenn das öffentliche Interesse an der Rechtsprechung groß genug ist. Der Begriff des „öffentlichen Interesses“ findet sich in vielen Gesetzestexten. Dahinter verbirgt sich die Frage: Hat die Allgemeinheit ein Interesse daran, dass eine Tat verhandelt wird?
Bei einer Körperverletzung besteht beispielsweise ein besonderes öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung. Betrifft das Vergehen nur eine Person und ist der Schaden gering, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.
Haben Kläger z. B. erfolglos Anzeige wegen Beleidigung erstattet – diese Verfahren werden häufig eingestellt – bleibt ihnen dann der Privatklageweg, um die Strafverfolgung durchzusetzen. Nach erfolgreicher Verurteilung können Sie außerdem zivilrechtliche Ansprüche – Schadensersatz und Schmerzensgeld – durchsetzen.
In diesen Fällen ist das Privatklageverfahren möglich:
Wenn Sie eindeutige Beweise für die Straftat haben, die entstandenen Schäden belegen und den Täter benennen können, können Sie den Schädiger durch eine Privatklage verurteilen lassen.
Beispiel: Ein Stalking-Opfer wehrt sich mit Abmahnung und einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegen die Verletzung seiner Rechte. Der Schädiger unterschreibt die Unterlassungserklärung, unterlässt das Stalking aber nicht.
Das Opfer erstattet Strafanzeige, das Verfahren wird eingestellt. Es besteht zu geringes öffentliches Interesse. Ohne die Option der Privatklage gäbe es in diesem Fall kein anderes Mittel, sich gegen das Stalking zu wehren.
Sie stehen in der Beweispflicht, da die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung bereits abgelehnt hat. In der Klageschrift müssen Sie die Notwendigkeit einer Strafverfolgung nachvollziehbar begründen. Verzichten Sie deshalb auf Spekulationen oder nicht beweisbare Vorwürfe.
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Um über den Privatklageweg Schadensersatz oder Schmerzensgeld nach z. B. Körperverletzung vom Schädiger zu fordern, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Erste Voraussetzung ist, dass Sie erfolglos Anzeige erstattet haben und die Staatsanwaltschaft Sie anschließend auf die Option der Privatklage verweist. Nur dann dürfen Sie dieses Mittel zur Durchsetzung Ihres Rechts nutzen.
Stellt die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren ohne diesen Hinweis ein, dürfen Sie keine Privatklage erheben. Das ist z. B. der Fall, wenn kein Tatverdacht besteht oder das Verfahren mit der Erteilung von Auflagen endet.
Privatklage darf nur der Verletzte selbst oder ein von ihm bevollmächtigter Vertreter oder Vormund einreichen.
Gegen Minderjährige dürfen Sie keine Privatklage erheben.
Voraussetzung ist, dass Sie klagen, bevor die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren abläuft.
Besteht neben dem Privatklage-Fall noch eine Straftat, über die ein Gericht öffentlich auf dem normalen Klageweg urteilen muss, dann ist der Privatklageweg ausgeschlossen.
Das Gericht fordert einen sogenannten Sühneversuch, bevor Sie gegen den Schädiger Privatklage einreichen. Sie müssen versuchen, sich außergerichtlich mit ihm zu einigen.
Dafür wenden Sie sich an Ihre Gemeinde. Diese ist die zuständige Schiedsstelle. Ist keine gütliche Einigung möglich, bescheinigt die Schiedsstelle Ihnen das.
Mit dieser Bescheinigung haben Sie das Recht, die Privatklage einzureichen.
Ihre Privatklage gilt als gerichtlich zugelassen, wenn Sie eine formal korrekte Klageschrift eingereicht haben.
Um die Privatklage zu erheben, reichen Sie eine Klageschrift beim zuständigen Amtsgericht ein.
Diese Informationen sind wichtig:
Reichen Sie die Klageschrift ein, ist ein Gerichtskostenvorschuss fällig, damit das Gericht das Verfahren einleitet:
Die Klageschrift und Bescheinigung über den erfolglosen Sühneversuch sind bei der Privatklage von entscheidender Bedeutung.
Aus ihnen ist für das Gericht ersichtlich, was Gegenstand des Verfahrens sein und worüber der Richter entscheiden soll. Es gibt keine Akten und Beweismittel, da die Staatsanwaltschaft ein offizielles Strafverfahren abgelehnt hat.
