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Nahe Angehörige haben nach deutschem Erbrecht einen Anspruch auf den Pflichtteil. Wer gilt also als “naher Angehöriger”?
Ehepartner und Kinder sind demnach die Pflichteilsberechtigten. Sie erhalten im Erbfall eine Mindestbeteiligung. Eltern, Enkel und Urenkel des Erblassers haben nur dann einen Pflichtteilsanspruch, wenn es keine lebenden Ehepartner und Kinder mehr gibt.
Der Pflichtteil beträgt nach §§ 1924 bis 1936 BGB immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteil beträgt also immer die Hälfte jenes Erbteils, das dem Angehörigen zustehen würde, wenn es kein Testament gegeben hätte. Alle pflichtteilsberechtigten Angehörigen haben demnach immer einen Anspruch auf 50 Prozent ihres gesetzlichen Erbteils.
Letztlich ist die Höhe des Pflichtteils also nur von der Höhe des Erbteils selbst abhängig. Wir schauen auf einige Beispiele.
Der Pflichtteil des Ehegatten berechnet sich — wie bei allen anderen Angehörigen auch — aus dem gesetzlichen Erbteil. Die Berechnung bei Ehegatten ist durchaus kompliziert, daher erläutern wir die Vorgehensweise:
Die Zugewinngemeinschaft ist der häufigste Güterstand in Deutschland. Das liegt daran, dass alle Ehepaare in einer Zugewinngemeinschaft leben, wenn sie es nicht ausdrücklich anders wünschen.
Auch hier ist die Höhe des Pflichtteils von der Höhe des gesetzlichen Erbteils abhängig. Der gesetzliche Erbteil wird in einer Zugewinngemeinschaft folgt berechnet:
Das war nun ziemlich viel auf einmal. Daher fassen wir die gesetzlichen Erbteile und Pflichtteile in einer Zugewinngemeinschaft hier noch einmal für Sie zusammen:
Güterstand | Gesetzlicher Erbteil | Pflichtteil (immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils |
Zugewinngemeinschaft mit lebenden Kindern | die Hälfte des Nachlasses (pauschales Viertel + Ausgleichsviertel) | ein Viertel des Nachlasses |
Zugewinngemeinschaft ohne Kinder | drei Viertel des Nachlasses (pauschale Hälfte + Ausgleichsviertel) | drei Achtel des Nachlasses |
Den großen Pflichtteil gibt es immer, wenn der Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft nicht ausreichend bedacht wurde. In einer Zugewinngemeinschaft beträgt der gesetzliche Erbteil, wie oben beschrieben, immer die Hälfte des Nachlasses. Der Pflichtteil beträgt also ein Viertel; das ist der sogenannte große Pflichtteil. Dieses Viertel muss der überlebende Ehepartner als eine Mindestbeteiligung am Erbe immer erhalten. Wir schauen auf zwei Beispiele:
Den kleinen Pflichtteil gibt es, wenn der überlebende Partner in einer Zugewinngemeinschaft den Erbteil ausgeschlagen hat oder vom verstorbenen Partner enterbt wurde. Hierbei wird der Zugewinnausgleich je nach Vermögen individuell errechnet und dem üblichen pauschalen Pflichtteil hinzugefügt. Wir schauen wieder auf unser Beispiel:
Bei einer Gütertrennung bleiben die Vermögen der beiden Ehepartner während der Ehe getrennt. Jeder Partner ist also der Alleineigentümer seines Vermögens. Für den Pflichtteil bedeutet das: Die Kinder und der überlebende Partner erben je die Hälfte des Nachlasses. Im Falle einer Enterbung beträgt der Pflichtteil des überlebenden Ehepartners also ein Viertel des Vermögens.
Auch für die Kinder des Erblassers gilt: Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Grundsätzlich ist die Höhe des Pflichtteils also von der Höhe des gesetzlichen Erbteils abhängig. Bei mehreren Kindern erben alle zu gleichen Teilen. Wenn ein Erblasser also beispielsweise zwei Kinder und keine weiteren Angehörigen hatte, dann erhalten beide Kinder genau 50 Prozent des Nachlasses. Der Pflichtteil wäre dann genau die Hälfte dieses Erbteils.
