Erfahren Sie mehr über den Rentenfaktor bei fondsgebundenen Rentenversicherungen! Dieser essentielle Faktor beeinflusst maßgeblich die Höhe Ihrer monatlichen Rente, basierend auf dem Fondsvermögen und dem Rentenfaktor. Entdecken Sie den Unterschied zwischen dem aktuellen und dem garantierten Rentenfaktor sowie die potenziellen Auswirkungen von Anpassungsklauseln. Das Landgericht Köln hat sogar in einem aktuellen Urteil festgestellt, dass bestimmte Klauseln unwirksam sein können!
Der Rentenfaktor ist eine der beiden wesentlichen Stellgrößen, mit denen bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung ermittelt wird, wie hoch die auszuzahlende Rente ist.
Die andere Stellgröße ist das Fondsvermögen. Das Fondsvermögen ist der Betrag, der bis zum Beginn der Rentenzahlung mit den eingezahlten Prämien erwirtschaftet wurde. Sehr vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um die Summe der Prämien abzüglich Kosten und zuzüglich erwirtschafteter Gewinn (bzw. im hoffentlich nicht eintretenden Fall abzüglich erlittenem Verlust).
Die monatlich zu zahlende Rente wird dann wie folgt ermittelt:
Fondsvermögen
------------------------- x Rentenfaktor = Rente
10.000,00
Pro zehntausend Euro Fondsvermögen wird also eine Rente in Höhe des Rentenfaktors bezahlt.
Je höher der Rentenfaktor ist, desto höher ist auch die Rente.
Keine Relevanz hat der Rentenfaktor, wenn es sich um eine Versicherung handelt, die – nur – eine Garantieverzinsung enthält oder wenn bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung die meist vorhandene Option gezogen wird, anstatt einer Rente eine Einmalauszahlung zu erhalten.
Was ist der Unterschied zwischen aktuellem und garantiertem Rentenfaktor?
In der Regel findet der Versicherungsnehmer in seinen Unterlagen mehrere „Arten“ des Rentenfaktors.
Der aktuelle Rentenfaktor ist eine Art Wasserstandsmitteilung für den aktuellen Zeitpunkt, z.B. den Vertragsabschluss. Er gibt an, wie hoch der Rentenfaktor momentan wäre, wenn momentan die Rentenzahlung beginnen würde (und der Rentenfaktor frei festgelegt werden könnte). Tatsächlich liegt der Rentenbeginn aber meistens noch relativ weit in der Zukunft. Bis dahin kann viel passieren. Beispielsweise kann sich bis dahin die Lebenserwartung der Bevölkerung erhöhen, weswegen der Versicherer dann damit kalkulieren muss, die Rente länger zu bezahlen. Damit das gelingt, würde der Rentenfaktor gesenkt, weil das teils zur Auszahlung und im Übrigen zur weiteren Anlage zur Verfügung stehende Kapital dann länger ausreicht. Andere Effekte können das kompensieren oder auch weiter intensivieren.
Der garantierte Rentenfaktor ist die Größe, mit der vom Versicherungsnehmer belastbarer kalkuliert werden kann. Denn er bildet nicht nur eine Momentaufnahme ab, sondern besagt, was später tatsächlich mindestens der Berechnung zu Grunde gelegt werden soll. Dementsprechend ist er vorsichtiger bestimmt und damit meistens niedriger, als der aktuelle Rentenfaktor.
Der garantierte Rentenfaktor ist der Mindestwert. Ist der aktuelle Rentenfaktor bei Rentenbeginn höher, wird regelmäßig der aktuelle Rentenfaktor herangezogen.
Diese Frage mag sich eigenartig anhören. Denn der unbefangene Leser wird davon ausgehen, dass garantiert eben garantiert ist und deswegen nicht mehr oder weniger garantiert sein kann.
Tatsächlich enthalten viele Versicherungsverträge aber Klauseln, die eine nachträgliche Anpassung des garantierten Rentenfaktors erlauben.
Nur wenn im Vertrag eine nachträgliche Anpassung des garantierten Rentenfaktors ausdrücklich ausgeschlossen ist, wird man (sicher) davon ausgehen können, dass der Rentenfaktor wirklich (als Mindestgröße) unveränderlich feststeht.
Vor diesem Hintergrund haben in den vergangenen Jahren tausende Kunden namhafter Versicherer entsprechende Mitteilungen erhalten, dass der Rentenfaktor angepasst werde – nach unten. Anlass soll beispielsweise die Niedrigzinsphase gewesen sein.
Wenn die entsprechende Klausel im Vertrag unwirksam ist, kann sich der Versicherungsnehmer gegen diese Anpassung wehren und somit eine höhere Rente – nämlich diejenige vor der Absenkung – erzielen.
Auch das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sieht die Möglichkeit einer Prämien- oder Leistungsänderung vor.
Allerdings ist das nach dem Konzept des § 163 VVG so gestaltet, dass der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen die Versicherungsprämie neu festsetzen darf, während der Versicherungsnehmer verlangen kann, dass statt der Erhöhung der Prämie die Versicherungsleistung entsprechend herabgesetzt wird.
Diese Voraussetzungen lauten:
Nach Absatz 3 muss der Versicherer die maßgeblichen Gründe der Änderung angeben.
Es fällt auf, dass das Konzept des § 163 VVG spiegelverkehrt zum praktizierten Vorgehen mancher Versicherer ist. Der Versicherer darf nach dem Gesetz an sich nicht die Versicherungsleistung verringern, sondern nur die Prämie erhöhen. Nur der Versicherungsnehmer hat das Recht, auf die Leistungsverringerung umzuschwenken.