Die Klageschrift muss eindeutig beweisen, dass der Tatverdacht stark genug ist. Eine Muster-Vorlage spiegelt Ihren individuellen Fall nicht immer angemessen wider. Ohne umfassende Schilderung des Falles und Beweise kann das Gericht nicht beurteilen, ob eine Verurteilung wahrscheinlich ist.
Beweisen Sie mit der Klageschrift Ihren Anspruch auf Strafverfolgung nicht deutlich genug oder erfüllen die formalen Vorgaben nicht, weist das Gericht Ihren Klageantrag zurück.
Die Klageschrift entscheidet über Erfolg oder Zurückweisung der Privatklage. Um die Privatklage durchzusetzen, kann es sich lohnen, die Erstellung der Klageschrift einem Anwalt zu überlassen. Er hilft Ihnen bei der Beweissicherung und sorgt dafür, dass die Klageschrift formal korrekt ist.
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Konnten Sie erfolgreich die Privatklage einreichen, übernehmen Sie den Prozess und setzen sich selbst vor Gericht für die Bestrafung des Beklagten ein. Sie müssen das Gericht davon überzeugen, dass eine Verurteilung des Schädigers notwendig ist.
Für die Zeit der Verhandlung erhalten Sie dazu bestimmte Rechte und Pflichten.
Sie haben die Pflicht, vor Gericht wahrheitsgemäße Angaben zu machen.
Aber: Sie müssen keine Fakten vortragen, die den Angeklagten entlasten.
Sie dürfen nicht selbst in Ihrem eigenen Fall ermitteln, um Beweise zu finden, die die Schuld des Angeklagten belegen. Das ist Aufgabe des Gerichts.
Sie dürfen also weder eigenständig Zeugen befragen und deren Aussagen protokollieren, noch dürfen Sie Spuren sichern oder z. B. ein Verkehrsunfall nachstellen.
Dennoch müssen Sie dem Gericht Beweise vorlegen, die die Notwendigkeit einer Gerichtsverhandlung in dieser Sache verdeutlichen. Sie sollten also zumindest nachweisen können, dass Ihnen Schäden entstanden sind und der Beklagte den vorgeworfenen Sachverhalt begangen haben könnte – und nicht nur spekulieren.
Sie haben nicht nur das Recht, sich selbst vor Gericht zu vertreten. Sie dürfen auch bei der Beweisaufnahme des Gerichts und den notwendigen Ortsterminen dabei sein.
Während der Hauptverhandlung haben Sie wie die Staatsanwaltschaft das Recht, Anträge bei Gericht zu stellen. Möglich sind z. B. Beweisanträge und ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens.
Für die Dauer des Verfahrens haben Sie gegenüber allen Beteiligten ein Fragerecht. Sie dürfen vor Gericht Zeugen befragen und haben ein Recht auf Auskunft über den Stand der Ermittlungen.
Sie dürfen die Ermittlungsakten einsehen. Da Privatpersonen häufig aber nur Aktenauszüge ausgehändigt bekommen, kann sich die Hinzuziehung eines Anwalts lohnen. Dieser kann vollständige Akteneinsicht im Strafverfahren beantragen und den Fall dadurch vollumfänglich beurteilen.”
Mit Ende des Gerichtsverfahrens haben Sie das Recht, in einem Schlussvortrag vor Gericht die Notwendigkeit einer Verurteilung des Schädigers zu bekräftigen.
Haben Sie die Klageschrift eingereicht, geht es wie folgt weiter:
Das Gericht prüft die Klageschrift und die Bescheinigung über den erfolglosen Versuch der außergerichtlichen Einigung. Ist die Klageschrift formal korrekt, schickt das Gericht dem Angeklagten die Klageschrift und leitet das Privatklageverfahren ein.
Das Gericht setzt dem Angeklagten eine Widerspruchsfrist. Innerhalb dieser muss er sich zu den Vorwürfen äußern.
Ergibt sich aus Klageschrift und der Bescheinigung über den erfolglosen Sühneversuch eine zu schwache Beweislage oder eine zu geringe Schuld des Angeklagten, weist das Gericht die Privatklage zurück.
Gegen diese Entscheidung können Sie Beschwerde einreichen, dann entscheidet das Beschwerdegericht erneut über Ihren Klageantrag.