Ein Beispiel: Ein Erblasser hat einen Ehepartner und ein Kind und hinterlässt ein Erbe von 100.000 Euro. Der Ehepartner erbt die Hälfte des Vermögens, also 50.000 Euro. Die anderen 50.000 Euro bekommt das Kind. Wird das Kind jedoch enterbt, hat es noch immer Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also auf 25.000 Euro.
Das Berliner Testament ist eine Sonderform des gemeinschaftlichen Testaments, bei dem sich zwei Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Dadurch werden die Kinder zunächst von der Erbfolge ausgeschlossen. Stirbt der erste Elternteil, können die Kinder also grundsätzlich ihren Pflichtteil einfordern. Das tut aber kaum jemand, denn wer seinen Pflichtteil fordert, hat später keinen Anspruch auf das Erbe mehr — und bei einem Berliner Testament soll das Erbe ja nach dem Tod des zweiten Elternteils an die Kinder gehen.
Wer nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil einfordert, erhält also deutlich weniger und schließt sich zudem vom späteren Erbe aus.
Grundsätzlich besteht der Pflichtteilsanspruch aber dennoch. Auch hier beträgt der Pflichtteil natürlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. An der Höhe des Pflichtteils für die Kinder ändert ein Berliner Testament also nichts.
Eltern sind Erben 2. Ordnung. Das bedeutet, dass sie nur dann erbberechtigt sind, wenn es keine Erben der 1. Ordnung (Kinder und Enkel) gibt. Eltern haben also auch nur dann einen Anspruch auf den Pflichtteil. Anders ausgedrückt: Wenn es Kinder oder Enkel des Erblassers gibt, können die Eltern auch keinen Pflichtteil verlangen.
Die Eltern erben neben dem lebenden Ehepartner bzw. dem eingetragenen Lebenspartner die Hälfte des Vermögens. Der Pflichtteil beträgt dann noch einmal die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Im Falle einer Enterbung könnten die Eltern des Erblassers also ein Viertel des Nachlasses als Pflichtteil einfordern.
Die Frage, wie hoch der Pflichtteil für Geschwister ausfällt, lässt sich schnell beantworten: Geschwister haben nämlich gar keinen Anspruch auf den Pflichtteil. Die Geschwister sind als Erben der 2. Ordnung zwar immernoch Teil der gesetzlichen Erbfolge, im Falle einer Enterbung können sie aber keinen Pflichtteil einfordern.
Der Pflichtteil wird aus dem Erbteil berechnet. Daher gilt: je höher der Erbteil, desto höher auch der Pflichtteil, der im Falle einer Enterbung eingefordert werden kann. Nun kann es sein, dass ein Erblasser sein Vermögen oder Teile seines Vermögens bereits zu Lebzeiten verschenkt hat. Dadurch wird der Nachlass und letztlich auch der Pflichtteil für die Angehörigen verringert. Für die pflichtteilsberechtigten Angehörigen ergeben sich Ergänzungsansprüche.
Die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs hängt ganz davon ab, wie viel Zeit zwischen der Schenkung und dem Erbfall vergangen ist. Wenn zwischen dem Erbfall und der Schenkung weniger als ein Jahr vergangen ist, wird die Schenkung wieder zur Erbmasse hinzugefügt. Es wird dann also so getan, als ob es keine Schenkung gegeben hätte. Für jedes weitere Jahr, dass zwischen Schenkung und Erbfall liegt, werden 10 Prozent vom Wert der Schenkung abgezogen.
Das bedeutet auch, dass Schenkungen, die zum Zeitpunkt des Erbfalls zehn Jahre und länger her sind, überhaupt nicht mehr hinzugerechnet werden. Nach zehn Jahren kann also kein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung erhoben werden.
Die Höhe des Pflichtteils, den enterbte Angehörige einfordern können, ist nur von der Höhe des gesetzlichen Erbteils abhängig. Der Pflichtteil beträgt nämlich immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Einen Anspruch auf den Pflichtteil haben nur jene Angehörigen, die pflichtteilsberechtigt sind, also vor allem Kinder, Enkel, Ehegatten und Eltern des Erblassers. Wenn diese pflichtteilsberechtigten Personen vom Erblasser enterbt wurden, können Sie in den meisten Fällen eine Mindestbeteiligung am Nachlass einfordern.
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