Es fällt weiter auf, dass das Gesetz eine längerfristige und unvorhersehbare Änderung des „Leistungsbedarfes“ des Versicherers zur Voraussetzung jedweder Anpassung macht. Das wirft bei Anpassungen vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase die Frage auf, ob daraus resultierende Schwierigkeiten des Versicherers bei der möglichst gewinnbringenden Anlage der Prämien überhaupt zu Änderungen des „Leistungsbedarfes“ gehören oder ob dieser Begriff nur Dinge wie eine geänderte Lebenserwartung erfasst.
Eine Anpassungsmitteilung wird sich oft auf eine im Vertrag vereinbarte Klausel stützen.
Deswegen ist zu überprüfen, ob diese Klausel gemessen am Gesetz wirksam ist. Maßstab dafür kann der § 163 VVG sein und außerdem der § 307 des BGB. Nach dieser Vorschrift muss eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel insbesondere auch transparent (verständlich und nachvollziehbar) sein und darf den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligen.
Wenn sich die Klausel im Vertrag danach als unwirksam erweisen sollte, muss zusätzlich überprüft werden, ob eine Anpassung vielleicht auch ohne diese Klausel direkt nach dem § 163 VVG möglich gewesen wäre. Das gilt natürlich auch in all jenen Fällen, in denen es gar nicht erst eine Klausel im Vertrag gibt (und eine Anpassung nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist).
Mit Urteil vom 8. Februar 2023, Az.: 26 O 12/22, hat sich das Landgericht Köln mit dem Thema befasst.
Es ging dort um eine im Jahr 2006 abgeschlossene Rentenversicherung. Vereinbart war eine „Monatsrente pro 10.000 EUR Vertragsguthaben zum Rentenzahlungsbeginn“ von EUR 37,34. In den Versicherungsbedingungen war eine Klausel enthalten, die dem Versicherer das Recht einräumte, diesen Wert herabzusetzen, „wenn sich die Lebenserwartung unerwartet stark erhöht bzw. die Rendite der Kapitalanlagen nicht nur vorübergehend absinkt und dadurch die langfristige Erfüllbarkeit einer lebenslangen Rentenzahlung nicht mehr sichergestellt ist“ und ein unabhängiger Treuhänder das überprüft und bestätigt. Außerdem waren bestimmte Untergrenzen festgelegt. Im Jahr 2017 teilte der Versicherer eine Herabsetzung auf EUR 27,97 mit. Aufgrund der Niedrigzinsphase sei neu kalkuliert worden.
Das Landgericht Köln erachtete das als unzulässig und gab der auf die Feststellung, dass die Herabsetzung unwirksam sei und aufgrund der Klausel auch künftig keine Herabsetzung erfolgen dürfe, gerichteten Klage statt.
Der Versicherungsnehmer habe davon ausgehen dürfen, dass der Rentenfaktor 37,34 betrage, selbst wenn hier nicht ausdrücklich die Bezeichnung als garantierter Rentenfaktor gewählt wurde. Denn er durfte die Vereinbarung aus Sicht eines „durchschnittlichen Versicherungsnehmers“ so verstehen.
Die Anpassungsklausel sei unwirksam.
Es sei keine Möglichkeit vorgesehen, dass anstatt der Herabsetzung der Leistung die Prämie heraufgesetzt würde. Der Versicherungsnehmer habe deswegen keine Möglichkeit, die Herabsetzung zu kompensieren, ohne einen (ggf. mit neuen Kosten verbundenen) Neuabschluss einer weiteren Versicherung.
Dadurch, dass die Klausel eine Anpassung auch bei einer Änderung der „Rendite von Kapitalanlagen“ ermögliche, weiche sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers vom § 163 VVG ab. Nach dieser Vorschrift sei eine Herabsetzung nur bei einer Änderung des Leistungsbedarfs gegenüber den Rechnungsgrundlagen möglich. Die Klausel beziehe demgegenüber auch solche Faktoren (als Auslöser einer Anpassung) ein, die nicht allein von den Marktverhältnissen, sondern auch von den individuellen geschäftspolitischen Entscheidungen des Versicherers als Kapitalanleger abhängen.
Weiter reiche nach der Klausel schon eine „unerwartet starke Erhöhung der Lebenserwartung“ aus, während das Gesetz zusätzlich eine „nicht nur vorübergehende“ Änderung erfordert. Umgekehrt sei bei Kapitalanlagen nur eine „nicht nur vorübergehende“ Änderung Voraussetzung, während sogar ein erwartetes Absinken der Rendite dem Wortlaut der Klausel nach eine Herabsetzung ermögliche.
Schließlich liege in der Klausel auch eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Abgesehen davon, dass die Klausel vom gesetzlichen Leitbild des § 163 VVG abweiche, sehe sie auch keine spiegelbildliche Heraufstufung des Rentenfaktors vor und verletzte damit das Äquivalenzverhältnis.
Eine Anpassung direkt nach § 163 VVG scheide ebenfalls aus. Denn eine Anpassung für den Fall, dass der Versicherer geringere Kapitalerträge erwirtschaftet, als er bei Festlegung des Rechnungszinses kalkuliert habe, sei nach dieser Vorschrift nicht möglich. Der Begriff des „Leistungsbedarfes“ meine nach der Gesetzesbegründung die „Aufwendungen für Versicherungsfälle“, also der Beträge, die der Versicherer den Versicherten vertraglich schuldet. Diese Größe verändere sich aber nicht durch eine Niedrigzinsphase, sondern bleibe – anders als bei einer längeren Lebenserwartung, die zu einer längeren Zahlungsdauer führt – gleich.