Ist der Tatverdacht aus Sicht des Gerichts stark genug und eine Verurteilung wahrscheinlich, eröffnet das Gericht das Privatklageverfahren.
Eröffnet das Gericht das Privatklageverfahren, treten Sie an die Stelle der Staatsanwaltschaft und übernehmen die Aufklärung der Straftat. Ziel ist es, das Gericht von der Notwendigkeit einer Verurteilung zu überzeugen.
Es folgt ein Gerichtstermin zur Ladung aller Beteiligten. Das Verfahren verläuft wie ein offizielles Strafverfahren.
Sie selbst sind als Zeuge im Verfahren ausgeschlossen. Sie dürfen aber selbst Zeugen vorladen und befragen.
Die Staatsanwaltschaft darf das Verfahren jederzeit übernehmen. Wenn sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass die Schwere der Tat doch ein Strafverfahren von Amts wegen rechtfertigt, schreitet das Gericht ein.
In diesen Fällen beendet das Gericht das Privatklageverfahren:
In beiden Fällen folgt das öffentliche Strafverfahren, die Staatsanwaltschaft übernimmt den Fall. Sie prüft die vorhandenen Beweise und Unterlagen und entscheidet dann über die Erhebung der öffentlichen Anklage.
Wenn zum Privatklage-Fall eine weitere Straftat mit Relevanz für die Öffentlichkeit hinzukommt, treten Sie als Nebenkläger im Verfahren auf.
Beschließt das Gericht, dass der Privatklage-Fall doch allein Sache der Staatsanwaltschaft ist, sind Sie vom Verfahren ausgeschlossen.
Nach erfolgreicher Privatklage können Sie zivilrechtliche Entschädigungsansprüche – Schadensersatz und Schmerzensgeld – gegen den Schädiger durchsetzen.
Beschließt die Staatsanwaltschaft den Freispruch oder die Einstellung der Privatklage, dürfen Sie dagegen Berufung einlegen und in Revision gehen.
Für die Privatklage fallen folgende Kosten an:
Sie tragen das Kostenrisiko im Verfahren. Sind Sie nicht in der Lage, die Kosten vorauszuzahlen, können Sie Prozesskostenhilfe bei Gericht beantragen.
Beendet das Gericht die Privatklage mit einem Freispruch oder stellt das Verfahren ein, zahlen Sie die gesamten Verfahrenskosten. Wird der Beklagte rechtskräftig verurteilt, trägt er die Kosten.
Ziehen Sie einen Anwalt hinzu, entstehen dadurch Kosten. Anwaltliche Unterstützung verringert zugleich das Risiko, dass die Privatklage scheitert. Um das Prozesskostenrisiko vorher zu bestimmen und eine aussichtslose Klage zu vermeiden, können Sie z. B. einen Prozesskostenrechner verwenden.
Lehnt die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren nach Ihrer Anzeige ab, können Sie die Tat mithilfe einer Privatklage trotzdem verfolgen lassen.
Vor allem wenn Sie eindeutig beweisen können, dass Ihnen Schäden entstanden sind, und Sie den Täter eindeutig benennen können, kann sich der Privatklageweg lohnen.
Da das Gericht Ihr Anliegen zurückgewiesen hat, stehen Sie in der Beweispflicht. Die Klageschrift muss absolut einwandfrei und umfassend genug sein, dass sie das Gericht von der Notwendigkeit der Strafverfolgung überzeugt.
Als juristischer Laie ist das nicht einfach. Ein Anwalt kennt die Anforderungen an eine Klageschrift und die Besonderheiten der Privatklage. Er unterstützt Sie bei der rechtssicheren Formulierung Ihres Anliegens und hilft Ihnen, eindeutige Beweise für die Straftat vorzulegen.
Lässt das Gericht die Privatklage zu, kommt es darauf an, dem Gericht im Laufe des Verfahrens zu beweisen, dass eine Verurteilung des Angeklagten gerechtfertigt ist.
Der Anwalt übernimmt das Verfahren für Sie und vertritt Ihre Interessen vor Gericht. Ihm kann es mit der richtigen Argumentation gelingen, die Einwände der Gegenseite zu entkräften. Damit schließt der Anwalt aus, dass die Staatsanwaltschaft das Privatklageverfahren wegen Geringfügigkeit einstellt.
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